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Frank Schmolke: Nachts im Paradies

In seinem ersten Comic-Album Trabanten erzählte Frank Schmolke von Menschen, die sich im Abseits der Gesellschaft befinden. Auch in seinem neusten Werk zeigt Schmolke seine Heimatstadt München nicht gerade von ihrer besten Seite. Basierend auf eigenen Erlebnissen schildert er, was der Taxifahrer Vincent während des ja eigentlich für hohe Umsätze sorgenden Oktoberfests erlebt.

Frank Schmolke: Nachts im Paradies

Frank Schmolke hat selbst eine Weile als Taxifahrer gearbeitet und tat es immer wieder, wenn “Auftragsflauten oder finanzielle Krisen“ herrschten. Die ersten Skizzen zu Nachts im Paradies sind im Taxi entstanden. Schmolke sieht Ähnlichkeiten zwischen Taxifahren und Zeichnen: “Das Suchen einer Fahrtroute ist ähnlich dem Ziehen einer Linie mit dem Stift. Der Fahrgast ist wie ein weißes Stück Papier. Vorerst neutral. Während der Fahrt füllt sich das Blatt mehr und mehr. Bis zum Ende der Fahrt entsteht so ein Bild des Fahrgastes.“

Frank Schmolke: Nachts im Paradies

Schmolkes Comic-Erzählung ist zwar mit klaren schwarzen Linien gezeichnet, doch sind die Bilder wie skizzenhaft geblieben. Es wirkt fast so, als wenn Schmolkes Zeichengeschwindigkeit ähnlich hoch war, wie das Umblätter-Tempo, das er seinen Lesern durch die spannende Erzählung aufzwingt. Die Bilder scheinen sich schmuck- und schnörkellos auf das Wesentliche zu beschränken, entfalten ihre volle Wirkung jedoch erst durch das Großformat, das die Edition Moderne der Veröffentlichung dankenswerterweise spendiert hat.

Frank Schmolke: Nachts im Paradies

Bemerkenswert ist auch, dass Nachts im Paradies, obwohl Schmolke einige selbsterlebte Sequenzen in die 350-seitige Geschichte eingebaut hat, kein Episoden-Comic geworden ist. Die Story vom Taxifahrer Vincent, der sich um seine 16-jährige Tochter sorgt, aber auch nicht gerade als Vorbild taugt, hat Schmolke mitreißend und emotional aufwühlend zu Papier gebracht. Es gibt wenige Comics, die einen so stark mitten ins Geschehen hineinziehen wie dieser!

Aktuell wird Nachts in Paradies von Starzplay mit Jürgen Vogel verfilmt.

Sebastian Fitzek

Es sei auch noch angemerkt, dass Frank Schmolke den Psychothriller Der Augensammler von Sebastian Fitzek bravourös in Farbe adaptiert hat.

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Reinhard Kleist: Berliner Mythen

Die Idee von Michael Groenewald und Lutz Göllner, die diesem Comic zugrunde liegt, ist ebenso simpel wie gut. Comic-Kurzgeschichten erzählen von Ereignissen, die sich im Großraum Berlin zugetragen haben. Im Vorwort schreibt Göllner: “Die Storys müssen auch gar nicht wahr sein, aber sie sollten in der Folklore der Stadt verankert sein. Mythen eben, mal komisch, mal gruselig, mal spannend.“

Reinhard Kleist: Berliner Mythen

Als sich das Stadtmagazin zitty für das Konzept interessierte, wurde mit dem in Hürth geborenen Wahlberliner Reinhard Kleist (Der Boxer, Der Traum von Olympia) schnell ein geeigneter Zeichner gefunden. Dieser brachte sich auch inhaltlich sehr stark ein und setzte insgesamt 24 Geschichten in unterschiedlicher Länge in Szene, bevor zitty Anfang 2015 das Veröffentlichen von Comics einstellte.

Reinhard Kleist: Berliner Mythen

Die letzte Comic-Erzählung in diesem Sammelband ist daher auch gar nicht mehr in zitty erschienen. Doch jetzt ist auch die tragische Geschichte des Sinto-Boxers Johann “Rukeli“ Trollmann zu lesen, dessen elegante tänzelnde Kampftechnik für die Nazis “undeutsch“ war und der im KZ Neuengamme ermordet wurde. Nicht minder ergreifend ist die nah an tatsächlichen Ereignissen orientierte Schilderung einer Flucht aus der DDR, die auf nur fünf Comicseiten nicht nur die spannenden Aspekte, sondern auch die daraus resultierenden Repressalien schildert.

Reinhard Kleist: Berliner Mythen

Ein gelungener Kunstgriff ist es den Berliner Taxifahrer Ozan als Erzähler einzusetzen. Dieser chauffiert seine Fahrgäste nicht nur, sondern versorgt sie auch mit Anekdoten zu den jeweiligen Zielorten. Lediglich zum geplanten “Hauptstadtflughafen“ kann Ozan keine Geschichte beisteuern, denn der zugehörige Comic spielt 2064, und die Fahrt mit dem fliegenden Taxi ist zu viel kurz. Doch immerhin ist zu erfahren, dass der zentrale Flughafen auch in ferner Zukunft immer noch Tegel heißt…

Reinhard Kleist: Berliner Mythen

Abgerundet wird der schöne Sammelband noch durch Stadtpläne, in denen die Lage der Comic-Schauplätze eingetragen wurde. Ähnliche Comics zu weiteren Städten wären wünschenswert. In diesem Zusammenhang sollte auch noch einmal darauf hingewiesen werden, das jener Berlin-Reiseführer, der beim französischen Casterman Verlag erschienen ist und von der Comiczeichnerin Isabel Kreitz (Rohrkrepierer) eindrucksvoll bebildert wurde, bereits seit 2012 auf einen deutschen Verleger wartet.

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