Die Grundidee dieser Short Stories ist ebenso naheliegend wie originell. Da niemand weiß, wer Jack the Ripper war, ist jener Schlitzer, der sich vorletztes Jahrhundert durch das Londoner East End meuchelte, in jeder der neun in diesem Band enthaltenen Geschichten jemand anders.
Die Comics wurde von 1984 bis 1985 im spanischen Magazin Creepy veröffentlicht. Von dem Autoren Antonio Segura und dem Zeichner José Ortiz stammen auch die Erfolgsserien Hombre und Juan der Lange.
Die 1000 Gesichter von Jack the Ripper überzeugt durch die stimmungsvollen schwarzweißen Zeichnungen von José Ortiz. Dieser verbeugt sich darin vor einigen Größen des Horrorgenres. So absolviert ganz unverkennbar Peter Lorre einen Gastauftritt und auch die in ihren letzten Rollen ziemlich gruselig auftretende Bette Davis ist gut zu erkennen als „Apple-Annie“ aus Frank Capras Die unteren Zehntausend.
Besonders angetan hat es Ortiz und Segura ganz offensichtlich Boris Karloff, dessen Auftritt in der Story Im Rampenlicht an seine wohl beste Rolle als Der Leichendieb erinnert.
Doch auch die Geschichten überzeugen, denn Segura beendet diese fast immer mit einer makabren Pointe. Daher ist es angemessen, wenn der All Verlag verkündet: Dieser Band ist nur für Leser ab 18 Jahren geeignet!
Fritz Langs M – Eine Stadt sucht einen Mörder aus dem Jahre 1931 dürfte – Metropolis hin und Dr. Mabuse her – der bekannte und wohl auch beste Spielfilm des Meisterregisseurs sein. Die nahe an damaligen Begebenheiten orientierte Geschichte erzählt von der Jagd nach einem – unvergesslich von Peter Lorre verkörperten – Kindermörder.
Dieser wird von einem Ganoven-Tribunal zum Tode verurteilt und in letzter Minute von der Polizei “gerettet“ wird, um anschließend hingerichtet zu werden. M wurde als Plädoyer für die fragile Demokratie der Weimarer Republik und als Warnung vor dem immer stärker aufmarschierenden Nationalsozialismus interpretiert.
Der Comickünstler Jon J. Muth (Sandman: Das Erwachen) stellte 1990 die Handlung von Fritz Langs Klassiker im heimischen Cincinnati mit “Freunden, Familienmitgliedern und Fremden“ nach. Anschließend verfremdete er die dabei entstandenen Fotos mit Silberstiften, Graphit, Holzkohlestaub und Pastellfarben. Muth montierte die Bilder zu einer vierteiligen Comic-Miniserie.
Anfang der 90er-Jahre erschienen bei uns im Feest-Verlag lediglich die ersten drei Bände dieser Reihe. Schon deshalb – aber auch weil Muth seinerzeit nicht mit der Reproduktion seiner gemalten Vorlagen zufrieden war – ist es höchst erfreulich, dass Cross Cult eine schön aufgemachte Gesamtausgabe dieses einflussreichen Comics herausgebracht hat.
Gewisse Zweifel daran, ob es wirklich sinnvoll ist bzw. nötig war eine nahezu perfekt erzählte und visualisierte Vorlage als Comic zu adaptieren, sind natürlich angebracht. Sowohl das Nachwort von Jochen Ecke als auch das Vorwort des Filmkritikers Georg Seeßlen beschäftigen sich mit dieser Frage. Beide attestieren Muth nicht nur Mut (sorry, da konnte ich nicht widerstehen) sondern auch, dass er das Drehbuch von Fritz Lang und Thea von Harbou noch um einige interessante neue Aspekte ergänzt hat.
Dennoch ist – zumindest für mich – Seeßlens fast schon grenzenlose Bewunderung des Comics, der seiner Meinung nach als Dialog zwischen diversen Kunst-Formen “etwas ganz Neues“ ist, nur bedingt nachvollziehbar. Auf alle Fälle spielt der Comic in seinem Genre nicht in derselben Liga wie Fritz Langs Meisterwerk im Kanon der Filmklassiker.
Mit Walt Disneys Realfilm-Klassiker 20.000 Meilen unter dem Meer entstand 1954 ein großartiges Gesamtkunstwerk. Nicht nur die Star-Besetzung mit Kirk Douglas, James Mason, Paul Lukas und Peter Lorre oder das von Harper Goff so unvergesslich designte Unterseeboot Nautilus bleiben angenehm in Erinnerung, auch musikalisch hat der Film einiges zu bieten.
Den dramatisch orchestrierten Soundtrack komponierte Paul J. Smith, dessen Karriere eng mit den Disney Studios verbunden war. Smith betreute unzählige Trickfilme des Studios musikalisch und war als einer der Violinisten in den Realszenen von Fantasiazu sehen. Gemeinsam mit Leigh Harline und Ned Washington erhielt er 1940 einen Oscar für den unvergesslichen Soundtrack von Pinocchio. Später wurde er auch für die Realfilme des Studios eingesetzt und übernahm hier manche seiner Cartoon-Musik-Erfahrungen. 1994 wurde der neun Jahre zuvor verstorbene Smith zur Disney-Legende gekürt, genau Julie Andrews oder Carl Barks.
Das absolute musikalische Highlight des Films stammt jedoch nicht von Smith. Den von Kirk Douglas so unvergesslich interpretierten Song A Whale of a Tale schrieben Norman Gimbel und Al Hoffman. Als Bonustracks enthält der Soundtrack noch einige zusätzliche sehr viel routinierter aber auch langweiliger interpretierte Versionen des gleichen Musikstücks, gesungen von The Wellingtons und von Bill Kanady. Außerdem ist noch ein weiterer ebenfalls von Kirk Douglas geschmetterter Song zu hören. And The Moon Grew Brighter stammt aus dem Power-Western Mit stahlharter Faust und wurde als B-Seite auf die Single von A Whale of a Tale gepresst.
In der ersten Hälfte der 60er-Jahre drehte der für seine billigen B-Pictures wie The Little Shop of Horror oder Das Vermächtnis des Professor Bondi bekannte Roger Corman acht Filme, die mehr oder minder auf den Werken von Edgar Allan Poe basierten.
Blu-ray-Cover von Timo Wuerz
Diese wurden in prächtigen Farben und imposanten Kulissen fast immer mit Vincent Price in Szene gesetzt. Der morbide Charme und die stilvolle Machart dieser in vergangenen Zeiten spielenden Filme kann locker bei den zeitgleich entstandenen legendären britischen Horror-Klassikern der britischen Hammer-Studios mithalten.
1960 entstand mit Die Verfluchteneine recht freie Interpretation von Poes Erzählung Der Untergang des Hauses Usher. Erzählt wird, wie Philip Winthrop (Mark Damon) seine Verlobte Madeline (Myrna Fahey) in ihrem abgelegenen Elternhaus besuchen will. Deren Bruder Roderick Usher (Vincent Price) ist dies gar nicht recht und er behauptet, dass auf Madeline ein Familienfluch lastet. Philip lässt sich nicht abweisen und erlebt schreckliche Dinge in dem düsteren Herrenhaus.
Roger Corman stand mit 300.000 Dollar ein für seine Verhältnisse beachtliches Budget zur Verfügung. Dennoch ließ er keine Möglichkeit aus, um den Film teurer aussehen zu lassen, als er tatsächlich war. So drehte er die Szene als Philip durch eine trostlose karge Landschaft zum Familiensitz reitet in einem Gebiet, in dem gerade ein Waldbrand stattgefunden hat.
Wenn (Vorsicht, Spoiler!) am Ende das House of Usher abbrennt, war dies in Wirklichkeit eine Scheune, die angerissen werden sollte. Corman gab dem Besitzer 50 Dollar und durfte das Gebäude vor laufender Kamera abfackeln…
Das Bonusmaterial der Blu-ray von Die Verfluchten enthält ein interessantes Gespräch mit Mark Damon, der für seine Darstellung des Philip Winthrop einen Golden Globe erhalten hat und erzählt, dass er es war, der gemeinsam mit Roger Corman eine Schauspielschule besuchte, die Idee mit den Poe-Verfilmungen hatte. Er beschreibt Corman als sehr nervösen Regisseur und fragte oftmals den Kameramann Floyd Crosby, ob seine schauspielerische Leistung in Ordnung war.
Nachdem Die Verfluchten sehr erfolgreich in den Kinos lief, drehte Corman ein Jahr später gleich zwei weitere Poe-Verfilmungen. In Das Pendel des Todesagierte Vincent Price an der Seite von Barbara Steele, die ein Jahr zuvor durch Mario Bavas Die Stunde, wenn Dracula kommt zur Horror-Ikone wurde. Doch der Film gehört ganz und gar Price, der scheinbar nahtlos vom Gepeinigten zum Peiniger wird.
Price spielt diesmal den spanischen Edelmann Don Nicholas Medina, der ein auf den Klippen am Meer gelegenes Schloss bewohnt. Er erhält Besuch von Francis Barnard (John Kerr), dem Bruder seiner gerade verstorbenen Ehefrau Elisabeth. Einst hatte der Vater von Don Nicolas seine untreue Ehefrau lebendig eingemauert. Hat die ebenfalls zum Ehebruch neigende Elisabeth ein ähnliches Schicksal erlitten?
Die Blu-ray von Das Pendel des Todes erhält als Bonus noch einen fünfminütigen Prolog, der sieben Jahre nach der Premiere mit der Darstellerin Luana Anders gedreht wurde, um den Film für die TV-Ausstrahlung zu verlängern.
Ebenfalls 1962 drehte Corman mitLebendig begraben seinen einzigen Poe-Film ohne Vincent Price. Die Hauptrolle übernahm Ray Milland, der für Billy Wilders Das verlorene Wochenende einen Oscar erhalten hat und etwas zurückhaltender als Price agierte.
Milland spielte den wohlhabenden Guy Carrell, der Angst davor hat, genau wie sein Vater lebendig begraben zu werden. Natürlich passiert genau dies, doch der Film hat noch einige Überraschungen zu bieten.
Die Blu-ray von Lebendig begraben enthält ein interessantes Interview mit Roger Corman, der davon erzählt, wie er den Film zunächst selbst produzieren wollte, aber dann doch wieder bei AIP landete.
Anschließend drehte Corman noch den Episoden-Film Schwarze Geschichten – Der grauenvolle Mr. Xund danach er den Eindruck, dass er sich innerhalb seiner Poe-Reihe ständig wiederholen würde und schlug einen etwas anderen Weg ein. Er bat den Autor Richard Matheson auf der Grundlage des Gedichts Der Rabeeine Horror-Komödie zu schreiben. Dennoch wurde der Film so beworben, als wenn es eine weitere auf Schocks setzenden Poe-Verfilmung wäre.
Die Besetzung von Der Rabe ist besonders glanzvoll ausgefallen. An der Seite von Vincent Price sind diesmal Boris Karloff, Peter Lorre und ein junger aufstrebender Darsteller namens Jack Nicholson zu sehen. Price spielt den Zauberer Craven, der um seine verstorbene Frau Lenore trauert und Besuch von seinem Kollegen Bedlo (Lorre) erhält, der vom bösen Magier Dr. Scarabus in einen Raben verwandelt wurde. Es kommt zu einem Duell der Zauberer…
Das Resultat schlägt einen etwas freundlicheren Grundton an, als die vorherigen Poe-Filme. Roger Corman stellte Der Rabe schneller als erwartet fertig und war daher der Meinung, dass Boris Karloff ihm noch zwei Drehtage “schuldete“.
Diese forderte er ein, um mit ihm (und Jack Nicholson) in Windeseile den angeblich auch auf Poe basierenden The Terror zu drehen. Dieser Film wiederum spielt eine gewisse Rolle in Peter Bogdanovichs Targets – Bewegliche Ziele, der ebenfalls zustande kam, weil Corman erneut zwei ihm seiner Meinung noch zustehende Drehtage bei Karloff eintrieb.
Auch die Blu-ray von Der Rabe verfügt über einige interessante Extras. Dazu gehören Interviews mit Corman und Richard Matheson, sowie der Inhalt der zum Film veröffentlichten Schallplatte „The Voice of Edgar Allan Poes The Raven“, auf der Karloff, Price und Lorre zu hören sind.
Den Abschluss der Reihe bildeten der eigentlich auf dem Roman Der Fall Charles Dexter Ward von H. P. Lovecraft basierende Die Folterkammer des Hexenjägers, sowie die in England gedrehten Filme Satanas – Das Schloss der blutigen Bestie und Das Grab der Lygeia.
Unter dem Label Walt Disney Abenteuer Klassiker erscheinen einige spannende Realfilme aus der Werkstatt des Trickfilm-Pioniers. Darunter befindet sich Disneys erster Spielfilm Die Schatzinsel von 1950 und mit 20.000 Meilen unter dem Meer, die vier Jahre später entstandene wohl bemerkenswerteste Realfilm-Produktion des Studios. Bei dieser Jules-Vernes-Verfilmung hat es Walt Disney richtig krachen lassen. Für die Regie verpflichtete er sogar den Sohn seines einstigen Trickfilm-Konkurrenten Max Fleischer (Popeye, Gullivers Reisen, Mr. Bug Goes To Town).
Tricktechnisch ist der Film auch heute noch eine beeindruckende Glanzleistung, wobei vor allem das von Harper Goff so unvergesslich designte Unterseeboot Nautilus ein Klassiker für sich ist. Bemerkenswert ist auch der große Kampf mit einem Seeungeheuer, den Walt Disney komplett neu drehen ließ, weil ihm die erste ziemlich alberne Version, die im Bonusmaterial dieser DVD zu bestaunen ist, überhaupt nicht gefiel. Statt vor dem romantischen Hintergrund eines Sonnenuntergangs bekämpfte die Besatzung der Nautilus den wild mit Tentakeln um sich schlagenden Riesenkalmar schließlich inmitten von stürmischer See.
Während in Disney-Realfilmen ansonsten zumeist eher mittelmäßig bekannte Darsteller wie etwa Dean Jones (Ein toller Käfer) agierten, ist bei 20.000 Meilen unter dem Meer auch die Besetzung absolute Spitzenklasse. Paul Lukas (Eine Dame verschwindet) ist Professor Aronnax, Peter Lorre (M – Eine Stadt sucht einen Mörder, Casablanca) sorgt als dessen Diener Conseil für einige Lacher, während James Mason (Der unsichtbare Dritte) als Captain Nemo auch die gesellschaftskritischen Untertöne von Vernes Roman anklingen lässt.
Die größte Show liefert aber Kirk Douglas, der sich genau wie ein Jahr später in Mit stahlharter Faust als stimmgewaltiger Sänger erweist und die Mördernummer A Whale of a Tale (einmal sogar mit Muschel-Banjo und gemeinsam mit einem Seelöwen!) temperamentvoll interpretiert.
Diese DVD (schön wäre wenn auch eine Blu-ray erschienen würde) präsentiert den Klassiker nicht nur in voller Länge und Breite, sondern hat auch noch ein paar interessante Dokumentationen mit an Bord.
Extras der DVD: Jules Verne & Walt Disney – Forscher im Reich der Phantasie (16:11 min, wie alle Extras wahlweise mit deutschen Untertiteln), Kreaturen der Tiefe (6:39 min), sehr amüsantes schwarzweißes Making Of; Die Humbolt-Krake – Ein echtes Monster (7:02 min), Verborgene Schätze – Der erste Kampf mit dem Riesenkalmar (3:16 min), Rundgang durch die Nautilus (5:22 min)