Alle Beiträge von Heiner Lünstedt

Die Biber-Patrouille

Es ist erfreulich, dass es im Comic-Bereich immer wieder etwas Neues zu entdecken gibt, auch im Bereich Nostalgie. Ich kann mich finster daran erinnern, dass in den 80er-Jahren bei Bastei eine Serie namens Die blauen Panther erschien, die die Abenteuer einer Pfadfindergruppe enthielt. Halbwegs bemerkenswert ist, dass diese Comics bereits Ende der 50er-Jahre in der Heftreihe Der heitere Fridolin als Sechs auf großer Fahrt ihre deutsche Premiere erlebte.

Die Biber-Patrouille

Richtig erstaunlich finde ich, dass dieser Serie vom belgischen Comic-Autor Jean-Michel Charlier stammt, der Klassiker wie Die Abenteuer von Tanguy und Laverdure oder Blueberry geschrieben hat. Eine große Überraschung ist, dass sich der Salleck Verlag dieser bei uns der etwas in Vergessenheit geratenen Pfadfinder-Serie angenommen hat und sie unter dem korrekt übersetzten Originaltitel Die Biber-Patrouille (La Patrouille des Castors) als mit hochinteressanten Hintergrundinformationen garnierte Gesamtausgabe veröffentlicht.

Die Biber-Patrouille

Weniger erstaunlich ist, dass es in Belgien, einem Land in dem sich auch heute noch die von Robert Baden-Powell gegründete internationale Jugendorganisation großer Beliebtheit erfreut, neben Flieger-, Western- oder Piraten- auch Pfadfinder-Comics großer Beliebtheit erfreuen. Es ist sogar so, dass der belgische Comic “Pfadfinder-Wurzeln“ hat, denn Ur-Vater Hergé (Tim und Struppi) startete seine Karriere 1924 als Zeichner im Pfadfindermagazin Le Boy-Scout Belge.

Die Biber-Patrouille

Die erstmal 1954 im Magazin Spirou veröffentlichten Serie Die Biber-Patrouille erzählt die Abenteuer der Pfadfinder Mustang, Falke, Kater, Mücke und Tapir. Salleck präsentiert in einem gebundenen Sammelband die ersten vier albenlangen Geschichten, die in dieser Reihenfolge auch seinerzeit bei Bastei als Die blauen Panther erschienen sind. Hierin verschlägt es das Quintett nach einem Abenteuer um den Schatz der Abtei von Grosbois, in die Bretagne und schließlich sogar nach Indien, wo es zu einer Begegnung mit Rudyard Kiplings Mogli kommt.

Die Biber-Patrouille

Bei Salleck sind bereits drei Bände mit den ersten Abenteuern erschienen. Nachschub gibt es genug, denn die Serie lief bis 1993. Wobei die letzten der 30 Alben nicht nur von Michel Tacq alias MiTacq gezeichnet wurden, sondern dieser hat aber 1979 (also bereits ein Jahrzehnt vor dem Tode von Charlier) auch das Texten übernommen. Es ist sehr erfreulich, dass dieser kleine belgische Comic-Klassiker jetzt auch bei uns in adäquater Form erscheint.

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Der Schrecken der Medusa

Nach einem Mordanschlag auf sein Leben liegt Schriftsteller Jack Morlar (Richard Burton) im Krankenhaus. Obwohl der Autor klinisch tot ist, arbeitet sein Gehirn weiter. Der französische Austauschkommissar Brunel (Lino Ventura) soll den Fall für Scotland Yard lösen. Auf der Suche nach dem Täter gerät Brunel in eine mysteriöse Welt aus Horror und Katastrophen, die von Molar heraufbeschworen wurde. Ein Ende ist nicht abzusehen, denn der klinisch Tote arbeitet an einem perfiden Plan…

Der Schrecken der Medusa

Dem sehr vielseitigen britischen Regisseur Jack Gold (Der kleine Lord, Freitag und Robinson, Der Mann aus Metall) gelang mit diesem Film eine atheistische Variante zu Das Omen (Lee Remick, die Hauptdarstellerin des teuflischen Mystery-Klassikers, ist auch hier mit an Bord). Die Wut und der Weltschmerz, den Molar empfindet und ihn dazu zwingt seine tödlichen psychischen Kräfte einzusetzen, sind dank der mitreißenden schauspielerischen Leistung von Richard Burton jederzeit nachvollziehbar.

Der Schrecken der Medusa

Gold nutzt die spannende Geschichte auch zur Netzbeschmutzung und er fabriziert einen Rundumschlag gegen die (britische) Gesellschaft. Ein weiteres Plus ist Lino Ventura, der in einem seiner wenigen internationalen Gastspielen einen französischer Austauschkommissar verkörpert, der bei seinen Ermittlungen in London auch immer wieder mit englischer Arroganz konfrontiert wird. In erster Linie ist Der Schrecken der Medusa jedoch – trotz seiner treffenden Gesellschaftskritik – ein höllisch gut gemachter Thriller.

Der Schrecken der Medusa

Bonusmaterial des Mediabooks von Koch Media: Audiokommentar von Regisseur Jack Gold und den Filmhistorikern Kim Newman und Stephen Jones (leider ohne deutsche Untertitel); Featurette „Destroying the Abbey“ (18:16 min, leider ohne deutsche Untertitel); Deutschsprachige Super-8-Fassung (17:42 min); Englischer Trailer (2:52 min); Bildergalerie mit 65 Werbematerialien und Fotos vom Set; 16-seitiges Booklet mit einem Text von Oliver Nöding

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Gerhard Seyfried: Verdammte Deutsche!

Der 1948 in München geborene Gerhard Seyfried ist einer der bedeutendsten deutschen Comiczeichner. Seine politischen Cartoons waren immer witzig und nie verbissen. Sie hingen in den Siebziger Jahren an fast jeder Uni-Pinwand und in sehr vielen WGs. In den letzten Jahren hat sich Seyfried ein neues Tätigkeitsfeld erschlossen. Er verfasst historische Romane. Auf Herero über die deutsche Kolonialpolitik in Afrika, Gelber Wind über den Boxer-Aufstand in China und Der schwarze Stern der Tupamaros über die alternative Szene in München folgte Verdammte Deutsche!.

Gerhard Seyfried: Verdammte Deutsche!

Die Geschichte endet mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges und schildert die von (künstlich erzeugten) Vorurteilen geprägten Beziehungen zwischen Deutschland und England. Zentrale Figur ist der Marineoffizier Adrian Seiler, der 1911 in London an die Deutsche Botschaft abkommandiert wird. Da der junge Mann in Großbritannien aufgewachsen ist und perfekt englisch spricht, erscheint er ideal zum Auskundschaften von militärischen Anlagen. In seiner Naivität lässt sich Adrian darauf ein und wird einer der ersten deutschen Geheimagenten. Dabei verliebt er sich in Vivian, die Tochter eines aus Deutschland stammenden Buchhändlers. Beide geraten in ein lebensgefährliches Netz aus Lügen und Intrigen…

Gerhard Seyfried: Verdammte Deutsche!

Verdammte Deutsche! ist ganz sicher ein hochspannendes Buch, dabei aber alles andere als ein vor pittoresker historischer Kulisse in Szene gesetztes unpolitisches Phantasiegebilde. Dem Roman ist auf jeder Seite anzumerken wie sorgfältig Seyfried Zeitepoche und Örtlichkeiten seiner Erzählungen recherchiert hat. Ein Glossar informiert darüber, dass viele der teilweise pittoresken Hauptfiguren tatsächlich gelebt haben, wie etwa der “deutsche James Bond“ Gustav Steinhauer oder der skurrile Autor William Tufnell Le Queux, der mit in britischen Zeitungen veröffentlichten Romanen wie Spies of the Kaiser oder The Invasion of 1910 heftig den Hass auf alles Deutsche schürte.

Gerhard Seyfried: Verdammte Deutsche!

Gerhard Seyfried bietet dem Leser nicht nur eine sehr spannende Geschichte inklusive zweier mitreißender Love Stories, sondern lädt ihn auch noch zu einigen aufschlussreichen Geschichtsstunden ein.

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Gerhard Seyfried

In den 70er-Jahren wurde so ziemlich jede Wohngemeinschaft und jede Uni-Pinwand mit den Werken von Gerhard Seyfried verziert. In seinen Cartoons (Der Bürger denkt: “Die Gedanken sind frei…“ Der abhörende Ordnungshüter meint dazu: “Denkst Du!“) machte er sich sehr gerne (und nicht ohne eine gewisse Restsympathie) über uniformierte Ordnungshüter aber auch über die alternative Szene lustig. Als diese immer noch schreiend komischen Comics 1978 gebündelt unter dem Titel Wo soll das alles enden erschienen, wurden davon 200.000 Exemplare verkauft und der zuvor meist ungefragt reproduzierte Seyfried sah zum ersten Mal richtig Geld für seine Arbeit.

Gerhard Seyfried

Er verließ das heimische München, wo er für das Stadtmagazin Das Blatt gearbeitet hatte, und zog nach Berlin. Die dort gesammelten Eindrücke verarbeitete Seyfried zum farbigen Comicband Invasion aus dem Alltag in dem er lustige Einzelgangs und seine Liebe zu detailreichen Wimmelbildern mit einer Science-Fiction-Geschichte verknüpfte. Zahlreiche weitere Comicalben folgten, wobei Seyfried teilweise – wie etwa beim aufregenden Science-Fiction-Double-Feature Future Subjunkies/ Space Bastards und dem ebenso spacigen wie komischen Starship Eden – mit der jungen Zeichnerin Ziska Riemann zusammenarbeitete.

Gerhard Seyfried

Es besteht die Möglichkeit alle diese teilweise schon lange vergriffenen Comics durchzulesen und sich anschließend geballt in praller Pracht ins Regal zu stellen. Bei Zweitausendeins erschien ein wuchtiger und sehr liebevoll aufgemachter 700-seitiger Sammelband. Dieser enthält zusätzlich auch noch einige (zum Teil bisher unveröffentlichte) Kurzcomics wie etwa Seyfrieds bisher nur in den USA erschienener Beitrag zu Gilbert Sheltons Heft The Fabulous Furry Freak Brothers # 12. Außerdem gibt es als Rahmenhandlung noch die exklusiv für diesen Band entstandene Story Der Fluch der Nippon-Ziege in der eine mondäne Galeristin verzweifelt hinter Seyfried und Ziska herjagt. Wohl noch nie wurden deutsche Comickünstler mit einer so schönen Gesamtausgabe geehrt. Seyfried & Ziska haben dies aber auch wirklich verdient!

Gerhard Seyfried

In den letzten Jahren hat sich Seyfried ein neues Tätigkeitsfeld erschlossen. Er verfasst historische (und alles andere als unpolitische) Romane. Auf Herero über die deutsche Kolonialpolitik in Afrika, Gelber Wind über den Boxer-Aufstand in China und Der schwarze Stern der Tupamaros über die alternative Szene in München folgte Verdammte Deutsche! über die von geschürten Vorurteilen geprägten Beziehungen zwischen Deutschland und England kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs.

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Captain Kronos Vampirjäger

Nachdem seine Familie von Vampiren getötet wurde hat der ehemalige Soldat Captain Kronos den Kampf gegen Blutsauger zu seiner Lebensaufgabe gemacht. Doch diesmal bekommt er es mit ganz besonderen Vampiren zu tun, denn diese rauben ihren Opfern nicht das Blut, sondern die Lebenskraft und aus jungen Mädchen werden Greisinnen. Gemeinsam mit seinem buckligen Helfer Dr. Markus und einem beherzten Mädchen nimmt Captain Kronos die Herausforderung an.

Captain Kronos Vampirjäger

In der Spätphase der britischen Hammer Film Productions versuchte Brian Clemens, der Schöpfer der erfolgreichen TV-Serie Mit Schirm, Charme und Melone den mittlerweile etwas blutleeren Horrorfilmen der Firma frisches Leben einzuhauchen. Mit seinem degenschwingenden Helden Kronos war er seiner Zeit weit voraus wie die Erfolge verwandter Figuren wie Buffy oder Blade in Film und Fernsehen belegen.

Captain Kronos Vampirjäger

Dem temporeiche und sehr sympathische Film wurde leider kein großer Erfolg und kam bei uns gar nicht erst in die Kinos. Dies ist auch tragisch für den deutschen Titeldarsteller Horst Janson („Der Bastian“), der erst jetzt mit dreißig Jahren Verspätung für die deutsche Premiere im Heimkino seinen Part synchronisierte. In der Originalfassung hingegen war nicht seine Stimme zu hören.

Captain Kronos Vampirjäger

Für den Film spricht auch die weibliche Hauptdarstellerin, denn Caroline Munro (Der Spion, der mich liebte) hat bereits einige phantastische Filme wie Star Crash – Sterne im Duell, Der sechste Kontinent oder Sindbads gefährliche Abenteuer mit ihrer Attraktivität und Ausstrahlung veredelt.

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Star Crash – Sterne im Duell

„In a Time before Time“: Alles war gut im All als der friedliche Imperator (Christopher Plummer) regiert. Doch nun will der schurkische Graf Zarth Arn (Joe Spinell) die Macht an sich zu reißen. Die trickreichen Schmuggler Stella Star (Caroline Munro) und Acton (Marjoe Gortner) sowie Simon (David Hasselhoff), der Sohn des Imperators, versuchen dies zu verhindern…

Star Crash – Sterne im Duell

In den 70er-Jahren hängte sich die italienische Filmindustrie in Windeseile an jeden Trend aus Hollywood und drehte so schnell wie möglich billige Schundvarianten von Blockbustern. Ein Jahre nach dem Erfolg von Star Wars kam Star Crash in die Kinos. Regie führte Lewis Coates alias Luigi Cozzi (Die Abenteuer des Herkules) , ein Weggefährte des Italo-Horrormeisters Dario Argento. Cozzi behauptete, er hätte mit den Vorbereitungen zu Star Crash schon lange vor dem Kinostart von Star Wars begonnen.

Star Crash – Sterne im Duell

Die Besetzung wird angeführt von Caroline Munro (Der Spion, der mich liebte), die bereits einige phantastische Filme wie Captain Kronos Vampirjäger, Der sechste Kontinent oder Sindbads gefährliche Abenteuer mit ihrer Atttraktivität und Ausstrahlung veredelt hat. Mit dabei ist auch ein noch sehr jugendlicher David Hasselhoff. Der Soundtrack stammte von James-Bond-Komponist John Barry, der sein Titelthema aus Born Free recyceln konnte.

Star Crash – Sterne im Duell

Wer Star Crash damals im Kino sah – und das waren seltsamerweise gar nicht so wenige – konnte seinen Augen kaum trauen. Die Sterne im All schimmerten wie Christbaumschmuck und die Raumschiffe sahen nach genau dem aus, was sie waren: Billig zusammengeschusterte Plastikmodelle. Die Spezialeffekte sind durch die Bank von mieser Qualität, die Kostüme schundig und die Story hirnrissig.

Star Crash – Sterne im Duell

Dennoch ist dem Film in jeder Minute anzumerken, dass sich hier ein Fan des phantastischen Kinos den Traum seines Lebens erfüllt. Neben den unvermeidlichen Laserschwertern aus Star Wars konnte Cozzi auch Hommagen an Flash Gordon, Invasion vom Mars, Barbarella und die Stop-Motion-Legende Ray Harryhausen platzieren. Der Regisseur ist übrigens Fan geblieben und ist heute Besitzer des Horrorladens Profondo Rosso in Rom.

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Andreas Michalke: Bigbeatland

Sandra Al Djaro ist eine aufstrebende Medienfrau und moderiert eine TV-Sendung über “elektronische Musik und Kosmetik“. Daher gestaltet sich ihre Beziehung zum linksdogmatischen Subkommandante Markus nicht gerade einfach. Trotzdem zieht Sandra in dessen WG, disqualifiziert sich jedoch als “Ausbeuterin“ nachdem sie eine Putzfrau angeheuert hat. Aus Frust darüber reist die Deutsch-Irakerin nach Bagdad um zwei Musiker zu befreien, die dort in einem Big Brother-Container gefangen gehalten werden…

Andreas Michalke: Bigbeatland

Dies ist nur eine der zahllosen Storylines, die Andreas Michalke allwöchentlich hart am Rande der Tagespolitik in seinen Bigbeatland-Strips weitergesponnen hat. Die Serie erschien ab 2002 in der linken Wochenzeitschrift Jungle World und es liegt auch ein sehr schön gestalteter Sammelband im Querformat vor. Der Verlag Reprodukt bezeichnet die Serie nicht zu Unrecht als “linke Lindenstraße“ (obwohl die TV-Serie ganz gewiss nicht als “rechts“ zu bezeichnen ist), denn auch bei Bigbeatland mischen sich Privates und Politisches. Michalke beschreibt halbwegs funktionierende Wohngemeinschaften und gar nicht mehr funktionierende Familien.

Andreas Michalke: Bigbeatland

Sehr ansprechend ist auch der Zeichenstil. Die Figuren sind meist als durchaus knuffige Funny Animals gestaltet, die Farbgebung wechselt zwischen grell und rötlich. Gelegentlich arbeitet Michalke auch Fotoelemente ein und experimentiert auch sonst mit der Form des Strips, etwa wenn er im unteren Bereich noch eine zusätzliche Geschichte namens Little Bigbeatland einarbeitet. Die Strips lassen sich sehr gut in einem Rutsch lesen, was sicher auch daran liegt, dass Michalke stärker an seinen Figuren als an knalligen Schlusspointen interessiert ist. Es ist zu hoffen, dass weitere Zeitungen ähnliche Experimente wie Bigbeatland wagen und nicht einfach nur Lizenzen von etablierten Comic-Serien einkaufen.

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Fil: Stups & Krümel

Seine Geschichten um das immer fröhliche Häschen Stups und den finster-zynischen Krümel – besondere Kennzeichen Anzug und kahler Knochenschädel – erschienen bereits 1993 in einem 48-seitigen Heftchen bei Jochen enterprises. In bewusst schlicht bis schlecht gezeichneten Comics erzählt Fil (Didi und Stulle) irrwitzige Abenteuer, in denen das ungleiche Duo angelt, picknickt oder gar zum Mond reist, hinzu kamen ziemlich beknackte Rätsel und ein einfarbiges “buntes Klebebild“.

Fil: Stups & Krümel

Obwohl das Heft als Nummer 1 erschienen ist, gab es keine Fortsetzungen und erst nach mehr als einem Vierteljahrhundert kam es zu einem Wiedersehen mit Stups und Krümel. Das A6-Format blieb das selbe, doch der Umfang wurde deutlich erweitert. Der “Mega Sammelbands“ enthält jetzt sehr viel mehr als die Storys und Rätsel von 1993. Neben neuen Abenteuern mit Stups und Krümel gibt es auch ein Wiedersehen mit den Helden aus teufel und pistolen.

teufel und pistolen

Diese ebenfalls im A6-Format veröffentlichte Reihe brachte es 2003 immerhin auf acht Heftchen. Neben Fil waren hier auch Oliver Naatz (MAD), Andreas Mischalke (Bigbeatland) und Mawil (Kinderland, Lucky Luke sattelt um) mit Meister Lampe vertreten. Die Höhepunkte waren jedoch Fils völlig abgefahrene Abenteuer von Playmo ®(mit einem Gastauftritt vom “Osterix der Jallja“) und seine „Mutanten-Oberschule“, eine schreiend-komische Manga-Verarsche mit einem unverschämt tragischem Ende für den „Helden“ Kaneda.

teufel und pistolen

Beide Comics (und noch vieles mehr) schafften es in den “Mega Sammelband“. Das Resultat sind knapp 300 Seiten mit völligem Wahnsinn für nur 10 Euro. Da ist es zu verkraften, dass das Klebebildchen fehlt und es nicht alle Fil-Geschichten aus teufel und pistolen (wie Schweine-Moritat oder Billy & Oldie) in dieses Buch geschafft haben. Das alles könnte doch noch in eine Neuauflage von Fils Larry Potter gepackt werden, oder?

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Lena und die drei Frauen

Mit Lenas Reise gelang dem Autor Pierre Christin (Valerian und Veronique) und dem Texter André Juillard (Doppel 7) 2006 ein kleines Comic-Meisterwerk. Die Geschichte beginnt als melancholisch und entschleunigt erzählte Reise einer jungen Frau, die sich – ausgehend von Ostberlin – auf dem Landweg immer weiter nach Osten fortbewegt.

Lena und die drei Frauen

Bei den detailreichen Bildern konnte Juillard auf Fotodokumentationen des sehr reiselustigen Pierre Christin (siehe auch dessen von Philippe Aymond in Szene gesetzte Autobiografie Ost-West) zurückgreifen. Lena trifft auf ihrer Reise allerlei seltsame Menschen, von denen sie etwas erhält, oder denen sie etwas übergibt. Keiner dieser Zeitgenossen war Lena völlig unsympathisch, dennoch (Vorsicht, Spoiler!) befand sie sich auf einem Rachetrip.

Lena und die drei Frauen

Am Ende von Lenas Reise deutet sich an, dass die Protagonistin in Australien vielleicht doch etwas Glück und Ruhe findet. Doch in einem 2009 erschienenen Album schicken Christin und Juillard die junge Frau auf eine neue Mission. Es hat sechs Jahre gedauert, bis Lena und die drei Frauen auch bei uns veröffentlicht wurde. Obwohl Lenas Reise bei Carlsen noch lieferbar ist, hat sich der rührige Salleck Verlag der Fortsetzung angenommen.

Lena und die drei Frauen

Die Geschichte ist leider aktueller denn je. Unter sanften Druck des französischen Geheimdienstes infiltriert Lena im nahen Ost eine islamistische Terror-Organisation. Sie soll dort drei junge Frauen mit westlichen Lebensgewohnheiten vertraut machen, und reist anschließend mit ihnen nach Paris, damit sie dort einen Anschlag verüben können.

Lena und die drei Frauen

Christin vermeidet Schwarzweißmalerei in seiner Geschichte und stellt die drei als Attentäter vorgesehenen Frauen und deren Umfeld als sehr unterschiedlich motivierte Individuen dar. Am Ende der Geschichte – so viel sei verraten – ist Lena sich unsicher, ob sie Stolz oder Scham für das empfinden soll, was sie getan hat. Unter dem Titel Léna dans le brasier (Lena in der Flamme) ist in Frankreich gerade ein dritter Band dieser großartigen Reihe angekündigt.

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teufel und pistolen

Den Auftakt dieser A6-Heftchenreihe bildete die „Mutanten Oberschule“ von Fil (Didi und Stulle), eine schreiend-komische Manga-Verarsche mit einem unverschämt tragischem Ende für den „Helden“ Kaneda.

teufel und pistolen

Anschließend folgte das „Breitenburger Blutgericht“, eine recht seltsam anmutende Nacherzählung einer „Anekdote aus dem Dreißigjährigen Krieg“ mit einem ebenfalls gar grausigen Abschluss. Als Zugabe gab es noch kaum zu lösenden Rätselspaß mit den beiden Piloten „Denk Uper und Oberst Übchen“. So präsentierte sich im September 2003 die erste Ausgabe von teufel und pistolen und sah eher nach einer Eintagsfliege aus.

teufel und pistolen

Mittlerweile liegen weitere Ausgaben vor und Fil frönte einmal mehr seiner Vorliebe für Playmobil-Figuren, Andreas Michalke (Bigbeatland) pries den Westernhelden „Johnny Brennich“ und Oliver Naatz (MAD) gebar „Unseren Pauker Dr. Erhard“. Jede Nummer von teufel und pistolen war eine wahre Wundertüte aus „Fan, Tasie und Wissenswerten“ und dem monatlich erscheinenden Heft ist daher ein mehr als langes Leben zu wünschen. Doch alle guten Wünsche nutzten nichts und nach acht Nummern war leider Schluss.

teufel und pistolen

In der dritten Ausgabe von teufel und pistolen präsentierte Mawil (Kinderland, Lucky Luke sattelt um) mit Meister Lampe einen unglaublich putzigen Elektriker-Häschen. Dieser bekam seltsamerweise einen Job in einem Büro mit deutlichem Frauenüberschuss obwohl jedes elektrische Gerät sofort seinen Geist aufgibt sobald sich der Hase nähert.

teufel und pistolen

Die irre komischen Geschichten um Meister Lampe erschienen auch noch in der Welt kompakt und schließlich geballt bei Reprodukt „im handlichen Reclam-Westentaschen-Format“. Die Werke, die Fil in teufel und pistolen veröffentlichte,  wurden ebenfalls geballt bei Reprodukt veröffentlicht, wobei der “Mega-Sammelband“ auch noch weiteres durchgeknalltes Material des Berliner Allrounders enthält.

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