Auf den ersten Blick handelt es sich bei den Werken von Andrew Vachss (Born Bad) um Kriminalromane. Doch obwohl sein Held Burke ein Outlaw ist, erzählt der Anwalt mit der Augenklappe zutiefst moralische Geschichten. Vachss verteidigt ausschließlich missbrauchte Jugendliche und verbringt nur „10 Prozent seiner Zeit“ mit dem Schreiben von Büchern, obwohl sich diese beständig den Bestseller-Listen platzieren. Er sieht das Verfassen von Büchern in erster Linie als Fortsetzung seiner Arbeit und schreibt um den Missbrauch von Unschuldigen anzuprangern.
Mittlerweile hat sich ein richtiger Mikrokosmos aus Charakteren gebildet, die für den eigentlich zum Einzelgänger neigenden Burke zu seiner Familie geworden sind. Da gibt es den ständig reimenden Prof. oder den eigenbrötlerischen Maulwurf, der gemeinsam mit der Ex-Prostituierten Michelle, die früher ein Mann war, den vom Straßenstrich geretteten Clarence großzieht. Außerdem ist da noch Max, der stumme mongolische Karatekämpfer, der sich durch Ikebana-Männchen verständlich macht. Zentraler Treffpunkt ist Mamas dubioses Restaurant in Chinatown. Dort gibt es für ungebetene Gäste ganz mieses Essen. Für Burke und seine Freunde steht jedoch immer eine Süßsauersuppe bereit.
Vachss gelingt das Kunststück sein großes Ensemble auch dem neuen Leser sofort plastisch vor Augen zu führen. Gleichzeitig stellt er seine Figuren jedoch auch immer so vor, dass selbst der treueste Stammleser noch ein paar neue Details erfährt. Da dies schon die halbe Miete ist, kann es der Leser auch durchaus verkraften, wenn die Story einmal nicht so ganz den vorwärtstreibenden Drive der anderen Burke-Romane hat. In Safe House geht es hauptsächlich um Neonazis und unterdrückte Frauen, wobei die Handlung episodenhaft erzählt ist und dabei vielleicht ein wenig zu stark in alle Richtungen wuchert. Trotzdem lohnt sich ein Wiedersehen mit Burkes Familie immer.