Als 1971 gerade eine dritte Staffel von Monty Python’s Flying Circus vorbereitet wurde, erhielt Terry Jones einen Anruf von einem BBC-Mitarbeiter. Dieser informierte Jones darüber, dass die Video-Bänder mit den ersten 13 Folgen der Serie gelöscht und für neue Aufzeichnungen genutzt werden sollen. Zum Glück gelang es Jones die Bänder entweder zu kaufen, zu stehlen oder heimlich zu kopieren, es gibt da verschiedene Versionen.
Gar nicht auszudenken, was hier beinahe alles an Weltkultur-Gütern vernichtet worden wäre. Man denke nur an den komischsten Witz der Welt, der den Zweiten Weltkrieg entschieden hat, an die Selbstverteidigung gegen mit Obst bewaffnete Angreifer, an Katzen-Verwirrer und natürlich den mausetoten Papagei.
Spurlos verschwunden wäre auch Michael Palin als Friseur, der mit seinem Job hadert und sehr viel lieber eine andere Tätigkeit ausüben würde. Was ist Monty Pythons späterer Hit Always Look on the Bright Side of Life gegen den legendären Lumberjack Song? Das britische Sextett 1972 sang das Lied sogar in deutscher Sprache sang: „Ich bin ein Holzfäller und fühl mich stark, ich schlaf des Nachts und hack am Tag.“
Ab 1967 unternahmen Michael Palin, Terry Jones und Eric Idle in Do Not Adjust Your Set, sowie John Cleese und Graham Chapman in At Last The 1948 Show, erste Gehversuche in Sketch-Shows. Sie strebten jedoch ein Format an, in dem komische Szenen nicht einfach willkürlich aneinandergereiht werden, sondern die Sketche sollen sich zu einer übergeordneten größeren Verrücktheit zusammenfügen.
Hierzu verbündeten sich die fünf Briten mit dem US-Amerikaner Terry Gilliam. Dieser fertigte für den Flying Circus nicht nur den animierten Vorspann an, sondern sorgte mit seinen verrückten Legetricks für fließende Übergänge zwischen den gespielten Witzen. Ohne Gilliams Animationen hätte Monty Python’s Konzept „Jede Episode ein Gesamtkunstwerk“ nicht funktioniert.
Anfang 1970 hatte die BBC alle 13 Episoden der ersten Staffel von Monty Python’s Flying Circus ausgestrahlt und bereits im September des selben Jahres ging es weiter. Die ersten beiden Folgen von Season Two enthalten zwei absolute Höhepunkte.
Der Sketch The Ministry of Silly Walks stammt zwar von Michael Palin und Terry Jones, die Lorbeeren erntete jedoch John Cleese, dessen “silly“ Stechschritt zum absoluten Höhepunkt der Serie wurde. Dass die Zustände im „Ministerium für alberne Gangarten“ auch als Bürokratie-Parodie gedeutet werden können, wurde von den Pythons billigend in Kauf genommen, viel wichtiger war jedoch, dass es dort schön silly, also so albern wie möglich, zugeht.
Gleich danach in Episode 2 folgt ein weiterer Höhepunkt. Im Verlauf von zwei scheinbar nicht zusammenhängenden Sketchen ist zu hören, dass niemand „die Spanische Inquisition erwartet“. Das ist zwar richtig, aber trotzdem tauchen prompt Kardinal Ximinez (Michael Palin), Kardinal Fang (Terry Gilliam) und der nach einem britischen Pulp-Helden benannte Kardinal Biggles (Terry Jones) in knallroter Montur auf und fuchteln mit Krutzifixen herum. Ihren dritten Einsatz verpatzt die spanische Inquisition jedoch und erreicht ihr Ziel erst, während bereits der Abspann läuft.
Anfang 1972 startete die dritte Staffel. In der zweiten Episoden hinterließ eine nur 20 Sekunden andauernde Szene einen bleibenden Eindruck. Michael Palin führte auf einer Schleusenanlage den Fish-Slapping Dance vor und schlug dabei kunstvoll zum Takt der Musik mit zwei Sardinen auf John Cleese ein. Dieser beendete die Sache ziemlich brachial, indem er Palin eine große Forelle um die Ohren haute und dieser ins Wasser fiel.
In der aus sechs DVDs bestehenden Zusammenstellung Monty Python’s Personal Bests war The Fish-Slapping Dance für alle Pythons außer Eric Idle (der jedoch in sein Musical Spamalot einen Fisch Schlapping Song einbaute) einer der Höhepunkte der Serie. Auch George Harrison war ein großer Fan des Fisch-Tanzes und Michael Palin nutze sogar Teddington Lock, den Drehort des Sketches, als Schauplatz für seine “Personal Best“-Präsentation.
Dass es sinnvoll ist, Monty Python’s Flying Circus nicht schon abzuschalten, wenn der Abspann beginnt, belegt besonders schlüssig die dritte Staffel. Hier tritt z. B. nach den End-Credits Ringo Starr auf oder bei der dritten Episode folgen nach dem Abspann noch 8 Minuten mit weiteren mehr als sehenswerten Sketchen.
Nach dem Ende der dritten Staffel stieg John Cleese aus und 1974 entstanden noch sechs Episoden ohne ihn, allerdings stammten noch eine Sketch-Ideen von ihm. Die vierte Staffel ist deutlich schwächer, was sicher nicht nur daran liegt, dass die robuste Persönlichkeit von Cleese fehlt. Wahrscheinlich waren auch für die restlichen Pythons die Möglichkeiten ihres Chaos-Konzept der TV-Serie ausgereizt. Dass einige der späteren Episoden schon fast kleine Spielfilme waren, deutete an, dass die Zukunft der Truppe im Kino stattfand.
In einer einzigartigen Edition präsentiert capelight pictures alle 45 Episoden der Serie, restauriert und in der passablen Sat.1-Synchronisation von 1998, aber natürlich auch in der Originalfassung. Zu fast allen Episoden gibt es Outakes und alternative Versionen der Sketche. Die Animationen von Terry Gilliam wurden neu gescannt und sahen noch nie so gut aus. Ein 18-minütiger Bericht zeigt wie beeindruckt Gilliam vom neuen Look seiner Legetricks ist.
Interessant sind auch ein Studentenfilm von 1970, in den Vic Jamison über die Dreharbeiten der zweiten Staffel berichtete (12:12 min), sowie die Tonspur eines 1971 entstandenen Interviews mit Ian MacNaughton (28:16 min), dem Produzenten und Regisseur von 42 der 45 Episoden. Hier ist zu erfahren, dass die Lacher, die in den Episoden zu hören sind, nicht vom Band kommen. Die Publikumsreaktionen stammen aus Live-Aufführungen der Sketche, bei denen auch die Animationen und die aufwändig mit Außenaufnahmen produzierten Sequenzen eingespielt wurden.
Hinzu kommt ein 20-minütiger Bericht der BBC2-Sendung In Vision, der am 6.12.1974 ausgestrahlt wurde, also einen Tag , nachdem die letzte Folge vom Flying Circus gezeigt wurde. Hier kommen Graham Chapman, Terry Jones und recht ausführlich Terry Gilliam zu Wort. Wer bei dieser optimal zusammengestellten Edition weitere Hintergrund-Infos vermisst, dem sei die großartige Doku Monty Python: Almost the Truth – The Lawyer’s Cut, sowie bedingt der TV-Film Holy Flying Circus – Voll verscherzt empfohlen.
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