Nachdem die Universal Studios 1930 mit Dracula und Frankenstein zeigten, wo es lang geht, versuchte sich auch Paramount auch an einer alten englischen Schauergeschichte. Das Resultat übertraf alle Erwartungen. Todd Brownings Dracula ist nur am Anfang, bei den Szenen in Transsylvanien ein halbwegs „filmischer Film“ und ansonsten nur selten mehr als abgefilmtes Theater. James Whales Frankenstein hingegen verzichtet gänzlich auf Filmmusik und wirkt sehr roh und karg, beinahe noch wie ein deutscher Stummfilm aus den frühen zwanziger Jahren (erst Bride of Frankenstein konnte wirklich überzeugen).
Obwohl der Tonfilm 1932 noch in den Kinderschuhen steckte, merkt man bei Dr. Jekyll & Mr. Hyde, der – ganz im Gegensatz zur Verfilmung von 1920 mit John Barrymore – auch heute noch beeindrucken kann, sofort dass hier Könner am Werk waren. Regisseur Rouben Mamoulian (Im Zeichen des Zorro) beginnt den Film mit einer langen Einstellung, die aus der Sicht von Dr. Jekyll (Frederic March) in subjektiver Kamera zeigt, wie dieser sein Orgelspiel beendet, kurz in den Spiegel guckt, das Haus verlässt, eine Kutsche besteigt und eine provokante Vorlesung hält. Anschließend lernen wir Jekyll als wohltätigen, lebensfrohen Menschen kennen, der es kaum erwarten kann seine geliebte Muriel zu heiraten und (hier ist der Film ungewöhnlich eindeutig) die Ehe zu vollziehen.
Erst nachdem sein zukünftiger Schwiegervater, ein verknöcherter General, die ganze Sache unnötig verzögert, wendet er sich frustriert seinen Experimenten zu und bezieht als Hyde gemeinsam mit der Prostituierten Ivy (bei der bereits Dr. Jekyll einmal fast sexuell aktiv geworden wäre, wenn der langweilige Dr. Lanyon nicht dazwischengekommen wäre) eine heruntergekommene Wohnung.
Technisch ist Mamoulians Film ein einziger Genuss. Die Verwandlungsszenen wurden entweder mit sehr präzise ausgeführten Überblendungen oder mit farbig aufgetragenen Schminkstufen, die erst durch diverse Farbfilter in Schwarzweiß zu erkennen sind, realisiert und konnten erst sehr viel später durch mechanische Effekte in Filmen wie American Werewolf und Das Tier übertroffen werden.
Frederic March, bekam 1932 einen Oscar als bester Hauptdarsteller (teilte sich diesen jedoch mit Wallace Beery, der für The Champ ausgezeichnet wurde) und wurde bereits 1933 im Disney-Cartoon Mickey’s Gala Premiere gemeinsam mit Bela Lugosi und Boris Karloff karikiert. Obwohl der Film alles andere als werkgetreu ist, blieb die 1932er-Version bis heute unerreicht.
In England (und leider noch nicht bei uns) erschien als “Classic Double Feature“ eine DVD mit Dr. Jekyll und Mr. Hyde von 1932 und der Version von 1941 mit Spencer Tracy, die bei uns den Titel Arzt und Dämon erhielt.
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