Der Auftakt lässt an Stephen Kings Stand by me denken, doch diesmal ist das Ziel einiger wandernder Jungs keine Leiche, sondern ein Pornoheft. Dabei stürzt ein LKW von einer Brücke und begräbt den 12-jährigen Jodie Christianson unter sich. Dieser überlebt und bleibt unverletzt. Nachdem er zur Freude seiner Mitschüler auch noch Sprudel in Wein verwandelt hat, beginnt Jodie sich zu fragen, ob er der neue Messias ist…
Diese Geschichten erschien 2004 bei Dark Horse unter dem Titel Chosen. Die mit einer überraschenden, aber nicht wirklich originellen, Wendung im dritten Heft (erst einmal) abgeschlossene Miniserie war, nach Wanted, der zweite Comic des Labels Millarworld. Hier macht der schottische Autor Mark Millar nach großen Erfolgen bei Marvel und DC sein eigenes Ding. Dass er nicht mehr von Verlagen abhängig ist, zeigte sich auch darin, dass Chosen fünf Jahre später unter dem Titel American Jesus gebündelt bei Image erschien.
Panini hat bei uns nach und nach, teilweise auch übergroß im Hardcover-Format, die von Millar getexteten Comics veröffentlicht, doch American Jesus war bisher nicht darunter. Dies dürfte weniger am kontroversen Inhalt liegen, denn der Katholik Millar geht recht respektvoll mit den religiösen Aspekten der Story um.
Es ist eher zu vermuten, dass die oft etwas unbeholfen wirkende Grafik von Peter Gross (The Unwritten, Das Puppenhaus) gegen die Serie sprach.
The New Messias ist der Mittelteil einer Trilogie und beginnt in den 70er-Jahren in Harlem. Dort ist die 14-jährige Jungfrau Luciana Cortez plötzlich schwanger. Die junge Frau und ihr Freund Eddie flüchten nach Waco, Texas zu einer Gruppe religiöser Fanatiker. Dort bringt Luciana ihre Tochter Catalina zur Welt, die über spezielle Fähigkeiten verfügt und aus der erdrückenden Enge der Sekte flüchtet…
Insgesamt wirkt der 16 Jahre später entstandene zweite Teil von American Jesus erzählerisch und optisch runder. Das Artwork von Peter Gross ist deutlich gereift, obwohl der Zeichner an einem Handtremor litt und auf digitales Arbeiten umsteigen musste.
Auch der dritte Teil Die Offenbarung (Revelation) besteht wieder aus drei US-Heften. Diese Miniserie wurde 2022 gestartet und liegt mittlerweile bei Image und auch bei uns als Gesamtausgabe vor, die als Bonus wieder ein interessantes Gespräch zwischen Millar und Gross enthält. Es sei gespoilert, dass der Zeichner vom Ende der Story ganz schön überrascht war.
Erwartungsgemäß kommt es zum Showdown. Doch bevor Catalina auf Jodie trifft, rechnet sie noch mit den herrschenden Zuständen ab. Hier überrascht, dass der Katholik Millar– genau wie zuvor schon in King of Spies – alles andere als pfleglich mit dem Papst umgeht.
Nach knapp zwei Jahrzehnten beendet Millar seine Serie originell, konsequent und rechtzeitig zum demnächst auf Netflix anstehenden Start der in Mexiko gedrehten Serien-Adaption, die bei uns den Titel Der Auserwählte tragen wird.
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