Stephen King: Holly

“Ich kann mich einfach nicht von Holly verabschieden. In Mr. Mercedes sollte sie eigentlich nur eine Nebenrolle spielen, aber irgendwie hat sie das Buch übernommen und mein Herz gestohlen.“

Als Stephen King 2014 Holly Gibney erstmals in Mr. Mercedes auftreten ließ, war sie noch keine clevere Privatermittlerin, sondern eine Frau im mittleren Alter, die laut King unter einer “Zwangsstörung mit einem riesigen Minderwertigkeitskomplex“ leidet. Dies wird von ihrer Mutter ausgenutzt, die versucht zu verhindern, dass Holly ein selbstbestimmtes Leben führt.

Erst das Vertrauen, das Bill Hodges ihr gegenüber aufbringt, lässt sie so viel Selbstvertrauen entwickeln, dass sie ihre vermeintliche Schwäche als Gabe sieht und gemeinsam mit dem pensionierten Polizisten die Agentur Finders Keepers gründet. Mit Finderlohn und Mind Control schrieb King zwei weitere Romane, in denen Holly an der Seite von Bill Hodges ermittelt und auch in seinen Buch The Outsider spielte die nur scheinbar unscheinbare Ermittlerin eine wichtige Rolle. Danach stand Holly in Kings Novellen-Sammlung Blutige Nachrichten im Zentrum der Titelgeschichte.

In den Serien Mr. Mercedes und The Outsider wurde sie von Justine Lupe und von Cynthia Erivo verkörpert. Die Krönung von Hollys “literarischer Karriere“ ist jetzt ein nach ihr benannter Roman. Hier erhält Holly Gibney von einer besorgten Mutter den Auftrag nach deren verschwundenen 25-jährigen Tochter Bonnie zu suchen. Schon recht bald muss sie feststellen, dass dies kein Einzelfall ist und in jenem Städtchen in Ohio, in denen bereits die Mike-Hodges-Romane spielten, schreckliche Dinge geschehen.

Im letzten Jahrzehnt wurden in der Nähe des Bell College of Arts and Science bereits einige Menschen zum letzten Mal gesehen. Da dies nur alle zwei Jahre geschah, keine Leichen gefunden wurden und es sich sowohl um Männer, Frauen als auch um Kinder handelte, sah die Polizei keine Zusammenhänge. Dies änderte sich auch nicht nachdem Bonnie verschwunden, denn Mitte 2021 steckte die Welt mitten in der Corona-Krise und viele Beamten waren erkrankt.

Kings Spannungsaufbau ist meisterlich. Der Roman beginnt 2012 und erzählt vom ersten Opfer, dann geht es im Juli 2022 weiter und Holly beginnt ihre Ermittlungen. Ihre Geschichte wird immer wieder von Rückblenden unterbrochen, die das perverse Ausmaß der grausamen Morde nach und nach verdeutlichen. Als das Buch im letzten Drittel auf einer einzigen Zeitebene spielt, hängt die Story gelegentlich etwas durch. Doch es ist weiterhin faszinierend dabei zu sein, wenn Holly ermittelt und zugleich versucht einige Geister aus ihrer Vergangenheit zu vertreiben.

Es würde den Rahmen dieser Rezension sprengen, wenn auch noch ausgeführt wird, wie großartig King es gelingt die Corona-Krise und den gleichzeitig in den USA wütenden Donald Trump mit der Haupthandlung zu verknüpfen. Dies gilt auch für das weitere Schicksal der mit Holly befreundeten Geschwister Barbara und Jerome Robinson, die allen Fans der Bill-Hodges-Romane ans Herz gewachsen sein dürften.

Fazit: Bevor Stephen King in Zukunft irgendetwas mit Revolvermännern und schwarzen Türmen schreibt, sollte er lieber mal wieder bei Holly vorbeischauen.

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