Clint Eastwood feierte am 31.5.2020 seinen 90. Geburtstag. Passend dazu und zu seinem neuen Film Der Fall Richard Jewell bringt der Schüren-Verlag Kai Blieseners Hommage an die Schauspielikone und den Meisterregisseur heraus. Clint Eastwood – Mann mit Eigenschaften ist keine reine Biographie, sondern mehr eine Collage aus biografischen, analytischen und filmhistorischen Texten ergänzt durch Interviews mit diversen Fachleuten, anhand derer der Autor sich seinem Idol, dessen Werdegang und Lebenseinstellung behutsam nähert.
Clint Eastwood, der sich als junger Mann mit harter, körperlicher Arbeit seinen Lebensunterhalt verdiente, kam eher zufällig zur Schauspielerei. In der Western-Serie Tausend Meilen Staub (Rawhide) wurde er erstmals dem amerikanischen Publikum vorgestellt, ehe ihn Sergio Leone in seinem Spagetti-Western Für eine Handvoll Dollar zu einer internationalen Größe machte.
Eastwood, der schon früh Interesse an der Arbeit hinter der Kamera zeigte, lieferte bereits 1971 seine erste Regiearbeit Sadistico (Play Misty For Me) ab, in der er auch eine der Hauptrollen spielte. Mit seiner Darstellung des schießwütigen Polizisten Dirty Harry setzte Eastwood nicht nur seine fruchtbare Zusammenarbeit mit dem zweiten, für seine Karriere wichtigen Regisseur Don Siegel fort, sondern galt fortan auch als erzkonservativer Rechter.
Dabei bezeichnet sich Eastwood selbst weder als rechts- noch linksorientierter, sondern – in seinen eigenen Worten- als „liberaler“ Filmemacher, der mehr an Menschen und deren Geschichten als an Politik interessier ist. Tatsächlich – so das Resümee des Buches – besitzt Eastwood als Filmemacher heute den Stellenwert den Woody Allen einst hatte: Jeder Schauspieler, der was auf sich hält, möchte einmal in einem seiner Filme mitspielen.
Kann man es Clint Eastwood da verübeln, dass er 1973 gemeinsam mit John Wayne, Charlton Heston und Glenn Ford einer Einladung Richard Nixon ins Weiße Haus folgte, um sich von diesem vor den republikanischen Wagen spannen zu lassen? Schließlich geht in Hollywood nichts ohne Beziehungen.
Doch auch auf Clint Eastwoods vielleicht fragwürdigsten Auftritt kommt im Buch zur Sprache. Im Interview mit Jo Schuttwolf geht es um die Frage, ob man sich als Eastwood-Fan für dessen Rede auf dem Parteitag der Republikaner 2012 fremdschämen muss. Jo Schuttwolf beantwortet das mit einem klaren Ja.
Derlei Ausrutscher neutralisierte der gealterte Cowboy mit Erbarmungslos (1991) seinen letzten Western, der sein reifes Spätwerk mit zahlreichen preisgekrönten Dramen einläutete. Etliche Meisterwerke wie Mystic River, Million Dollar Baby und Gran Torino folgten.
Ein 25-seitiges Essay des renommierten Filmjournalisten Georg Seeßlen bildet den Abschluss des Buchs und wertet es deutlich auf. Seeßlens Text ist sehr viel fundierter und kunstvoller als die Beiträge der anderen, eher unbekannten Autoren und Eastwood-Spezialisten.
Matthias Schäfer
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