Victor Hugos Roman Die Elenden erzählt von Jean Valjean, der im Frankreich des 19. Jahrhunderts wegen des Diebstahls eines Brotes zu einer Haft von 19 Jahren verurteilt wird. Nach seiner Entlassung ist er gebrandmarkt, versucht jedoch unter falschen Namen den sozialen Aufstieg und seinen Mitmenschen zu helfen. Doch der unerbittliche Inspektor Javet setzt alles dran um Valjean wieder in den Knast zu bringen.
Die Franzosen Alain Boublil und Claude-Michel Schönberg machten aus Hugos Buch das Musical Les Misérables, das 1980 in Paris uraufgeführt wurde und fünf Jahre später in London Premiere hatte. Dort läuft es bis heute und wurde auch weltweit zu einem Erfolg. Der britische Regisseur Tom Hooper (The King’s Speech, Cats) verfilmte das Musical mit Hugh Jackman (Valjean), Russell Crowe (Javet) und Anne Hathaway.
Das Hauptproblem des Films dürfte sein, dass auch hier fast jeder Dialog gesungen wird (die deutsche Bearbeitung ist noch etwas problematischer, da die sehr wenigen gesprochenen Sätze synchronisiert und der restliche Film untertitelt in der Originalfassung gezeigt wird). Während einige Songs echte Ohrwürmer sind, klingen viele der meistens von Jackman oder Crowe interpretierten Lieder hingegen eher wie notdürftig instrumental untermalte Monologe. Diese musikalischen Einlagen gewinnen nicht wirklich, wenn dazu in Großaufnahme die Gesichter der Darsteller gezeigt werden, die bei den Dreharbeiten live zu Klavierbegleitung gesungen haben. In der Nachbearbeitung hat ein Orchester den Soundtrack auf der Grundlage des Live-Gesanges eingespielt, ansonsten ist es bei Filmmusicals meistens umgekehrt.
Doch einige Lieder sind derart mitreißend komponiert und interpretiert, dass der Film dennoch alles andere als eine Enttäuschung ist. Die Hyperschnulze On My Own wird von der charismatischen Newcomerin Samantha Barks derart mitreißend durch den Regen geschmettert, dass kein Auge trocken bleibt (und die junge Dame anstelle von Anne Hathaway eigentlich eine Oscar-Nominierung verdient hätte).
Das schon durch die Mitwirkung an Tim Burtons arg gewöhnungsbedürftiger Musical-Verfilmung Sweeney Todd einschlägig erfahrene Duo Helena Bonham Carter und Sacha Baron Cohen (Borat) brilliert bei der Mördernummer Master of the House als verkommenes Gastwirt-Ehepaar. Ebenfalls einen hohen Mitsumm-Faktor hat die Revolutions-Hymne Do you hear the People sing, während der mittelprächtige neue Song Suddenly in den ohnehin schon überlangen Film nur aufgenommen wurde, damit es eine Oscar-Nominierung gibt (was nur bei neuen Liedern möglich ist und auch prima geklappt hat).
Les Misérables ist ein etwas uneinheitlicher Film, der anfangs erstaunlich unästhetisch und nahezu realistisch das miserable Leben seiner Hauptfiguren zeigt. Danach werden jedoch sehr viel schnulzigere Töne angeschlagen, während die Inszenierung des Pariser Juniaufstandes von 1832 fast schon monumental geriet. Das Einspielergebnis von über 400 Millionen Dollar und acht Oscar-Nominierungen zeigen auf alle Fälle, dass das Filmmusical noch lange nicht tot ist.
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