The Phantom war nicht die einzige erfolgreiche Comicfigur, die Lee Falk (1911 – 1999) geschaffen hatte. Als der aus St. Louis in Illinois stammende 19-jährige Falk mit seinem Vater New York besuchte, schaute er auch bei einigen Verlagen vorbei. Er hatte einige Short Stories und Theaterstücke im Gepäck.
Anklang fand jedoch nur sein Comic-Strip Mandrake the Magician, von dem er Material für eine Laufzeit von zwei Wochen ganz alleine geschrieben und gezeichnet hatte. Die Legende will wissen, dass er zunächst einen vollen Tag im Vorzimmer von King Features, der führenden Firma für Zeitungs-Comics, gewartet hatte. Der zuständige Manager hatte Falk ganz einfach vergessen, führte ihn aber zum Ausgleich durchs New Yorker Nachtleben.
Falk war angemessen beeindruckt und sein Comic-Strip Mandrake stieß auf großes Interesse. Er machte trotzdem zunächst seinen College-Abschluss bevor die Serie schließlich ab 1934 erfolgreich in den Zeitungen erschien. Der Erfolg ermutigte Falk noch eine weitere Figur zu erschaffen. Auch hier zeichnete er das Stripmaterial für die ersten zwei Wochen eigenhändig. Am 17. Februar 1936, kurz vor Falks 25. Geburtstag – und lange vor Superman (1938)! – startete The Phantom. Ursprünglich wollte Falk die Figur The Gray Ghost nennen (und eine Figur dieses Namens spielte als Vorbild für den jungen Bruce Wayne eine Rolle in Batman: The Animated Series). Der erste Zeichner von The Phantom war – nach Lee Falk – Ray Moore, der zuvor bei Mandrake assistiert hatte.
Lee Falk sollte auch ein erfolgreicher Theaterproduzent werden und das Phantom bis zu seinem Tode im Jahre 1999 texten, wobei er ausschließlich für die Zeitungs-Strips verantwortlich war, die weltweit erfolgreich liefen. In Comicheften hingegen konnte sich das Phantom, zumindest in den USA, im Gegensatz zu Batman und Superman. nie dauerhaft durchsetzen.
Zwar ist das Phantom, genau wie der kurz danach entstandene Batman, kein “wirklicher“ Superheld mit übernatürlichen Kräften, aber viele wichtige Zutaten des Genres waren bereits von Anfang an vorhanden. Bei dem aktuellen Phantom der Comics handelt es sich um den 20. Nachfahren des Ur-Phantoms, eines Schiffbrüchigen, der zuvor Schiffjunge bei Christop Columbus war.
Nachdem sein Schiff 1525 von Piraten überfallen wurde, rächte er sich an den Seeräubern und vererbte einen Schwur an seine Nachkommen. Diese müssen nun immer einen Sohn zeugen und diesen auf seine spätere Aufgabe vorbereiten. Nach dem Tod des Vaters übernehmen sie desseb Position als Phantom. Hierdurch wirkt die Figur scheinbar unsterblich. Außerdem gibt es dadurch für Lee Falk immer mal wieder die Gelegenheit Geschichten von den Phantom-Vorfahren zu erzählen.
Das Phantom hat eine Geheimidentität als Kit Walker, ein farbenfrohes Kostüm mit quergestreifter “Unterhose“, die wie bei vielen Superhelden über dem violetten Trikotanzug getragen wird und einen beeindruckenden Schlupfwinkel. Die Totenkopfhöhle diente unzweifelhaft als Vorbild für die Bat-Höhle. Wichtig sind auch noch die Ringe des Phantoms, die dauerhafte Spuren hinterlassen. Der Totenkopf-Ring an der rechten Hand “markiert“ Bösewichter und der Ring mit P-Kreuz, an der näher am Herzen gelegenen linken Hand. macht Freunde kenntlich.
Genau wie später Bob Kane (bzw. sein Zeichner Bill Finger) bei Batman, zeichnete Ray Moore als er das Phantom entwarf, anstelle der hinter einer schwarzen Maske befindlichen Augen einfach schlichte weiße Schlitze. Der Zeichner Billy Lignant erregte Aufsehen dadurch, dass er richtige Augen zeichnete und prompt wirkte die Figur unecht.
1980 heiratete das 21. Phantom schließlich eine gewisse Diana Palmer, die kurz darauf Zwillinge (den Jungen Kit und das Mädchen Heloise) zur Welt brachte. Danach flachte das Interesse an der Figur etwas ab.
1995 versuchte Marvel vergeblich eine Superhelden-Heftserie zu etablieren, nachdem DC bereits Ende der achtziger Jahre ebenfalls daran gescheitert war. In Deutschland veröffentlichte ab 1949 die Hamburger Morgenpost den täglichen Strip bis weit in die 80er-Jahre
Von 1952 bis 1955 erschienen Phantom-Comichefte, in denen auch Geschichten mit Prinz Eisenherz, Blondie, Mandrake und Rip Kirby veröffentlicht wurden.
Nachdem 1974 der Kelter Verlag eine sehr lesenswerte Romanversion des Phantom-Mythos, die später bei Fischer innerhalb der Reihe Bibliothek der phantastischen Abenteuer noch einmal mit einem ziemlich idiotischen Cover neu aufgelegt wurde.
Von 1974 bis 1983 erschienen beim Bastei Verlag 238 großformatige Hefte und diverse Taschenbücher. Danach wurde es etwas ruhiger um das Phantom, das in den letzten Jahren eine überraschende Renaissance erlebte.
Am erfolgreichsten ist die Figur jedoch nicht in den USA, sondern in Neuseeland, Australien und als Fantomen in Skandinavien. In Schweden haben sogar die Zwillinge Kit und Heloise als Fantomen Kids eine eigene Serie!
Außerdem gab es in Eskilstuna in der Nähe von Stockholm von 1986 bis 2009 innerhalb eines Tierparks namens Parken Zoo ein Fantomenland.
Die Filmografie des Phantoms ist eher dünn, aber nicht uninteressant. 1943 produzierte Columbia ein 15-teiliges Phantom-Serial. In der Titelrolle war ein gewisser Tom Tyler zu sehen, der zwei Jahre zuvor in einem Captain Marvel-Serial auftrat und bereits seit 1924 Actionfilme drehte.
Weiterhin ist vielleicht noch bemerkenswert, dass ein gewisser Frank Shannon mitspielte, der in allen drei Flash Gordon-Serials den Dr. Zarkoff verkörperte. Obwohl der Regisseur “Breesy“ Reeves Eason eigentlich ein Händchen für Action-Szenen hat – er inszenierte 1926 das Wagenrennen in der ersten Ben Hur-Verfilmung und den Brand von Atlanta in Vom Winde verweht – gilt The Phantom als mittelprächtiges bis misslungenes Serial.
Danach war es außerhalb der Comics lange, lange Zeit ruhig um den wandelnden Geist, der allenfalls grausam animiert, manchmal gemeinsam mit Mandrake und Flash Gordon durch das US-Vormittags-Fernsehprogramm geisterte. In den 60er-Jahren entstand ein TV-Pilotfilm, der jedoch nie gesendet wurde. Paulette Goddard, Charlie Chaplins Partnerin in Moderne Zeiten und Der große Diktator, spielte hier mit.
Ferner gab es ab 1994 mit Phantom 2040 noch einen peinlichen Zeichentrickversuch, der bei uns auf Video erschien. Hier wurde versucht die Figur zu einem ökologischen Moralapostel der Zukunft zu machen.
Nachdem sich zuvor Sergio Leone (Für eine Handvoll Dollar) als Regisseur ins Gespräch gebracht hatte, bekam Gremlins-Regisseur Joe Dante den Zuschlag. Doch das Projekt verzögerte sich und 1996 war es Simon Wincer (Free Willy), der das Phantom halbwegs angemessen für die Leinwand umsetzte.
Das ganz große Vorbild ist unübersehbar: Steven Spielbergs Jäger des verlorenen Schatzes, dessen ironisch-unbeschwerter Umgang mit Mythen aller Art zwar angestrebt, aber nur selten erreicht wird.
Immerhin wird, genau wie bei der ebenfalls sympathischen Comic-Verfilmung Rocketeer, die Story in den 30er-Jahren angesiedelt. Kirsty Swanson (die Ur-Buffy die Vampirjägerin) ist eine toughe Diana Palma, doch sehr viel besser profilieren kann sich Catherine Zeta Jones, als im Laufe der Handlung geläuterte Schurkin Sala. Erwähnenswert sind auch noch Treat Williams als Bösewicht Xander Drax und Patrick McGoohan (Nummer 6), der das bereits verstorbene 20. Phantom als „wandelnden Geist“ spielt.
In der Hauptrolle ist Billy Zane (Titanic) zu sehen, der sich gegen Bruce Campbell durchsetzte und am Drehort Australien ein großer Star ist. Der Film ist eine US-australische Co-Produktion, da – wie ja bereits erwähnt – die Figur „downunder“ sehr viel populärer ist, als in ihrem Entstehungsland.
Nachdem der Film in den USA böse floppte, kam er bei uns gar nicht in die Kinos, sondern erschien 2001 auf Video, fünf Jahre später auf DVD und erst 2020 auf Blu-ray.
2009 entstand die zweiteilige Miniserie Das Phantom. Produzenten waren Robert Halmi, Jr. und Robert Halmi Sr., die Experten für relativ aufwändige TV-Movies wie Das zehnte Königreich, die sich meist aus dem Fantasy-Fundus bedienen und oft – genau wie in Das Phantom – Isabella Rossellini als Darstellerin an Bord hatten. Das richtige Händchen hatten die Halmis leider nicht. So braucht der erste Teil ewig, bis er endlich in Fahrt kommt.
Lee Falks Mythos vom Phantom wird zwar mit Skeletthöhle und Rückblende in Form von Comiczeichnungen recht stimmungsvoll beschworen. Etwas zweifelhaft erscheint es jedoch die langjährige Abwesenheit des Phantoms mit dem Aufkommen des internationalen Terrorismus und gar dem 11. September in Verbindung zu bringen. Das neue Hightech-Kostüm, das dem 22. Phantom schließlich verpasst wird, sieht eher albern aus und macht sich auch im temporeichen Showdown des zweiten Teils nicht wirklich gut.
Doch Lee Falks Mythos um das Phantom ist genauso unsterblich wie diese Figur und hat auch diese Miniserie überlebt.
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