Schlagwort-Archive: Zamonien

Fil: Worte über Orte

Mit Worte über Orte legt Philip Tägert alias Fil sein drittes Buch vor. Der zuvor hauptsächlich als begnadeter Comiczeichner (Didi & Stulle) und Alleinunterhalter (das Wort beschreibt nur sehr unzureichend den Irrsinn von Fils Bühnenauftritten) aufgefallene Ur-Berliner arbeitete in seinen Romanen Pullern im Stehen und Mitarbeiter des Monats auch autobiografische Elemente ein, die er allerdings pointiert verzerrte.

Fil: Worte über Orte

Worte über Orte trägt den Untertitel „Die Reisen des FiL“ und auf dem Cover ist zu lesen “bekannt aus dem Internet (World wide, Motherfucker)“. Zunächst sieht es so aus, als wenn der Autor hier die Facebook-Wortspielereien zu seinen Auftrittsorten zweitverwertet hat. In mehr oder weniger kurzen Unterkapiteln hofft er, dass Fulda nach seinem dortigen Auftritt in Filda umbenannt wird, oder er reimt sinnlos aber lustig: “Wo muss man sich benehmen? Auf keinen Fall in Bremen!“

Fil: Worte über Orte
© Marion Strencioch

Doch der erfahrene Entertainer weiß, dass es nichts bringt eine Idee zu Tode zu reiten, selbst wenn sie noch so gut ist . Daher enthält das Buch zusätzlich noch einen “heimlichen Dreiviertelroman“, der sich als Fortsetzungs-Geschichte immer stärker in den Vordergrund drängt. Anfangs beschreibt Fil hier, wie er in der Kultursenke des ostdeutschen Kaffs Schein-Schattau auftreten soll. Die seltsame Anreise durch Ortschaften wie Klein-Schwachau oder Endhausen, sowie der Empfang am nicht vorhandenen Bahnhof durch den boshaften Gnom Brog, erinnert an Walter Moers‘ Zamonien-Romane.

Fil: Didi & Stulle # 9: Im Auftrag der Kanzlerin

Doch die Geschichte mutiert nach und nach zu einem Spionage-Roman mit massiven Science-Fiction-Touch. Neben Bambino, dem Frontman einer Düsseldorfer Punk-Band, spielt dabei Angela Merkel eine wichtige Rolle. Diese hat noch eine offene Rechnung zu begleichen, denn Fil hat sie in seinem Comic-Album Didi & Stulle: Im Auftrag der Kanzlerin gnadenlos veralbert. Die scheinbare Planlosigkeit, mit der Fil in Worte über Orte seine durchgeknallten Ideen aneinanderreiht, mag gewöhnungsbedürftig sein. Hilfreich bei der Lektüre ist es vielleicht zu wissen, wie der Autor beim Verfassen seiner Bücher vorgeht: “Ist wie beim Kickboxen – musst dich vorher aufwärmen, kannst nicht sofort loslegen.“

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Walter Moers: Ensel und Krete – Ein Märchen aus Zamonien

Ensel und Krete spielt wieder in Zamonien. Dort fanden bereits Die 13 ½ Leben des Käpt´n Blaubär und später dann Rumo & Die Wunder im Dunkeln statt. Der erfolgreichste Großdichter dieses Kontinents ist ein Kleindinosaurier namens Hildegunst von Mythenmetz, der später die Hauptrolle in Die Stadt der Träumenden Bücher übernahm, und dieser erzählt von den Fhernhachen-Zwergkindern Ensel und Grete. Dieses Zwillingspaar verbringt den Urlaub mit seinen Eltern erneut im Großen Wald. Dort haben die Buntbären (zu diesem Stamm gehört auch Käpt´n Blaubär) einen straff durchorganisierten Naturpark aufgezogen. Doch wehe dem, der die sicheren Holzwege verlässt.

Walter Moers: Ensel und Krete - Ein Märchen aus Zamonien

Es kommt wie es kommen muss, Ensel und Grete verlaufen sich im Wald und Moers triumphiert da, wo sein Kollege Stephen King in Das Mädchen kläglich scheiterte. Seine Irrfahrt durch den mystischen Wald lässt Langeweile gar nicht erst aufkommen. Dafür sorgt schon Hildegunst von Mythenmetz himself, denn dieser greift bei besonders klischeehaften Momenten immer wieder zu seiner neusten literarischen Waffe, der sogenannten Mythenmetzschen Abschweifung.

Walter Moers: Ensel und Krete - Ein Märchen aus Zamonien
Hierdurch hat der Autor endlich die Möglichkeit sich direkt an seinen Leser zu wenden und Mythenmetz schreckt auch vor Kritikerschelte nicht zurück. Er wird dabei sogar derart persönlich, dass der Großkritiker Laptantidel Latuda nach der Veröffentlichung von Ensel und Krete seinen Beruf aufgab, trunksüchtig wurde und schließlich in einem Bottich aus Yetihaaren ertrank. Nicht nur aus diesem Grund soll hier noch einmal betont werden, was für ein tolles Buch Ensel und Grete ist.

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Walter Moers: Rumo & Die Wunder im Dunkeln

Der Wolpertinger Rumo spielte bereits in zwei der Die 13 ½ Leben des Käpt´n Blaubär eine wichtige Rolle. Im fünften Leben rettete ihn der als Navigator arbeitende Blaubär gemeinsam mit dem Rettungssaurier Mac vor einem Bollog. Sieben Leben später revanchierte sich dann der mittlerweile zum gefährlichen Kämpfer herangewachsene Rumo und half dem Bären aus einer brenzligen Situation.

Walter Moers: Rumo & Die Wunder im Dunkeln

Während in Ensel und Krete bunte Bären zumindest noch am Rande vorkommen, verzichtet Walter Moers in Rumo, seinem dritten Roman aus der Fantasiewelt Zamonien, völlig auf die Figur, die ihn bekannt machte. Doch das ist nicht weiter schlimm, denn die Lehr- und Wanderjahre des sympathischen Wolpertinger fesseln auch ohne Blaubären.

Walter Moers: Rumo & Die Wunder im Dunkeln

Moers Fabulierfreude ist ungebrochen. Er garniert seine ebenso spannende wie immer wieder surreal lustige Erzählung mit den seltsamsten Details wie Händlern, die schmerzlose Narben verkaufen oder „Gargyllener Bolloggschädel“, dem Wein der Erkenntnis. Für wissenschaftliche Beratung sorgt wie immer Professor Abdul Nachtigaller und auch der Heimatdichter Hildegunst von Mythenmetz, der danach die Hauptrolle in Die Stadt der Träumenden Bücher übernahm wird nicht vergessen.

Walter Moers: Rumo & Die Wunder im Dunkeln

Freunde wahrer Poesie werden in diesem ansonsten prall gefüllten Buch leider nicht fündig werden, denn Moers lässt eine Figur seine Meinung hierzu kund tun: „Für die Poesie bin ich rettungslos verloren. (…) Immer diese blöden Metaphern. Wieso „Wassersocke“ wenn man Regenrohr sagen kann.“

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Walter Moers: Die Stadt der Träumenden Bücher

Der junge Dinosaurier Hildegunst von Mythenmetz verlässt nach dem Tode seines Dichterpaten die beschauliche Lindwurmfeste und bricht nach Buchhain auf. Diese Stadt ist das Mekka aller Literaturbegeisterten und besteht fast nur aus Antiquariaten. Doch Hildegunst muss lernen, dass Bücher eine gefährliche Sache sind und trifft in der riesigen Unterwelt von Buchhain grausame Bücherjäger, Zyklopen und schließlich sogar den geheimnisvollen Schattenkönig.

Die Stadt der Träumenden Bücher

Mit Die Stadt der Träumenden Bücher legte Walter Moers 2004 seinen vierten Roman vor, der in der erstmals in Die 13 ½ Leben des Käpt´n Blaubär vorgestellten Fantasy-Welt von Zamonien spielt. Der spätere Großschriftsteller Hildegunst von Mythenmetz dürfte dem zamonien-kundigen Leser durchaus ein Begriff sein. Er fungierte bereits bei Ensel und Krete als Erzähler und seine Intim-Feindschaft zu Professor Abdul Nachtigaller sorgte u. a. in Rumo für einige amüsante Fußnoten. Doch der ansonsten immer etwas arrogant und pathetisch wirkende dichtende Dickhäuter kommt in diesem Buch über seine Lehr- und Wanderjahre recht sympathisch rüber.

Die Stadt der Träumenden Bücher

Walter Moers, der in aller Bescheidenheit vorgibt den Auftakt von Mythenmetz‘ 25-bändigen Epos Reiseerinnerungen eines sentimentalen Dinosauriers nicht selbst geschrieben zu haben, sondern nur aus dem Zamonischen übersetzt zu haben, lässt mit Die Stadt der Träumenden Bücher die faszinierende Welt von Zamonien immer weiter wuchern. Dazu gehört auch, dass er das Buch als erstes auswählte, um aus dem Roman eine Comic-Version zu machen. Die Bebilderung besorgte Moers, der im Medium Comic seine ersten Erfolge feierte, jedoch nicht selber.

Die Stadt der Träumenden Bücher

Den Job bekam der Illustrator Florian Biege, der zuvor bereits zur vollsten Zufriedenheit von Walter Moers eine Neuausgabe von Die 13 ½ Leben des Käpt´n Blaubär einfühlsam koloriert hatte. Der Knaus Verlag veröffentlicht die Comic-Version von Die Stadt der Träumenden Bücher in zwei Bänden unter den Titeln Teil 1: Buchhain und Teil 2: Die Katakomben . Die Geschichte funktioniert auch gekürzt als Comic-Version bestens, weil Bieges detailreichen Bilder beim Fabulierreichtum von Moers mithalten können. Besonders beeindruckend ist ein Panoramabild zum Ausklappen, das die Unterwelt von Buchhain prachtvoll zum Schillern bringt.

Walter Moers: Die Stadt der Träumenden Bücher

Der erste Band der Comic-Adaption enthält als Anhang ein 20-seitiges Glossar mit amüsanten aber auch für das Verständnis der Handlung wichtigen Hintergrundinfos zu Zamonien und seinen Bewohnern. Band 2 bietet einen Einblick in die Entstehung des Comics. Hier ist zu sehen, wie ausgearbeitet bereits die Vorzeichnungen von Walter Moers waren, auf denen die detailfreudig in Szene gesetzten plastischen Comic-Gemälde von Florian Biege basierten. Moers hat ganz sicher recht, wenn er im Anhang behauptet, dass “dies die aufwändigste Graphic Novel ist, die bisher in Deutschland produziert wurde.“

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Walter Moers: Die 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär

1999 bewies Walter Moers mit diesem reich bebilderten Roman (und in einem etwas geringeren Maße mit Käpt’n Blaubär – Der Film), dass er nicht nur überzeugt, wenn er (wie etwa bei Das kleine Arschloch oder bei Adolf) hart und gemein ist. Mindestens genauso lesenswert ist er als Erzähler planvoll durchgeknallter Fantasy-Geschichten. Mit diesem Buch wollte Moers, dem die gewaltige Präsens seiner Figur (etwa in der Sendung mit der Maus oder als Werbeträger der Post) langsam schon etwas unheimlich wurde, seinen Käpt’n Blaubär zurückerobern und neu erfinden.

Walter Moers: Die 13 ½ Leben des Käpt'n Blaubär

Dies gelang ihm aufs vortrefflichste und Die 13 ½ Leben des Käpt´n Blaubär wurde auch international ein Erfolg. Im deutschsprachigen Raum ist das Buch wohl das phantasievollste Werk seit langer, langer Zeit und lässt sogar Michael Endes ähnlich fabulierfreudige Unendliche Geschichte ganz schön alt aussehen. Dies liegt sicherlich hauptsächlich daran, dass Moers kein hochmoralisches Gleichnis auftischt, sondern uns einfach teilhaben lässt an seiner unberechenbaren Phantasie mit der er die Welt von Zamonien mit immer neuen Bewohnern und Örtlichkeiten garniert. Mit Ensel und Krete und Rumo & Die Wunder im Dunkeln startete danach ein ganzer Reigen weiterer zamonischer Werke.

Walter Moers: Die 13 ½ Leben des Käpt'n Blaubär

Aktuell realisierte Walter Moers gemeinsam mit dem Illustrator Florian Biege eine Comic-Version von Die Stadt der Träumenden Bücher.

Die Stadt der Träumenden Bücher

Da die Rechte von Die 13 ½ Leben des Käpt´n Blaubär an ihn zurückgefallen sind, beschloss Moers beim Knaus Verlag eine von Florian Biege kolorierte Neuauflage herauszubringen. Neben der jetzt viel detaillierteren Zamonien-Landkarte am Anfang des Buches wurde lediglich eine Illustration der später durch ein eigenes Buch zu Ruhm gekommenen Nebenfigur Rumo neu erstellt. Ansonsten hat Moers jeglichen Versuchungen nachzubessern wiederstanden, weil er mit der ursprünglichen Fassung „immer noch sehr zufrieden“ ist. Mir persönlich gefällt allerdings die farbige Neuausgabe noch besser!

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