Der Belgier Jean Dufaux schrieb bereits die Szenarios zu 50 Comic-Serien, darunter Raubtiere – Jäger der Nacht, Giacomo C. und Djinn. Routine sieht jedoch anders aus, als Dufaux´ 2012 gestarteter Zweiteiler Loup de pluie, den Schreiber & Leser in einer optimal aufgemachten Gesamtausgabe mit umfangreichen Bonusmaterial präsentiert.
Auf über 120 Seiten entfaltet sich ein mit großem Ensemble bevölkertes Western-Drama. Dabei geht es um Feindschaften zwischen Familien und mit Indianern. Zuerst kommen hauptsächlich Menschen zu Tode, die es nicht verdient haben. Im Finale treffen Kugeln oder Pfeile dann die richtigen Ziele, wobei natürlich Ausnahmen die Regel bestätigen (und für zusätzliche Dramatik sorgen).
Soweit, so klassisch, doch trotzdem gilt nicht: Im Western nichts Neues. So wird diese Geschichte von einer Frau erzählt, die Hauptfigur ist ein Indianer und der Eisenbahnmagnat Vincent McDell eine durchgehend positive Figur. Die drei Kinder von McDell geraten zwischen die Fronten eines immer stärker anschwellenden Konflikts, wobei Jean Dufaux dafür sorgt, dass es dem Leser keineswegs gleichgültig ist, wie die Geschichte ausgeht.
Die zugehörigen Bilder stammen vom Spanier Rubén Pellejero (Dieter Lumpen, The Long and Winding Road), der aktuell den Klassiker Corto Maltese im Stil von dessen Schöpfer Hugo Pratt fortführt. Für Regenwolf wählte Pellejero einen komplett anderen Look. Durch dicke Umrisslinien und knallige Farben wirkt seine Optik auf den ersten Blick klobig.
Doch bei der Lektüre entsteht eine ganz eigene Atmosphäre, die schlüssig belegt, dass europäische Western-Comics auch funktionieren, wenn nicht versucht wird, Jean Girauds (zweifelsohne faszinierende) Blueberry-Grafik zu imitieren. Gerade durch Rubén Pellejeros ungewöhnliches Artwork wirkt Dufaux´ Geschichte unkonventioneller als sie wirklich ist.