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Alexander Braun: Staying West

2014 erschien mit Going West: Der Blick des Comics Richtung Westen ein bemerkenswerter Bildband, der zugleich Katalog einer Wanderausstellung war. Auf 430 Seiten beschäftigte sich Alexander Braun in Kapiteln wie Krazy Desert Kat, Tim in Amerika oder Mad Mad West mit der Geschichte der Besiedelung des nordamerikanischen Westens auf Kosten der Ureinwohner.

Nachdem er sich zwischendrin im Jahrestakt in weiteren Büchern und Ausstellungen u. a. mit Winsor McCay, Anime, Will Eisner, Horror im Comic oder den Katzenjammer Kids beschäftigt hatte, kehrt Braun in den Wilden Westen zurück. Sein neues Buch heißt Staying West und bietet Braun die “Gelegenheit, das Panorama von damals zu vervollständigen und angesichts der aktuellen Indianer- und Kulturellen-Aneignungs-Debatten einen neuen, kritisch geschärften Blick auf die Gattung zu werfen“.

So geht es auch im zweiten Western-Buch um James Swinnerton, der in den 20er-Jahren die Leser des Magazin Good Housekeeping durch die Serie Canyon Kiddies mit dem Leben und den Ritualen von Hopi-Indianern vertraut machte. Dies geschah ohne eine weiße Identifikationsfigur und ohne Überheblichkeit. Braun merkt an, dass aus heutiger Sicht leicht kritisiert werden kann, dass sich hier “ein weißer Zeichner einen indigenen Schauplatz aneignet, um damit in der Zeitschrift eines weißen Mannes zu einem weißen Publikum zu sprechen.“

Doch “es gab 1922 keine großen Publikumsmagazine eines indigenen Verlegers für ein indigenes Publikum. Es gab nicht einmal Zeichner mit indigenen Wurzeln“. Daher wäre die Alternative zu Swinnertons Serie, dass “überhaupt nicht über indianische Kultur geredet worden wäre.“ An anderer Stelle in diesem Buch schreibt Braun: “Wenn an die Stelle einer vermeintlich falschen Darstellung eine Gar-nicht-mehr-Darstellung tritt, ist dem Problem wenig gedient.“  

Daher lohnt es sich genau hinzusehen, und es ist bemerkenswert, was Braun entdeckt hat. So beschäftigt er sich mit einem Disney-Comic von Carls Barks, der bei uns unter dem Titel Onkel Dagobert im Lande der Zwergindianer bekannt ist. Dabei fiel ihm auf, wie sensibel sich Barks hier mit indigener Kultur beschäftigt hat und wie wenig davon in der deutschen Übersetzung von Erika Fuchs übriggeblieben ist. Ganz anders als im Original wollen hier etwa Tick, Trick und Track gerne ein paar der “Zwergindianer“ mitnehmen, wozu Braun anmerkt: „Hagenbecks Völkerschauen lassen grüßen.“

Braun schreibt sogar: “Schlechter als Fuchs kann man den Originaltext kaum übersetzten.“ Das trifft sicher nicht auf die komplette und beachtliche Lebensleistung von Erika Fuchs zu. Doch anstatt – wie es aktuell geschieht – an den “heiligen“ Fuchs-Texten im Sinne von aktuellen Empfindlichkeiten herumzubasteln, wäre es der deutschen Comickultur förderlicher, wenn sich Neuübersetzung ausschließlich am Original von Carl Barks orientieren würden.

Auch ansonsten ist der beklagenswerte Zustand der deutschen Comickultur ein Leitmotiv von Braun zweiten Western-Buch. Wohl auch wegen ihrer mangelnden Qualität fanden im ersten Band in Deutschland entstandene Comics keine Berücksichtigung. Doch wenn es diesmal auch um die Karl-May-Comics, Hansrudi Wäscher oder die deutschen Bearbeitungen der Bessy– oder Silberpfeil-Hefte geht, dann fällt das gut begründete Urteil von Braun über die Produzenten vernichtend aus: “Von Walter Lehning über Rolf Kauka bis Gustav Lübbe: Niemand hatte Kenntnisse vom Comic-Machen, geschweige denn von der Comic-Historie. Alle wollten lediglich etwas verkaufen, für das offensichtlich eine Nachfrage bestand.“

Doch es gibt Hoffnung. Sehr ausführlich lobt Braun Zarter Schmelz, die großartige Lucky-Luke-Hommage von Ralf König. Durch sein neues opulent bebildertes Buch zeigt Alexander Braun mit klugen Analysen und kompetenten Erläuterungen zu den zahlreichen Abbildungen einmal mehr, dass es um die deutsche Comickultur nicht ganz so schlecht bestellt ist.    

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Bastei Freunde 59

Es ist ebenso erstaunlich wie erfreulich, dass mittlerweile bereits die 59. Ausgabe des Magazins Bastei Freunde erschienen ist. Ertugrul Edirnes Gemälde auf dem Titelbild kann zwar technisch und atmosphärisch überzeugen, doch es zeigt Pferde und die reitende Bastei-Heldin Conny.

Ich war nicht sicher, ob ich wirklich das auf dem Cover abgekündigte “letzte Geheimnis“ von Conny erfahren wollte. Doch um die Pferdezeitschrift ging es im Heft nur am Rande und stattdessen stand einmal mehr Klaus Dills Werk im Mittelpunkt des Hefts. Es waren wieder sehr interessante Details über dessen Leben und Wirken zu erfahren.

Den einstigen Maler von Plakaten zu Filmen wie Tarantula oder 12 Uhr Mittag dürften Comicfans in erster Linie durch seine 150 Titelbilder zur Westernserie Bessy kennen. Dills stimmungsvolle Gemälde trugen dazu bei, dass zeitweise wöchentlich 400.000 Bessy-Hefte verkauft wurden.

Die neue Ausgabe der Bastei Freunde dokumentiert, wie Klaus Dill dennoch darum kämpfen musste, für seine zeitaufwändigen Arbeiten anständig bezahlt zu werden. Da der Bastei Verlag immer stärker auf Künstler zurückgriff, die mit einer niedrigeren Gage zufrieden waren, wurde 1979 auf der 700. Ausgabe von Bessy das letzte neue Dill-Cover veröffentlicht, obwohl die Serie noch sechs Jahre lief.

Dill kehrte 1984 noch einmal zu Bastei zurück und zeichnete Cover für Pferdecomics mit Conny. Der erste Bessy-Chefredakteur Helge Hasser war mit Klaus Dill befreundet. Er wird in dieser Ausgabe der Bastei Freunde mit einer Charakterisierung Dills zitiert, die ich in Anbetracht der Freude, die mir Dills Werke in meiner Jugend bereitet haben, sehr erschütternd fand und die ich hier gerne zitieren möchte:    

„Ein netter Kerl, grundanständig, von Krieg und Gefangenschaft psychisch niedergedrückt, immer negativ in seiner Zukunftssicht, kein Held, kein Charmeur, keine Chance bei Frauen – nicht einmal als Künstler charismatisch. Er war ein Star unter den Plakatkünstlern der damals boomenden Filmindustrie – aber er fühlte sich immer als Underdog; unverstanden und schlecht bezahlt. Klaus Dill, immer höflich und zuvorkommend, war eine tragische Figur. Und es gab nichts, womit man ihn aus dieser Rolle locken konnte.“

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