Es scheint fast so, als wenn Thomas Meitsch alias Schwarwel mehrere Leben führt. Von 1993 bis 2011 war er Art Director der Band Die Ärzte und ihm gelangen unvergessliche Cover, wie das gelbe mit dem roten Teufelchen von Die Bestie in Menschengestalt. Schwarwel leitete aber auch gemeinsam mit Bela B. den Comicverlag Extrem Erfolgreich Enterprises (EEE). Als Comiczeichner schuf er so unterschiedliche Sachen, wie den im lustigen Bereich angesiedelten Schweinevogel, sowie die finsteren Serien Seelenfresser und Gevatter – Die fünf Phasen.
Als Trickfilmer hat Schwarwel – auch außerhalb seiner Musik-Videos für Rosenstolz, Sido oder Die Ärzte – ebenfalls Erstaunliches geleistet. Seine Kurzfilme Herr Alptraum und die Segnungen des Fortschritts (2011), Richard – Im Wallkürenritt durch Wagners Leben (2013) und 1813 – Gott mit uns (2013) überraschen durch stilistische und thematische Vielfalt. Nachdem er sich in 1989 – Unsere Heimat, das sind nicht nur die Städte und Dörfer mit der Geschichte und dem Ende der DDR befasste, folgte mit Leipzig von oben ein höchst bemerkenswerter autobiographischer Zeichentrickfilm.
Schwarwel erzählt davon, wie er den Tod seines Vaters erlebte und verarbeitete. In scheinbar unberechenbaren Zeitsprüngen schildert er Episoden aus seinem eigenen Leben, aber auch aus der jüngeren und älteren Geschichte seiner Heimatstadt Leipzig. Unaufdringlich plädiert er für ein Leben, das es ermöglicht “human“ zu sterben. Dabei ist es für ihn wichtig, Zeit zu haben für häusliche Pflege und um Abschied zu nehmen.
In den 22 Minuten, die der Trickfilm dauert, bezieht Schwarwel aber auch eindeutig Stellung gegen Pegida (bzw. den Leipziger Ableger Legida). Mit Entsetzen vernimmt er die Wir sind das Volk!-Rufe der Fremdenhasser. Zugleich stellt er aber auch fest, dass bereits 1989 bei der friedlichen Revolution in Leipzig nicht nur selbstlose Idealisten auf den Straßen unterwegs waren.
Formal beeindruckt Leipzig von oben ebenfalls. Realisiert wurde der Trickfilm im klassischen Stil, also von Hand gezeichnet. Untermalt von teilweise eigens dafür eingespielter klassischer Musik wird eine Fülle beeindruckender Bilder präsentiert. Die dabei vermittelten Gedankengänge wirken noch lange nach.
„Seelenfresser – Erstes Buch: Liebe“ bei AMAZON bestellen, hier anklicken
„Seelenfresser – Zweites Buch: Glaube“ bei AMAZON bestellen, hier anklicken
„Schwarwel: Gevatter – Die fünf Phasen“ bei AMAZON bestellen, hier anklicken