Uli Oesterle (Hector Umbra, Kopfsachen) ist einer der wenigen deutschsprachigen Comic-Künstler, deren Stil unverwechselbar ist. 2016 erhielt er den Förderpreis der Berthold Leibinger Stiftung und es sollte vier Jahre dauern bis der erste Band seiner vorab prämierten vierteiligen Reihe Vatermilch erschienen ist. Doch das Warten hat sich gelohnt.
Auslöser für das ambitionierte Projekt war 2010 ein “amtlich anmutender Brief“ aus Karlsruhe, der den Münchener Künstler darüber informierte, dass sein Vater Peter Oesterle verstorben ist. Seit 1975 war der Kontakt zum Vater abgebrochen und dieser war zeitweise obdachlos. Bereits zuvor hatte dieser nie “mehr als eine Zigarettenlänge Zeit“ für seinen Sohn gehabt.
In Vatermilch versucht Oesterle eine Biografie seines Vaters zu erzählen: “Die großen Lücken in seinem Lebenslauf verfugte ich mit Erdichtetem. Jedes einzelne Wort davon ist wahr.“ Peter Oesterle heißt daher im Comic Rufus Himmelstoss und hat einen Sohn namens Viktor, der Comiczeichner ist, Genau wie Oesterle fragt sich dieser, wieviel von seinem Vater in ihm steckt.
Die daraus resultierende Erzählung ist sehr vielschichtig. Die vielleicht größte Überraschung ist, dass Oesterles sich auf den ersten Blick scheinbar eher für lustige Geschichte eignender, stark karikierender, Stil der Geschichte nicht im Wege steht, sondern diese trotz ihres ernsten – teilweise sehr ernsten – Grundtons zu einer verdammt unterhaltsamen Angelegenheit macht.
In stilvoll in Grau kolorierten Bildern erzählt Oesterle vom Handlungsreisenden Himmelstoss, der stärker daran interessiert ist, potentielle Kundinnen zu verführen, als ihnen Markisen fürs Eigenheim anzudrehen. Himmelstoss hat als Dienstwagen einen Jaguar E-Type und lässt es abends im Münchener Nachtleben ordentlich krachen. Er verschuldet sich dabei hoch und hat daher weder Zeit noch Geld für Frau und Kind.
Oesterle fängt sehr stimmungsvoll die Münchener Disko-Szene der 70er-Jahre ein und nutzt diese als schillernden Hintergrund, um seine Hauptfigur als schmarotzenden Blender darzustellen. Dieser kann vielleicht gerade noch sich selbst, aber immer weniger seine Freunde und am allerwenigsten seine Ehefrau täuschen.
Ein interessanter Kontrast sind die in der Gegenwart angesiedelten violett kolorierten Erlebnisse des Comic-Zeichners Victor, der sich angesichts des schlechten Vorbilds fragt, ob er ein guter Vater ist. Zusätzliche Dramatik entsteht durch einen vom betrunkenen Himmelstoss verursachter Unfall mit tödlicher Folge und Fahrerflucht. Die ermittelnden Polizisten macht zu Oesterle zu interessant charakterisierten Nebenfiguren.
Das ist eine Menge Holz, selbst für mehr als 100 Comicseiten. Doch Oesterle gelang mit Die Irrfahrten des Rufus Himmelstoss, dem ersten Band von Vatermilch, eine in sich abgeschlossene Comic-Erzählung.
Auch das was Uli Oesterle im zweiten Band von Vatermilch an grafischer und erzählerischer Brillanz abfeuert, ist nicht nur innerhalb der deutschsprachigen Comiclandschaft einmalig
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