Der ehemalige Südstaatenoffizier Ben Trane (Gary Cooper) und der Glücksritter Joe Erin (Burt Lancaster) treten in Mexiko in die Dienste von Kaiser Maximilian und sollen für 50.000 Dollar eine Gräfin sicher nach Vera Cruz bringen. Doch als sie entdecken, dass sich in der Kutsche nicht nur die adelige Dame, sondern auch drei Millionen Dollar befinden, kommt ihnen ein Angriff der mexikanischen Rebellen gerade recht…
Da Burt Lancaster an diesem Western auch als Produzent beteiligt war, wollte er zunächst auch für die Hauptrolle spielen. Doch nachdem Gary Cooper an dem Part interessiert war, beschloss Lancaster die Schurkenrolle zu übernehmen.
Lancaster verkörperte den moralisch alles andere als gefestigten Joe Erin so charismatisch, dass (Vorsicht, Spoiler!) überlegt wurde, diese schillernde Figur am Ende des Films nicht sterben zu lassen. Cary Cooper hatte seine Rolle jedoch auch angenommen, weil er sich darauf freute, Burt Lancaster zu “erschießen“ und drohte damit, die Dreharbeien zu verlassen.
Doch nicht nur dadurch, dass ein von einem sehr bekannten Darsteller verkörperter Charakter das Filmende nicht erlebt und die Cowboy-Klamotten ganz schön staubig sind, lässt Vera Cruz an Sergio Leones Spiel mir das Lied vom Tod denken. Bemerkenswert ist auch, das Charles Bronson (damals noch unter seinem richtigen Namen Charles Buchinsky) bereits 1954 immer wieder zur Mundharmonika greift und Robert Aldrich fast ein Vierteljahrhundert vor dem Leone-Klassiker und sechs Jahre vor Die glorreichen Sieben (auch hier war Bronson dabei) radikal mit den Traditionen der Edelwestern im Stile von John Ford brach.
Die 2-Disc Limited Collector’s Edition von Capelight Pictures enthält den 93-minütigen Film auf Blu-ray und DVD, wahlweise mit einem nicht untertitelten Audiokommentar vom Regisseur Alex Cox (“Repo Man“, “Sid & Nancy“), sowie diese Extras: „Gary Cooper: Gesicht eines Helden“ – Doku von 1997 (57:48 min); „Burt Lancaster: Griff nach den Sternen“- Doku von 1996 (50:01 min); US-Kinotrailer (3:02 min) und der deutscher Kinotrailer (2:49 min), sowie ein Mediabook mit einem 24-seitigen Text von Ines Walk
Im deutschen Vorspann von Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe ist zu lesen, dass Argento, das Drehbuch nach einem Roman von Bryan Edgar Wallace verfasste. Seit 1962 versuchte sich der Produzent Artur Brauner an den Erfolg der Wallace-Filmreihe anzuhängen und so entstanden insgesamt neun Filme nach den Büchern von Wallace jr.
Doch der Film basiert auf einer Geschichte des Science-Fiction-Autors Fredric Brown und trägt im Original den Titel L’uccello dalle piume di cristallo und ein “Vogel mit Kristallfedern“ – der Südafrika-Kronenkranich -spielt tatsächlich eine entscheidende Rolle bei der Jagd nach einem Frauenmörder, der Rom in Angst und Schrecken versetzt. Die im Film in Großaufnahme zu sehenden schwarzen Handschuhe des Killers stammen übrigens von Dario Argento höchstpersönlich.
Zentrale Figur ist der amerikanische Autor Sam Dalmas (Tony Musante), der durch beherztes Eingreifen einen Mord gerade noch verhindern und immer stärker in den Fall hineingezogen wird. In der deutschen Fassung kann es sich Rainer Brandt als Sprecher von Musante nicht immer verkneifen, ähnlich flapsige Sprüche wie zwei Jahre später in der TV-Serie Die Zwei aufzusagen.
Auch die Auftritte von Gildo Di Marco als stotternder Zuhälter, Werner Peters (Der Untertan) als Klischee-Schwuler und Mario Adorf als Maler, der sich von Katzen ernährt, liegen eher im albernen Bereich. Insgesamt gelang Argento jedoch, auch dank des jazzigen Soundtracks von Ennio Morricone, ein immer noch verdammt spannender Thriller.
Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe bildet zusammen mit Argentos beiden nachfolgenden Werken Die neunschwänzige Katze (bei uns auch als “Wallace-Film“ vermarktet) und Vier Fliegen auf grauem Samteine “Tier-Trilogie“.
Anders als ein deutscher Titel wie Faustrecht der Prärie vermuten lässt, ist dies kein reiner Harte-Männer-Film. Es wird nicht nur geballert, sondern auch getanzt und der Originaltitel My Darling Clementine (das gleichnamige Lied ist immer wieder auf dem Soundtrack zu hören) ist viel schöner.
Die Western von John Ford, der nicht ohne Grund die Western Cinemathek der Süddeutschen Zeitung eröffnet, unterscheiden sich schon dadurch von anderen zeitgleich entstandenen Filmen, dass sie – man denke nur an die Kavallerie-Trilogie – nicht nur im Studio, sondern auch in der freien Natur gedreht wurden.
Dem 1946 eigens für Faustrecht der Prärie errichteten Städtchen Tombstone ist deutlich anzusehen, dass es sich nicht in einem Filmstudio, sondern mitten im majestätischen Monument Valley befindet, wo viele Filme von Ford wie etwa Höllenfahrt nach Santa Fegedreht wurden.
In Filmen von John Ford wie Der Mann, der Liberty Valance erschoss treten zwar Stars wie John Wayne, James Steward oder wie hier Henry Fonda (der 1968 in Spiel mir das Lied vom Tod nach Monument Valley zurückkehren sollte) als Wyatt Earp auf, doch es sind Ensemble-Filme und der Regisseur setzt immer wieder gerne markante Typen wie Ward Bond ein. Es gelingt Ford auch aus einem Darsteller erstaunliche Leistung herauszuholen, wie etwa aus dem Muskelprotz Victor Mature (Das Gewand, Tumak, der Herr des Urwalds), der hier als kränkelnder Glücksspieler Doc Holiday überzeugt.
Faustrecht der Prärie ist auch in der von der Produktionsfirma Fox gekürzten Fassung noch ein Film, der sich Zeit für Figuren und Situationen lässt. Nur der große Showdown am O.K. Corral ist temporeich in Szene gesetzt und von John Ford haargenau so dargestellt, wie es ihm angeblich Wyatt Earp höchstpersönlich erzählt hat.
Calamity Jane dürfte – weit vor der Kunstschützin Annie Oakley (Annie get your Gun) – die populärste weibliche Western-Ikone sein. In zahlreichen Filmen wurde die “unglückliche Jane“ u. a. von Jean Arthur, Doris Day, Ellen Barkin, Anjelica Huston und besonders großartig von Jane Russell in zwei Komödien mit Bob Hope verkörpert.
Bei Lucky Luke gehört sie fast zur Stammbesetzung und bei ihrem neuen Comic-Auftritt ist Calamity Jane ebenfalls rothaarig, jedoch sehr viel attraktiver. Im ersten Band der Reihe Wild West tritt sie zunächst unter dem Namen Martha Jane Cannary auf, unter dem sie möglicherweise 1856 geboren wurde. Doch ansonsten bekommt sie – genau wie im Kino – auch hier eine eher auf Fantasie als auf Tatsachen basierende Identität verpasst.
Am Anfang der Geschichte arbeitet Martha als Reinigungskraft in einem Bordell und Anstand ist ihr “einziger Reichtum“. Doch die im Wilden Westen üblichen brutalen Kalamitäten führen dazu, dass Martha schließlich auch “Jane“ genannt wird, genau wie die anderen Prostituierten im Red Fox Saloon. Waffengewalt ist der einzige Ausweg aus der Prostitution, meint zumindest Wild Bill Hickok. Dieser spielt im Comic die zweite Hauptrolle und war angeblich tatsächlich mit der “echten“ Calamity Jane verheiratet.
Bei der mit Versatzstücken von Western-Klassikern wie Spiel mir das Lied vom Todund der TV-Serie Deadwood jonglierenden, mit etwas Feminismus abgeschmeckten, Geschichte von Thierry Gloris (Pik As, Königliches Blut) ist sehr lange unklar, wohin die Reise geht. Auf die Fortsetzung gespannt machen erst die letzten der 54 Comic-Seiten.
Zuvor kann immerhin das beeindruckende Artwork von Jacques Lamontagne (Van Helsing vs. Jack the Ripper) bestaunt werden. Dieser lässt nicht nur Brad Pitt in einer Schurkenrolle auftreten, sondern visualisiert eine Vergewaltigung durch eine erschreckende Alptraum-Sequenz. Es bleibt abzuwarten, ob Wild West inhaltlich auch noch auf Trapp kommt.
Am 6. Juli 2020 verstarb mit Ennio Morricone einer der größten Komponisten von Filmmusik im Alter von 91 Jahren. Eine seiner letzten Arbeiten war der Soundtrack zu Quentin Tarantinos The Hateful Eight.
In seinen letzten Lebensjahren gab Morricone auch immer wieder spektakuläre Konzerte. Am 10. und 11. September 2007 dirigierte er vor dem malerischen Hintergrund des Markusplatzes in Venedig ein großes Orchester. Eröffnet wurde das Konzert mit dem wunderschönen Stück Deborah’s Theme, das wohl niemand vergessen dürfte, der jemals Sergio Leones Es war einmal in Amerikasah.
Natürlich gibt es auch die Kompositionen zu legendären Spaghetti-Western wie Spiel mir das Lied vom Tod oder Zwei glorreiche Halunken. Hierbei ist es fast schon ein surreales Erlebnis den festlich bekleideten Herrschaften des Orchesters und der Sängerin Susanna Rigacci im roten Abendkleid dabei zuzusehen, wie sie jene wilde Musik darbieten, die unweigerlich an unrasierte Outlaws denken lässt.
Ennio Morricone in Venice liegt in einer schön aufgemachten “Deluxe Edition“ mit DVD, 2 CDs und einem Buch. Eine DVD präsentiert das Konzert in Venedig in bester 16:9-Bild- und dts-Ton-Qualität. Die etwas kitschig anmutenden Morricone-Zitate, die gelegentlich eingeblendet werden, sind hingegen eher Geschmackssache. Als Bonus gibt es u. a. noch einen Morricone-Auftritt vor dem UNO-Hauptquartiers in New York bei dem er seine ziemlich ungewöhnliche Komposition Voci dal Silenzio dirigiert. Diese Multikuli-Kammermusik widmete er den Opfern des 11. September 2001. Die Edition ist somit ein Muss für alle Morricone-Fans.
Christian Heger (Mondbeglänzte Zaubernächte – Das Kino des Tim Burton) versteht sein Buch nicht als “biographische Star-Reportage“ sondern als “kulturwissenschaftliche Monographie“ zu Terence Hill und Bud Spencer. Daher entschuldigt sich im Vorwort dafür, dass er neben Fußnoten und Fachausdrücken auch “englisch zitierte Textpassagen“ eingebaut hat. Dies uferte 2009 in der ersten Auflage etwas aus, denn bei vielen englischen Zitaten handelte es sich um Übersetzungen aus dem Italienischen, die genauso gut auch in deutscher Sprache zum Abdruck hätten kommen können. Die vorliegende überarbeitete zweite Auflage verzichtet fast komplett auf diese Unart.
Das äußerst informative Werk ist eine “beträchtlich erweiterte“ Version von Hegers Magisterarbeit. Er informiert kurz aber fundiert über die Geschichte des Westerns und der Westernparodie. Anschließend beschreibt er wie es zum Italo-Western kam und der Markt so schnell übersättigt war, dass selbst ein Meisterwerk wie Spiel mir das Lied vom Tod in den USA kaum noch wahrgenommen wurde. Große Erfolge verzeichneten hingegen Spaßwestern wie Vier Fäuste für ein Halleluja mit Terence Hill und Bud Spencer, mit denen sich Heger ausführlich beschäftigt.
Doch auch die Solowerke wie Terence Hills Nobody-Filme und Bud Spencers Plattfuß-Reihe werden ausführlich analysiert, genau wie die zugehörigen spaßigen deutschen Synchronisationen von Rainer Brandt. Eine umfassende Filmografie mit Kurzkritiken zu allen ansonsten nur beiläufig erwähnten Filmen rundet das gelungene dann doch gar nicht so fachchinesisch geschriebene Werk ab.
Die zweite Auflage enthält auch noch einen Anhang, der sich mit dem sagenhaften Revival beschäftigt, das Bud Spencer und Terence Hill in den letzten Jahren erlebten. Bud Spencer schrieb bevor er 2016 verstarb noch einige Bestseller, eröffnete in Schwäbisch Gmünd das Bud Spencer Freizeit- und Erlebnisbad und erhielt mit dem Dokumentarfilm Sie nannten ihn Spencer von Karl Martin Pold eine sagenhafte Hommage. Terence Hills inszenierte sich selbst im vielbeachteten Film Mein Name ist Somebody und das Duo wird regelmäßig auf Fantreffen geehrt.
Drei Cowboys in langen Staubmänteln warten an einer Bahnstation. In langen Einstellungen wird diese Maxi-Version einer ähnlichen Szene aus High Noon genüsslich ausgekostet. Musik gibt es keine, obwohl Ennio Morricone etwas hierzu Passendes komponiert hatte. Als der Zug dann endlich einfährt, ertönt eine unverwechselbare Mundharmonika-Melodie und ein unübertroffen cooler Charles Bronson ist zu sehen. Er ist keinesfalls der Meinung, dass ein Pferd zu wenig vorhanden wäre, sondern vielmehr zwei Pferde zu viel…
Diese unvergessliche Sequenz eröffnet Sergio Leones besten Western. Die staubigen Cowboys sollten eigentlich von Clint Eastwood, Lee Van Cleef und Eli Wallach gespielt werden, den „Helden“ aus Leones zuvor gedrehten Dollar-Western. Doch der Film hat auch ohne diese leider nicht zustande gekommenen Gastauftritte einen ungewöhnlichen Besetzungs-Coup zu bieten. Den Schurken spielt der ansonsten fast immer als Held auftretende Henry Fonda (Faustrecht der Prärie). Auch Claudia Cardinale und Jason Robards waren selten so gut wie in diesem Film.
Leone musste dazu gezwungen werden Spiel mir das Lied vom Tod (diesen Titel und das zugehörige Filmzitat gibt es nur in der deutschen Fassung) zu drehen. Eigentlich war er den Western leid und wollte endlich mit Es war einmal in Amerikabeginnen, der später dann gemeinsam mit Todesmelodie und Spiel mir das Lied vom Tod eine Art Trilogie bildete. Doch US-amerikanische Finanziers bestanden auf einem weiteren Western, den sie dann später radikal zusammenkürzten. Im Rest der Welt trat der Film in voller Länge einen unvergleichlichen Siegeszug an und entfaltet, bei allem Respekt vor dieser hervorragenden Blu-ray-Edition, seine volle Wirkung erst in der Dunkelheit des Kinos.
Die DVD enthält dieses Bonusmaterial: Audiokommentar mit Beiträgen von den Regisseuren John Carpenter, John Milius & Alex Cox, den Filmhistorikern Sir Christopher Frayling & Dr. Sheldon Hall sowie Besetzung & Crew, wie alle Extras wahlweise mit deutschen Untertiteln; Sehr informative 60-minütige Dokumentation unnötigerweise verteilt auf drei Filme namens “Oper der Gewalt“, “Der Lohn der Stunde“ und “Die Verbindung mit dem Tod“; Schwarzweiße Fotogalerie (5:16 min); Location-Galerie (4:28 min); Eisenbahndokumentation (6:21 min); US-Kinotrailer (2:52 min, 1 : 2,35, anamorph, Stereo 2.0); Bio-und Filmographie zu Charles Bronson, Henry Fonda, Claudia Cardinale, Jason Robards und Gabriele Ferzetti
An den Welterfolg seines ultimativen Klassiker Spiel mir das Lied vom Tod konnte Sergio Leone mit seinem nächsten in Mexiko spielenden Film Todesmelodie nicht mehr anknüpfen. Sehr viel besser liefen seinerzeit in den frühen 70er-Jahren die Klamauk-Western mit Terence Hill und Bud Spencer wie Vier Fäuste für eine Halleluja. Daher versuchte Leone seine bewusst verzögerte und epische Art einen Film zu erzählen mit Stilmitteln des Prügel-Western aufzupeppen.
In Mein Name ist Nobody trifft der von Henry Fonda dargestellte alternde Revolverheld Jack Beauregard auf seinen treusten Fan Nobody, den Terence Hill mit geballter blauäugiger Wucht voller Charme auf die Leinwand zaubert. Das Resultat ist eine nicht immer homogene, aber ungeheuer unterhaltsame Mischung aus klassischem US-Western, Italo-Prügelfilm und bestem barocken Leone-Stil. Der Film ist voller erinnerungswürdiger Momente und wurde zudem auch noch abgeschmeckt mit Ennio Morricones zweitbestem Soundtrack.
Seltsamerweise saß der Meister des Italo-Western nicht höchstpersönlich im Regiestuhl, sondern übergab an seinen ehemaligen Assistenten Tonino Valerii. Leone verpaßte dem Film aber dennoch seinen eigenen Stempel. Während das Werk in den USA, aber auch in Italien floppte, wurde Mein Name ist Nobody in Deutschland auch aufgrund der flappsigen Synchronisation von Rainer Brandt (Die Zwei), der im deutschen Vorspann auch als Co-Drehbuchautor genannt wird, zu einem gewaltigen Erfolg und liegt sorgfältig restauriert und ausgestattet auf Blu-ray vor.
Die DVD enthält dieses Bonusmaterial: Deutschsprachige Dokumentation “Nobody Is Perfect: Leones Grabgesang auf den Western der alten Generation“ mit Terence Hill – Interview (73:21 min); Deutschsprachige Dokumentation “NOBODY Dusted – Der Film vor und nach der Restauration“ mit einer Chronik des Heimkinos und detaillierten Vergleichen des neuen, High Definition 24psf 1080 Masters mit den 8mm, VHS & Laserdisc Versionen (34:42 min); Deutscher Trailer (3:48 min); US-Trailer (2:41 min): Wendecover
Der Belgier Maurice de Bevere (1923 – 2001) alias Morris ließ 1946 erstmals jenen Cowboy im Comic auftreten, der schneller als sein Schatten zieht. Er hatte Lucky Luke eigentlich als Held eines Zeichentrickfilms geplant.
Die größten Erfolge feierte die Westernparodie jedoch erst, als René Goscinny ab Mitte der Fünfziger Jahre als Texter hinzu kam, noch bevor er mit Asterix durchstartete. Auch Goscinnys große Liebe gehört dem Zeichentrickfilm und als er in den USA weilte, träumte er davon bei Walt Disney zu arbeiten. Doch Goscinny fand es sehr bedauerlich, das Disney diesen Traum nicht teilte.
Schon daher ist es nicht verwunderlich, dass 1971 ein erster Zeichentrickfilm mit Lucky Luke entstand. Bei Lucky Luke – Daisy Town führten Morris und Goscinny Regie. Der Film basiert auf keinem der Comic-Alben. Vielmehr wurde eine Originalgeschichte entworfen, die möglichst viele Aspekte des Wilden Westens beinhaltet und 1983 sogar zum Comic-Album Daisy Town verarbeitet, das bei uns als Band 40 der Lucky Luke Reihe erschienen ist.
Insgesamt kann dieser Film um den einsamen Cowboy durchaus als gelungen angesehen werden. Schwächen in der Animation werden durch originelle Einfälle (inklusive Anleihen bei Tex Avery) ausgeglichen und auch die musikalischen Einlagen sind sehr gelungen. Die Satire auf den klassischen Western ist zwar nicht ganz so subtil, wie in den besseren Comic-Alben, aber dafür wird im Film gleich der komplette Wilde Westen veralbert. Außerdem ist es sehr viel passender, dass Lucky Luke hier noch eine Zigarette zwischen den Lippen hat und nicht wie später (aus Gründen der politischen Korrektheit) auf einem Strohhalm herum kaut.
Die 2001 bei Kinowelt erschienene deutsche DVD genügt von der (Voll-)Bildqualität her leider nicht den heutigen Sehgewohnheiten und enthält auch nur die deutsche Synchronfassung.
Doch mittlerweile gibt es eine Blu-ray mit den Lucky Luke – Trickfilmen, die auch Daisy Town in phantastischer 16:9-Bildqualität enthält. Die deutsche DVD und die Blu-ray-Box enthalten als Bonusmaterial die sehr interessanten und ausführliche 88-minütige Dokumentation René Goscinny – ein Leben für den Humor (René Goscinny – Profession Humoriste). Dieser Film enthält nicht nur seltene Privataufnahmen von Goscinny. Es gibt auch Ausschnitte aus von ihm gestalteten Kino- und TV-Filmen zu sehen. Darüber hinaus kommt auch noch nahezu die gesamte französische Comic-Elite zu Wort. Dieser 1998 für den Sender arte entstandene Bericht ist in französischer Sprache auf der DVD enthalten und wahlweise können deutsche Untertitel eingeblendet werden.
1975 gründeten Goscinny und Uderzo gemeinsam mit Georges Dargaud die Studios Idéfix und wollten dort ihrem großen Vorbild Walt Disney nacheifern. Sie starteten ihre Zeichentrick-Produktion mit Asterix erobert Rom. Als zweiter (und letzter) Film der Studios Idéfix folgte 1978 Lucky Luke – Sein größter Trick. In diesem tricktechnisch recht hochwertigen Film, ist der Lonesome Cowboy mal wieder auf der Jagd nach den Daltons, die im Auftrag eines am Strang gestorbenen Onkels die aus allen möglichen Westerntypen zusammengesetzte Jury umbringen sollen.
Die Geschichte wird – wie zuvor schon beim Zeichentrickfilm Asterix und Cleopatra (und natürlich bei Disney) – auch noch mit Musical-Szenen garniert, daher trägt der Film im Original auch den Titel La ballade de Dalton. Als eine Art Moderator fungiert ein Bänkelsänger, dessen Lieder in der deutschen Fassung von Reinhard Mey gesungen werden. Dieser hatte bereits vier Jahre zuvor beim Disney-Zeichentrickfilm Robin Hood einen ähnlichen Job übernommen.
Die Musical-Einlagen sind zwar ganz witzig, doch insgesamt ist der Film trotz gewaltiger tricktechnischer Fortschritte weniger gut gelungen als der Vorgänger Lucky Luke – Daisy Town. Kurz nach Fertiggestellung des Filmes schlossen die Studios Idéfix ihre Pforten. Die laufenden Betriebskosten waren einfach zu hoch um das Studio nach Goscinnys plötzlichen Tod im Jahre 1977 noch am Leben zu erhalten.
Auch Lucky Luke – Sein größter Trick basierte auf keinem Comic-Alben. Die Geschichte des Films wurde 1978 zunächst in einem kleinformatigen Comic adaptiert, der später ummontiert auch bei uns im Sammelband Die Dalton-Ballade und andere Geschichten als Band 49 der Lucky Luke Reihe erschienen ist.
Die deutsche DVD-Veröffentlichung von Kinofilm enthält als Bonus den deutschen Trailer (2:59 min, Vollbild), eine Galerie mit 25 deutschen Aushangfotos und Standbildern, sowie ein 8-seitiges farbiges Booklet. Genau wie bereits bei Daisy Town ist die Bildqualität leider nur mäßig, während in dieser Hinsicht die Blu-ray exzellent ist.
Nicht wirklich gelungen war der nächste Zeichentrickfilm Lucky Luke – Das große Abenteuer, der 1983 ins Kino kam. Hier wurden lediglich drei Episoden einer sparsam animierten 26-teiigen Trickfilmserie aus dem Hause Hanna-Barbera (Familie Feuerstein) zu einem Kinofilm zusammengeschnitten. Bei den einzelnen Geschichten handelte es sich um Verfilmungen der Comics Die Daltons im Blizzard, Ma Dalton und Die Daltons bewähren sich. Genau wie in der Trickfilm-Serie war auch im Kino die von Freddy Quinn gesungene Titel-Melodie Bang Bang, Lucky Luke zu hören.
Es sei noch angemerkt, dass in diesem Fall die Bildqualität der zugehörigen DVD mit anamorphen 16:9-Format ganz passabel ist. Der DVD von Filmconfect liegt sogar ein kleines 20-seitiges Comicheft mit der Kurzgeschichte Aus Liebe zur Musik bei.
2007 entstand mit Lucky Luke, Go West! (Tous à l’Ouest: Une aventure de Lucky Luke) ein weiterer Zeichentrickfilm, der leider nicht in unsere Kinos kam. Das Drehbuch basiert lose auf dem Comic Lucky Luke: Kalifornien oder Tod. Es fasst recht gut fast alle Situationen und Figuren zusammen, die den Reiz der langlebigen Erfolgs-Comicserie ausmachen. Im Zentrum des Geschehens stehen – neben Lucky Luke und Jolly Jumper – natürlich wieder die Daltons.
Nach einem turbulenten Auftakt in New York bricht Lucky Luke mit der vierköpfigen Gangsterbande und einem bunt zusammen gewürfelten Haufen von Siedlern zu einem Treck von Küste zu Küste auf. Wenn die Planwagen nicht in 80 Tagen das ganze Land durchquert haben, erlöschen die Ansprüche, die die Siedler auf ihr fruchtbares Land im Westen haben…
Mit dem sehr schön realisierten und erzählten Lucky Luke, Go West! ist es ein wenig so wie mit dem ein Jahr zuvor entstandenen Zeichentrickfilm Asterix und die Wikinger. Auch jener liebevoll und rechtwerkgetreu in klassischer 2D-Animation angefertigte Film kam – inmitten all der Comic-Realverfilmungen und Computeranimationen – etliche Jahre zu spät.
Doch dank DVD und Blu-ray hat Lucky Luke, Go West! weiterhin die Chance sein Publikum finden und es erfreuen.
Bereits 1974 entstand in der Türkei mit Atını Seven Kovboy eine nicht autorisierte Realverfilmung von Lucky Luke.
Für die Dalton wurden hier tatsächlich Darsteller mit den richtigen Größenverhältnissen gefunden.
Doch noch vor dem letzten Zeichentrickfilm zeigten die Kinos zwei der (bisher) drei Versuche aus Lucky Luke einen Realfilm zu machen. Morris stand der Sache ziemlich skeptisch gegenüber: “Eher zufällig hatte Terence Hill meine Alben gelesen, und er schwor sich, dass entweder er oder kein anderer die Hauptrolle verkörpere. Er nahm Kontakt mit dem Verlag Dargaud auf, an dem ich damals noch gebunden war, und die Verträge wurden unterschrieben. Er ähnelte Lucky Luke in keiner Weise (…), aber Terence Hill ist so sympathisch, so warmherzig, dass ich letztendlich mein Einverständnis gab.“
Kurioserweise erzählt der 1990 entstandene Spielfilm, die selbe Geschichte wie der fast 20 Jahre zuvor entstandene Zeichentrickfilm Lucky Luke – Daisy Town. Die Story von der rasch expandierenden Westernstadt, die Angriffen von Indianern und Daltons ausgesetzt ist, inszenierte Terence Hill höchstpersönlich, während das Drehbuch von seiner Frau Lori stammte.
Obwohl der Film in den USA (in Bonanza Creek, New Mexico) gedreht wurde, erinnert er stärker an einen Italowestern als an die klassischen Hollywood-Produktionen, über die sich Morris und Goscinny in ihren Comics hauptsächlich lustig machten. Passend (bzw. unpassend) dazu trägt Terence Hill ein Outfit, dass eher an seine Paraderolle in Mein Name ist Nobody denken lässt als an die Comicfigur. Somit ist Hills Lucky Luke ganz gewiss keine werkgetreue Comic-Verfilmung, doch insgesamt deutlich entspannter als die nächsten völlig überkandidelte Realverfilmungen.
Zeitgleich zum Kinofilm, für den Wolfgang Völz als Stimme von Jolly Jumper und Erzähler fungierte, entstand eine 8-teilige TV-Serie. Die beiden ersten Episoden Ma Dalton ist einmalig und Der Geisterzug wurden zum Kinofilm Lucky Luke 2 zusammengeschnitten.
Mittlerweile gibt es eine DVD- und eine Blu-ray-Box mit dem Kinofilm und allen acht TV-Episoden.
Der nächste Film-Versuch Die Daltons gegen Lucky Luke von 2004 hingegen ist ein Totalausfall. Da gibt es eine ganze Batterie wundervoller und unglaublich humorvoller Westerngeschichten vom Comicmeister Rene Goscinny und nichts davon ist im Film zu finden.
Stattdessen wurden Eric Judor und Ramsy Bedia, zwei nahezu gleich große französische Komiker, nicht nur als Joe und Averell Dalton gecastet, sondern sie durften auch noch ein völlig blödsinniges Drehbuch um einen magischen Sombrero verfassen.
Der Regisseur Philippe Haïm hingegen hält sich für eine Mischung aus Rodriguez, Tarantino und Leone, verbreitet aber trotz des beträchtlichen Budgets nur Langeweile.
Schon der französische Originaltitel Les Dalton deutet an, dass der Lonesome Cowboy nicht im Zentrum des Geschehens steht. Dies ist schade, denn überraschenderweise kann Til Schweiger als Lucky Luke (in seiner Nebenrolle!) durchaus überzeugen. Zwar wird der (einzige halbwegs brauchbare) Gag mit seinem langsameren Schatten qualvoll zu Tode geritten, doch Schweiger legt die Rolle merklich werkgetreuer an als zuvor Terence Hill.
Der nächste reale Lucky Luke war Jean Dujardin (OSS 117 – Der Spion, der sich liebte, The Artist, Mein ziemlich kleiner Freund), der bereits in Die Daltons gegen Lucky Luke in einer Nebenrolle zu sehen war. Der Regisseur Cool Waves hatte vier Jahre zuvor mit Dujardin die Surf-Komödie Cool Wavesgedreht, die in Frankreich 4 Millionen Besucher erreichte.
Nachdem zuvor schon der Zeichentrickfilm Lucky Luke, Go West! nicht in unsere Kinos kam, verhielt es sich mit der 2009 in Argentinien entstandenen Realverfilmung mit Dujardin genauso. Dies ist teilweise verständlich, denn sonderlich werkgetreu zur Comicvorlage (oder gar zum Humor des begnadeten Texters René Goscinny) ist auch dieses Werk nicht ausgefallen.
Irgendwie geht es um das aus Comic und Trickfilm bekannte Städtchen Daisy Town, den Bau der Eisenbahn und einige Banditen wie Billy the Kid oder Jesse James sowie Calamity Jane kommen auch vor, während die Daltons diesmal pausieren. Der Hauptfigur wird nicht nur der Name John “Lucky“ Luke sondern auch noch eine tragische Vorgeschichte angedichtet.
Beim in Szene setzten dieser meilenweit vom Comic entfernten Origin wird eifrig aus Spiel mir das Lied vom Todzitiert. So richtig überzeugen will das opulent ausgestattete Werk nicht, zumal der Humor oft ähnlich krude ausfällt wie in der vorherigen katastrophalen Realverfilmung Die Daltons gegen Lucky Luke.
So bleibt abschließend festzustellen, dass gleich der erste Versuch Lucky Luke ins Kino zu bringen der (bisher) gelungenste war. Was sicher daran liegt, dass Morris und René Goscinny maßgeblich am Zeichentrickfilm Daisy Town beteiligt waren.