Schlagwort-Archive: Paul Wegener

Daniel Kehlmann: Lichtspiel

Georg Wilhelm Pabst wurde durch Filme wie Die freudlose Gasse oder Westfront 1918 zum neben Murnau und Fritz Lang bedeutendsten Regisseur des frühen deutschen Kinos. Er verfilmte auch Bertold Brechts Dreigroschenoper und war politisch alles andere als ein Freund der Nationalsozialisten. Da er zur Zeit der Machtergreifung in Frankreich drehte, beschloss er nicht nach Deutschland zurückzukehren. 

Stattdessen inszenierte er den Hollywood-Film A Modern Hero, der jedoch ein finanzieller Reinfall wurde. Da Pabst sicher war, dass er in den USA in absehbarer Zeit keinen weiteren Film drehen würde, kehrte er nach Europa zurück. In Frankreich setzte er seine Arbeit fort, doch als er im September 1939 zusammen mit seiner Ehefrau Trude und seinem Sohn seine kranke Mutter in Österreich besuchte, brach der Zweite Weltkrieg aus. Die Familie saß fest, und die Nazis, die Pabst bereits in Hollywood bedrängt hatten, wieder in Deutschland zu drehen, nutzen die Umstände aus, um den namhaften Regisseur für ihre Zwecke einzuspannen.

Tatsächlich begann Pabst wieder deutsche Filme zu drehen. Doch er versuchte nicht nur zu verhindern, dadurch Nazi-Ideologie zu verbreiten, sondern gab sich große Mühe, Kunstwerke zu produzieren. So platzierte er etwa in dem Biopic Paracelsus eine wild entfesselte Tanzsequenz, die ebenso so drastisch wie faszinierend darstellt, wie die Pest in einer mitteleuropäischen Stadt im 16. Jahrhundert ausbrach.

In seinem Roman Lichtspiel spekuliert Daniel Kehlmann (Die Vermessung der Welt, Ich und Kaminski) darüber, wie und warum Pabst 1944 in Prag mit vollem kreativen Einsatz den heute verscholleneren und auf einem Buch von Alfred Karrasch basierenden Film Der Fall Molander drehte. Als der Regisseur im Roman vom Darsteller Paul Wegener (Der Golem) gefragt wird ob es nicht seltsam ist “mitten im Weltuntergang so einen Film zu drehen“, lässt Kehlmann Pabst antworten: “Die Zeiten sind immer seltsam. Kunst ist immer unpassend. Immer unnötig, wenn sie entsteht. Und später, wenn man zurückblickt, ist sie das Einige, was wichtig war.“

Kehlmann orientiert sich in Lichtspiel an tatsächlichen Ereignissen, biegt sich diese aber auch zurecht. So ist es unwahrscheinlich, dass Trude Pabst zusammen mit der Darstellerin Henny Porten in einem Promi-Lesezirkel ausschließlich die Romane von Alfred Karrasch lass und besprach. Doch diese köstliche Sequenz verdeutlich, was für einen Kitsch der von den Nazis geschätzte Autor geschrieben hat und wie schwierig es ist, ein Buch von Karrasch in einen großartigen Film zu verwandeln.

Eine ebenfalls sehr originelle – aber auch die Handlung vorantreibende – Idee ist es, im Kapitel über die Premiere von Paracelsus, den fiktiven zynischen britischen Schriftsteller Rupert Wooster als Hauptfigur einzusetzen und sich über die Großartigkeit des Films wundern zu lassen. Genau wie der real existierende Literat P. G. Wodehouse wurde auch Kehlmanns Wooster von den Nazis in seiner Villa in Frankreich verhaftet und dazu gezwungen im Radio Propaganda-Beiträge aufzusagen. Diese nutzte er jedoch dazu, sich über seine Situation und seine Peiniger lustig zu machen.   

Daniel Kehlmann gelang ein erstaunlich vielschichtiges Buch, das auch durch den beständigen Wechsel der Erzählperspektive fasziniert. Zugleich ist Lichtspiel ein spannender Trip durch die deutsche Filmgeschichte.

„Lichtspiel“ als Buch bei AMAZON bestellen, hier anklicken

„Ich und Kaminski“ als DVD bei AMAZON bestellen, hier anklicken

„Ich und Kaminski“ als Blu-ray bei AMAZON bestellen, hier anklicken

„Ich und Kaminski“ als Buch bei AMAZON bestellen, hier anklicken

Early Screams

In Form von am Kiosk erhältlichen Sonderheften wie Virus Readers Choice beschäftigt sich das der „Dark Side of the Entertainment“ gewidmete Magazin Virus mit den Klassikern des Horrorfilms.

Early Screams

Dabei handelt es sich keineswegs um schnell zusammengeschusterte Zeitschriften, die wenig mehr als Wikipedia-Wissen enthalten. Es ist zu spüren, dass hier Fans am Werk sind, die sich auch außerhalb des Horror-Genres auskennen.

Early Screams

Auf jeweils 130 Seiten werden chronologisch geordnet “zeitlose Klassiker“ sowie wichtige Darsteller und Regisseure vorgestellt. Retro-Virus-Sonderheft # 1 beschäftigt sich mit den ersten sechs Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts.

Early Screams

Nach einer kurzen aber fundierten Einleitung zu den von Anfang an auf Schockeffekte setzenden Kindertagen des Kinos, werden auf jeweils ein bis zwei ansprechend bebilderten Seiten Horror-Klassiker vorgestellt. Los geht es mit Paul Wegeners Der Student von Prag (1913) bis hin zu Twilight Zone (1959), der einzigen TV-Produktion, die Berücksichtigung fand.

Gewürdigt werden u. a. der deutsche Filmexpressionismus mit Das Kabinett des Dr. Caligari, die Universal Monsters mit Dracula, dem Wolfsmenschen oder dem Schrecken vom Amazonas, sowie die nach Frankensteins Fluch entstandenen ersten farbigen Gruselfilme der britischen Hammer-Studios. Hinzu kommen liebevoll verfasste Biografien zu Horror-Persönlichkeiten, wie Bela Lugosi, Boris Karloff, Vincent Price, Val Lewton oder Lon Chaney Sen. und Jr.

Early Screams

Das zweite Retro-Virus-Sonderheft widmet sich einem sehr viel kürzeren Zeitraum und beweist, dass sehr viele bedeutende Horrorfilme zwischen 1960 und 1969 entstanden sind.

Early Screams

Erstaunlich ist hierbei der große Anteil britischer Produktionen, die meist wie Der Fluch von Siniestro von den Hammer Film Productions oder wie Die Todeskarten des Dr. Schreck von der Firma Amicus stammten.

Early Screams

Komplett vertreten sind von Die Verfluchten (1960) bis hin zu Das Grab der Lygeia (1965) auch jene acht Edgar-Allan-Poe-Filme, die der emsige Produzent Roger Corman höchstpersönlich und sehr stilvoll in Szene setzte.

Nicht fehlen dürfen Biogafien zum Splatter-Pionier Herschell Gordon Lewis, zum Gimmick-König William Castle (Der unheimliche Mr. Sardonicus), zur Darstellerin Barbara Steele (Die Stunde, wenn Dracula kommt) und natürlich zu Alfred Hitchcock, der mit Psycho und Die Vögel auch den 60er-Jahren seinen Stempel aufdrückte.

Diese engagiert zusammengestellte Reihe wurde als Fanservice noch jeweils in zwei Variant-Cover-Editionen sowie einem weiteren Motiv für die Neuauflage veröffentlicht, Außerdem gab es Gutscheine für Sets mit “VIRUS Creepy ClaSICKs Movie Cards“.

Doch damit nicht genug, denn gleich zwei neue Ausgaben von Early Screams beschäftigten sich mit den 70er-Jahren, die mit Filmen wie Blutgericht in Texas oder Der weiße Hai ebenfalls allerlei zu bieten hatten. Stoff für weitere Publikationen gibt es genug, denn seit die Bilder laufen lernten, sind immer wieder bemerkenswerte Gruselfilme entstanden, deren Einflüsse noch heute zu spüren sind.

„Retro VIRUS  – Early Screams Vol. 1 – Die besten Horrorfilme von 1900 bis 1950“ bei AMAZON bestellen, hier anklicken

„Retro VIRUS  – Early Screams Vol. 2 – Die besten Horrorfilme von 1960 bis 1969 “ bei AMAZON bestellen, hier anklicken

„Retro VIRUS  – Early Screams Vol. 3 – Die besten Horrorfilme von 1970 bis 1974 “ bei AMAZON bestellen, hier anklicken

„Retro VIRUS  – Early Screams Vol. 4 – Die besten Horrorfilme von 1975 bis 1979 “ bei AMAZON bestellen, hier anklicken

„Backwoods – Virus Readers Choice“ bei AMAZON bestellen, hier anklicken

„Gore – Virus Readers Choice“ bei AMAZON bestellen, hier anklicken

„Slasher – Virus Readers Choice“ bei AMAZON bestellen, hier anklicken

„Hammer – Virus Readers Choice“ bei AMAZON bestellen, hier anklicken

„Sci-Fi – Virus Readers Choice“ bei AMAZON bestellen, hier anklicken