Sicher ist jeder auf irgendeinem Gebiet ein absoluter Ignorant. Während der Comic-Zeichner Étienne Davodeau (Lulu – Die nackte Frau, Der schielende Hund) kaum etwas über die Wein-Produktion weiß, kennt sich der Winzer Richard Leroy überhaupt nicht mit Comics aus. Das Konzept diese beiden „Ignoranten“ zusammenzubringen, sich über ihre Arbeitsmethoden austauschen zu lassen und dies zu einem von Davodeau gezeichneten Comicalbum zu verarbeiten, klingt nur bedingt prickelnd. Doch das Resultat kann sich wahrhaft lesen lassen.
Das liegt sicher auch daran, dass Richard Leroy kein typischer Weinbauer ist. Der ehemalige Bankangestellte produziert in seinen Weinbergen einen fast schon legendären trockenen Weiswein in sehr viel kleineren Mengen als er verkaufen könnte. Seine Produkte sind bei französischen aber auch internationalen Gastronomen und in amerikanischen Weinführern bereits mehr als ein Geheimtipp. Es hat schon fast etwas Mystisches wenn Leroy seine Reben beschneidet, seinen Weinberg frühmorgens mit seltsamen Substanzen dünkt, versucht genau die richtigen Holzfässer auszuwählen und bei der Gärung darauf verzichtet Schwefel oder ähnliches zu verwenden, sondern den “Traubensaft sich selbst überlässt“.
Doch auch über Comics erfährt der Leser so einiges. Während Davodeau nicht immer erfolgreich versucht Leroy beim Winzern zu helfen, empfiehlt er seinem Freund auch einige Comics als Bett-Lektüre. Während dieser bei Watchmen von Alan Moore und Dave Gibbons recht bald eingenickt ist, haben ihm Comics wie Art Spiegelmans Maus oder Der Fotograf von Emmanuel Guibert und Frederic Lemercier schlaflose Nächte bereitet. Da Davodeau gut in der französischen Comic-Szene verdrahtet ist, besucht er gemeinsam mit Leroy neben den Festivals in Saint Melo oder in Bastia auf Korsika auch Zeichner-Kumpels wie Jean-Pierre Gibrat (Der Aufschub) oder Marc-Antoine Mathieu (Gott höchstselbst). Die daraus resultierenden Gespräche hat Davodeau äußerst lebendig in lässigen schwarzweißen Zeichnungen zu Papier gebracht.
Eine Rolle spielen auch die Produktionsmethoden in der französischen Comic-Industrie. Davodeau besucht gemeinsam mit Leroy seine Druckerei in Belgien um zu überprüfen, wie seine Farben auf dem ausgewählten Papier zur Geltung kommen oder seinen Verlag Futuropolis in Paris. Hier bekommt der Leser einen Eindruck in die Sorgfalt mit der in Frankreich nicht nur Weine produziert sondern auch Comicprojekte angeschoben und begleitet werden, was Früchte trägt in originellen Werken wie Die Ignoranten.
Bereits 2013 veröffentlichte Egmont diesen Comic als eins der wenigen Highlights einer kurzlebigen Graphic-Novel-Reihe. Der Hardcoverband ist schon lange vergriffen und daher ist es sehr erfreulich, dass sieben Jahre später bei Carlsen eine Neuauflage als Paperback erschien ist.
Die Hauptfigur dieses Comics ist der junge Séraphin Dulac. Dessen Mutter stürzte 1868 mit einem Ballon ab, als sie versuchte in großer Höhe die mysteriöse Substanz “Äther“ zu erforschen.
Eine wichtige Rolle im weiteren Verlauf der Geschichte spielt der bayrische Märchenkönig Ludwig II, der bereits in einer Manga-Serie und dem gar nicht so lustigen deutschen Funny-Comic King Kiniauftrat. Der bayrische Monarch lädt Séraphin Vater, den französischen Erfinder Professor Dulac nach Neuschwanstein ein, denn dort wurde das Logbuch seiner verunglückten Frau gefunden. Ludwig II arbeitet an einem gewaltigen Fluggerät, das mit der Kraft des Äthers das Weltall erforschen soll. Obwohl sein Vater zunächst dagegen ist, begleitet ihn Séraphin nach Bayern und erlebt das Abenteuer seines Lebens…
Alex Alice, der Das Schloss in den Sternen (genau wie seine ebenfalls bei Splitter erschienene Serie Siegfried) im Alleingang realisierte, beschwört eine Welt, in der Technik und Kultur enge Verbündete sind. Schon das Cover des Comics zeigt, was hier die Hauptinspirationsquelle war. Das Layout erinnert an die Titelbilder der von Pierre-Jules Hetzel verlegten prachtvoll illustrierten Bücher von Jules Verne. Die Geschichte ist ebenso solide erzählt und voller sensationeller Schauwerte, wie die besten Romane von Verne. Die Bilder und die Figuren hingegen lassen an Zeichentrick-Meisterwerke aus den Studio Ghibli denken, wie etwa Das Schloss im Himmel. Wenn innerhalb der Geschichte jedoch die Kaiserin von Österreich auftaucht, dann sieht diese selbstverständlich genauso aus wie Romy Schneider in den Sissi-Filmen.
In Frankreich wurde Le Château des étoiles zunächst in Form von sechs 24-seitigen Journalen zum Preis von je 2,95 Euro veröffentlicht. In diesem 29 x 42 cm großen “Comic-Zeitungen“ kommen die wunderschönen farbenfrohen Zeichnungen von Alex Alice noch besser zur Geltung, als in den nur halb so großen gebundenen Comic-Alben.
Fantasy-Comics, die toll aussehen gibt es zuhauf. Fantasy-Comics, die sich wirklich lesen lassen gibt es schon weniger. Doch an einen Fantasy-Comic, der mich durchgehend zum Staunen bringt, daran glaubte ich nicht mehr. Doch dann habe ich Das Schloss in den Sternen gelesen…
Die Siegfried-Saga existiert in verschiedenen Versionen sowie in der wohl bekanntesten, sehr freien Bearbeitung des nordischen Sagenkreises durch Richard Wagner. Der Franzose Alex Alice (“Das Schloss in den Sternen“) ließ sich von allen inspirieren und schuf, fast verborgen unter seinem spektakulären Glanz, ein überraschend archaisches Werk.glaubt bevor ich .
Wir sehen die vielschichtigen Facetten der Figuren glitzern, lernen ihre Beweggründe kennen und ihr Tun zu verstehen. Der Zeichner findet neue Wege, um sattsam bekannte Archetypen, wie etwa die Walküren, überzeugend ins dritte Jahrtausend zu retten. Alice stellt die wichtigen Fragen und gibt nicht nur visuell beeindruckende Antworten – wenngleich sein plakatives Artwork fast sein erzählerisches Talent verdeckt.
Da hat jemand in die Mottenkiste gegriffen, alte Schätze geborgen, neu poliert und modern aufgepeppt, um sie intelligent und spannend auf seine Art zu interpretieren. Der Schluss dieses ersten Teils ist ein wunderbarer Cliffhanger, der den Leser voller Erwartung auf den zweiten Band des Dreiteilers zurücklässt. Einfach nur schön. Und dann noch der Preis von 15,80 € für satte 80 Seiten insgesamt! Für so was hätte ich in meiner Jugend … ähm, bezahlt natürlich.
Überfällig war es ja schon lange, ein Comic-Album mit Bayerns Märchenkönig Ludwig II in der Hauptrolle und Schloss Neuschwanstein im Hintergrund. Angepackt haben es Knut & Christian Eckert und ihre an Asterix geschulten Knollennasen-Männchen wissen auf den ersten Blick durchaus zu gefallen. Auch die Vorstellung der Hauptfiguren, neben Ludwig wären das: Oberstallmeister Graf Holnstein, Richard Wagner und (natürlich) Sissi, erinnert an das gallische Meisterwerk von Goscinny und Uderzo.
Doch damit haben sich schon die Ähnlichkeiten. So wurden die bei genauer Betrachtung doch oftmals etwas schlampig ausgeführten Zeichnungen recht wahllos auf den einzelnen Seiten platziert. Dabei variiert der Abstand zwischen den Panels immer wieder, ohne dass ein Grund dafür erkennbar wäre. Ganz offensichtlich haben die Eckerts nicht allzu viel Erfahrung mit Comics.
Doch leider wollen auch die Gags nicht so recht zünden. Erzählt wird, wie Ludwig in München hinter einer verschollenen Wagner-Oper herjagt. Der ganz große Knaller, der auch in englischer Sprache veröffentlichten Geschichte, wird auch noch einmal auf der Rückseite des Albums abgebildet. Hier wird die königliche Kutsche von einer Schumi-Karikatur überholt wird und diese mit einem markanten Kinn versehene Figur meint dazu: „Tja, wer ko, der ko!“ Tja, aber auch wer nicht ko, der ko trotzdem ein Comicalbum veröffentlichen.
Unter dem Titel Ludwig II ist übrigens auch ein Manga über den Märchenkönig erschienen.
Der junge und sehr attraktive Richard Hornig tritt 1886 in die Dienste des Bayernkönigs Ludwig II. Er fällt dem Monarchen sofort auf und beide werden schnell ein Liebespaar. Um sie herum toben Intrigen. So verübt Richards Zwillingsbruder Fritz ein Attentat auf den verschwenderischen König und Elisabeth von Österreich alias Sissi trägt sich mit dem Gedanken mit einem jungen Anarchisten in die Südsee durchzubrennen.
Diese Manga-Version vom Leben des bayrischen Märchenkönigs entstand bereits 1996. Die Autorin und Zeichnerin You Higuri (“Seimaden“) hangelt sich entlang der aus diversen Filmen bekannten Fakten und erzählt einen schwärmerischen Reigen der Gefühle. Dabei hat sie Kostüme und die gelegentlich im Bild auftauchenden Bauwerke mit großer Sorgfalt zu Papier gebracht. Die schlaksigen, großäugigen Hauptfiguren sind jedoch eindeutig made in Nippon. Auch aufgrund der lieblichen Zeichnungen entsteht hier trotz der geschilderten amourösen Verwicklungen weniger der Eindruck großer Leidenschaft. Es erscheint eher so, als wenn die Personen wenig mehr wollen als lieb miteinander zu kuscheln.
Recht kurios ist auch der Anhang, in dem dargestellt wird, wie You Higuri gemeinsam mit ihrem Assistenten Bayern bereist und ihre Eindrücke zu Papier gebracht hat. Auf alle Fälle ist dieser Manga eine deutlich interessantere Comic-Version von Ludwig II als die ziemlich verunglückte deutsche Funny-Variante King Kini – Der Märchenkönig.
Der Belgier Maurice de Bevere (1923 – 2001) alias Morris ließ 1946 erstmals jenen Cowboy im Comic auftreten, der schneller als sein Schatten zieht. Er hatte Lucky Luke eigentlich als Held eines Zeichentrickfilms geplant.
Die größten Erfolge feierte die Westernparodie jedoch erst, als René Goscinny ab Mitte der Fünfziger Jahre als Texter hinzu kam, noch bevor er mit Asterix durchstartete. Auch Goscinnys große Liebe gehört dem Zeichentrickfilm und als er in den USA weilte, träumte er davon bei Walt Disney zu arbeiten. Doch Goscinny fand es sehr bedauerlich, das Disney diesen Traum nicht teilte.
Schon daher ist es nicht verwunderlich, dass 1971 ein erster Zeichentrickfilm mit Lucky Luke entstand. Bei Lucky Luke – Daisy Town führten Morris und Goscinny Regie. Der Film basiert auf keinem der Comic-Alben. Vielmehr wurde eine Originalgeschichte entworfen, die möglichst viele Aspekte des Wilden Westens beinhaltet und 1983 sogar zum Comic-Album Daisy Town verarbeitet, das bei uns als Band 40 der Lucky Luke Reihe erschienen ist.
Insgesamt kann dieser Film um den einsamen Cowboy durchaus als gelungen angesehen werden. Schwächen in der Animation werden durch originelle Einfälle (inklusive Anleihen bei Tex Avery) ausgeglichen und auch die musikalischen Einlagen sind sehr gelungen. Die Satire auf den klassischen Western ist zwar nicht ganz so subtil, wie in den besseren Comic-Alben, aber dafür wird im Film gleich der komplette Wilde Westen veralbert. Außerdem ist es sehr viel passender, dass Lucky Luke hier noch eine Zigarette zwischen den Lippen hat und nicht wie später (aus Gründen der politischen Korrektheit) auf einem Strohhalm herum kaut.
Die 2001 bei Kinowelt erschienene deutsche DVD genügt von der (Voll-)Bildqualität her leider nicht den heutigen Sehgewohnheiten und enthält auch nur die deutsche Synchronfassung.
Doch mittlerweile gibt es eine Blu-ray mit den Lucky Luke – Trickfilmen, die auch Daisy Town in phantastischer 16:9-Bildqualität enthält. Die deutsche DVD und die Blu-ray-Box enthalten als Bonusmaterial die sehr interessanten und ausführliche 88-minütige Dokumentation René Goscinny – ein Leben für den Humor (René Goscinny – Profession Humoriste). Dieser Film enthält nicht nur seltene Privataufnahmen von Goscinny. Es gibt auch Ausschnitte aus von ihm gestalteten Kino- und TV-Filmen zu sehen. Darüber hinaus kommt auch noch nahezu die gesamte französische Comic-Elite zu Wort. Dieser 1998 für den Sender arte entstandene Bericht ist in französischer Sprache auf der DVD enthalten und wahlweise können deutsche Untertitel eingeblendet werden.
1975 gründeten Goscinny und Uderzo gemeinsam mit Georges Dargaud die Studios Idéfix und wollten dort ihrem großen Vorbild Walt Disney nacheifern. Sie starteten ihre Zeichentrick-Produktion mit Asterix erobert Rom. Als zweiter (und letzter) Film der Studios Idéfix folgte 1978 Lucky Luke – Sein größter Trick. In diesem tricktechnisch recht hochwertigen Film, ist der Lonesome Cowboy mal wieder auf der Jagd nach den Daltons, die im Auftrag eines am Strang gestorbenen Onkels die aus allen möglichen Westerntypen zusammengesetzte Jury umbringen sollen.
Die Geschichte wird – wie zuvor schon beim Zeichentrickfilm Asterix und Cleopatra (und natürlich bei Disney) – auch noch mit Musical-Szenen garniert, daher trägt der Film im Original auch den Titel La ballade de Dalton. Als eine Art Moderator fungiert ein Bänkelsänger, dessen Lieder in der deutschen Fassung von Reinhard Mey gesungen werden. Dieser hatte bereits vier Jahre zuvor beim Disney-Zeichentrickfilm Robin Hood einen ähnlichen Job übernommen.
Die Musical-Einlagen sind zwar ganz witzig, doch insgesamt ist der Film trotz gewaltiger tricktechnischer Fortschritte weniger gut gelungen als der Vorgänger Lucky Luke – Daisy Town. Kurz nach Fertiggestellung des Filmes schlossen die Studios Idéfix ihre Pforten. Die laufenden Betriebskosten waren einfach zu hoch um das Studio nach Goscinnys plötzlichen Tod im Jahre 1977 noch am Leben zu erhalten.
Auch Lucky Luke – Sein größter Trick basierte auf keinem Comic-Alben. Die Geschichte des Films wurde 1978 zunächst in einem kleinformatigen Comic adaptiert, der später ummontiert auch bei uns im Sammelband Die Dalton-Ballade und andere Geschichten als Band 49 der Lucky Luke Reihe erschienen ist.
Die deutsche DVD-Veröffentlichung von Kinofilm enthält als Bonus den deutschen Trailer (2:59 min, Vollbild), eine Galerie mit 25 deutschen Aushangfotos und Standbildern, sowie ein 8-seitiges farbiges Booklet. Genau wie bereits bei Daisy Town ist die Bildqualität leider nur mäßig, während in dieser Hinsicht die Blu-ray exzellent ist.
Nicht wirklich gelungen war der nächste Zeichentrickfilm Lucky Luke – Das große Abenteuer, der 1983 ins Kino kam. Hier wurden lediglich drei Episoden einer sparsam animierten 26-teiigen Trickfilmserie aus dem Hause Hanna-Barbera (Familie Feuerstein) zu einem Kinofilm zusammengeschnitten. Bei den einzelnen Geschichten handelte es sich um Verfilmungen der Comics Die Daltons im Blizzard, Ma Dalton und Die Daltons bewähren sich. Genau wie in der Trickfilm-Serie war auch im Kino die von Freddy Quinn gesungene Titel-Melodie Bang Bang, Lucky Luke zu hören.
Es sei noch angemerkt, dass in diesem Fall die Bildqualität der zugehörigen DVD mit anamorphen 16:9-Format ganz passabel ist. Der DVD von Filmconfect liegt sogar ein kleines 20-seitiges Comicheft mit der Kurzgeschichte Aus Liebe zur Musik bei.
2007 entstand mit Lucky Luke, Go West! (Tous à l’Ouest: Une aventure de Lucky Luke) ein weiterer Zeichentrickfilm, der leider nicht in unsere Kinos kam. Das Drehbuch basiert lose auf dem Comic Lucky Luke: Kalifornien oder Tod. Es fasst recht gut fast alle Situationen und Figuren zusammen, die den Reiz der langlebigen Erfolgs-Comicserie ausmachen. Im Zentrum des Geschehens stehen – neben Lucky Luke und Jolly Jumper – natürlich wieder die Daltons.
Nach einem turbulenten Auftakt in New York bricht Lucky Luke mit der vierköpfigen Gangsterbande und einem bunt zusammen gewürfelten Haufen von Siedlern zu einem Treck von Küste zu Küste auf. Wenn die Planwagen nicht in 80 Tagen das ganze Land durchquert haben, erlöschen die Ansprüche, die die Siedler auf ihr fruchtbares Land im Westen haben…
Mit dem sehr schön realisierten und erzählten Lucky Luke, Go West! ist es ein wenig so wie mit dem ein Jahr zuvor entstandenen Zeichentrickfilm Asterix und die Wikinger. Auch jener liebevoll und rechtwerkgetreu in klassischer 2D-Animation angefertigte Film kam – inmitten all der Comic-Realverfilmungen und Computeranimationen – etliche Jahre zu spät.
Doch dank DVD und Blu-ray hat Lucky Luke, Go West! weiterhin die Chance sein Publikum finden und es erfreuen.
Bereits 1974 entstand in der Türkei mit Atını Seven Kovboy eine nicht autorisierte Realverfilmung von Lucky Luke.
Für die Dalton wurden hier tatsächlich Darsteller mit den richtigen Größenverhältnissen gefunden.
Doch noch vor dem letzten Zeichentrickfilm zeigten die Kinos zwei der (bisher) drei Versuche aus Lucky Luke einen Realfilm zu machen. Morris stand der Sache ziemlich skeptisch gegenüber: “Eher zufällig hatte Terence Hill meine Alben gelesen, und er schwor sich, dass entweder er oder kein anderer die Hauptrolle verkörpere. Er nahm Kontakt mit dem Verlag Dargaud auf, an dem ich damals noch gebunden war, und die Verträge wurden unterschrieben. Er ähnelte Lucky Luke in keiner Weise (…), aber Terence Hill ist so sympathisch, so warmherzig, dass ich letztendlich mein Einverständnis gab.“
Kurioserweise erzählt der 1990 entstandene Spielfilm, die selbe Geschichte wie der fast 20 Jahre zuvor entstandene Zeichentrickfilm Lucky Luke – Daisy Town. Die Story von der rasch expandierenden Westernstadt, die Angriffen von Indianern und Daltons ausgesetzt ist, inszenierte Terence Hill höchstpersönlich, während das Drehbuch von seiner Frau Lori stammte.
Obwohl der Film in den USA (in Bonanza Creek, New Mexico) gedreht wurde, erinnert er stärker an einen Italowestern als an die klassischen Hollywood-Produktionen, über die sich Morris und Goscinny in ihren Comics hauptsächlich lustig machten. Passend (bzw. unpassend) dazu trägt Terence Hill ein Outfit, dass eher an seine Paraderolle in Mein Name ist Nobody denken lässt als an die Comicfigur. Somit ist Hills Lucky Luke ganz gewiss keine werkgetreue Comic-Verfilmung, doch insgesamt deutlich entspannter als die nächsten völlig überkandidelte Realverfilmungen.
Zeitgleich zum Kinofilm, für den Wolfgang Völz als Stimme von Jolly Jumper und Erzähler fungierte, entstand eine 8-teilige TV-Serie. Die beiden ersten Episoden Ma Dalton ist einmalig und Der Geisterzug wurden zum Kinofilm Lucky Luke 2 zusammengeschnitten.
Mittlerweile gibt es eine DVD- und eine Blu-ray-Box mit dem Kinofilm und allen acht TV-Episoden.
Der nächste Film-Versuch Die Daltons gegen Lucky Luke von 2004 hingegen ist ein Totalausfall. Da gibt es eine ganze Batterie wundervoller und unglaublich humorvoller Westerngeschichten vom Comicmeister Rene Goscinny und nichts davon ist im Film zu finden.
Stattdessen wurden Eric Judor und Ramsy Bedia, zwei nahezu gleich große französische Komiker, nicht nur als Joe und Averell Dalton gecastet, sondern sie durften auch noch ein völlig blödsinniges Drehbuch um einen magischen Sombrero verfassen.
Der Regisseur Philippe Haïm hingegen hält sich für eine Mischung aus Rodriguez, Tarantino und Leone, verbreitet aber trotz des beträchtlichen Budgets nur Langeweile.
Schon der französische Originaltitel Les Dalton deutet an, dass der Lonesome Cowboy nicht im Zentrum des Geschehens steht. Dies ist schade, denn überraschenderweise kann Til Schweiger als Lucky Luke (in seiner Nebenrolle!) durchaus überzeugen. Zwar wird der (einzige halbwegs brauchbare) Gag mit seinem langsameren Schatten qualvoll zu Tode geritten, doch Schweiger legt die Rolle merklich werkgetreuer an als zuvor Terence Hill.
Der nächste reale Lucky Luke war Jean Dujardin (OSS 117 – Der Spion, der sich liebte, The Artist, Mein ziemlich kleiner Freund), der bereits in Die Daltons gegen Lucky Luke in einer Nebenrolle zu sehen war. Der Regisseur Cool Waves hatte vier Jahre zuvor mit Dujardin die Surf-Komödie Cool Wavesgedreht, die in Frankreich 4 Millionen Besucher erreichte.
Nachdem zuvor schon der Zeichentrickfilm Lucky Luke, Go West! nicht in unsere Kinos kam, verhielt es sich mit der 2009 in Argentinien entstandenen Realverfilmung mit Dujardin genauso. Dies ist teilweise verständlich, denn sonderlich werkgetreu zur Comicvorlage (oder gar zum Humor des begnadeten Texters René Goscinny) ist auch dieses Werk nicht ausgefallen.
Irgendwie geht es um das aus Comic und Trickfilm bekannte Städtchen Daisy Town, den Bau der Eisenbahn und einige Banditen wie Billy the Kid oder Jesse James sowie Calamity Jane kommen auch vor, während die Daltons diesmal pausieren. Der Hauptfigur wird nicht nur der Name John “Lucky“ Luke sondern auch noch eine tragische Vorgeschichte angedichtet.
Beim in Szene setzten dieser meilenweit vom Comic entfernten Origin wird eifrig aus Spiel mir das Lied vom Todzitiert. So richtig überzeugen will das opulent ausgestattete Werk nicht, zumal der Humor oft ähnlich krude ausfällt wie in der vorherigen katastrophalen Realverfilmung Die Daltons gegen Lucky Luke.
So bleibt abschließend festzustellen, dass gleich der erste Versuch Lucky Luke ins Kino zu bringen der (bisher) gelungenste war. Was sicher daran liegt, dass Morris und René Goscinny maßgeblich am Zeichentrickfilm Daisy Town beteiligt waren.
Hier einige Impressionen von meinem Comic Café, das am Sonntag den 14. Februar 2016 im Münchner Werkstattkino stattfand
Matthias Schäfer hat eigens ein kleines animiertes Video gedreht, das hier zu sehen ist.
Angoulême: 43. Festival international de la Bande dessinée
Zentrales Thema war das größte europäische Comicfestival im französischen Angoulême. Im Vorfeld der Veranstaltung gab es einen Skandal im Zusammenhang mit der Verleihung des Grand Prix. Wer diese Auszeichnung bekommt, kann zugleich auch als Präsident die Ausrichtung des Festivals im nächsten Jahr mitbestimmen. Als eine Liste mit 30 Kandidaten bekanntgegeben wurde, gab es viel Entrüstung darüber, dass sich kein einziger weiblicher Comickünstler darunter befand.
Um den Druck aus der Veranstaltung zu nehmen, wurde der Preisträger bereits vorzeitig bekannt gegeben. Der Belgier Hermann Huppen fügte sich dann bestens in die eher rückwärtsgewandte Ausrichtung des Festivals. Es wurden drei schon etwas betagte, aber noch erstaunlich rüstige, Comic-Meilensteine gefeiert.
Die viele kleineren Ausstellungen wurden überstrahlt von der großen Werkschau “L ’Art de Morris“. Die Western-Parodie “Lucky Luke“ des als Morris bekannten Belgiers Maurice de Bevere (1923 – 2001) ist auch nach 70 Jahren dank ihrer gekonnt karikierten Typen frischer denn je. Eine Ausstellung feierte den Zeichner Morris.
Im April erscheint aber auch der von Matthieu Bonhomme (“Texas Cowboys“) in einem realistischeren Stil gezeichnete Comic “Der Mann, der Lucky Luke erschoss“ der vom Tod der eigentlich unsterblichen Figur handelt.
Weitere große Themen des Festivals waren “Corto Maltese“, der melancholische Seemann, den der Italiener Hugo Pratt erstmals 1967 zu Papier brachte, sowie der Japaner Katsuhiro Otomo, der im letzten Jahr zum Festival-Präsidenten gekürt wurde. Otomo war persönlich anwesend und stieg auch gerne auf das markante rote futuristische Motorrad seiner 1982 gestarteten Erfolgsserie “Akira“.
Fester Bestandteil des Programms ist die Expertenrunde “Comics lesen!“ die sich als Prüfstand für Neuerscheinungen versteht.
Regelmäßig und kontrovers diskutiere ich mit Igor Barkan (Zombiac), dem Comiczeichner Robert Platzgummer (MingaManga) Rainer Schneider (Comicaze) über aktuelle Comics.
Hauptfigur dieses Films der Coen Brothers ist Eddie Mannix (Josh Brolin), der 1951 versucht das fiktive Hollywood-Studio Capitol Pictures am Laufen zu halten. Die Handlung spielt während eines 24 Stunden umfassenden Arbeitstag von Mannix. Dessen Hauptproblem ist, dass der Star-Schauspieler Baird Whitlock (George Clooney) während der Dreharbeiten eines Monumentalfilms entführt wird.
Doch damit nicht genug, denn die Schwangerschaft von DeeAnna Moran (Scarlett Johansson), der unverheirateten Königin des Wasser-Balletts, lässt sich nicht mehr lange verbergen. Die (beide von Tilda Swinton gespielten) um die Wette ihre Klatsch-Reportagen schreibenden Schwestern Thora und Thessaly Thacker warten nur auf derartige Neuigkeiten.
Große Probleme bereitet auch der nur in Western-Filmen sattelfeste Hobie Doyle (Alden Ehrenreich, Solo: A Star Wars Story), der plötzlich die Hauptrolle in einer Komödie mit ganz vielen Dialogen spielen soll und den Regisseur Laurence Laurentz (Ralph Fiennes) zur Weißglut bringt. Kein Wunder, dass Eddie Mannix ernsthaft darüber nachdenkt, zum Luft- und Raumfahrt-Unternehmen Lockheed zu wechseln.
Die Filme der Coens sind Geschmacksache. Mit Hail Caesar! ist ihnen jedoch ein Werk gelungen, das auf vielen Ebenen funktioniert und im Kleinen stärker überzeugt, denn als Gesamtkunstwerk. Marvel-Schurke Josh Brolin (Avengers: Infinity War, Deadpool 2) bemüht sich nach Kräften den Film zusammenzuhalten, auch wenn ihm zwischendrin immer mal wieder die Show gestohlen wird. So gibt es liebevoll nachgestellte kitschige Szenen aus einem Bibel-Epos, eine unglaubliche Wild-West-Verfolgungsjagd und natürlich bleibt auch beim großen Wasser-Ballett kein Auge trocken.
Der absolute Hammer ist jedoch ein meisterlich in Szene gesetzter Matrosen-Tanz bei dem Channing Tatum so richtig Vollgas gibt! Wer da über den tieferen Sinn des Ganzen nachdenkt, ist selbst schuld!
Mit diesem Buch legt Stephen King seine sechste Sammlung von Kurzgeschichten vor. Enthalten sind 20 Stories, die King zuvor bereits in US-Magazinen oder als e-book vorab veröffentlichte, daher werden im Impressum auch 16 Übersetzer genannt. Es fällt auf, wie stark sich King seit seiner ersten 1980 veröffentlichten Story-Sammlung “Nachtschicht“ weiter entwickelt hat.
Die Anthologie eröffnet die Geschichte “Raststätte Mile 81“, die von einem mörderischen Auto erzählt und ein wenig in der Tradition von Kings klassischen Werke wie “Christine“ oder “Trucks“ steht, weil King sich hier stärker an Horror-Filmen als am wirklichen Leben orientiert. Doch im Gegensatz zu vielen von Kings Romanen, mündet diese durchaus spannende Geschichte in ein originelles Finale.
In vielen der Geschichten lässt Stephen King aber auch Lebenserfahrung mit einfließen, am stärksten vielleicht in “Der kleine grüne Gott der Qual“. Nachdem King 1999 von “einem Kerl in einem Van“ angefahren wurde, folgten einige Jahre sehr mit sehr schmerzhafter Physiotherapie und langsamer Genesung. Auch davon erzählt er in der Geschichte, betont aber in seiner Einleitung, dass die Geschichte zwar der Versuch ist “mit etwas abzuschließen“, er jedoch nicht Schriftsteller geworden ist “um seine Lebensbeichte abzulegen“, sondern vor allem um zu unterhalten.
Überhaupt ist es sehr erfreulich, dass King zu jeder seiner Geschichten eine kleiner aber oft sehr erhellende Einleitung verfasst hat. Dadurch werden schwächere Beiträge wie zwei (möglicherweise auch unter der deutschen Übersetzung leidende) Lyrik-Versuche, oder eine ohne Baseball-Grundkenntnisse kaum verständliche Geschichte erträglich. Doch ansonsten enthält das Buch nur wenige Aussetzer, sondern mit “Kleiner böser Junge“, dem humoristischen “Feuerwerksrausch“ oder der etwas arg unverhohlen für Amazons Kindle werbenden Story “Ur“ einige der besten Kurzgeschichten Kings. Es ist erfreulich, dass er auch dieses Feld weiterhin unermüdlich beackert!
Wie viele Studenten las auch Terry Brooks J. R. R. Tolkiens “Der Herr der Ringe“ am College und war schwer beeindruckt. Tolkien hat das Genre Fantasy zwar nicht erfunden, doch er prägte es sehr stark. Fortan war klar, dass ein anständiges phantstisches Epos aus drei Bänden zu bestehen hatte sowie in einer mittelalterlichen Welt mit Zwergen, Elfen, Zauberern und Dämonen spielen musste. Mit am stärksten orientierte sich Terry Brooks an den tolkienschen Regeln, als er Ende der Siebziger Jahre seine Trilogie um “Das Schwert von Shannara“ verfasste.
Auch wenn diese Bücher auf einer Erde spielen, die von einem Atomkrieg verwüstet wurde, mutet “Das Schwert von Shannara“ teilweise schon fast wie eine Nacherzählung von “Der Herr der Ringe“ an, was dem Erfolg jedoch keinen Abbruch tat. Terry Brooks gab seine Anstellung als Anwalt auf und konzentrierte sich auf seine Tätigkeit als Autor. Im Laufe seiner bemerkenswerten Karriere verfasste er auch die 6-bändige Reihe um das magische Königreich Landover, sowie Buchadaptionen der Filme “Hook“ und “Star Wars – Episode I“.
1982 kehrte Brooks nach “Shannara“ zurück und mit seiner zweiten Trilogie “Die Elfensteine von Shannara“ gelang es ihm, sich ein wenig freizuschwimmen vom übermächtigen Tolkien. Das die Hauptfigur Will Ohmsford, der Enkel des Helden von “Das Schwert von Shannara“ ist, mutet noch etwas vertraut an. Doch einen interessanten zwischenmenschlichen Touch bekommt das Buch dadurch, dass Will seine Mission zur Rettung eines heiligen Baums gemeinsam mit zwei Frauen, der Elfenprinzessin Elessedil und der etwas weniger aristokratischen Zigeunerin Eretria, zu bestehen hat.
Terry Brooks schrieb danach noch eine Unmenge weiterer Shannara-Romane, doch bezeichnenderweise war es die Elfensteine-Trilogie, die als erstes verfilmt wurde. MTV produzierte auf der Basis der Bücher eine neunteilige Serie, die auch nicht ganz ohne Bezüge zu Tolkien auskommt, denn John Rhys-Davies alias Gimli ist in der Rolle von Eventine Elessedil zu sehen. Ein Foto aus der TV-Serie mit Poppy Drayton als Amberle ziert auch das Titelbild der preiswerten neuen 736-seitigen Taschenbuch-Gesamtausgabe von “Die Elfensteine von Shannara“.