Anlässlich einer 2017 im Wilhelm Busch in Hannover gezeigten Rolf-Kauka-Ausstellung erschien mit ein großformatiger (24 x 34 cm) und auf 132 farbigen Seiten reich bebilderter Katalog. Dieser feiert auch den 100. Geburtstag des 2000 verstorbenen Comic-Produzenten. Das Werk trug jedoch den etwas unglücklichen Titel Fix & Foxi – Rolf Kaukas großer Welterfolg.
Eine ergänzte Neuausgabe, die zur Präsentation der Kauka-Ausstellung im Karikaturmuseum Krems produziert wurde, trägt jetzt den sehr viel passenderen Titel Fix & Foxi – Die Entdeckung von Spirou, Lucky Luke und den Schlümpfen.
Layout und Inhalt der Erstausgabe wurde beibehalten. Das Buch wurde jedoch um einige zusätzliche Seiten ergänzt, die zeigen wie die für Rolf Kauka arbeitenden Zeichner frankobelgische Comichelden wie Lucky Luke, Spirou oder Die Schlümpfein Szene setzten und sie gemeinsam mit Fix & Foxi oder Lupo auftreten ließen.
„Mach‘ anderen eine Freude, dann hast Du deinen Spaß“. Das war das Lebensmotto von Rolf Kauka, und 1953 setzte er es in die Tat um, als er sein erstes Comicheft herausbrachte. Er nannte es Till Eulenspiegel und dort traten Figuren wie Isegrim Wolf oder Reineke Fuchs auf. Aus diesen Fabelwesen formte Kauka die bekanntesten (west-)deutschen Comicfiguren: Der Wolf wurde zu Lupo und der Fuchs verdoppelte sich. Diese beiden schlauen Füchse übernahmen schließlich das Till Eulenspiegel-Heft komplett und es trug künftig ihren Namen: Fix & Foxi.
Eine der Grundlagen des Ausstellungs-Katalogs ist die 56. Ausgabe des Fachmagazins Redditionmit dem Dossier Rolf Kauka beschäftigte. Seinerzeit war dieses Magazin dem gerade verstorbenen Autor Roland Mietz gewidmet. Dessen kenntnisreichen Texte über Kauka verschiedene Schaffensphasen – darunter natürlich auch die verunglückte Asterix-Übersetzung Siggi und Barbarras – wurden in den Katalog übernommen.
Für das Buch sprechen aber auch die großformatigen Abbildungen, die zeigen was für großartige Künstler seinerzeit für Kauka arbeiteten. Zu Dorul van der Heide, Walter Neugebauer, Werner Hierl, Ludwig Fischer, Branimir Karabajic (Pauli), Vlado Magdic (Tom und Biber), Kurt Ludwig Schmidt alias Kasch (Mischa) Giulio Chierchini, Helmuth Huth, Kurt Italiaander, Florian Julino (Diabolino) und Riccardo Rinaldi (Die Pichelsteiner) kommen neben beeindruckenden Kostproben ihrer Kunst auch kurze aber aussagekräftige Biografien zum Abdruck.
Ein besonderes Schmankerl ist die fast komplett in Form von schwarzweißen Originalseiten abgedruckte Geschichte Fix führt durch das Studio von 1956. Hier besucht der kleine Fritz die Kauka-Studios, wo er auch die Witz-Annahme zu sehen bekommt. Hier werden Witze kiloweise angekauft und deren Bärte dann gestutzt, damit sie “fast wie neu“ sind.
Der Katalog kann (und will) nicht das schon sehr lange ausstehende definitive Buch über die Comic-Produktion von Rolf Kauka sein, überzeugt aber durch die interessanten Texte und die Bebilderung! Empfohlen sei auch die Biografie Fürst der Füchse – Das Leben des Rolf Kauka.
Mit Band 4 liegt die Kompaktausgabe mit allen Schlumpf-Comics, die zu Lebzeiten des 1992 verstorbenen Pierre Culliford alias Peyo entstanden sind, komplett vor.
Die Schlumpfsuppe von 1976 ist eine Comic-Geschichte, die noch voll in der Tradition von Peyos Meisterwerken wie Blauschlümpfe und Schwarzschlümpfe oder Das Zauberei und die Schlümpfesteht. Hauptfigur ist der Riese Nimmersatt, der seinem Namen alle Ehre macht und dem bösen Zauberer Gargamel die Speisekammer leer isst.
Als Nimmersatt auch noch dessen Kater Azrael verspeisen will, macht Gargamel dem Riesen Appetit auf Schlumpfsuppe. Doch die blauen Wichte haben allerlei Tricks auf Lager, um zu verhindern, dass sie verspeist werden…
Die restlichen in diesem Band enthaltenen Geschichten entstanden fast komplett ohne Beteiligung Peyos und sind teilweise Werbecomics, die in Form von Alben zweitverwertet wurden. So entstand Die Schlumpf-Olympiade 1979 anlässlich der Spiele in Moskau als Auftragsarbeit für Coca Cola und das belgische Olympische Komitee. Der Comic reiht diverse Sport-Wettkämpfe aneinander und verzichtet nahezu komplett darauf, eine witzig-spannende Geschichte zu erzählen.
Das Schlumpfbaby hingegen ist nur entstanden, um 1984 Werbung für einen Kinofilm zu machen, der aus dem Zusammenschnitt von drei Episoden der in den USA entstandenen Zeichentrickserie bestand. Der Comic zum Film entstand unter Zeitdruck und daher gab es im Spirou-Magazin keine Vorabveröffentlichung. Stattdessen lagen zwei aus Filmbildern bestehende Mini-Alben mit dem Schlumpfbaby zum Zusammenbasteln bei, die auch in diesem Buch zum Abdruck kommen.
Sehr viel interessanter als die in diesem Band enthaltenen Comics ist das knapp 70-seitige, reich bebilderte Vorwort. Hier wird dokumentiert, wie stark sich Peyo beim Zeichentrickfilm Die Schlümpfe und die Zauberflöte, sowie bei der in den USA irrsinnig erfolgreichen TV-Serie engagierte. Besonders kräftezehrend war der zumeist erfolglose Versuch zu verhindern, dass seine Schlümpfe vom Animations-Studio Hanna-Barbera (Familie Feuerstein) amerikanisiert wurden.
Daher blieb Peyo kaum Zeit, sich um seine Comic-Produktion zu kümmern. Das ist sehr schade, denn er genoss die kurzen Phasen, in denen er mit wieder mit seinen alten Weggefährten François Walthéry (Natascha) und Marc Wasterlain zusammenarbeitete. Wenn seine ehemaligen Assistenten nicht spurten, drohte er ihnen im Scherz damit, sie in den Keller zu sperren, wo sie alle Episoden der Schlumpf-TV-Serie müssen. Peyo hat in seinen letzten Lebensjahren kaum noch Comics gezeichnet, doch es ist ihm gelungen ein Studio aufzubauen, das auch nach seinem Tode erfolgreich Schlumpf-Geschichten produziert.
Bereits 1990 ließen Tome & JanrySpirou ein Abenteuer in Moskau erleben. Seinerzeit war die Geschichte jedoch in der damaligen gerade zusammenbrechenden Sowjetunion angesiedelt und auch die Russenmafia spielte eine Rolle.
Spirou bei den Sowjets steht hingegen in der Tradition von Tim im Lande der Sowjets, dem ersten Abenteuer von Hergés rasenden Reporter. Innerhalb der Geschichten setzten Spirou und Fantasio eine Ausgabe von Hergés Klassiker sogar ein, um ihren Verleger bei Carlsen (in der Originalfassung natürlich: Dupuis) davon zu überzeugen, die Spesen für ihre Russland-Reise zu übernehmen, weil damit dem konkurrierenden Magazin Tintin “ein Schnippchen geschlagen“ werden kann).
Doch der Hauptgrund für Spirou und Fantasios Reise ins Land der Sowjets ist, dass der Graf von Rummelsdorf entführt wurde, um dabei zu helfen auf Basis von Pilzen einen Wirkstoff zu produzieren, der alle Menschen in Kommunisten verwandelt.
Für das Szenario zeichnet sich der auch als Zeichner tätige Fred Neidhardt verantwortlich, der bereits Spirou-Erfahrung hat. Er siedelt seine Geschichte in den 50er-und 60er-Jahren während des Kalten Kriegs an und geizt nicht mit beißender Satire auf die totalitären Zustände in der damaligen Sowjetunion.
Der manchmal etwas einseitige Blick auf die “bösen Russen“ wird jedoch aufgefangen, durch viele köstliche Anspielungen auf die damalige Comic-Szene. Eine gewisse Rolle spielt das einst kommunistische französische Comic-Magazin Vailliant alias Pif Gadget (das bei uns YPS mit Gimmick als Vorlage diente. Auch der chaotische Büroboten Gaston ist kurz (kopflos) zu sehen.
Die Zeichnungen stammen von Fabrice Tarrin (Violetta), der sich am Frühwerk von André Franquin orientierte und bereits bei Die Gruft derer von Rummelsdorf mit Neidhardt zusammenarbeitete. Spirou bei den Sowjets erscheint außerhalb der ohnehin ruhenden “offiziellen“ Spirou-Serie und ist eine gelungene Mischung aus Nostalgie und einem modernem, auch für erwachsene Leser interessantem, Storytelling.
Bereits 1915 gab es einen täglichen Comic-Strip mit Charlie Chaplin an dem auch E. C. Segar als Zeichner beteiligt war, der später mit seinem Popeye große Erfolge feiern sollte. Weitere Comic-Auftritte folgten, so wurden bei uns Anfang der 70er-Jahre 15 Hefte zum “kleinen Mann mit dem großen Herzen“ an die Kioske gebracht. Doch erst jetzt wird unter dem Motto “Ein Leben für den Film“ eine Comic-Biografie über Chaplin veröffentlicht.
In Belgien und Frankreich erschien dieser Comic 2019 bei Dupuis (daher gibt es einen Gastauftritt von Spirou) als Band 1 der Reihe Les étoiles de l’histoire. Es folgten ebenfalls von Bernard Swysen geschriebene Biografien zu Marylin Monroe und Brigitte Bardot. Dem erfahrenen Autor gelingt es, auf 70 Seiten alle wichtigen Momente im Leben des Kino-Pioniers zu berücksichtigen. Zugleich gelang es ihm auch zu vermeiden, eine Art Comic-Adaption von Richard Attenboroughs opulenter Film-Biografie Chaplin mit Robert Downey Jr. abzuliefern.
Sehr viel ausführlicher als der Film schildert der Comic die Jugend von Charles Chaplin in ärmlichsten Verhältnissen. Zu fast jedem wichtigen Film (sogar zu Die Gräfin von Hongkong) gibt es Impressionen von den Dreharbeiten. Natürlich sind auch Chaplins zahlreiche selten glücklich endende Affären und Beziehungen ein wichtiges Thema. Passend dazu ist das Artwork von Bruno Bazile (Les aventures de Sarkozix), dem gute Promi-Karikaturen gelangen, sehr detailfreudig ausgefallen.
Das Vorwort des französischen Regisseurs Claude Chabrol (Die Fantome des Hutmachers), der Chaplin persönlich getroffen hatte, bleibt weit hinter den Erwartungen zurückbleibt. Der Anhang mit einer kompletten Filmografie, inklusive der von Chaplin gespielten Rollen, hingegen ist eine sinnvolle Ergänzung dieser schönen Edition.
Nach Monroe – Ein Hollywoodmärchen! veröffentlicht Panini anstatt der Biografie von Brigitte Bardot den ersten Teil einer als Comic erzählten Lebensgeschichte von Marlene Dietrich. Flavia Scudery gelang mit bewusst eingesetzten Stilbrüchen in Richtung Manga und Disney ein mitreißender Auftakt.
Es ist sehr erfreulich, dass Carlsen die Spirou-Gesamtausgabe auch über die von André Franquin geschaffenen zeitlosen Klassiker hinaus fortführt. Nach drei Hardcover-Editionen mit den neun Alben des Bretonen Jean-Claude Fournier und einem Buch mit dem schmalen Werk des glücklosen Duos Nic & Cauvin eröffnet Band 13 “eine Ära von 17 Jahren der Harmonie zwischen der Figur, ihren Autoren und dem Publikum“.
Doch diese traumhaften Zustände herrschten nicht von Anfang an, denn es brauchte seine Zeit bis schließlich 1984 mit Das geheimnisvolle Virus das erste Spirou-Album von Philippe Vandevelde und Jean-Richard Geurts alias Tome & Janry veröffentlicht wurde. Zuvor erschienen die Comics des jungen Teams abwechselnd mit von Nic & Cauvin sowie von Yves Chaland gestalteten Abenteuern des Pagen im Spirou-Magazin.
Eher durch Zufall landeten Tome & Janry, die zuvor bei Comics des Konkurrenz-Magazins Tintin wie Gregs Albert Enzian assistierten, bei Spirou. Dort gestalteten sie zunächst eine Seite mit Spielen und Rätseln. Bemerkenswert an dem Duo ist, dass Tome genau wie Janry texten und zeichnen kann. Erst im Laufe der gemeinsamen Arbeit an Spirou kristallisierte sich heraus, dass der 2019 verstorbene Tome die gemeinsam erarbeiteten Geschichten zu Papier brachte, die sein Freund Janry dann in Szene setzte.
Es waren schließlich das positive Feedback der Leser des wöchentlichen Magazins auf die ersten Kurzgeschichten und wohl auch die Fürsprache von André Franquin, die dazu führten, dass Tome & Janry bis 1998 vierzehn Alben und zahlreiche Kurzgeschichten zur Serie beisteuern sollten. Nicht mitgerechnet sind die zahlreichen Geschichten mit dem kleinen Spirou, die mittlerweile knapp 20 Alben füllen.
Die erste Auftritt dieser beliebten nur bedingt jugendfreien Jugendversion von Spirou fand 1983 in einer Kurzgeschicht mit dem langen Titel Die einzig mehr oder weniger wahre Geschichte über die Jugend von Spirou erzählt von Onkel Paul (enthalten im Spirou-Album Jugendsünden) statt, die ebenfalls in diesen Band zu finden ist. Hinzu kommen noch die Alben Das geheimnisvolle Virus, Abenteuer in Australien, und Marilyn ist nicht zu stoppen, sowie zahlreiche kurze Comics, Titelbilder und natürlich ein fundiertes Vorwort.
2016 schien bei der belgischen Traditionsserie alles fabelhaft zu laufen. In Band 55 (bei uns # 53) Der Zorn des Marsupilamis kehrte das von André Franquin geschaffene gelbschwarze Fabeltier mit dem langen Schwanz zu Spirou und Fantasio zurück. Jetzt hätte es wieder so weitergehen können, wie in der Hochphase der Serie.
Doch die reguläre Reihe wurde danach erst einmal nicht fortgeführt. Stattdessen gab es allerlei (gelungene) Experimente rund um das Spirou-Universum. Emilé Bravo setzte mit Spirou oder die Hoffnung seine Reihe mit den Jugend-Abenteuern des während des Zweiten Weltkriegs ein politisches Gewissen entwickelnden Pagen fort.
Der Spanier José Luis Munuera (Die Campbells), der von 2004 bis 2008 regulärer Zeichner von Spirou & Fantasio war, überraschte ab 2017 mit frisch-fröhlichen Abenteuern des tollpatschigen Schurken Zyklotrop, der sich als alleinerziehender Vater bewähren muss. Ins selbe Horn stößt das Team BeKa und David Etien, das 2019 den Grafen von Rummelsdorf in einem in den 40er-Jahren spielenden Soloabenteuer antreten lässt, um die Codes der von den Nazis entwickelte Dekodierungs-Maschine Enigma zu knacken.
Nicht unerwähnt bleiben soll in diesem Zusammenhang aber auch das großartige Abenteuer Sein Name war Ptirou. Yves Sente und Laurent Verron erzählten hierin 2017 die fiktive Lebensgeschichte jenes Schiffsjungen, der Rob-Vel bei einer Transatlantikreise zur Entwicklung von Spirou anregte. Ein Jahr später gelang Flix mit Spirou in Berlinein in der DDR spielendes Abenteuer, das mittlerweile auch in Belgien und Frankreich erschienen ist.
Man sollte meinen, dass bei so viel Spirou kaum noch Platz für das Team von Der Zorn des Marsupilamis bleibt. Doch Autor Fabien Vehlmann (Allein) und Zeichner Yoann schufen in der Zwischenzeit allerlei Kurzgeschichten für das Spirou-Magazin. Diese wurden gebündelt im Carlsen-Band Die tollsten Abenteuer von Spirou veröffentlicht.
Besonders viel Aufsehen erregte eine Story, die 2016 entstand, als in den Kinos der Film Batman v Superman: Dawn of Justicestartete. Vehlmann und Yoann erzählen davon, wie Spirou den Milliardär Bruce Waynn in Potham besucht. Dieser zeigt ihm die Geheimnisse der Batguy-Höhle und nimmt ihn mit auf einen Trip in seinem Batflitzer.
Spirou lehnt es ab, Batguy als “Pagen-Boy“ zu assistieren und wird zu Superpage (im Original Supergroom). Während des Einsatzes findet er heraus, dass viele der Verbrechen, die Batguy bekämpft, erst durch das rücksichtslose Vorgehen von Waynns Konzern ausgelöst wurden.
Die Story kam bei den Lesern so gut an, dass der Superpage im Juni 2016 sogar das Cover der 4080. Ausgabe des Spirou-Magazins zierte und ein weiteres Kurzabenteuer mit dem nur geringfügig maskierten Pagen präsentiert wurde. Hierin bringt dieser sogar Tim und Struppizu Fall, bzw. ein Werbeschild mit Hergés Helden.
2020 erschien das erste Album mit Superpage, der hierin gegen Schurken, und weitere maskierte Helden ankämpft. Am schlimmsten sind jedoch die Verbrechen des Großkapitals, durch die der bezahlbare Wohnraum in Brüssel immer knapper wird.
Thematisch passend kommt Yoanns Grafik diesmal sehr viel lockerer daher. Seine Layouts lassen an US-Superhelden-Hefte oder Mangas denken. Es bleibt spannend, wie sich Superpage im Umfeld der zahlreichen unterschiedlichen Spirou-Versionen behaupten wird.
Zeitgleich mit dem sechsten Band der Bild-Comic-Bibliothek zu Detektiv Conanstartet am 5. September 2005 die Reihe Klassiker der Comic-Literaturder Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die einzelnen Bände waren für 4,90 Euro erhältlich, etwas kleinformatiger und nicht gebunden, enthielten dafür aber sehr ausführliche Vorworte. Das Lettering wurde dem kleinen Format von 14 x 21 cm angepasst. Die Serie bietet eine wirklich anregende Auseinandersetzung mit dem Medium Comic.
Den 18. Band zu Gastonleitet zum Glück wieder Andreas Platthaus ein. Dieser schildert ebenso kompakt wie umfassend die Entwicklung von André Franquins Chaoten. Dieser war zunächst nur als namenslose Figur auf Illustrationen im Magazin Spirou zu sehen und wechselte schließlich als Bürobote in die Redaktion des Blattes. Gastons zahlreiche Versuche die Arbeit zu erleichtern oder zu vermeiden erzählte Franquin in über 900 Comics, die zunächst jeweils eine halbe Seite und später eine ganze Seite in Spirou füllten.
Der FAZ-Band enthält nahezu ausschließlich die frühen Gaston-Comics. Franquins detailverliebter Zeichenstil wäre deutlich besser zur Geltung gekommen, wenn die Seiten größer und im Querformat erschienen wäre. Doch ansonsten bietet das Buch eine gute Übersicht über die Entwicklung der Figur und enthält als Zugabe auch noch Cartoons und Werbe-Comics mit Gaston.
Am 29. Oktober 1959 erschien die erste Ausgabe des französischen Magazins Pilote, das der belgischen Konkurrenz Tintin und Spirou Paroli bieten wollte (und sollte). Hierin debütierte Asterix und gleichzeitig startete der meisterliche Zeichner Albert Uderzo auch das erste Abenteuer der tollkühnen französischen Militärpiloten Tanguy und Laverdure.
Uderzo nutzte seine einzigartige Zeichenkunst nicht nur zur detailgetreuen Wiedergabe von Kriegsgerät, wie dem wirklich recht elegant aussehenden Jagdflugzeug Mirage III, sondern auch immer wieder für wirklich lustige Slapstick-Einlagen. Während Michel Tanguy als gradliniger Held eine gewisse Ähnlichkeit mit Falbalas Freund Tragicomix aus Asterix hat, ist der dürre Ernest Laverdure das Ebenbild von Albert Uderzo.
Dieser lässt kein Fettnäpfchen aus und ist bei jeder attraktiven Frau sofort entflammt, also das ideale Opfer für Spioninnen. Die immer wieder die Schlagkraft der französischen Luftstreitkräfte betonenden Abenteuer dachte sich der Belgier Jean-Michel Charlier aus, dessen Meisterwerk Blueberry auch in Pilote erscheinen sollte.
1966 wurde Uderzo die Doppelbelastung durch Asterix und Tanguy & Laverdure zu viel. Er übergab die Flieger an Jijé und bis heute haben zahlreiche weitere Teams die Serie am Leben erhalten. Uderzo blieb jedoch dem Flieger-Comic verbunden und platzierte auf seinem Anwesen in Yelines eine echte Mirage III.
Bei der Egmont Comic Collection startete 2009 eine “Gesamtausgabe“ von Tanguy und Laverdure, die allerdings nur die von Uderzo gezeichneten Abenteuer enthält und bereits hoch gehandelt wird, da die neun Bände schon lange vergriffen sind. Als eine Art Nachschlag hierzu erscheint zum 60. Geburtstag der Fliegerserie ebenfalls bei Egmont ein Hommage-Buch.
Wer nun hofft, die frankobelgische Comic-Elite würde dem Klassiker mit sanftem Spott in lässig hingehauenen Bildern ehren, dürfte etwas enttäuscht sein. Die sechs Tribute-Comics in diesem Buch sind alle im hyperrealistischen, aber meist etwas sterilen Stil der Uderzo-Nachfolger gehalten, bzw. stammen im Falle von Yvan Fernandez, Matthieu Durant und Sébastien Philippe auch gleich direkt von diesen.
Durchaus im Sinne der Vorlage sind die in Nostalgie schwelgenden Geschichten vom Stile “seriös, aber mit einem Schmunzeln“, gerne auch über protestierende Studenten, die sich 1965 für fortschrittlich hielten. Erzählt wird dabei nicht nur über die Väter der Helden, sondern auch gleich zweimal vom großen Charles de Gaulle, der seine Piloten zum Eskortieren von britischem Gebäck einsetzt oder Laverdures Tollpatschigkeit ausnutzt, um dem US-Präsidenten Lyndon B. Johnson einen kleinen Streich, unter dem Motto “Ich weiß, dass Du uns ausspionierst“, zu spielen.
Die Begleittexte des Buchs zeigen sich stärker an Details über Militär-Flugzeuge als an der Comic-Geschichte interessiert. Immerhin fanden alle Pilote-Titelbilder mit Tanguy-Bezug den Weg in dieses Buch. Sehr erfreulich ist auch, dass der sehr lustige Zweiseiter Der Aprilscherz enthalten ist. In diesem von René Goscinny geschriebenen und von Uderzo gezeichneten Comic, der 1961 in Pilote erschien, treten neben den Fliegern auch andere bekannte Figuren wie der Rote Kosar oder Asterix und Obelix auf!
Vor etwas über zwei Jahren startete der Carlsen Verlag ein ambitioniertes Projekt, mit dem – zumindest in diesem Verlag- nicht unbedingt zu rechnen war: Die Neuauflage des spanischen Comic-Klassikers Clever & Smart von Francisco Ibáñez. Seitdem sind ein Dutzend Alben mit den kultigen Geheimagenten erschienen und ein Ende ist- dank des großen Erfolgs- nicht abzusehen.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass Carlsen das das Oeuvre des Vielzeichners um weitere Figuren und Serien unter dem Titel F. Ibáñez präsentiert erweitert. Den Startschuss der Reihe macht seine vielleicht zweitbekannteste Schöpfung: Der trottelige Zeitungsbürobote Tom Tiger (im Original: El Botones Sacarino). Diesem war jedoch kein langes Leben beschieden. Nur drei Jahre zeichnete Ibáñez die Serie, dann verlor er das Interesse daran und andere Zeichner führten die Reihe fort. In Deutschland erschien die Serie ab 1980 und beim selben Verlag wie Clever & Smart (Condor!) und erreichte einen Umfang von 22 Bänden sowie eine zweite Auflage.
Wer sich mit der Entstehungsgeschichte von Tom Tiger beschäftigt, wird nicht nur feststellen, dass es sich hierbei um einen Schnellschuss von Ibáñez handelt. Sein Verlag bat den Zeichner 1963 – trotz dessen Auslastung mit dem gerade durch die Decke gehenden Erfolg von Clever & Smart – parallel dazu schnell noch eine weitere Serie zu kreieren. Entstanden ist ein ziemlich dreistes und unverschleiertes Plagiat des frankobelgischen Comic-Klassikers Gaston. Das Äußere der beiden Figuren ist- bis auf den Harschnitt und die Kleidung- nahezu identisch und Tom Tigers Pagenuniform ist schlicht von Spirou ausgeliehen. Funktion und Charakter der Hautfigur sind ebenfalls identisch, wenn auch im Falle von Tom Tiger weniger vielschichtig.
Wirklich erstaunlich ist, wie Ibáñez anfangs seinem offensichtlichem zeichnerischen Idol André Franquin nacheifert: In den frühen Folgen übernimmt er praktisch komplette Nebenfiguren: Fräulein Trudel, Herr Bruchmüller (unter anderem Namen selbstverständlich), orientiert sich an Stil, Strich und Gesten des frankobelgischen Meisters.
Noch dreister wird es, wenn Ibáñez komplette Gag-Ideen nahezu identisch kopiert. Beispielsweise fragt Tom Tiger eine Kollegin, ob sie mit ihm zu einem Kostümfest gehen will, ohne ihr jedoch zu sagen, dass sie dabei das Hinterteil eines Zentauren-Kostüm füllen soll. Vergleicht man das Vorbild aus dem Gaston– Comic, wirkt die Zeichnung von Ibáñez beinahe wie durchgepaust, ohne jedoch die Qualität eines Franquin zu erreichen.
Auch den Humor von Ibáñez und Franquin trennen Welten: Während die Gaston-Onepager kunstvoll und auf den Punkt komponierte Meisterwerke sind, die stets den humanistischen Ansatz Franquins durscheinen lassen, verliert sich der Humor bei Tom Tiger in routinierten den Zynismus feiernden, kalauernden Gagfeuerwerken. Wo bei Gaston letzten Endes immer ein gewisser menschlicher Zusammenhalt (selbst zwischen Gaston und seinen Vorgesetzten) besteht, da herrscht in Tom Tiger die unerbittliche hierarchische Hackordnung der kapitalistischen Arbeitswelt: Sir Winston vs. Harry Humbug vs. Tom Tiger. Und die einzige Waffe des Unterdrückten ist das Chaos.
Das soll allerdings keinesfalls bedeuten, dass die Comics von Ibáñez wertlos oder minderwertig sind. Die meistens zweiseitigen Stories dieses Best Of Tom Tiger– Albums bereiten durchaus Vergnügen. Die geschickte, chronologische Auswahl ermöglicht einen Blick auf einen anfangs noch unsicheren, suchenden Zeichner, der schließlich seinen unverwechselbaren Stil und Humor findet. Die Comicseiten sind (ebenso wie die der Clever & Smart– Reihe) neu eingescannt, ansprechend coloriert und neu getextet. Außerdem gibt es ein aufschlussreiches Nachwort von Steffen Haubner.
Es bleibt zu hoffen, dass wir im Fortbestand der Reihe F. Ibáñez präsentiert auch in den Genuss seiner zahlreichen anderen Schöpfungen, wie beispielsweise: Mein Gott, Walter! oder Ausgeflippt – Fischstraße 13 kommen. Für Clever & Smart– Fans, 80er-Jahre-Nostalgiker und Verklärer der eigenen Kindheit ist dieser Band ein absolutes Muss!
Nachdem bereits der tollpatschige Schurke Zyklotrop eine eigene Serie bekommen hat, steht jetzt eine weitere Nebenfigur, die vom großen André Franquin für den Klassiker Spirou geschaffen wurde, im Zentrum eines eigenen Comics.
Pankratius Hieronymus Ladislaus Adalbert Graf von Rummelsdorf trat erstmal 1950 in der Geschichte Der Zauberer von Rummelsdorf in Erscheinung. Mit dieser Figur und den zugehörigen Bewohnern des scheinbar idyllischen Örtchens Rummelsdorf setzte Franquin, nachdem er zuvor seinem Mentor Jijé nacheiferte, bei Spirou eigene Akzente.
Bisher kennen die Freunde von Spirou den Grafen nur als würdevollen älteren Herren, der in einem Schloss wohnt und die merkwürdigsten Dinge erfindet. Doch jetzt zeigt ein Comic ihn als jungen Mann, der genau wie Spirou in den Geschichten von Émile Bravo in der Zeit als Belgien von den Deutschen besetzt wurde sehr schnell erwachsen werden musste.
Anfangs führt der Graf noch ein recht geruhsames Leben auf Schloss Rummelsdorf, doch ein verschlüsselter Brief fordert ihn auf nach England zu reisen. Mit knapper Not und unter Zuhilfenahme von narkotisierenden Pilzen kann Rummelsdorf gerade noch einem Bataillon der deutschen Wehrmacht entkommen, das sein Schloss besetzt. In England soll er helfen die Codes der von den Nazis entwickelten Dekodierungs-Maschine Enigma zu knacken.
In einem Herrenhaus im Örtchen Bletchley Park soll er einer Gruppe von Exzentrikern dabei helfen, des Rätsels Lösung zu finden. Historisch korrekt tritt hier auch der geniale Mathematiker Alan Turing in Erscheinung, der seinerzeit ganz nebenbei die Grundlagen für das Entwickeln von Großrechenanlagen lieferte.
Auch Blair Mackenzie, die junge Dame die Rummelsdorf in Bletchley Park kennenlernt, ist angelehnt an eine reale Person bzw. an deren Auftritt in einem Kinofilm. Genau wie Keira Knightley, die als junge Mathematikerin Joan Clark in The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben zur Dechiffrier-Gruppe stieß, weil sie besonders gut im Lösen von Kreuzworträtseln war, bekam auch Blair Mackenzie im Comic den Job, weil sie ein Zeitung-Rätsel lösen konnte.
Wie sich Rummelsdorf und Blair während der Arbeit immer näherkommen, wurde vom Autoren-Duo Béka (Bertrand Escaich und Caroline Roque) sehr feinfühlig in die spannende Geschichte integriert. Anfangs ensteht der Eindruck, dass hier etwas zu ausführlich über das Codieren von Geheimbotschaften berichtet wird. Doch schon recht bald kriegt Béka die Kurve und beteiligt am großen Finale sogar den James-Bond-Schöpfer Ian Fleming, der seinerzeit beim britischen Geheimdienst tätig war.
Ganz großartig ist auch das wunderschöne Artwork von David Etien. Dieser konnte bereits in der Serie Die Vier von der Baker Street seine Liebe zum “Merry Old England“ ausdrücken.
Mit Patient A ist bereits ein weitere Abenteuer von Rummelsdorf erschienen. Hierin findet Rummelsdorf 1941 heraus, dass die Nazis, an einer schrecklichen Droge arbeiten, die kriegsentscheidene Wirkung haben kann.