Es ist ganz gewiss Skepsis angesagt, wenn Bernd Eichinger sich nach Der Untergang mit eigenem Drehbuch und Bruno Ganz in einer tragenden Rolle erneut ein Stück deutsche Geschichte vornimmt. Doch diesmal entstand keine aufwändige Wischiwaschi-Produktion, sondern Der Baader Meinhof Komplex wird dem (ge)wichtigen Bestseller von Stefan Aust voll gerecht.
Mit dem Regisseur Uli Edel (Der Palast) produzierte Eichinger bereits Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo und Letzte Ausfahrt Brooklyn. Edel weiß wovon er filmt, denn er war als Student in München selbst “jeden zweiten Tag auf einer Demonstration oder Kundgebung“.
Ihm gelingen beeindruckend nachgestellte Bilder der Anti-Schah-Demonstration, die 1967 in Berlin stattfand. Wenn Edel zeigt, wie Polizisten tatenlos dabei zusehen, wie deutsche Demonstranten von eigens angereisten Jubel-Persern zusammengeschlagen werden, macht er emotional nachvollziehbar, warum aus politisch bewegten Menschen Gewalttäter werden konnten.
Das Zentrum des Films ist die von Martina Gedeck sehr zurückgenommen verkörperte Journalistin Ulrike Meinhof, die von Andreas Baader und Gudrun Ensslin immer wieder ausgelacht und provoziert wird, weil sie glaubt mit ihren Artikeln die Gesellschaft ändern zu können. Wenn sie schließlich nicht nur dabei hilft Baader aus dem Polizeigewahrsam zu befreien, sondern sich der Gruppe anschließt, findet Uli Edel mit dem Bild eines offenen Fensters ein ebenso simples wie wirkungsvolles Gleichnis für Meinhofs Weg in den Untergrund.
Die Gewalttaten wurden so exakt wie möglich nachgestellt, also sehr, sehr blutig. Auch dadurch gelingt Uli Edel das Kunststück die Terroristen und ihre Jäger weder zu glorifizieren noch zu verteufeln. Selbst bei einer Laufzeit von 2 ½ Stunden ist es natürlich nicht möglich allen Aspekte des Baader Meinhof Komplexes gerecht zu werden.
Die Adaption von Stefan Austs 900-seitigem Buch ist dabei erstaunlich vielschichtig und drosselt sein Erzähltempo an einigen interessanten Stellen. So wird gezeigt, wie dem von Moritz Bleibtreu als großmäuligen Macho verkörperten Baader die paramilitärische Terroristenausbildung in Nahost zu heavy wird oder wie Bruno Ganz als Horst Herold – BKA-Chef und Vater der Rasterfahndung – erklärt, dass Terrorismus nur dauerhaft bekämpft werden kann, wenn die politischen Zustände optimiert werden.
Turbine hat eine optimal gestaltete Mediabook-Edition mit drei Blu-rays veröffentlicht. Neben der 165-minütigen TV-Langfassung und einem einstündigen TV-Bericht über Andreas Baader ist auch der Dokumentarfilm Black Box BRD enthalten. In einer Parallelmontage werden die Biografien von Alfred Herrhausen und Wolfgang Grams gegenübergestellt. Herrhausen war Vorstandssprecher der Deutschen Bank und wurde 1989 von der Roten Armee Fraktion ermordet. An der Tat beteiligt war möglicherweise Grams, der auf den Bahnhof von Bad Kleinen von einem Polizisten erschossen wurde.
Die Edition enthält dieses Bonusmaterial: Audiokommentar mit Uli Edel zur Kinofassung), Blackbox BRD – Dokumentarfilm von Andres Veiel (Riefenstahl) in HD (2001, 105:12 min), Interview mit Andres Veiel (33:50 min), Dokumentation “Andreas Baader – Das Leben eines Staatsfeindes“ von Klaus Stern 2007, 59:04 min), Trailer zu „Black Box BRD“ (1:08 min)
Die Entstehung von „Der Baader Meinhof Komplex“ (28:34 min). Blick hinter die Kulissen (7:44 min), Gespräche mit Bernd Eichinger (14:50 min + 10:21 min), Über Authenzität (20:42 min), Die Schauspieler und ihre Rollen (37:53 min), Über Uli Edel (13:00 min), Die Musik (11:57 min), Statements von Stefan Aust (41:50 min), Trailer (3:05 min), Hörfilmfassungen zu beiden Versionen des Films, sowie ein 60-seitiges Booklet mit sehr interessanten Texten zur Entstehung des Films.
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