1941 – also bereits zehn Jahre nach Rouben Mamouilians Meisterwerk Dr. Jekyll & Mr. Hyde mit Frederic March – wagte sich Metro Goldwyn Meyer an eine neue Version von Robert Louis Stevensons Erzählung.
Um alles richtig zu machen, wurden der Vom Winde verweht-Regisseur Victor Fleming und die Darsteller Spencer Tracy, Ingrid Bergman und Lana Turner angeheuert. Vor allem aber erwarb MGM von der Paramount die Rechte an Mamouilians Dr. Jekyll & Mr. Hyde-Filmversion und konnte daher diesen Film bis in die späten 60er-Jahre aus dem Verkehr ziehen. Der schwerfällige Metro-Film hatte es auch bitter nötig, nicht ständig mit der früheren und sehr viel besseren Version des Stoffes verglichen zu werden.
Spencer Tracy war, bei allem Respekt vor seinen sonstigen Leistungen, bestimmt kein sehr wandlungsfähiger Darsteller. Er wirkt schon als Jekyll viel zu sehr wie Hyde und als Hyde viel zu wenig wie Hyde. Ganz nett war die Idee ein wenig die Erwartungen des Publikums zu unterlaufen und Ingrid Bergman auf eigenen Wunsch die Rolle des „böses“ Mädchens zu geben, während die ansonsten eher verruchte Lana Turner (Lady de Winter in Gene Kellys Die drei Musketiere) als „gute“ und etwas langweilige Verlobte besetzt wurde. Das alles nützte jedoch nicht viel, denn Flemings, in klobigen Kulissen inszenierter, Film, wirkte um einiges verklemmter als die frühere Version. Da Hollywood in den 40er-Jahren stärker als zuvor Rücksicht auf spießige Moralvorstellungen nahm, mussten eindeutige sexuelle Motivationen vermieden werden.
Auch tricktechnisch war ein deutlicher Rückschritt zu verzeichnen. Jekylls erste und zweite Verwandlung illustrierten wirre Montagen, bestehend aus Schlamm, Seerosen, Explosionen, Löwen (ein Rezensent will sogar Giraffenhälse entdeckt haben) sowie Bergmann und Turner, die einen Streitwagen mit einem peitschenden Tracy ziehen. Nach diesen bedeutungsvollen Kollagen blickt Tracy in den Spiegel und sieht nur geringfügig schlimmer als sonst aus. Natürlich gibt es auch noch einige Verwandlungsszene. Sie wurden durch Überblendungen gelöst, bei denen wohl die Augen das Hauptproblem darstellten. Die Zurückverwandlung von Hyde in Jekyll kurz vor Schluss zeigt nicht viel mehr als Tracys immer kürzer werdendes Haar.
Da Flemings Film sich ansonsten ziemlich genau an Mamouilians Vorgaben hält, ist die 1941er-Version wohl trotzdem bis heute der letzte wirklich ernsthafte und ambitionierte Versuch Stevensons Erzählung auf die Leinwand zu bringen. Alle danach entstandenen Versionen sind entweder meilenweit von Stevensons Vorlage entfernt, Komödien oder Filme, die einen ziemlichen Beigeschmack von Trash haben.
In England (und leider noch nicht bei uns) erschien als “Classic Double Feature“ eine DVD mit Dr. Jekyll und Mr. Hyde von 1932 und der Version von 1941 mit Spencer Tracy, die bei uns den Titel Arzt und Dämon erhielt.
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