Bei der Lektüre dieses Bestsellers entsteht der Eindruck, dass sich der Titel Ich bin dann mal weg darauf bezieht, dass der Autor seine Pilgerroute immer mal wieder per Bus, Bahn, Anhalter oder mit dem Viehtransporter verlassen hat. Fairerweise muss jedoch angemerkt werden, dass Hape Kerkeling keineswegs verschweigt, dass er Anno 2001 “nur“ 600 der knapp 800 Kilometer langen Strecke des spanischen Jakobsweges von Saint-Jean-Pied-de-Port bis nach Santiago de Compostela tatsächlich zu Fuß zurücklegte.
Insgesamt ist es allerdings recht seltsam, dass ein Buch, das keinen besonders authentischen Blick auf den Jakobsweg wirft, eine Unmenge von Menschen dazu animierte ebenfalls mal weg zu sein. Nach ein oder zwei schlechten Erfahrungen mied Kerkeling die Massenunterkünfte entlang des Weges und quartierte sich individuell und möglichst komfortabel in Hotels ein. Das ist sein gutes Recht, allerdings kein Grund auf andere (zumeist etwas weniger wohlhabende) Pilger herabzuschauen.
Zehn Jahre später bin ich 500 Kilometer von Burgos nach Santiago de Compostela gepilgert und manches mag sich auf dem Jakobsweg gebessert haben, was sicher auch daran lag, dass Kerkeling den Zustand der Herbergen sehr drastisch beschrieb. Ich machte nur gute Erfahrungen in den Herbergen, die mal schlicht und durchaus auch mal komfortabel ausgestaltet waren (allerdings auf den letzten 100 Kilometern sehr stark überlaufen sind). Gerade das abendliche Beisammensein und der Austausch mit anderen “Leidensgenossen“ (im Gegensatz zu Kerkeling klagte jeder, den ich traf, über Blasen an den Füßen) hat für mich den ganz besonderen Reiz der Pilgerschaft ausgemacht.
In Ich bin dann mal weg geht Kerkeling weniger auf die Besonderheiten des Weges ein, sondern beschreibt seine teilweise etwas seltsamen mystischen Erlebnisse, wobei ihm durchaus manche kleine humoristische oder auch nachdenklich machende Szene gelingt. DAS Standartwerk zum Jakobsweg ist das Buch jedoch keineswegs und Kerkeling schrieb es auch eher für sich selbst als für das dann erreichte Millionenpublikum. Ich fand das mittlerweile auch verfilmte Buch in einer Herberge in Sahagún, wo es ein Pilger hatte liegen lassen. Möglicherweise mochte er es nicht mehr weiterlesen, als er auf jene Stelle stieß in der Kerkeling mal wieder sehr schnell weg war. Angesichts der “bereits aufsteigenden Hitze“ in Sahagún dachte er “praktisch“ und fuhr mit der Eisenbahn ins 50 km entfernte Leon.
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