Ein sechstes und letztes Mal erzählt das Dreamteam Zidrou und Jordi Lafebre von der belgischen Familie Faldérault, die alljährlich zu turbulenten Reisen nach Südfrankreich aufbricht. Doch genau genommen geht es diesmal um die chronologisch zweite Reise, die im Jahre 1970 stattfindet. Zuvor erschienen bereits Alben, die von den wundervollen Sommern der Familie in den Jahren 1962, 1969, 1973, 1979 und 1980 erzählten.
1970 gibt es wieder Verspätungen, da Papa Pierre auch diesmal noch ganz dringend einen Comic fertigzeichnen muss. Als die Faldéraults endlich mit Mam’zelle Estérel, ihrem roten Renault 4L, aufbrechen, sind sie noch zu fünft, doch Mama Madeleine ist hochschwanger.
Diesmal schaffen es die Faldéraults nicht bis ans Meer, da bei einem Autounfall Mam’zelle Estérels Windschutzscheibe zu Bruch geht. Da nicht sofort Ersatz aufzutreiben ist, muss die Familie einige Tage auf die Lieferung einer neuen Scheibe warten. Doch sie zum Glück kommen sie auf dem von Ginster umwachsenen idyllischen Bauernhof „Les Genêts“ unter. Im Schatten der Erlen dürfen die Faldéraults dort ihr Zelt aufbauen.
Sie werden sehr herzlich aufgenommen von den Bäuerinnen Esther und Estelle, die zweimal wöchentlich auf dem örtlichen Markt mit Hofprodukten wie Ziegenkäse oder Konfitüre einen schwunghaften Handel betreiben. Die Faldéraults halten ihre Gastgeberinnen für Schwestern, doch die Kinder staunen nicht schlecht, als sie die beiden Frauen dabei beobachten, wie sie liebevoll Zärtlichkeiten austauschen…
Auf den ersten Blick mag sich so mancher darüber wundern, dass diese scheinbar schlichte Geschichte von Jordi Lafebre derart detailverliebt in Szene gesetzt wurde. Das Resultat kann jedoch voll überzeugen und lässt an eigene unvergessliche Urlaubserlebnisse denken.
Außerdem hat Zidrou auch diesmal in seine turbulente Geschichte wieder einige ganz schön in die Tiefe gehende Momente eingearbeitet. Scheinbar ganz nebenbei erzählt er davon, dass es für die beiden sich liebenden Frauen nicht immer leicht ist, auf dem Lande zu leben.
Es ist sehr schade, dass dieser großartigen Band die Serie beendet, denn eigentlich haben die Faldéraults noch sehr viele weitere wundervolle Sommer erlebt…
Die 1951 im Magazin Spirou gestartete Geschichte Eine aufregende Erbschaft endete mit dem ersten Auftritt des Marsupilamis. Spirou und Fantasio brachten dies gelbschwarze Tier mit dem meterlangen Schwanz aus Palumbien mit. Genau wie bereits das Eichhörnchen Pips wurde das Marsupilami zum ständigen Begleiter der beiden Helden. Das von André Franquin geschaffene Fabeltier erlebte noch zahlreiche Soloabenteuer, denen jedoch der Charme der Marsupilami-Auftritte in den Spirou-Alben abging.
Auf dem Cover des Albums Die Bestie ist das Marsupilami kaum wiederzuerkennen. Doch auf den zweiten Blick erinnern die langen Arme der „Bestie“ an Franquins Ur-Marsupilami aus Eine aufregende Erbschaft. Die Geschichte spielt 1955, also kurz nachdem Spirou und Fantasio ihr Marsupilami trafen. Die Bestie erzählt von einem Artgenossen, der nach einer katastrophalen Seereise den Hafen von Antwerpen erreicht.
Ein Schiff musste vor Brasilien drei Wochen auf Ersatz warten und die Mannschaft hat sich nicht um die Tiere im Frachtraum gekümmert. Die Papageien und Affen sind grausam zu Tode gekommen, doch das Marsupilami überlebte, wohl auch auf Kosten der anderen ebenfalls für den Zoo von Antwerpen vorgesehenen Tiere. Ein knapp zwanzigseitiger Prolog zeigt in braunschwarzen Bildern die düstere Szenerie an Bord des heruntergekommenen Frachters und bildet den erstaunlich finsteren Auftakt für eine Geschichte aus dem Umfeld der Traditionsserie Spirou.
Erst nach dem Prolog kommt das Impressum und eine Widmung: “Für André. Er würde es wiedererkennen. Die Autoren.“ Texter von Die Bestie ist Benoît Drousie. Unter dem Pseudonym Zidrou hat er Comic-Klassiker wie Rick Masteroder Percy Pickwick fortgeführt und für den Zeichner Jordi Lafebre die zu Herzen gehenden Geschichten Lydie und Wundervolle Sommer geschrieben.
Zeichner von Die Bestie ist Frank Pé, dem es besonders viel Freude bereitet Tiere zu Papier zu bringen. Diese Vorliebe konnte er in den Serien Jonas Valentin und Zoo, sowie seiner Hommage an Winsor McCays Little Nemo, aber auch im von Zidrou getexteten Spirou-Album Das Licht von Borneo ausleben.
Die menschliche Hauptfigur von „Die Bestie“ ist der kleine François, der sich aufopfernd um geschundene Kreaturen kümmert. Zum Ärger seiner Mutter Jeanne – doch zur Freude von Frank Pé – hat sich bei ihm bereits “ein Albino-Maulwurf, ein bekloppter Waldkauz, eine federlose Wachtel, ein alter Kater, der pausenlos pupst, ein dreibeiniger Hund, die einzige nachtaktive Fledermaus, ein alkoholkrankes Zugpferd und ein rund um die Uhr brünstiges Biberratten-Pärchen“ angesammelt.
Doch Jeanne lässt ihren Sohn gewähren, da er ein schweres Los zu tragen hat. Der Vater von François ist ein mittlerweile in seine Heimat zurückgekehrter Soldat der deutschen Wehrmacht. Da dies in der Nachbarschaft und in der Schule bekannt ist, haben es Mutter und Sohn nicht eben leicht.
Einige rabiate Mitschüler den Schädel rasieren François den Schädel. Ähnliches wiederfuhr nach dem Krieg Frauen, die mit den Besatzern fraternisiert hatten. Die Lage spitzt sich zu, als François auch noch das Marsupilami in seine Menagerie aufnimmt…
Zidrou geizt in seiner Geschichte weder mit Tragik, noch mit Humor und Warmherzigkeit. Alle diese Tonarten sind auch in den ausdrucksstarken Bildern von Frank Pé zu finden.
Daher ist es mehr als erfreulich, dass Die Bestie nach den 150 Seiten dieses ersten Bandes noch nicht beendet ist und der noch voluminösere zweite Band den krönenden Abschluss enthält.
Am Anfang der Geschichte heißt es Abschied nehmen, von Mam’zelle Estérel, dem Renault 4L, der so rot ist, wie das am Mittelmeer gelegene französische Estérel-Gebirge. Als der immer noch auf den großen Durchbruch wartende belgische Comiczeichner Pierre Faldèrault das liebgewonnene Auto verkauft, kommen Erinnerungen auf…
1962 bekam Pierre das nagelneue rote Fahrzeug von seinen Schwiegereltern geschenkt. Daher fühlte er sich verpflichtet, diese mit in den Familienurlaub nach Frankreich zu nehmen. Während sich die beiden Töchter freuen, ist Pierres Ehefrau Madeleine alles andere als begeistert. Sie kommt mit ihrer dominanten französischen Mutter Yvette, die auf alles was aus Belgien kommt herabblickt, nicht zurecht. Ihre Befürchtungen bewahrheiten sich, denn Yvette hält nichts von Picknicks am Wegesrand, Zelten am Meer und noch weniger von Pommes Frites…
Der Grundton dieser sehr sympathischen Familiengeschichte ist in erster Linie heiter und nostalgisch. Doch scheinbar ganz nebenbei erfährt der Leser auch einige finstere Details aus der Vergangenheit von Oma Yvette und vom herzkranken Opa Henry, der einige Jahre in deutscher Kriegsgefangenschaft war. Dadurch werden die zunächst eher als Karikaturen angelegen Schwiegereltern zu plastischen Charakteren.
Diese “Vertiefung“ setzt sich noch fort, wenn der Leser auch die anderen Alben dieser bemerkenswerten in unchronologischer Reihenfolge veröffentlichten Serie kennt. Band 1 Ab in den Süden spielt 1973, als Pierre und Madeleine bereits vier Kinder hatten und ihre Ehe auf der Kippe stand, während Band 2 Die Bucht am Meer im Sommer des Jahre 1969 angesiedelt ist und nur so strotzt vor Urlaubsglück.
Dem belgischen Autor Zidrou und dem im allerfeinsten frankobelgischen Stil arbeitenden spanischen Zeichner Jordi Lafebre – beide harmonierten bei Lydie – gelang mit Wundervolle Sommer etwas ganz Besonderes. Es darf sich auf drei weitere Alben gefreut werden, die in den Jahren 1979, 1980 und 1970 spielen.
Gung Ho spielt in einer Welt, die nur noch sehr schwach von Menschen bevölkert wird. Auslöser war eine Katastrophe über deren genaue Ursachen uns Autor Benjamin von Eckartsberg und Zeichner Thomas von Kummant auch im vierten und vorletzten Band nichts verraten. Doch immerhin gibt es eine Rückblende, die erklärt, warum die beiden ungleichen Brüder Archer und Zack vom Waisenhaus in die abgeriegelten Siedlung Fort Apache verfrachtet wurden.
Gung Ho erzählt davon, wie sich Menschen in extremen Situationen verhalten und wieviel “Menschlichkeit“ im Ernstfall noch übrigbleibt. Diese Thematik beackert auch Robert Kirkmans Endzeit-Saga The Walking Dead, die ebenfalls bei Cross Cult erscheint. Doch anstatt auf Tausenden von routiniert gezeichneten schwarzweißen Seiten einen Endlos-Zombie-Film zu inszenieren, wählten von Eckartsberg und von Kummant formal einen völlig anderen Ansatz.
Sie erzählen ihre Geschichte in wohlüberlegt komponierten und aufwändig kolorierten Bildern, die nur im europäischen Album-Großformat ihre volle Wirkung entfalten. Die “Schönheit“ der Einzel-Panels und Seiten steht jedoch seltsamerweise der immer wieder drastische Momente enthaltenden Geschichte nicht im Wege. Gung Ho handelt von jungen Menschen, die die undurchsichtig organisierte Welt der Erwachsenen hinterfragen und versuchen eigene Wege zu beschreiten. Dies ist in einer Welt, in der an jeder Ecke hungrige Reißer-Monster lauern noch um einiges gefährlicher als in unserer Realität.
Auch von Band 4 gibt es eine auf 888 Exemplare limitierte Vorzugsausgabe, die für 15 Euro Aufpreis noch 40 Seiten mit Bonusmaterial enthält. Geboten wird ein interessantes Werkstatt-Gespräch mit Benjamin von Eckartsberg, ein aussagekräftiges Making Of zur Inszenierung der Action-Sequenzen, sowie wieder eine Galerie.
Hier ist es einmal mehr bemerkenswert, wer hier alles mit beeindruckenden Hommage-Bildern Gung Ho seinen Tribut erweist. Diesmal sind u. a. Jordi Lafebre (Lydie, Wundervolle Sommer), Frank Pé (Jonas Valentin, Zoo) sowie der Großmeister Régis Loisel (Auf der Suche nach dem Vogel der Zeit, Peter Pan) vertreten. Beim Blättern kommt schon etwas Wehmut darüber auf, dass Gung Ho schon mit dem nächsten Band endet.
Auf dem Comicfestival München präsentieren Benjamin und Thomas 2021 den Abschlussband Die weiße Flut und ermöglichten den Besuchern der Alten Kongresshalle einen aufwändig in Szene gesetzten Einblick in die Welt von Gung Ho!
Auch 1973 zieht es die belgische Familie Faldèrault wie jeden Sommer mit ihrem R2 in den Süden. Mit dabei ist auch diesmal das nur von den Faldèraults wahrgenommene zwei Meter große Eichhörnchen Tschuki, doch etwas ist anders als in den Jahren zuvor.
Die Mutter Mado glaubt nicht mehr daran, dass ihrem Mann Pierre der Durchbruch als Comiczeichner gelingt und plant sich von ihm zu trennen. Wird es ihr dennoch gelingen die zahlreichen Urlaubs-Rituale der Faldèraults ein letztes Mal fehlerfrei zu bewältigen?
Nach ihrem preisgekrönten Comic Lydie arbeiten der belgische Autor Zidrou alias Benoît Drousie (Percy Pickwick, Rick Master, Shi) und der spanische Zeichner Jordi Lafebre erneut zusammen.
Lafebre hat auch diese Geschichte wieder sehr liebevoll in einem Zeichenstil mit hohem Niedlichkeitsfaktor zu Papier gebracht. Doch es gelingt ihm mühelos in seine farbenfrohen Bildern auch ernsthafte Thematiken, wie das Ende einer Beziehung oder gar des ganzen Lebens, einzuarbeiten.
Wundervolle Sommer weckt wehmütige Erinnerungen an eine Zeit, als es noch möglich war wirklich gemeinsam zu verreisen, schon nach wenigen Kilometern so richtig weit weg zu sein und nur unter großen Mühen mit der Heimat in Kontakt getreten werden konnte.
Der Comic erzählt eine in sich abgeschlossene Geschichte, doch unchronologische Fortsetzungen von Wundervolle Sommer , die in den Jahren 1969, 1962, 1979, 1980 und 1970 spielen werden folgen, was sehr erfreulich ist.
Genau wie zuvor schon bei Lydie hat sich Herausgeber Eckart Schott auch diesmal besonders viel Mühe gegeben. Er veröffentlicht neben den regulären Hardcover-Ausgaben auch noch eine Sondereditionen mit signierten Drucken und zusätzlichen Seiten mit Illustrationen.
Die Geschichte spielt Ende der dreißiger Jahre in einem kleinen Ort in Belgien. Hier gibt es die Sackgasse des “Baby mit dem Schnurrbart“, die eigentlich “Stichstraße des Baron van Dick“ heißt, was eine Geschichte innerhalb der Geschichte ist. Die meisten Bewohner dieser Gasse haben eine kleine Macke, doch gegen Camille wirken sie wie ganz normale Spießbürger.
Camille ist schwanger und keiner weiß, wer der Vater ist, was schon allerlei Misstrauen innerhalb der Nachbarschaft erweckt. Als sie dann schließlich eine tote Tochter zur Welt bringt, wird die neugeborene Leiche der kleinen Lydie fotografiert und beerdigt. Doch wenige Tage danach, verkündet Camille freudig, dass ihr Baby wieder da ist. Zwar kann keiner die kleine Lydie sehen, doch nach einer Weile machen alle Sackgassen-Bewohner bei dem Spiel mit und tun so als wenn Lydie noch am Leben wäre…
Lydie wurde vom Spanier Jordi Lafebre im allerfeinsten und dabei leicht nostalgisch anmutenden europäischen Comicstil gezeichnet. Die ungewöhnliche sehr mitreißend erzählte Geschichte voller liebevoller Details und Episoden stammt vom Belgier Zidrou. Das vielfach preisgekrönte Werk erschien bereits 2010 und wurde in Spanien und Frankreich zu einem großen Erfolg. Deutsche Verleger zeigten jedoch kein Interesse an dem Comic.
Anlässlich der Einladung von Jordi Lafebre zum Comicfestival München 2015 und einer damit verbundenen Ausstellung von dessen Originalseiten im Instituto Cervantes München, veröffentlichte der deutsche Comicverlag Salleck Lydie. Herausgeber Eckart Schott gab sich besonders viel Mühe und brachte neben der regulären Hardcoverausgabe auch noch eine Sonderedition mit signierten Druck und 16 zusätzlichen Seiten mit Skizzen heraus.
In ähnlicher Form erschien mit Wundervolle Sommer auch die nächste Zusammenarbeit von Zidrou und Lafebre.