In der Novellen-Sammlung Frühling, Sommer, Herbst und Tod“ lieferte Stephen King 1982 gleich drei Vorlagen zu Spielfilmen, die in zwei Fällen (Stand by Me und Die Verurteilten) außergewöhnlich gelungen verfilmt wurden (während Bryan Singers Der Musterschüler sein Thema verfehlte und eher albern geriet). 1990 folgte die deutlich schwächere ebenfalls vierteilige Novellensammlung Four Past Midnight, die bei uns als nachts und Langoliers in zwei Teilen veröffentlicht wurde.
Kings dritte Novellensammlung ist keine Wundertüte mit mittellangen Geschichten, die außer der Tatsache, dass der Autor ihre Grundideen nicht für romantauglich hielt, nichts gemein haben. Im Klappentext des Buchs ist zu lesen, dass es immer um “Vergeltung“ geht. In seinem Nachwort ergänzt King noch, dass es ihm hier (aber auch ansonsten zumeist) nicht wie in der “Hochliteratur“ um außergewöhnliche Menschen in gewöhnlichen Situationen sondern eher darum geht wie Durchschnittsbürger auf Extremsituationen reagieren.
Doch gleich die erste Geschichte 1922 ist eher eine Ausnahme dieser Regel und macht es dem Leser nicht ganz leicht sich knapp 200 Seiten in den Charakter des zwar sehr belesenen aber innerlich verrotteten Farmers Wilfred Leland James zu versetzen, der seine Ehefrau ermordet. Ich brauchte hier einen zweiten Anlauf bevor mich dann das am Rande geschilderte Schicksal des von seinem Vater zum Mittäter gemachten Sohnes Henry fesselte. Doch wahrscheinlich war es keine schlechte Entscheidung von King Zwischen Nacht und Dunkel mit der schwächsten Geschichte zu eröffnen.
Die übrigen drei Storys hingegen zeigen den Autor in Hochform. In Big Driver (verfilmt mit Maria Bello) wird eine Autorin von harmlosen Frauenkrimis während einer Lesereise mit dem wahren Grauen konfrontiert. Das Ganze ist sehr mitreißend erzählt, hinterlässt aber (im Gegensatz zur thematisch verwandten letzten Geschichte) angesichts des dezent eingearbeiteten Plädoyers für Selbstjustiz einen etwas unangenehmen Nachgeschmack. Faire Verlängerung ist nicht nur der kürzeste, sondern wohl auch gelungenste Beitrag. Die eher satirische als gruselige Geschichte erzählt vom Pakt den ein Krebskranker mit einem Abgesandten der Hölle eingeht und stellt dabei die Frage ob es glücklich macht, wenn andere unglücklich sind.
In Eine gute Ehe (verfilmt unter dem Originaltitel A Good Marriage) versetzt sich King sehr einfühlsam in einer Frau, die feststellen muss, dass ihr Mann fast 30 glückliche Ehejahre lang ein düsteres Geheimnis vor ihr versteckte. Mit Zwischen Nacht und Dunkel zeigt Stephen King, dass er auch auf der Kurzstrecke und fernab von Horror-Klischees fesselnd erzählen kann.
Mittlerweile liegt mit Blutige Nachrichten eine vierte Novellen-Sammlung von Stephen King vor.