1993 erschien Scott McClouds Werk Comics richtig lesen. Obwohl es sich hierbei um ein Sachbuch handelte, wurde es vom Maus-Schöpfer Art Spiegelman zum „intelligentesten Comic seit langem!“ erklärt. McCloud stellt sich selbst in diesem Buch als stark vereinfachte Comicfigur dar. Besondere Kennzeichen sind ein kariertes Jackett und ein Flash-T-Shirt. McCloud versucht die spezielle Sprache der Comics zu erklären. Die wertvollste Erkenntnis des Buches ist ganz sicher die Tatsache, dass im Comic die Dinge sind am wichtigsten, die zwischen den Bildern (bzw. Panels) geschehen.
In der Fortsetzung Comics neu erfinden sah McCloud 2000 zunächst einmal ziemlich schwarz. Seit Anfang der neunziger Jahre steckte der US-Comic in einer Krise. Comic-Hefte wurden vielfach nur noch für Sammler produziert und kaum noch im Zeitschriftenhandel, sondern fast nur noch über den Fachhandel vertrieben. Dort interessierte der Comic als Lektüre kaum noch und die Geschäfte wurden eher mit Trading-Cards und Rollenspiel-Zubehör gemacht. Einige Jahre später machte der kurzfristig durch US-Superheldenhefte boomende deutschsprachige Comicmarkt eine ähnliche Entwicklung durch.
McCloud versuchte Wege aus der Krise zu finden. Ihm ging es um die Anerkennung des Medium Comics als Kunstform. Dies bedeutet natürlich auch, dass nicht nur von unbezwingbaren Superhelden erzählt werden darf, sondern Geschichten aus allen Genres im Comic Berücksichtigung finden. Den größten Teil seines Buches widmete McCloud jedoch den neuen Medien. Hierbei ging es nicht nur um den Computer als mittlerweile unverzichtbares Hilfsmittel jedes Comic-Schaffenden. Viel interessanter fand McCloud die Möglichkeiten der Veröffentlichung von Comics im Internet. Dort kann jeder ganz demokratisch seine Geschichten veröffentlichen (und möglicherweise sogar irgendwann einmal Geld dafür bekommen).
McCloud sieht im Internet eine „unendliche Leinwand“ und hierdurch ist es dem Comic möglich dem alles diktierenden Joch der jeweils zu gestaltenden Seite zu entrinnen. Im Internet können die einzelnen Panels in beliebiger Folge ohne Rücksicht auf ein starres Seitenlayout angeordnet werden und dadurch sogar zusätzlich noch insgesamt ein sinnvolles Ganzes bilden. Daher meint McCloud in seinem wiederum vor Ideen und Fakten nur so berstenden Comics neu erfinden, dass der Comic demnächst seine Fesseln sprengen und in alle Richtungen explodieren wird.
Dies blieb zwar bisher aus, könnte aber noch was werden, wenn möglichst viele Comicschaffende McClouds nächstes Buch Comics machen (2006) lesen und verinnerlichen. Um ein Medium neu erfinden zu können, muss es zunächst einmal beherrscht werden. Daher vermittelt McCloud jedem Interessierten das Rüstzeug um Geschichten erzählen zu können (oder auch um gestalterische Finessen bei Großmeistern des Mediums zu erkennen). Während sich die meisten Lehrbücher darauf beschränken Zeichenunterricht zu geben, setzt McCloud ein gewisses Maß an graphischem Talent – bzw. die Bereitschaft sich dies anzueignen – einfach voraus und vermittelt die Dinge auf die es wirklich ankommt.
In der Tat gibt es eine Unmenge von optisch ansprechenden Comics, doch wirklich erinnerungswürdige Geschichten erzählen diese Werke eher selten. Unter dem Motto “Lerne von jedem, folge niemandem“ (und dem etwas bedenklichen Zusatz “arbeite wie besessen“) vermittelt McCloud auf seine schöne klare Art wie mit (bzw. zwischen) Bildern nachvollziehbar (und möglicherweise sogar nachfühlbar) erzählt wird. Witziges Detail am Rande: McCloud stellt sich selbst auch in diesem Buch als stark vereinfachter Comic-Moderator dar. Er trägt immer noch sein kariertes Jackett und das Flash-T-Shirt. Sein Gesicht ist jedoch runder geworden und in den schwarzen Haaren sind graue Strähnen zu erkennen.
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