1968 gelang dem Fernsehen der DDR mit der Mini-Serie Wege übers Land ein gewaltiger Publikumserfolg. Knapp 80 Prozent der ostdeutschen Fernsehzuschauer hatten an fünf Abenden nicht ARD oder ZDF auf dem Bildschirm, sondern verfolgten das Schicksal der Magd Gertrud Habersaat (Ursula Karusseit).
Diese arbeitet auf Ende der Dreißiger auf einem großen Bauernhof in Mecklenburg-Vorpommern und macht sich Hoffnung eines Tages den standesbewußten Gutsherren Jürgen Leßtorff (Armin Mueller-Stahl spielt diese Rolle differenzierter als erwartet), mit dem sie ein Verhältnis eingegangen ist, zu heiraten. Als Leßtorff Gertrud erklärt, dass dies nicht passieren wird, heiratete sie einen Nazi-Karrieristen und zieht mit diesen ins besetzte Polen, um dort einen von der Wehrmacht enteigneten Bauernhof zu bewirtschaften.
Die Serie gibt einen erschütternden Einblick in die damaligen Zustände und zeigt in krassen Bildern wie die enteigneten polnischen Bauern deportiert wurden. Gertrud rettet ein kleines jüdisches Mädchen und nimmt sich weiterer elternloser Kinder an. Ihrem Ehemann gefällt diese Entwicklung nicht und er meldet sich freiwillig an die Front. Nach dem Krieg kehrt Gertrud in ihre Heimat zurück.
In den letzten Folgen schildert die Serie ausführlich die ersten Jahre der DDR. Jetzt übernimmt Manfred Krug als kommunistischer Bürgermeister Willy Heyer die Hauptrolle und zieht eine bemerkenswerte Show ab. Es ist ziemlich großartige, wie Krug als Heyer eine arrogante Gräfin (Angelica Domröse) enteignet, indem er die widerspenstige Dame einfach inklusive ihres Bettes aus dem Herrenhaus tragen lässt.
Gelegentlich greift Krug aber auch zum Akkordeon und bezaubert – wie schon zwei Jahre zuvor im von der SED verbotenen Defa-Film Spur der Steine oder später in der Serie Liebling Kreuzberg – als liebenswerter Individualist. Wenn Krugs schlitzohriger Idealist Heyer menschliche Gegenstücke unter den Funktionären des “real existierenden Sozialismus“ gehabt hätte, gäbe es die DDR vielleicht heute noch.
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