1982 bei einer Autofahrt durch München hörte Friedrich Niendieck im Radio den Slogan “Hoffentlich Allianz versichert!“ Der Verleger stoppte an der nächsten öffentlichen Telefonzelle und rief den Werbeleiter der Allianz an. Niendieck hatte mit einem kleinen Team vor zwei Jahren das Konzept für einen Comic entwickelt, der Kinder für Geschichte begeistern konnte, doch es konnte noch kein Interessent für Max & Luzie gefunden werden.
Das änderte sich schnell, denn im Februar 1983 erschien das erste Heft, in dem die Kinder Max und Luzie zusammen mit dem kauzigen Kieks ins alte Ägypten reisten. Die Auflage betrug 250.000 Exemplare und die Hefte gingen an Allianz-Versicherungsvertreter, die diese zur Kundenbindung einsetzten. Max & Luzie wurde zu einem Erfolg und das 16-seitige Comicheft erreichte 1994 mit einer Auflage von einer halben Million eine Marke, die nur noch von Asterixgetoppt wurde.
Bis 2002 erschienen 74 Hefte mit den Zeitreise-Abenteuern von Max und Luzie. Hauptverantwortlich war Franz Gerg, der 1961 in Bad Tölz geboren wurde, studierte drei Jahre an der Berufsfachschule für Grafik und Werbung in München und begann dann als Werbegrafiker zu arbeiten. Ab 2004 gehört Gerg zum Künstlerteam des Sparkassen-Werbecomics KNAX und zeichnete außerdem bis 2007 den Comic Eddie Erdmann für die Kinderzeitschrift Eddie des Fertighausbauers SchwörerHaus.
Obwohl Gerg zweifelsohne einer der besten Comic-Zeichner Deutschlands ist, blieb er bisher weitestgehend unbekannt, da er fast ausschließlich Werbe-Comics zeichnet, diese jedoch auf einem international konkurrenzfähigen Niveau. Mit dem voluminösen Buch Max & Luzie – Ein Comic macht Geschichte erhält Gerg endlich die Würdigung, die er schon lange verdient hat.
Das 250-seitige Buch enthält zahlreiche Beispiele von Gergs Zeichenkunst und auch Einblicke in die Entstehungsgeschichte des Werbe-Comics. Herausgeber Siegmund Riedel konnte aber auch 48 Comic-Künstler dazu bewegen Hommagen zu Max & Luzie zu zeichnen. Vertreten sind u. a. Werke von Willi Blöß (Künstler-Biografien), Ulf S. Graupner (Das UPGrade), Eric Heuvel (Die Suche), Bernd Kissel (Die Känguruh-Comics), Alfred Neuwald (Karl der Kleine) und Andreas Pasda (Mosaik), die sich alle vor der Virtuosität von Frank Gerg verbeugen.
Mehr als 40 Jahre hat es gedauert, doch jetzt erscheint eine der besten deutschen Comicserien bei Kult Comics endlich in einer den großartigen Zeichnungen von Franz Gerg angemessenen Edition.
Hier einige Impressionen von meinem Comic Café, das am Sonntag den 20. Mai 2018 im Münchner Werkstattkino stattfand.
Zu Gast: Franz Gerg
Franz Gerg ist einer der besten Comic-Zeichner Deutschlands. Der Szene blieb er weitestgehend unbekannt, da er fast ausschließlich Werbe-Comics zeichnet, diese jedoch auf einem international konkurrenzfähigen Niveau.
Franz Gerg studierte drei Jahre an der Berufsfachschule für Grafik und Werbung in München und begann dann als Werbegrafiker zu arbeiten.
1983 begann er mit der Arbeit an Max & Luzie, einem Werbe-Comic für die Allianz-Versicherungsgesellschaft, der bis Ende 2002 lief.
Seit Anfang 2004 gehört Franz Gerg zum Künstlerteam des Sparkassen-Werbecomics KNAX.
Zwischen 2004 und 2007 produzierte er außerdem den Comic Eddie Erdmann für die Kinderzeitschrift Eddie des Fertighausbauers SchwörerHaus.
Wir waren sehr erfreut uns mit Franz Gerg im Comic Café über seine bisherigen und künftigen Werke unterhalten zu können.
Im Rahmen der Veranstaltung stellte außerdem Andi Papelitzky seinen neuen Comic BOUNTILUS vor.
COMICS LESEN!
Fester Bestandteil des Programms ist die Expertenrunde “Comics lesen!“ die sich als Prüfstand für Neuerscheinungen versteht. Regelmäßig und kontrovers diskutiert Gastgeber Heiner Lünstedt in lockerer Runde über aktuelle Comics. Diesmal waren der Comiczeichner Rolf Boyke (alias boy), Rainer Schneider (Comicaze) und Igor Barkan (Zombiac) zu Gast.
Diese Comics stehen zur Debatte:
Die Biografie zu ELVIS PRESLEY von Philippe Chanoinat und Fabrice Le Hénanff ist bei Salleck erschienen.
Hier die Wertung der Expertenrunde:
In einem Band seiner mittlerweile auf 30 Ausgaben angewachsenen Reihe Künstler Biographien in Comicform hat sich Willi Blöß mit VINCENT VAN GOGH beschäftigt.
Hier die Wertung der Expertenrunde:
Danach fand wie immer ein gemütliches Beisammensein im Fraunhofer statt.
Hier noch einige Skizzen, die Rolf Boyke während der Veranstaltung gemacht hat:Die nächsten Termine sind der 1. Juli und der 22. Juli 2018!
In seiner mittlerweile 27. Künstler Biographie in Comicform hat sich Willi Blöss mit Wilhelm Busch beschäftigt. Dabei zeigt er einmal mehr, wie viel Fakten und Details auf nur 24 Seiten vermittelt werden können.
Gleich am Anfang des Comics stellt Willi Blöss klar, dass Wilhelm Busch keineswegs – wie gerne behauptet wird – der Vater des (deutschen) Comics ist. Vor ihm gab es den Engländer William Hogart, den Schweizer Rodolphe Töpffer und auch Heinrich Hoffmanns anti-antiautoritärer “Struwwelpeter“ war bereits erschienen, bevor Wilhelm Busch 1859 innerhalb der “Fliegenden Blätter“ erstmals als komischer Zeichner in Erscheinung trat.
Nach Ansicht von Blöss hat Busch dennoch einen bedeutenden Beitrag innerhalb der Geschichte des Comics geleistet, denn seine “grafischen Effekte und die eskalierenden Abläufe“ werden “später sogar Walt Disney und dessen Trickfilme beeinflussen“.
Doch Willi Blöss beschäftigt sich in seinem Comic nicht nur mit dem Werk von Busch, sondern auch mit dem Menschen. Hierbei versucht er – so nah orientiert an den überlieferten Fakten wie möglich- nachzuweisen, dass dieser als ewiger und zumeist keuscher Junggeselle durch sein ein dreiviertel Jahrhundert andauerndes Leben gegangen ist. Sicher hat er daher in seinen Bildgeschichten Frauen immer wieder “übel malträtiert, aber nicht übler als die übrigen Protagonisten.“
Nicht nur vom Inhalt her, sondern auch optisch gibt die Comic-Biografie allerlei her. Die Zeichnungen sind wieder klar, schlicht und karikierend (was in diesem Falle besonders gut zum Thema passt). Doch hinzu kommt noch eine auf den ersten Blick willkürlich und grell wirkende Kolorierung, die jedoch die interessant layouteten Seiten gut gliedert und die Lektüre zu einem großen Vergnügen macht. Den Comic gibt es als kleines postkarten-großes Heftchen für 3 Euro. Wer jedoch 2 Euro mehr investiert, kann sich davon überzeugen, dass die Zeichnungen von Willi Blöss noch gewinnen, wenn sie mehr als doppelt so groß reproduziert werden!
Der Aachener Zeichner Willi Blöss leistete schon als Herausgeber des Comic-Magazins Outside Beachtliches. Das Heft enthielt nicht nur irre komische Onepager mit seiner Figur Pastor Zipfel sondern auch zahlreiche Erstveröffentlichungen internationaler Zeichner. Seit 2002 hat Blöss mehr als 25 Comic-Biografien von Künstlern herausgebracht.
Diese erscheinen zum Preis von 3,- Euro als Heftchen mit 24 Comicseiten. Sie sind etwas kleiner als eine Postkarte. Für die Präsentation hat Blöß ein Verkaufsdisplay entwickelt und die Reihe ist in immer mehr Museen und Galerien erhältlich.
Blöss schrieb die gut recherchierten und sehr aufschlussreichen Texte dieser Serie immer selbst, war von Anfang an bei den Comic-Biografien auch als Zeichner tätig. So brachte er das Leben von Vincent van Gogh selbst in seinem lockeren und unverwechselbaren Cartoon-Stil zu Papier. Die Biographie von Andy Warhol erzählte Annette Schulze-Kremer in Bildern, die an die immer treffenden Karikaturen des MAD-Zeichners Mort Drucker erinnern. Auch Bernd Jünger fand für das unter dem Titel „Der lächelnde Schamane“ erschienene Comic über Joseph Beuys einen passenden Strich und hat dabei die unverwechselbaren Gesichtszüge des „Fett und Filz“-Künstlers sehr gut im Griff.
Weitere Höhepunkt waren die beiden von Thomas Thiesen gezeichneten Comics. Während seine Pablo Picasso-Biographie im Stil eines verspielten Kinderbuches gehalten ist, setzte er das Leben von Hieronymus Bosch in einem harten und kontrastreichen Strich um. Beide Comics sind auf ihre Art sehr eigen und gelungen, wobei kaum zu glauben ist, dass sie vom selben Künstler stammen.
Die weiteren Künstler-Biografien hat Willi Blöss fast komplett im Alleingang als Autor und Zeichner in verschiedenen Stilen realisiert. Die Kolorierung stammt von seiner Lebensgefährtin Beatriz López-Caparrós, die für das kurze aber bewegte Leben des Graffiti-Künstlers Keith Haring natürlich auf poppige Kontraste setzte.
Die Comic-Biographie von Frida Kahlo ist eine optimale Ergänzung zum erfolgreichen Kinofilm, da sie andere Akzente setzt und etwas mehr auf die politische Entwicklung der Künstlerin eingeht.
Ein weiterer Höhepunkt ist der Band zu Niki de Saint Phalle. Hier bringt Blöss erstaunlich sensibel (auch in Anbetracht das ihm lediglich 24 kleinformatige Seiten zur Verfügung standen) nicht nur das Werk, sondern auch die tragische Kindheit der von ihrem Vater vergewaltigten Künstlerin zu Papier.
Auch zum Leben von Salvador Dali hat Willi Blöss einen Band in gewohnter Qualität gezeichnet und veröffentlicht. Unter dem Titel “Die Paranoia-Methode“ wird zugleich Biografie, Interpretation und kritische Würdigung zu Leben und Werk des nicht unumstrittenen spanischen Surrealisten und Franco-Anhänger geboten.
Den Comic “In Wien ist Schatten“ über Egon Schiele setzte Stefan F. in bräunlich kolorierte Zeichnungen um. Hier ist in kompakter aber nicht oberflächlicher Erzählweise auch zugleich einiges über Schieles Zeitgenossen Gustav Klimt und Oskar Kokoschka zu erfahren.
Danach erschienen Comic-Biografien zu Otmar Alt, Horst Janssen, Nam June Paik und Der Blaue Reiter, die Willi Blöss im Alleingang realisierte. Ein weiterer Band beschäftigt sich mit George Grosz, der Anfang des letzten Jahrhunderts in seinen Gemälden das deutsche Spießbürgertum, den Militarismus und den aufkommenden Faschismus ebenso bissig wie treffsicher attackierte.
Für diesen Band war ursprünglich Ulf K. (“Neue Geschichten von Vater und Sohn“) vorgesehen, der auch schon einige Seiten anfertigte. Doch dessen eher unverbindlich-harmloser Stil wollte nicht so recht zum Thema passen. Thomas Thiesen sprang ein und illustrierte Leben und Werk von Grosz in einem kunstvoll holzschnittartigen Stil, der gelegentlich an Mike Mignola (“Hellboy“) denken lässt.
Genau wie George Grosz steht auch bei Klaus Staeck satirische Überzeichnung im Zentrum des künstlerischen und auf politische Aufklärung setzenden Wirkens. Inspiriert von den politischen Collagen John Heartfields hat der als Jurist ausgebildete Staeck auf seinen Plakaten ebenfalls immer wieder über die “Stützen der Gesellschaft“ gespottet. Diese provozierte er u. a. durch gefakte CDU-Plakate mit Slogans wie “Die Reichen müssen noch reicher werden“ oder “Deutsche Arbeiter! Die SPD will euch eure Villen in Tessin wegnehmen.“
Die von Willi Blöss getextete und gezeichnete Biografie sollte Klaus Staeck eigentlich als Geburtsgeschenk überreicht werden von der Berliner Akademie der Künste, deren Präsident er ist. Doch dann kam es anders und die Comic-Biografie entstand – ein Novum innerhalb der Reihe – in sehr enger Zusammenarbeit mit Staeck. Willi Blöss übernahm in die Veröffentlichung sogar Staecks handschriftlichen Freigabevermerk “gut zum Druck“. Dieser Expertise aus erster Hand kann nur beigepflichtet werden.
Auf Nummer sicher ging Blöss innerhalb der Reihe nicht. Anstatt im achtzehnten Band (nach “Romantik: Caspar David Friedrich, William Turner„) aus den Leben von mehrheitsfähigen (und eigentlich längst überfälligen) Künstlern wie Monet oder Chagall zu erzählen, kommt er uns mit Paula Modersohn-Becker. Diese dürfte etwas weniger bekannt als Lena Meyer-Landshut sein, doch auf dem Cover ist als Orientierungshilfe noch der Reim “und von Worpswede sei die Rede“ zu lesen.
In eine Reihe mit Vincent van Gogh gehört Modersohn-Becker schon dadurch, dass sie zu Lebzeiten fast gänzlich unbekannt und unausgestellt blieb. Erst nach ihrem Tod im Jahre 1907 – sie wurde nur 31 – entdeckte man in ihrem Atelier eine Unzahl höchst bemerkenswerter Gemälde und Zeichnungen. Diese wurden z. T. von ihrem Ehemann Otto Modersohn, einem Mitbegründer der Künstlerkolonie Worpswede, nachsigniert und danach erfolgreich ausgestellt.
Wer die Comic-Biografie über Paula Modersohn-Becker liest, dem wird sehr schnell klar warum Willi Blöss diese bemerkenswerte Persönlichkeit porträtiert hat. Zwar vermittelt er wie immer auch eine Unmenge von sauber recherchierten Fakten, erzählt aber auch die zeitlos-moderne Geschichte einer selbstbewussten Frau, die gegen den Zeitgeist anschwimmt und alles dransetzt um sich ihre (künstlerische) Freiheit zu bewahren. Wenn Willi Blöss demnächst wieder einen unbekannten Prominenten porträtiert, werde ich mich nicht mehr wundern, sondern mich vertrauensvoll auf das Büchlein stürzen.
Es folgten ebenso lesenswerte von Blöß gezeichnete und geschriebene Biografien über Hundertwasser, Gustav Klimt, David Hockney, Robert Capa, Peter Paul Rubens, Magritte, Camille Claudel und Wilhelm Busch.
Einige der Comic-Biografien liegen mittlerweile auch im größeren Format von 17 x 24 cm als Hardcover-Ausgaben vor. Besonders empfehlenswert ist der Sammelband unbefugtesBetreten – Frauen in der Kunst, der die Comic-Biografien zu Camille Claudel, Frida Kahlo, Paula Modersohn-Becker, Tamara de Lempicka und Niki de Saint Phalle enthält.
Aktuell ist der 44. Band der Reihe erschienen, der sich mit Marina Abramović beschäftigt.