Neben den immer noch omnipräsenten Schlümpfen und den mittelalterlichen Abenteuern von Johann und Pfiffikus gehört auch Benni Bärenstark zu den liebenswerten Comicschöpfungen von Pierre Culliford alias Peyo. Daher ist es großartig, dass Peyos deutscher Verlag toonfish eine Gesamtausgabe mit den Erlebnissen des bärenstarken kleinen Jungen veröffentlicht.
Band 2 enthält wieder drei Alben und beginnt gleich mit einem Highlight der Serie. Abenteuer mit Onkel Hubert wurde 1968 von Februar bis August im Magazin Spirou veröffentlicht und erschien ein Jahr später als Album. Erzählt wird, wie Benni ein paar sorglose Urlaubstage bei seinem Onkel verbringen möchte, doch plötzlich mittenhinein in ein turbulentes Abenteuer gerät.
Onkel Hubert arbeitet für die Regierung als G.O.R.I.L.L.A. (= „Gefahrschutz-Offizier in Risikoreichen Internationalen Leib-und-Leben-Angelegenheiten“) und soll den Finanzminister von Dünkelstein beim Transport von Druckplatten für Geldnoten eskortieren. Doch finstere Gestalten würden gerne ihr eigenes Geld drucken.
Besonders gefährlich ist eine gewisse Gisela, die sich als Putzfrau tarnt und über einen auch als Fluggerät tauglichen Staubsauger verfügt. François Walthéry, der alle drei in diesem Sammelband enthaltenen Abenteuer zeichnete, startete zeitgleich seine SerieNataschaund Gisela hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der Stewardess.
Abenteuer mit Onkel Hubert ist eine perfekte Mischung aus Action und Humor. Als Running Gag versucht Benni seinen Onkel immer wieder vergeblich davon zu überzeugen, dass er Superkräfte hat. Das Album unterhält immer noch bestens über die volle Länge von 64 Seiten, was bei den beiden nächsten Comics leider nur noch bedingt der Fall ist.
Circus Bodoni fängt sehr liebenswert und äußerst vielversprechend an. Erzählt wird von einem kleinen Wanderzirkus, der große Probleme damit hat, sich gegen die Konkurrenz des Fernsehens zu behaupten. Benni versucht zunächst seine Freunde davon zu überzeugen, den Zirkus zu besuchen. Als das nicht klappt, stellt er sich selbst als Attraktion zur Verfügung…
Die 1969 von Peyo und Gos alias Roland Goossens geschriebene Geschichte will nicht so recht zur bisherigen Ausrichtung der Serie passen, die ihren Reiz daraus bezog, dass niemand mitbekommt, wenn der kleine Benni seine Heldentaten verrichtet. Ähnlich sieht es auch bei beim nächsten Album Lady Alberta aus, in der es innerhalb einer unübersichtlichen Krimihandlung zu einer Wiederbegegnung mit der Roboter-Lady Madame Albertine kommt.
Für den zweiten Band der Gesamtausgabe spricht, dass es in der ausführlichen und reich bebilderten Einführung von Patrick Gaumer auch angesprochen wird, wenn ein Album einmal nicht so gut gelungen ist.
Wer einmal das Album Der Traum des Walsgelesen hat, dem wird der von Fahrgästen berittene Katzenwels der Linie 14, der „überfüllt wie gewöhnlich“ über den Straßenbahnschien Brüssels schwebt, in Erinnerung bleiben.
Ende der 80er-Jahre war es keineswegs selbstverständlich Comics zu veröffentlichen, die zwar auch abenteuerlich und lustig sind, doch in erster Linie poetische und naturverbundene Geschichte erzählen. Auch die leider nur vier weiteren Alben mit Jonas Valentin überzeugen durch Boms Fabulierreichtum und die bereits damals hochentwickelte Meisterschaft von Frank Pé (Zoo, Marsupilami: Die Bestie) Flora und Fauna zu Papier zu bringen.
Der erste von zwei Bänden einer Gesamtausgabe zeigt, dass es außer den Alben noch sehr viel mehr Bildergeschichten mit Jonas Valentin gibt. Der im Original Broussaille (französisch für “Gestrüpp“) genannte rothaarige Wuschelkopf mit der erstaunlich randlosen Brille debütierte bereits 1978 in Ausgabe 2108 des Magazin Spirou.
Erster Auftritt von Jonas Valentin
Doch bei den zumeist in Schwarzweiß veröffentlichten “Papieren von Jonas Valentin“ handelte es nicht um Comics, sondern um reich und detailfreudig illustrierte Texte. Auf diesen Onepagern vermittelt Frank Pé, dessen Wohnung damals ein kleiner Reptilien-Zoo mit sieben Terrarien war, sein breitgefächertes biologisches Wissen.
An der Kreuzung des Bären
In unregelmäßigen Abständen tauchte Jonas Valentin immer wieder in Spirou auf und ab 1980 erzählte Frank Pé auch kurze Comicgeschichten mit ihm. Einen Quantensprung in der Entwicklung der Figur stellte die fünfseitige Geschichte Die Kapelle der Katzen dar, die genau wie die großartige Prosa-Erzählung An der Kreuzung des Bären von Michel de Bom verfasst wurde.
Alle diese immer noch sehr lesenswerten Frühwerke erscheinen jetzt als deutsche Erstveröffentlichung. Neben den ersten beiden Alben Der Traum des Wals und Die Hüter des Lichts sind noch zahlreiche Illustrationen enthalten, sowie hochinteressante Texte von Jean-Pierre Abels, der 1987 kurzzeitig die Verlagsleitung bei Dupuis übernommen hatte. Schöner kann ein Klassiker nicht präsentiert werden! Auch Band 2 der Gesamtausgabe ist äußerst empfehlenswert.
Seltsame Dinge geschehen in Brüssel. Gewaltige Mengen von Seemöwen kreisen in der Luft und den schläfrigen Menschen erscheinen Fischschwärme. Alle möglichen Arten von Meeresbewohnern bevölkern die Straßen. Unabhängig voneinander versuchen Jonas Valentin und das Mädchen Valerie herauszufinden, was hier vor sich geht. Des Rätsels finden sie in einem alten Buch und in einer Höhle unter der Stadt.
In Der Traum des Wals liefert der Autor Michel de Bom 1984 zwar auch eine Art von Erklärung für die rätselhaften Phänomene. Doch zum Glück besteht diese nicht aus ellenlangen Erklärungen, sondern bietet dem Zeichner Frank Pé (Zoo, Marsupilami: Die Bestie) reichlich Raum für seine tierischen Bildvisionen. Wer dieses Album zur Hand nimmt, wird den von Fahrgästen berittenen Katzenwels der Linie 14, der „überfüllt wie gewöhnlich“ über den Straßenbahnschien Brüssels schwebt so schnell nicht vergessen.
Frank Pé und Bom schufen noch vier weitere Alben mit Jonas Valentin, die ebenfalls abenteuerlich und lustig sind, doch in erster Linie poetische und naturverbundenen Geschichte erzählen. Der erste von zwei Bänden einer Gesamtausgabe zeigt, dass es außer den Alben noch sehr viel mehr Bildergeschichten mit Jonas Valentin gibt.
Der im Original Broussaille (französisch für “Gestrüpp“) genannte rothaarige Wuschelkopf mit der erstaunlich randlosen Brille debütierte bereits 1978 in Ausgabe 2108 des Magazin Spirou.
Der zweite Band der neuen Gesamtausgabe von Lucky Luke startet mit Geschichten wie Die Rückkehr von Revolver Joe, Round-Up, Der große Kampf oder Großputz in Red City (auch bekannt als Lucky Luke gegen Pat Poker). Diese sind die Anfang der 50er-Jahre im Magazin Spirouerschienen und haben einen Umfang von höchstens 20 Seiten.
Etwas epischer fiel Die Gesetzlosen (Hors-la-loi) aus, denn hier setzte Morris erstmals die Daltons als Gegenspieler von Lucky Luke ein. Die schurkischen Orgelpfeifen trugen allerdings mit Bob, Grat, Bill und Emmett die historisch korrekten Vornamen, der tatsächlich im Wilden Westen als Banditen aktiven Daltons.
Zwar präsentierte Morris hier bereits einige der später zum Markenzeichen der Daltons gewordenen Gag. So sind diese quasi gleichgroß, wenn sie hintereinander eine Treppe heraufgehen. Der Ausgang des Comics ist jedoch weniger komisch, denn am Ende sind die Daltons tot.
In der ursprünglichen Fassung des Comics ist sogar zu sehen, wie eine Kugel den Schädel vom kleinsten Dalton Bob durchlöchert. Lucky Luke scheint zwar nicht der Schütze gewesen zu sein, dennoch bat der Spirou-Verleger Morris darum, die Szene abzumildern. Der Zeichner entsprach dem Wunsch und Bob Dalton wird in der neuen Version von Lucky Luke in ein Fass gesperrt.
Im Nachhinein ärgerte sich Morris darüber, dass er vom Tod der Daltons erzählt hatte, denn zahlreiche Leserbriefe belegten die Beliebtheit der Charaktere. Die letzte Geschichte im zweiten Band der neuen Gesamtausgabe trägt den Titel Die Rückkehr der Daltons. Doch das ist nicht ganz korrekt, denn Lucky Luke verkleidet sich in dieser 10-seitigen Story von 1952 zusammen mit drei Freunden als das Banditen-Quartett, um einen aufschneiderischen Sheriff, der behauptet er hätte die Daltons verhaftet, das Fürchten zu lehren.
Es sollte noch fünf Jahre dauern, bis die uns bekannten Daltons als Joe, Jack, William und Averell im Album Lucky Luke gegen Joss Jamon einen Kurzauftritt absolvierten und danach im Zentrum der Geschichte Vetternwirtschaft (Les Cousins Dalton) standen. Die geniale Idee fortan die völlig unfähigen Cousins der Daltons in Lucky Luke auftreten zu lassen, stammt von René Goscinny, der ab 1955 Morris die Last des Textens abgenommen hatte.
Auch dieser Band der Gesamtausgabe besticht wieder durch großartiges Bonusmaterial. So wird eingangs auf 50 Seiten sehr faktenreich beschrieben, wie sich Morris Anfang der 50er-Jahre in New York niederließ. Dort schloss er Freundschaft mit Harvey Kurtzman, Jack Davis, Will Elder und John Severin, die für EC Kriegscomics zeichneten, aber auch das MAD Magazine aus der Taufe hoben. Zugleich lernte Morris auch noch einen gewissen René Goscinny kennen…
Auch der Anhang ist sehr interessant. Volker Hamann (Reddition) widmet sich hier jenen Jahren, in denen Lucky Luke gemeinsam mit Fix und Foxi oder Lupo die Titelbilder der von Rolf Kauka produzierten Comics zierte. Zum Abdruck kommen hier recht gelungene Zeichnungen des Lonesome Cowboys, die aus der Feder von Florian Julino oder Walter Neugebauer stammen. In diesem Zusammenhang sei auch der Ausstellungskatalog Fix & Foxi – Die Entdeckung von Spirou, Lucky Luke und den Schlümpfen empfohlen.
Die 1951 im Magazin Spirou gestartete Geschichte Eine aufregende Erbschaft endete mit dem ersten Auftritt des Marsupilamis. Spirou und Fantasio brachten dies gelbschwarze Tier mit dem meterlangen Schwanz aus Palumbien mit. Genau wie bereits das Eichhörnchen Pips wurde das Marsupilami zum ständigen Begleiter der beiden Helden. Das von André Franquin geschaffene Fabeltier erlebte noch zahlreiche Soloabenteuer, denen jedoch der Charme der Marsupilami-Auftritte in den Spirou-Alben abging.
Auf dem Cover des Albums Die Bestie ist das Marsupilami kaum wiederzuerkennen. Doch auf den zweiten Blick erinnern die langen Arme der „Bestie“ an Franquins Ur-Marsupilami aus Eine aufregende Erbschaft. Die Geschichte spielt 1955, also kurz nachdem Spirou und Fantasio ihr Marsupilami trafen. Die Bestie erzählt von einem Artgenossen, der nach einer katastrophalen Seereise den Hafen von Antwerpen erreicht.
Ein Schiff musste vor Brasilien drei Wochen auf Ersatz warten und die Mannschaft hat sich nicht um die Tiere im Frachtraum gekümmert. Die Papageien und Affen sind grausam zu Tode gekommen, doch das Marsupilami überlebte, wohl auch auf Kosten der anderen ebenfalls für den Zoo von Antwerpen vorgesehenen Tiere. Ein knapp 20-seitiger Prolog zeigt in braunschwarzen Bildern die düstere Szenerie an Bord des heruntergekommenen Frachters und bildet den erstaunlich finsteren Auftakt für eine Geschichte aus dem Umfeld der Traditionsserie Spirou.
Erst nach dem Prolog kommt das Impressum und eine Widmung: “Für André. Er würde es wiedererkennen. Die Autoren.“ Texter von Die Bestie ist Benoît Drousie. Unter dem Pseudonym Zidrou hat er Comic-Klassiker wie Rick Masteroder Percy Pickwick fortgeführt und für den Zeichner Jordi Lafebre die zu Herzen gehenden Geschichten Lydie und Wundervolle Sommer geschrieben.
Zeichner von Die Bestie ist Frank Pé, dem es besonders viel Freude bereitet Tiere zu Papier zu bringen. Diese Vorliebe konnte er in den Serien Jonas Valentin und Zoo, sowie seiner Hommage an Winsor McCays Little Nemo, aber auch im von Zidrou getexteten Spirou-Album Das Licht von Borneo ausleben.
Die menschliche Hauptfigur von „Die Bestie“ ist der kleine François, der sich aufopfernd um geschundene Kreaturen kümmert. Zum Ärger seiner Mutter Jeanne – doch zur Freude von Frank Pé – hat sich bei ihm bereits “ein Albino-Maulwurf, ein bekloppter Waldkauz, eine federlose Wachtel, ein alter Kater, der pausenlos pupst, ein dreibeiniger Hund, die einzige nachtaktive Fledermaus, ein alkoholkrankes Zugpferd und ein rund um die Uhr brünstiges Biberratten-Pärchen“ angesammelt.
Doch Jeanne lässt ihren Sohn gewähren, da er ein schweres Los zu tragen hat. Der Vater von François ist ein mittlerweile in seine Heimat zurückgekehrter Soldat der deutschen Wehrmacht. Da dies in der Nachbarschaft und in der Schule bekannt ist, haben es Mutter und Sohn nicht eben leicht. Die Lage spitzt sich zu, als François auch noch das Marsupilami in seine Menagerie aufnimmt…
Zidrou geizt in seiner Geschichte nicht mit Tragik, aber auch nicht mit Humor und Warmherzigkeit. Alle diese Tonarten sind auch in den ausdrucksstarken Bildern von Frank Pé zu finden. Daher ist es mehr als erfreulich, dass Die Bestie nach den 150 Seiten dieses ersten Bandes noch nicht beendet ist!
Es ist sehr fraglich, ob sich heute noch jemand für die bereits 1938 gestartete belgische Serie Spirou interessieren würde, wenn nicht ein knappes Jahrzehnt später André Franquin das Steuer übernommen hätte. Der geniale Zeichner bereicherte das sehr überschaubare Ensemble um Figuren wie den Grafen von Rummelsdorf, das Marsupilami oder den Zyklotrop, die noch heute ein Eigenleben führen.
Dem Carlsen Verlag kann gar nicht genug dafür gedankt werden, dass er sich nicht darauf beschränkt hat, in acht fundiert kommentierten Hardcover-Bänden sämtliche Spirou-Comics von Franquin zu veröffentlichen, sondern seine Gesamtausgabe auch noch mit den nachfolgenden von Jean-Claude Fournier, Nic & Cauvin sowie Tome & Janry geschaffenen Beiträgen fortführt.
Doch damit nicht genug, denn jetzt folgen auch noch die Anfänge der Serie, die zugleich auch die Entstehung von LeJournal de Spirou dokumentieren. Über den Namen der Titelfigur dieses immer noch wöchentlich in Belgien und Frankreich erscheinenden Comicmagazins wurde im Mai 1937 im Kreise der Familie des Verlegers Jean Dupuis entschieden. “Spirou“ bedeutet im wallonischen Dialekt nicht nur “Eichhörnchen“, sondern so werden auch besonders aufgeweckte Jungen bezeichnet.
Jetzt musste noch ein Zeichner für den bislang nur namentlich bekannten Knaben gefunden werden, was nicht einfach war, denn abgesehen von Hergé gab es seinerzeit kaum belgische Comic-Künstler. Dupuis‘ Sohn Charles gefiel in der französischen Illustrierte Le Journal de Toto die Titelfigur, ein frecher Schiffsjunge. Diesen brachte der Franzose Robert Veller zu Papier, der beim US-Zeichner Martin Branner (Winnie Winkle) in die Lehre gegangen war.
Von Veller stammte die Idee der Pagen-Uniform von Spirou. Er hatte in den USA gelernt, dass erfolgreiche Figuren wie Micky Maus oder Popeye ein wiedererkennbares Kostüm tragen sollten. Veller, der auf Transatlantik-Dampfern als Oberkellner, Steward und Vergnügungswart tätig war, fertigte von den an Bord tätigen quirligen Kinderpagen viele dekorative Zeichnungen für Speisekarten oder Plakate an. Dadurch hatte er bereits eine ziemlich genaue Vorstellung von seinem Spirou.
Am 21. April 1938 erschien die erste Ausgabe von Le Journal de Spirou in der auch die Serie Tif et Tondy (Harry und Platte) debütierte. Veller benutze hier erstmals sein Pseudonym Rob-Vel. Von ihm stammt auch das den Helden begleitende Eichhörnchen Pips. Teilweise mit Hilfe seiner Frau Blanche und des Belgiers Luc Lafnet führte Rob-Vel die Serie fort, bis er 1943 die Rechte an der Figur an Dupuis verkaufte.
Carlsens Classic-Band 1 präsentiert auf 312 Seite alle Spirou-Seiten von Rob-Vel, inklusive einer kurzen Geschichte von 1970. Enthalten ist auch eine 40-seitige reich illustrierte und hochinteressante Einführung in das Spirou-Frühwerk.
Hier ist auch zu erfahren, dass Joseph Gillain alias Jijé (Jerry Spring) für den verwundeten Rob-Vel einsprang, als dieser in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten war. Jijé führte die Serie anschließend im Alleingang fort. Doch das ist eine andere Geschichte, die in einem zweiten Classic-Banderzählt wird…
Die belgische Traditionsserie Spirou entwickelt sich kontinuierlich weiter. In den letzten Jahren gab es mit Porträt eines Helden als junger Tor von Émile Bravo, Operation Fledermausoder Rummelsdorf: Enigma zahlreiche Alben, die außerhalb der regulären Serie erschienen sind und Geschichten erzählten, die vor oder während des Zweiten Weltkriegs spielen.
Noch einen Schritt weiter gingen Yves Sente, der als Autor die Comic-Klassiker Blake und Mortimer sowie XXIII fortgeführt hat, und Laurent Verron, der amtierende Zeichner von Boule & Bill. 2018 gelang dem Duo mit Sein Name war Ptirou ein Spirou-Album ohne Spirou. Ihre Geschichte spielte Ende der 20er-Jahre an Bord eines Transatlantikdampfers und erzählt davon, wie der zur Crew gehörende Robert Velter alias Rob-Vel durch einen heldenhaften Schiffsjungen zu seiner Comicfigur Spirou inspiriert wurde.
So wie es aktuell aussieht, war diese Geschichte eine Art Startrampe für eine neue Serie mit einer weiblichen Hauptfigur, die durch einen Gastauftritt von Rob-Vel nur sehr lose mit dem “Spirou-Universum“ verknüpft ist. Als Hauptfigur fungiert Juliette de Sainteloi, die als kleines Mädchen bereits eine wichtige Rolle in Sein Name war Ptirou spielte.
Mittlerweile ist Juliette eine junge Frau, die 1937 an der Sorbonne ihr Studium der Geisteswissenschaften erfolgreich beendet hat. Zum Ärger ihres wohlhabenden Vaters möchte Juliette künftig als Journalistin arbeiten. Sie verheimlicht ihm, dass es es ihr gelungen ist, ein Volontariat bei der linken Tageszeitung Horizon France zu erlangen und dort als Mademoiselle J. Artikel zu schreiben…
Vor dem Hintergrund der Pariser Weltausstellung, bei der es den Nazis gelang einen deutschen Pavillon zu errichten, der den sowjetischen Protzbau um wenige Meter überragte, erzählt Sente sehr rasant eine spannende Geschichte. Die Mischung aus Action, Humor und glaubhaft aufbereiteter Historie kann auch dank der opulenten Grafik von Verron voll überzeugen. Gegen Mademoiselle J. sehen Spirou und Fantasio ganz schön alt aus!
Als er Ende 1946 im Spirou Almanach erstmals auftrat, sah er sich noch gar nicht ähnlich. Auf dem Rücken von Jolly Jumper sitzend, trug der Cowboy zwar schon einen weißen Hut und ein rotes Halstuch, doch sein gelbes Hemd war gestreift. Außerdem fehlte noch die schwarze Weste, um Lucky Luke mit allen Farben der belgischen Flagge zu schmücken. Die 20 Seiten des erste Lucky-Luke-Comic sind in Windeseile verschlungen. Arizona 1880 biete rasante, wahnwitzige Cartoon–Action, irgendwo zwischen früher Micky Maus und Tex Avery.
Der 1923 in der flämische Region Belgiens geborene Maurice De Bevere war schon als kleiner Junge vom Kino und vom Zeichentrickfilm begeistert. Die florierende väterliche Tonpfeifen-Fabrik zu übernehmen, war für ihn nie eine Option. Stattdessen arbeitete der junge Mann nach dem Krieg zunächst in Brüssel als Animator. Doch als US-Trickfilme den Markt überschwemmten, war das belgisch Animations-Studio nicht mehr konkurrenzfähig und schloss seine Pforten.
Maurice nannte sich Morris und begann Western-Comics zu zeichnen. 1948 brach er gemeinsam mit zwei mittlerweile ebenfalls legendären Meistern des frankobelgischen Comics zu einem erinnerungswürdigen Trip auf.
Erstveröffentlichung 1946
Der seinerzeit die Traditionsserie Spirouzeichnende Joseph Gillain alias Jijé (Jerry Spring) fuhr mit seiner fünfköpfigen Familie, sowie mit seinen Schülern Morris und André Franquin (Gaston), über den Atlantik. Der Autor Yann und der Zeichner Olivier Schwartz erzählten einige Jahrzehnte später in ihrem amüsanten Comic Gringos Locos von dieser Reise.
Gesamtausgabe 2020
Die Eindrücke, die Morris in den USA und in Mexiko sammelte, flossen direkt in seine Lucky-Luke-Geschichten ein. Nachdem sein Reverenz-Material zuvor Kino-Aushangfotos waren, zeichnete Morris seine Comicseiten nun vor Ort im Wilden Westen. Anschließend sendete er die Originale der Comic-Seiten per Post nach Belgien, wo sie im Magazin Spirou veröffentlicht wurden. Aus der anfangs auf visuelle Gags setzenden Serie wurde nach und nach eine Satire auf Western-Filme, die Morris in authentischen Kulissen in Szene setzte.
Der erste Band von Egmonts neuer Gesamtausgabe enthält die zwischen 1946 und 1949 entstandenen Lucky-Luke-Abenteuer. Zusätzlich gibt es 50 Seiten mit reich bebilderten Sekundärmaterial. Dadurch ist es möglich, dabei zu sein, bei der Entstehung jenes Cowboys, der auch heute noch schneller schießt als sein Schatten.
Als Abschluss enthält das Buch die Geschichte Lucky Luke gegen Cigarette Pete, die damit endet, dass unser einsam in die Ferne reitender Held erstmals das Lied vom “Poor Lonesome Cowboy“ singt. Zuvor griff Lucky Luke im letzten Panel eines Abenteuers auch schon einmal zur Mundharmonika…
Anlässlich einer 2017 im Wilhelm Busch in Hannover gezeigten Rolf-Kauka-Ausstellung erschien mit ein großformatiger (24 x 34 cm) und auf 132 farbigen Seiten reich bebilderter Katalog. Dieser feiert auch den 100. Geburtstag des 2000 verstorbenen Comic-Produzenten. Das Werk trug jedoch den etwas unglücklichen Titel Fix & Foxi – Rolf Kaukas großer Welterfolg.
Eine ergänzte Neuausgabe, die zur Präsentation der Kauka-Ausstellung im Karikaturmuseum Krems produziert wurde, trägt jetzt den sehr viel passenderen Titel Fix & Foxi – Die Entdeckung von Spirou, Lucky Luke und den Schlümpfen.
Layout und Inhalt der Erstausgabe wurde beibehalten. Das Buch wurde jedoch um einige zusätzliche Seiten ergänzt, die zeigen wie die für Rolf Kauka arbeitenden Zeichner frankobelgische Comichelden wie Lucky Luke, Spirou oder Die Schlümpfein Szene setzten und sie gemeinsam mit Fix & Foxi oder Lupo auftreten ließen.
„Mach‘ anderen eine Freude, dann hast Du deinen Spaß“. Das war das Lebensmotto von Rolf Kauka, und 1953 setzte er es in die Tat um, als er sein erstes Comicheft herausbrachte. Er nannte es Till Eulenspiegel und dort traten Figuren wie Isegrim Wolf oder Reineke Fuchs auf. Aus diesen Fabelwesen formte Kauka die bekanntesten (west-)deutschen Comicfiguren: Der Wolf wurde zu Lupo und der Fuchs verdoppelte sich. Diese beiden schlauen Füchse übernahmen schließlich das Till Eulenspiegel-Heft komplett und es trug künftig ihren Namen: Fix & Foxi.
Eine der Grundlagen des Ausstellungs-Katalogs ist die 56. Ausgabe des Fachmagazins Redditionmit dem Dossier Rolf Kauka beschäftigte. Seinerzeit war dieses Magazin dem gerade verstorbenen Autor Roland Mietz gewidmet. Dessen kenntnisreichen Texte über Kauka verschiedene Schaffensphasen – darunter natürlich auch die verunglückte Asterix-Übersetzung Siggi und Barbarras – wurden in den Katalog übernommen.
Für das Buch sprechen aber auch die großformatigen Abbildungen, die zeigen was für großartige Künstler seinerzeit für Kauka arbeiteten. Zu Dorul van der Heide, Walter Neugebauer, Werner Hierl, Ludwig Fischer, Branimir Karabajic (Pauli), Vlado Magdic (Tom und Biber), Kurt Ludwig Schmidt alias Kasch (Mischa) Giulio Chierchini, Helmuth Huth, Kurt Italiaander, Florian Julino (Diabolino) und Riccardo Rinaldi (Die Pichelsteiner) kommen neben beeindruckenden Kostproben ihrer Kunst auch kurze aber aussagekräftige Biografien zum Abdruck.
Ein besonderes Schmankerl ist die fast komplett in Form von schwarzweißen Originalseiten abgedruckte Geschichte Fix führt durch das Studio von 1956. Hier besucht der kleine Fritz die Kauka-Studios, wo er auch die Witz-Annahme zu sehen bekommt. Hier werden Witze kiloweise angekauft und deren Bärte dann gestutzt, damit sie “fast wie neu“ sind.
Der Katalog kann (und will) nicht das schon sehr lange ausstehende definitive Buch über die Comic-Produktion von Rolf Kauka sein, überzeugt aber durch die interessanten Texte und die Bebilderung! Empfohlen sei auch die Biografie Fürst der Füchse – Das Leben des Rolf Kauka.
Mit Band 4 liegt die Kompaktausgabe mit allen Schlumpf-Comics, die zu Lebzeiten des 1992 verstorbenen Pierre Culliford alias Peyo entstanden sind, komplett vor.
Die Schlumpfsuppe von 1976 ist eine Comic-Geschichte, die noch voll in der Tradition von Peyos Meisterwerken wie Blauschlümpfe und Schwarzschlümpfe oder Das Zauberei und die Schlümpfesteht. Hauptfigur ist der Riese Nimmersatt, der seinem Namen alle Ehre macht und dem bösen Zauberer Gargamel die Speisekammer leer isst.
Als Nimmersatt auch noch dessen Kater Azrael verspeisen will, macht Gargamel dem Riesen Appetit auf Schlumpfsuppe. Doch die blauen Wichte haben allerlei Tricks auf Lager, um zu verhindern, dass sie verspeist werden…
Die restlichen in diesem Band enthaltenen Geschichten entstanden fast komplett ohne Beteiligung Peyos und sind teilweise Werbecomics, die in Form von Alben zweitverwertet wurden. So entstand Die Schlumpf-Olympiade 1979 anlässlich der Spiele in Moskau als Auftragsarbeit für Coca Cola und das belgische Olympische Komitee. Der Comic reiht diverse Sport-Wettkämpfe aneinander und verzichtet nahezu komplett darauf, eine witzig-spannende Geschichte zu erzählen.
Das Schlumpfbaby hingegen ist nur entstanden, um 1984 Werbung für einen Kinofilm zu machen, der aus dem Zusammenschnitt von drei Episoden der in den USA entstandenen Zeichentrickserie bestand. Der Comic zum Film entstand unter Zeitdruck und daher gab es im Spirou-Magazin keine Vorabveröffentlichung. Stattdessen lagen zwei aus Filmbildern bestehende Mini-Alben mit dem Schlumpfbaby zum Zusammenbasteln bei, die auch in diesem Buch zum Abdruck kommen.
Sehr viel interessanter als die in diesem Band enthaltenen Comics ist das knapp 70-seitige, reich bebilderte Vorwort. Hier wird dokumentiert, wie stark sich Peyo beim Zeichentrickfilm Die Schlümpfe und die Zauberflöte, sowie bei der in den USA irrsinnig erfolgreichen TV-Serie engagierte. Besonders kräftezehrend war der zumeist erfolglose Versuch zu verhindern, dass seine Schlümpfe vom Animations-Studio Hanna-Barbera (Familie Feuerstein) amerikanisiert wurden.
Daher blieb Peyo kaum Zeit, sich um seine Comic-Produktion zu kümmern. Das ist sehr schade, denn er genoss die kurzen Phasen, in denen er mit wieder mit seinen alten Weggefährten François Walthéry (Natascha) und Marc Wasterlain zusammenarbeitete. Wenn seine ehemaligen Assistenten nicht spurten, drohte er ihnen im Scherz damit, sie in den Keller zu sperren, wo sie alle Episoden der Schlumpf-TV-Serie müssen. Peyo hat in seinen letzten Lebensjahren kaum noch Comics gezeichnet, doch es ist ihm gelungen ein Studio aufzubauen, das auch nach seinem Tode erfolgreich Schlumpf-Geschichten produziert.