Der Traum von einem DC Extended Universum, das ähnlich wie Disneys Marvel Cinematic Universe geschickt verzahnte Blockbuster im Monatstakt liefert, ist bei Warner mangels Geduld und Talent (erstmal?) ausgeträumt. Das hat nicht nur Nachteile, wie Joker beweist. Die Popularität von Batmans Gegner ist ungebrochen und daher erscheint es nicht allzu abwegig den durchgeknallten Clownprinzen einmal ganz ohne seinen Gegenpart, den Dunklen Ritter, in das Zentrum einer Geschichte zu stellen, die keine Rücksicht auf bisherige Comics oder Filme nimmt.
Stärker noch als die Besetzung der Titelrolle mit dem wandlungsfähigen Joaquin Phoenix (Gladiator, Im Feuer) überrascht die Wahl des Regisseurs. Todd Philipps fiel bisher hauptsächlich durch brachiale, aber auch sehr komische Filme wie Old School oder die Hangover-Trilogie aus. Als Inspiration für seinen Joker dienten ohne Zweifel Filme von Martin Scorsese wie Taxi Driver oder The King of Comedy.
Daher ist Scorsese als Produzent dabei, Robert De Niro spielt einen etwas schmierigen TV-Talkmaster und Philipps`Gotham City erinnert weniger an die finstere Heimatstadt von Batman, sondern ähnelt eher dem dreckig-grauen Moloch New York aus dem Kino der Siebziger und Achtziger. Daher sind bei Joker die Bilder körnig, das Bildformat ist weniger breit, ähnlich wie bei einem Uralt-Fernseher und das Warner-Logo am Anfang des Films ist auch nicht gerade auf dem neusten Stand.
In dieser realistisch rekonstruierten Retro-Umgebung ist der mit großer Begeisterung als bunter Werbeclown agierende Arthur Fleck ein Fremdkörper und er bekommt auch prompt Ärger mit einer Jugendgang. Fleck leidet an einer psychischen Krankheit, die ihn immer wieder grundlos lachen lässt. Dies macht ihn zu einem Außenseiter und wir werden Zeuge, wie bei ihm immer mehr Sicherungen durchknallen. Todd Philipps beschreibt diesen langsamen Zusammenbruch ausschließlich aus der Sicht des künftigen Jokers.
Abgesehen von einem kleinwüchsigen Kollegen und einer Nachbarin (Zazie Beetz aus Deadpool 2) ist kein Charakter des Films positiv gezeichnet. Dies trifft gant besonders auf Thomas Wayne (Brett Cullen), den Vater des künftigen Batman zu, der als kaltherziger Karrierist porträtiert wird. Am Rande der Geschichte gibt es auch einige interessante Verknüpfungen zum Batman-Mythos. Doch in erster Linie ist Joker eine ebenso faszinierende wie höllisch spannende One-Man-Show von Joaquin Phoenix, für die es innerhalb einer straff organisierten Filmwelt wie dem Marvel Cinematic Universe keinen Platz gegeben hätte.
2024 entstand mit Joker: Folie à Deux eineFortsetzung, in der Todd Philipps, Joaquin Phoenix und Lady Gaga bei auf alle Erwartungen gepfiffen und ihr sehr eigenes Ding durchgezogen haben.
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