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Madeleine, die Widerständige

Die Französin Madeleine Riffaud war während des Zweiten Weltkriegs maßgeblich am Widerstand gegen die deutschen Besatzer beteiligt. Die heute 94-jährige Journalistin und Dichterin war zunächst nicht sonderlich begeistert, als der Autor Jean-David Morvan (Spirou in Tokyo, Die Freunde von Spirou) sie anrief und ihr mitteilte, dass er gerne einen Comic über sie machen würde.

Madame Riffaud war der Meinung, dass Comics nur etwas für Kinder wären, bat sich aber dennoch Bedenkzeit aus und Morvan um einen Rückruf, “aber nicht vor 18 Uhr“ schließlich ist sie keine Frühaufsteherin. Als Morvan ohne viel Hoffnung erneut anrief, hatte sich Madeleine Riffaud etwas umgehört. Sie war nun der Meinung, dass sich durch einen Comic auch junge Leser für ihre Lebensgeschichte interessieren könnten.

Gemeinsam mit dem Zeichner Dominique Bertail (Paris 2119) formierten sich Morvan und Riffaud zu einer Komplizenschaft. Das Trio setzte alles dran, um so wahrheitsgetreu wie möglich von der jungen Madeleine zu erzählen, die unter dem Decknamen “Rainer“ (basierend auf den ersten Vornamen ihres Lieblingsdichter Rilke) Mitglied der Résistance wurde und in die Fänge der Gestapo geriet.

In detailreich in Szene gesetzten Bildern, denen die einzige Schmuckfarbe Blau eine eisige Atmosphäre verleiht, schildert der Comic, wie Madeleine Riffaud auf der Flucht vor den deutschen Besatzern zusammen mit weiteren unbewaffneten Franzosen von Stukas beschossen wird und wie sie – als sie  für ihren hüftkranken Großvater beim Roten Kreuz eine Trage organisieren wollte- von einem deutschen Offizier einen Tritt in den Hintern erhielt.

Doch es waren nicht nur die Besatzer, die ihr Übles antaten. Das finsterste Kapitel dieses Comics erzählt davon, wie die erkrankte Madeleine allein per Zug zu einem Sanatorium reist. Der Sohn einer Nachbarin nimmt sie am Bahnhof in Empfang, geht fein mit ihr essen und vergewaltig das minderjährige Mädchen anschließend brutal.

Am nächsten Morgen muss Madeleine erfahren, dass der junge Mann zudem auch noch im Dienste einer für die Besatzer tätigen paramilitärischen Organisation steht. In der Rückschau meint Riffaud zu der Vergewaltigung; “Ich war so traumatisiert, dass ich über 50 Jahre nicht darüber sprechen konnte und meine späteren Liebhaber bekamen die Folgen zu spüren.“

Morvan und Bertail geling es, das Leid aber auch den Mut von Madeleine so nachfühlbar einzufangen, dass die beiden weiteren Bände dieser Lebensgeschichte ebenfalls Pflichtlektüre für politisch interessierte Leser sind.    

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Die Kinder der Résistance 2

Der erste Band der bei uns mit fünfjähriger Verspätung gestarteten belgischen Erfolgsserie Die Kinder der Résistance erzählte davon, wie die Kinder François, Eusèbe und Lisa 1940 Widerstand gegen die deutschen Besatzer leisten. Die Geschichte mutet etwas naiv an, denn die Flugblätter, die das minderjährige Trio aus Tapetenresten bastelt, scheint die einzige aufmüpfige Aktion der Bewohner des kleinen französischen Dorfes Pontain l’Écluse zu sein.

Die Kinder der Résistance 2

Den zweiten Band Erste Repressionen erzählt Vincent Dugomier deutlich vielschichtiger. Hier erfährt Eusèbe, dass sein Vater immer noch große Sympathien für den Ersten-Weltkriegs-Helden Marschall Pétain hegt, obwohl dieser mit den Nazis kollaboriert. Zum Entsetzten ihres Manns hat Eusèbes Mutter hingegen keinerlei Probleme damit, französischen Soldaten, die aus einem nahen gelegenen Gefangenenlager entflohen sind, Unterschlupf zu gewähren.

Die Kinder der Résistance 2

Eine noch heftigere Überraschung erlebt der 14-jährigen François, der unter dem selbstgewählten Pseudonym “Luchs“ geheime Botschaften versendet und alles immer noch für ein großes Abenteuer hält. Unter tragischen Umständen muss François erfahren, dass sein Vater es vor ihm sehr erfolgreich geheim gehalten hat, dass er schon lange ein äußerst effizientes Mitglied der Résistance war.

Die Kinder der Résistance 2

Auch bei diesem Album stehen die farbenfrohe Grafik sowie die eher niedlichen Figuren von Benoît Ers der Dramatik und der Ernsthaftigkeit des Themas nicht im Weg. Band 2 von Die Kinder der Résistance ist ideal für den Einsatz an Schulen, auch dank eines fünfseitigen Anhangs mit historischen Fakten.

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Die Kinder der Résistance

In ihrem Entstehungsland Belgien wird diese bereits auf sechs Bände angewachsene Serie in jedem Schreibwarenladen angeboten. Doch es sollte fünf Jahre dauern, bis der österreichischer Verlag bahoe books endlich eine deutschsprachige Ausgabe von Les Enfants de la Résistance herausgebracht hat. Da deutsche Geschichte im Zentrum des Comics steht, verwundert die Zurückhaltung hiesiger Verleger. Doch der Grund dafür könnte sein, dass mit der deutschen Besetzung Frankreichs ein sehr unrühmliches Kapitel thematisiert wird.

Die Kinder der Résistance

Die Qualität dieses frankobelgischen Comic-Bestsellers steht jedoch außer Frage. Im Zentrum der Geschichte stehen drei Kinder, die erleben müssen, wie die deutsche Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs das Leben im kleinen französischen Dorf Pontain l’Écluse brachial dominiert. Der Zeichner BenoÎt Ers hat François, Eusèbe und Lisa recht niedlich zu Papier gebracht. Doch die farbenfrohe Grafik steht der Ernsthaftigkeit des Themas nicht im Wege.

Die Kinder der Résistance

Nah orientiert an tatsächlichen Ereignissen erzählt Vincent Dugomier davon, wie ein Großteil der Dorfbevölkerung sich mit den für “Recht und Ordnung“ sorgenden Besatzern arrangiert. Etwas arg naiv wird dargestellt, wie die Kinder ihre Mitbürger, durch aus Tapetenresten gebastelte Flugblätter auf umstürzlerische Gedanken bringen.

Die Kinder der Résistance

Doch insgesamt beschäftigt sich der Comic sehr differenziert mit der Besatzungszeit und vermeidet es die Soldaten der deutschen Wehrmacht zu dämonisieren. Die Kinder der Résistance ist ideal für den Einsatz an Schulen, auch dank eines siebenseitigen Anhangs mit historischen Fakten.

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Sterben für die Freiheit – Sophie Scholl und Frauen des Widerstands

In Frankreich ist es durchaus üblich, dass mehrere Zeichner gleichzeitig an einer Serie arbeiten, um einen raschen Veröffentlichungstakt zu ermöglichen. Man denke nur an die von Frank Giroud getextete und von zehn Zeichnern realisierte Reihe Zehn Gebote. Ähnlich funktioniert auch die von 2013 bis 2016 zunächst in vier Alben bei Castermann veröffentlichte Serie Femmes en Résistance, die nach einem Konzept von Emmanuelle Polack von den Autoren Régis Hautière und Francis Laboutique verfasst wurde.

Sterben für die Freiheit – Sophie Scholl und Frauen des Widerstands

Im Zentrum des Geschehens stehen vier Frauen, die während des Zweiten Weltkriegs im Kampf gegen den Faschismus ihr Leben gelassen haben. Für den Zusammenhalt der Geschichte sorgen gleich zwei fiktive Rahmenhandlungen, sich über alle vier Alben erstrecken. Die Erste spielt in der Gegenwart und erzählt von einer jungen Frau, die im Nachlass ihrer verstorbenen Tante eine Schatulle mit Dokumenten vorfindet. Diese stammen von Anna Schaerer, einer geheimnisvollen Frau, die vorgab Journalisten zu sein, doch zugleich aber auch ab 1937 als Spionin tätig war. In einer zweiten Rahmenhandlung ist diese immer wieder auftauchende Dame das Bindeglied zwischen den vier Frauen des Widerstands.

Sterben für die Freiheit – Sophie Scholl und Frauen des Widerstands

Das erste Album wurde von Pierre Wachs (Das geheime Dreieck) gezeichnet und handelt von der in den 30er-Jahren sehr populären englischen Fliegerin Amy Johnson. Dieser gelang damals ein Alleinflug von Großbritannien nach Australien. Trotz ihrer Erfahrung lehnte es die RAF ab, sie im Zweiten Weltkriegs als Kampfpilotin einzusetzen. Stattdessen flog sie für eine Organisation, die auch weibliche Piloten einsetzte, um fertiggestellte Kampfflugzeuge an die Front zu überstellen. Bei einem Einsatz im Januar 1941 starb Amy Johnson unter nicht mehr genau zu klärenden Umständen. Der manchmal etwas umständlich erzählte Comic beschäftigt sich auch mit dem komplizierten Liebesleben der Flugpionierin.

Sterben für die Freiheit – Sophie Scholl und Frauen des Widerstands

Der zweite Band der Reihe Femmes en Résistance dürfte der Hauptgrund für das Erscheinen einer Gesamtausgabe der französischen Serie in Deutschland sein, denn im Zentrum steht hier die Widerstandskämpferin Sophie Scholl. Erwähnenswert dürfte sein, dass dieses Album in Frankreich bei AMAZON bereits vergriffen ist und gebraucht schon recht hoch gehandelt wird. Die oftmals recht detaillierten Zeichnungen stammen von Marc Weber und die Story macht auch hier wieder einige komplizierte Verrenkungen, um das spannende Leben der Mitglieder der Weißen Rose an den Leser zu bringen.

Sterben für die Freiheit – Sophie Scholl und Frauen des Widerstands

In der Comic-Geschichte wird Anna Schaerer von Admiral Canaris, dem den Nazis sehr skeptisch gegenüberstehenden Leiter des deutschen Militär-Geheimdienstes, nach München geschickt, um herauszufinden, wer dort antifaschistische Flugblätter verteilt. (Canaris sieht im Comic übrigens genauso aus wie O. E. Hasse im gleichnamigen deutschen Kinofilm von 1954.) In der damaligen „Hauptstadt der Bewegung“ lernt Anna Schaerer die junge Sophie Scholl kennen und freundet sich mit dieser an. Anna kann jedoch nicht verhindern, dass Sophie und ihr Bruder Hans verhaftet und durch die Guillotine hingerichtet werden.

Sterben für die Freiheit – Sophie Scholl und Frauen des Widerstands

Die Mischung aus fiktiven und tatsächlichen Handlungselementen ist nur bedingt gelungen, denn das tatsächliche Leben von Sophie Scholl und den Mitgliedern der Weißen Rose verlief sehr viel interessanter und spannender als im Comic.

Sterben für die Freiheit – Sophie Scholl und Frauen des Widerstands

Band 3 wurde von Johann Leroux alias Ullcer gezeichnet und beschäftigt sich mit dem Leben der 1893 in Marseille geborenen Berty Albrecht. Diese engagierte sich europaweit für Menschenrechte und die Gleichstellung der Frau. Ab 1933 half sie Menschen, die aus Nazi-Deutschland geflohen waren, und während der deutsche Besatzungszeit veröffentlichte sie Untergrund-Zeitungen. 1943 wurde Berty Albrecht von der Gestapo verhaftet und gefoltert, kurz darauf erhängte sie sich. Natürlich wird auch in dieser Comic-Geschichte das Schicksal der historischen Figur mit dem Leben der mysteriösen Anna Schaerer verknüpft.

Sterben für die Freiheit – Sophie Scholl und Frauen des Widerstands

Die “Wahrheit“ über diese fiktive Figur enthüllt schließlich der vierte und letzte Band der Reihe. Im Zentrum steht diesmal Mila Racine, eine 1921 in Moskau geborene Jüden, die sich im antifaschistischen Widerstand engagierte und 1945 im Konzentrationslager Mauthausen ermordet wurde. Die Zeichnungen stammen von Olivier Frasier, dessen Bilder weniger in der Tradition der manchmal etwas steril wirkenden “realistischen“ frankobelgischen Comic-Alben stehen, sondern – thematisch passend – oft roh und hart wirken. Optisch ist dies Album ganz sicher der Höhepunkt der vierteiligen Serie.

Sterben für die Freiheit – Sophie Scholl und Frauen des Widerstands

Noch bevor in Frankreich eine Gesamtausgabe der Femmes en Résistance erschienen ist, hat Panini die Serie im etwas kleineren “Graphic-Novel-Format“ gebunden, gebündelt und garniert mit interessanten Hintergrundinfos zum günstigen Preis von 24,99 Euro veröffentlicht.

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