Die neuste Ausgabe der „Zeitschrift für Graphische Literatur“ ist eine 100-seitige Doppelnummer, deren Konzept sich erst auf den zweiten Blick erschließt. Das Cover zeigt ein großartiges Jimmy-Hendrix-Gemälde von Timo Wuerz (Black Metal) und die ersten 75% der Reddition beschäftigen sich in Form von 16 Artikeln mit “Rock, Metal und Pop“ im Comic.
Dabei geht es natürlich um das schier unerschöpfliche Thema “Beatles und Comics“. Ebenfalls auf sechs Seiten wird Reinhard Kleist gewürdigt, der sich aktuell mit David Bowie beschäftigt und zuvor Comics zu Nick Cave, Johnny Cash und Elvis schuf.
Die Redditon würdigt außerdem comic-affine Künstler wie Bill Sienkiewicz, Frank Margerin, Jamie Delano, Hervé Bourhis oder Ingo Römling und natürlich die Band Kiss. Peter Osteried beschäftigt sich mit dem kurzlebigen Label Marvel Music, in dem sich 1994 die Comic-Größen Neil Gaiman und Dave McKean an Musikern wie Alice Cooper, Bob Marley oder den Stones versuchten.
Wer die Reddition umdreht, hält quasi ein zweites Heft mit einem Cover von Serge Clerc in den Händen. Dieses beschäftigt sich mit Comics zu “Jazz, Soul & Hip-Hop“. Hierin geht es u. a. um die großartigen jazzigen Soundtracks, die Vince Guaraldi für die Peanuts-TV-Serie schuf und natürlich um “Robert Crumb & Die Musik“. Hinzu kommen noch fünf Seiten mit LP-Covern von Comickünstlern wie Morris, Bernie Wrightson, Milo Manara, Peter Puck oder Hugo Pratt, die das gelungene Themenheft perfekt abrunden.
Der erste Band der Manara Werkausgabe präsentierte jene Comics, die in Zusammenarbeit mit dem Regisseur Federico Fellini entstanden. Auch bei dem in Band 2 enthaltenen Comic, der von Panini trendgerecht zur Graphic Novel umetikettiert wurde, konnte Milo Manara mit einer nicht weniger legendären Persönlichkeit zusammenarbeiten. Der große Zeichner und Autor Hugo Pratt (Corto Maltese) schrieb für Manara eine Geschichte, die zeigte, dass dieser nicht nur nackte Frauen sondern auch handfeste Abenteuer in Szene setzten kann.
Inspiriert u. a. von Nathaniel Hawthornes Der scharlachrote Buchstabe sowie den Romanen von James Fenimore Cooper entwarf Pratt ein pralles Abenteuergarn vor dem Hintergrund der Indianerkriege im Neuengland des 17. Jahrhunderts. Nah an den historischen Tatsachen erzählte er eine epische und tragische Familiengeschichte aus einer Welt in der mit angeblichen Hexen sehr schnell kurzer Prozess gemacht wurde. Milo Manara – der später bei El Gaucho noch einmal mit Hugo Pratt zusammenarbeiten sollte – bebilderte die Geschichte mit klaren Zeichnungen, die ohne viele Worte auskommen.
Ein indianischer Sommer erschien erstmals 1983 in der ersten Ausgabe des italienischen Magazins Corto Maltese, bei uns veröffentlichte Carlsen die Geschichte drei Jahre später in zwei Alben und danach noch einmal als gebundene hochpreisige Gesamtausgabe im Schuber. Die präsentiert die Geschichte neu übersetzt und etwas kleinformatiger als die Carlsen-Ausgabe. Der schön aufgemachte Band enthält zusätzlich noch ein informatives und ansprechend illustriertes Vorwort.
Es war nicht unbedingt zu erwarten, dass ausgerechnet bei Panini – dem Verleger der eher an ein jugendliches Publikum gerichteten Serien von Marvel– und DC-Superhelden oder Klebebildchen – eine Werkausgabe von Milo Manara erscheint. Dieser hat zwar auch schon mit der Comiclegende Hugo Pratt (bei Ein indianischer Sommer, erscheint als Band 2 der Werkausgabe) zusammengearbeitet, ist jedoch ansonsten meist eher an der Darstellung unbekleideter Weiblichkeit als an interessanten Geschichten interessiert.
Doch wahrscheinlich (ver)führten die italienischen Wurzeln den in ganz Europa operierenden Verlag dazu dem in Südtirol geborenen Zeichner einen Exklusivvertrag anzubieten. Die Manara-Werkausgabe startet dann auch mit einem Band, wie er italienischer kaum denkbar wäre. Dokumentiert wird die sehr fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Milo Manara und der Kino-Legende Federico Fellini. In zwei auf nicht realisierten Filmentwürfen von Fellini basierenden Comicgeschichten spielt Manara äußerst phantasievoll mit Fellinis teilweise schon ikonischen Bilderwelten. In sinnlichen Bildern lässt er sowohl den Regisseur wie auch dessen filmisches Alter Ego Marcello Mastroianni auftreten.
Die Reise nach Tulum und Die Reise des G. Mastorna sind bei uns bereits bei Carlsen und Schreiber & Leser erschienen. Doch es besteht trotzdem kein Grund die alten Ausgaben einzumotten oder auf die neue Veröffentlichung zu verzichten. Die Reise nach Tulum liegt nun nicht wie zuvor bei Carlsen in blässlicher Kolorierung, sondern in klaren schwarzweißen Bildern vor.
Dafür fehlen einige Extras der Carlsen-Ausgabe wie Skizzen des auch als Zeichner sehr talentierten Fellini oder Manaras äußerst schöne Plakatentwürfe zu Intervista oder Die Stimme des Mondes. Die Panini-Ausgabe hingegen enthält Texte, Entwürfe und Illustrationen, die in den Erstveröffentlichungen fehlen. Doch von Manara kann man(n) ohnehin nicht genug bekommen, oder?
In Das große Abenteuer stellte Milo Manara mit Giuseppe Bergman eine leicht autobiografisch angelegte Hauptfigur vor, die auch noch im Zentrum von fünf danach entstandenen Geschichten wie Ein Autor sucht sechs Personen oder Ein Traum…. vielleicht… (folgt als “Manara Werkausgabe # 8) stehen sollte.
Das große Abenteuer heißt im italienischen Original H. P. e Giuseppe Bergmann und mit H. P. ist die italienische Comiclegende Hugo Pratt (Corto Maltese) gemeint mit der Manara anschließend noch bei Ein indianischer Sommer und El Gaucho zusammenarbeiten sollte. Manara hatte es auch Pratt zu verdanken, dass er Ende der Siebziger Jahre im französischen Comicmagazin (À Suivre) eine selbstgeschriebene Abenteuergeschichte veröffentlichen konnte.
Im Gegensatz zu Hugo Pratt fühlte sich Milo Manara nicht wirklich wohl im Abenteuer-Genre und thematisiert dies auch in seiner Geschichte. Lange bevor es das Wort Reality Soap gab, wird Giuseppe Bergmann von einem mit unbegrenzten finanziellen Mitteln operierenden Medienkonzern auf eine abenteuerliche Odyssee geschickt. Um die “kommerzielle Ausbeutung und den Vertrieb des Abenteuers“ kümmert sich ein mysteriöser Produzent, Bergman soll nur dafür sorgen, dass es spannend zugeht.
Manaras Geschichte ist unzweifelhaft ein Produkt der politisch bewegten und vom Terroismus geprägten 70er-Jahre. Manche der damals provokant gemeinten Situationen (Soll unser Held den behelmten Polizisten oder den vermummten Demonstranten abknallen?) wirken heute etwas aufgesetzt. Naiven politischen Idealismus verkneift sich Manara jedoch zum Glück und setzt sich sehr vielfältig mit der Frage auseinander ob “Abenteuer“ überhaupt noch möglich oder wünschenswert sind.
Bei seinen Bildern orientiert sich Manara weniger am genialen Minimalisten Hugo Pratt, sondern sehr viel stärker am Frühwerk von Moebius. Zum Glück veröffentlicht Panini Das große Abenteuer in Schwarzweiß. Zeichnerisch war Milo Manara nie besser als hier. Während er sich heute fast nur noch für das Zeichnen von nackten Damen zu interessieren scheint, erzählt er hier in kleinteiligen detailfreudig ausgestalten Panels eine spannende Geschichte.
Das sicher aus kommerziellen Gründen ausgewählte Cover von PaninisManara Werkausgabe wirkt gegenüber dem ursprünglichen Titelbild etwas plump, doch dafür enthält der Band als Bonus noch eine wunderschöne Galerie mit Manaras Interpretationen von Federico Fellini und seinen Filmen.
2007 feierten 30 Comic-Künstler in einem Hommage-Band den 80. Geburtstag von Albert Uderzo. Kurz vor Erscheinen des neuen Albums Die Tochter des Vercingetorix wird der Comic Asterix gefeiert, der vor 60 Jahren im Oktober 1959 in der ersten Ausgabe des Comic-Magazin Pilote seine Premiere erlebte. Während 2007 Brösels Werner zu den Gratulanten gehörte, sind diesmal mit Flix (Spirou in Berlin), Mawil (Lucky Luke sattelt um) und Sascha Wüstefeld (Das UpGrade) gleich drei deutsche Zeichner im Hommage-Band vertreten.
Wer nun glaubt diese Künstler wären nur in der deutschen Edition zu sehen, irrt sich gewaltig. Die französische Veröffentlichung, die den Titel Générations Astérix trägt enthält nicht nur die sehr gelungenen Asterix-Hommagen von Flix, Mawil und Wüstefeld, sondern ist mit 140 Seiten (gegenüber 64 Seiten bei Egmont) sehr viel umfangreicher. Enthalten sind noch 10 weitere Beiträge, wobei die nicht bei Egmont veröffentlichten Zeichnungen von Cosey (Auf der Suche nach Peter Pan) und Terry Moore (Strangers in Paradise) nicht gerade zu den Höhepunkten gehören.
Für die französische Ausgabe spricht die bessere Gliederung des Buches, so erzählen hierin auch viele der Zeichner was ihnen Asterix bedeutet und wir erfahren, dass Sascha Wüstefeld seinen Sohn Albert genannt hat. Doch auch die abgespeckte deutsche Version, deren Umfang an die Seitenzahl der Comic-Alben angepasst wurde und mittlerweile auch als preiswerte Softcover-Edition angeboten wird, enthält einige Höhepunkte der Comickunst.
Manche Künstler, wie etwa Fabrice Tarrin (Das Geheimnis des Zaubertranks) wollen in erster Linie zeigen, dass sie fast so gut wie Albert Uderzo zeichnen können, andere wie Francois Boucq (Bouncer) reizt es die Gallier in ihrem Stil zu Papier zu bringen. Es gibt nette Tribute-Zeichnungen etwa von Milo Manara (Der Mann aus Papier) oder Philippe Dupuy schildert seine Erstbegegnung mit dem Comic Asterix.
Mein persönlicher Favorit ist der zweiseitige Beitrag vom Duo Alain Ayroles & Junjo Guarnido (Blacksad), bei dem die Bilder mit den sehr eigenständig interpretierten Figuren, aber auch die Story überzeugen können. Asterix macht sich hier Sorgen, ob seine Abenteuer eines Tages vorbei sein werden. Doch Troubardix, der die Gallier immer wieder als sehr “fesselnd“ erlebt hat, spricht Mut aus: “Damit geht es Euch wie uns Künstlern mit der Inspiration. Am Ende stellt sie sich doch wieder ein.“ Wollen wir es hoffen…
Hier einige Impressionen von meinem Comic Café, das am Sonntag den 10. Februar 2019 im Münchner Werkstattkino stattfand.
Angoulême und Disneyland Paris
Auf dem Weg zur 46. Ausgabe des größten europäischen Comic-Festivals im französischen Angoulême schaute ich im Disneyland Paris vorbei.
Dort gibt es mittlerweile zwei Freizeitparks, die auch im Winter zahllose Attraktionen präsentieren. Geboten werden u. a. Johnny Depp in Piraten der Karibik, eine Reise durchs aktuelle Star-Wars-Universum sowie eine Leistungsshow französischer Stuntmen und auch die Marvel-Superhelden sind im Anmarsch.
Auch auf dem Comicfestival in Angoulême blieben kaum Wünsche offen.
Es gab beeindruckende Ausstellungen zu Milo Manara und zum Festival-Präsidenten Richard Corben.
Doch auch der 80. Geburtstag von Batman wurde mehr als gebührend gefeiert!
Zu Gast: ANDI PAPELITZKY
Geboren und aufgewachsen bei München, entdeckte Andi im Kommunikationsdesign-Studium seine Leidenschaft für Illustration und Animation. 2011 entstand als Abschlussarbeit der Stop-Motion Animationsfilm Basement Blues.
Als großer Comic-Fan und Film-Junkie zeichnet er außerdem neben der Arbeit als Grafikdesigner und Illustrator Independent-Comics, CD-Artworks und allerlei anderen Kram.
2014 erschien der erste Comic Band Der Punch – ein 140-seitiger Hörspielcomic für das gleichnamige Album der Band apRon. 2017 erschien der Bildband/Comic Auf dem Ponyhof, der abermals als Begleitwerk zur gleichnamigen apRon-Platte diente.
Sein neustes Projekt ist die Sci-Fi-Comic-Serie Bountilus, die vom Weltraumkapitän Nihil und seinen treuen Lieutenant Quattro handelt. Bei ihren Abenteuern an Bord des Weltraumtaxis Bountilus stolpern sie von einem Abenteuer ins nächste, erkunden fremde Welten, treffen auf skurrile Gestalten und lassen sich durch nichts und niemanden aus der Ruhe bringen.
Im Comic Café erzählte Andi, was der neuste Stand bei diesem galaktischen Projekt ist und wohin die Reise der Bountilus geht.
COMICS LESEN!
Fester Bestandteil des Programms ist die Expertenrunde “Comics lesen!“ die sich als Prüfstand für Neuerscheinungen versteht.
Regelmäßig und kontrovers diskutiere ich in lockerer Runde über aktuelle Comics. Diesmal waren Rainer Schneider (Comicaze), Michael Khambekar und der Comic-Zeichner Rolf Boyke zu Gast.
Diese Comics standen zur Debatte:
Timo Wuerz‘ BLACK METAL von 2001 liegt bei Popcom als prachtvolle Neuausgabe vor und hat nicht von seiner Wucht verloren.
Hier die Wertung:
Mit DOPPEL 7 erzählen Szenarist Yann und Comiczeichner André Juillard bei Salleck eine ebenso spannende wie dramatische Geschichte vor dem Hintergrund des Spanischen Bürgerkriegs.
Hier die Wertung:
Trickfilmklassiker – TWEETY & SYLVESTER!
Matthias Schäfer hat ausgewählte und besonders lustige Trickfilm-Klassiker mit dem Kanarievogel TWEETY und dem schwarzen Kater SYLVESTER vorgestellt.
Er erzählte auch die Geschichte hinter den seit 1942 bestehenden Konflikten zwischen Katz und Maus.
Danach fand wie immer ein gemütliches Beisammensein im Fraunhofer statt.
Die nächste Termine ist der 31. März 2019
Rolf Boyke hat wieder einen Cartoon zur Veranstaltung gezeichnet!
Es ist sehr erfreulich, dass Panini nach einer eineinhalbjährigen Pause die Manara-Werkausgabe fortführt. Im 17. Band sind zwei höchst unterschiedliche albumlange Geschichten des italienischen Erotik-Meisters enthalten, die in diesem Jahrtausend entstanden sind. Im Vorwort wird ein halbwegs plausibler Grund genannt, warum diese beiden Comics in einen gemeinsamen Band gehören.
Beide Geschichten hängen eng mit dem italienischen Kino zusammen. In Der goldene Esel hat Manara eine Geschichte des antiken Schriftstellers Apulcius unverkennbar in einem Stil adaptiert, der sofort an Filmbilder seines Freundes Federico Fellini aus Satyricon erinnert. Es gibt sogar einen Gastauftritt von Fellinis Stamm-Schauspielerin Magali Noël.
Die zweite Geschichte Pandoras Augen hat hingegen einen (etwas arg konstruierten) Bezug zum italienischen Regisseur Pier Paolo Pasolini (Die 120 Tage von Sodom). Dieser war einst der Literaturlehrer von Vincenzo Cerami, der wiederum zu einem erfolgreichen Drehbuchautor wurde. Cerami arbeitete häufig mit Roberto Benigni zusammen und für das gemeinsame Drehbuch zu Das Leben ist schön gab es eine Oscar-Nominierung.
Mit Pandoras Augen gelang Cerami eine recht spannende Geschichte um eine junge Frau, die von Frankreich nach Ankara entführt wird und dort erfährt, dass hinter der ganzen Sache ihr nach ihrer Geburt verschwundener tatsächlicher Vater stecken soll. Pandora als Hauptfigur ist zwar auch schön anzusehen, doch sie ist eine sehr viel aktivere und selbstbewusstere Protagonistin als die meisten weiblichen Figuren in den Comics von Manara.
Während es sich bei Pandoras Augen um einen im besten Sinne des Wortes konventionell erzählten sowie in Szene gesetzten (und von Francesco Gaston unspektakulär flächig kolorierten) Comic handelt, hat Manara Der goldene Esel als ganz großes Spektakel in Szene gesetzt. Geboten werden Fantasy, Orgien, Gladiatorenkämpfe und wohlfeile zumeist graue oder fleischfarbene Aquarellfarben. Erneut gelang Milo Manara ein Comic, bei dem das Betrachten mehr Spaß macht als die Lektüre.
Abgerundet wird der schöne Hardcover-Band durch ein Portfolio mit 10 ganzseitigen Illustrationen.
Der 16. Band von Paninis Manara Werkausgabe enthält gleich drei albenlange Geschichten, die zeigen, dass der italienische Star-Zeichner in allen Genres einsetzbar ist.
Der Höhepunkt ist zweifelsohne der 1982 von Milo Manara im Alleingang realisierte Western Mann aus Papier. Hauptfigur ist ein naiver junger Mann, der allerlei seltsame Abenteuer erlebt. Er trifft auf einen kauzigen englischen Offizier und einen noch seltsameren eigentlich sehr frommen älteren Herren, der bei Regen zum Berserker wird.
Am meisten beeindruckt ist der Jüngling jedoch von der attraktiven Indianerin Weißer Hase, die ihm scheinbar die kalte Schulter zeigt und neckisch Gelbhaar oder schlimmer noch “Mann aus Papier“ nennt. Der Grund hierfür ist, dass der junge Mann ein Foto seiner geliebten Gwendoline mit sich herumträgt. Weißer Hase zieht daraus die logische Schlussfolgerung, dass – weil Gelbhaar eine Frau aus Papier liebt – er selbst ein Mann aus Papier sein muss.
Mit spielerischer Leichtigkeit gelingt Manara eine ebenso spannende, wie skurrile und lustige Geschichte, die auch zeichnerisch zu seinen Meisterwerken gehört. Mann aus Papier entstand für den französischen Verlag Dargaud. Zu einer geplanten Fortsetzung kam es leider nicht, nachdem Dargaud von einer katholisch geprägten Verlagsgruppe übernommen wurde, die kein Interesse an Comics mit erotischen Frauen hatte.
Beim zweiten in diesem Sammelband enthaltenen Comic fungierte Manara nicht als Autor. Der Schneemensch ist eine von Alfredo Castelli (Die Gentlemen GmbH) geschriebene eher konventionelle (und schlimmer noch ganz ohne weibliche Hauptfiguren auskommende) Geschichte über eine Himalaya-Expedition, die 1978 für die italienische Comic-Serie Ein Mann ein Abenteuer entstand.
Den Abschluss des Bands bildet der 2002 von Manara geschriebenen und getexteten Comics Flucht von Piranesi.
Inspiriert wurde die Science-Fiction-Geschichte u. a. von Moebius und sollte, genau wie dessen Sternenwanderer, zunächst Werbung für ein Auto, in diesem Fall den “Mini“ machen. Daraus wurde dann doch nichts, aber was das verwirrende Storytelling betrifft (irgendwie geht es um Genmanipulation), kann Manara locker bei Moebius mithalten, allerdings ist auch sein Artwork nahezu ebenbürtig.
Abgerundet auch dieser Band der Werkausgabe durch interessante Texte und viele wunderschöne oft ganzseitige Illustrationen.
Bereits bevor er sich inDer schreckliche Papst dem selben Thema und der selben Epoche widmete, erzählte Alejandro Jodorowsky in der vierbändigen Serie Borgia von den Untaten und Intrigen der christlichen Würdenträger zu Zeiten der Renaissance. Zentrale Figur ist Rodrigo Borgia, der als Alexander VI. ab 1492 immerhin elf Jahre lang Papst war. Durchaus orientiert an historischen Tatsachen lässt Jodorowsky Rodrigo und seine Borgia-Sippe wie einen Mafia-Clan agieren.
Während Der schreckliche Papst vom ambitionierten Newcomer Theo (Caneschi) detailverliebt in Szene gesetzt wurde, konnte Jodorowsky für Borgia mit Milo Manara einen routinierten Zeichner gewinnen, der schon sehr häufig mit viel Liebe zum Detail sexuelle Exzesse zu Papier brachte. Wer noch einmal Manaras Frühwerke wie etwas Das große Abenteuer zur Hand nimmt, erlebt hier einen begnadeten leidenschaftlichen Zeichner. Manaras kontrastreiche Bilder brauchten keine Kolorierung um ihre volle Wirkung zu entfalten und waren auch dann wunderschön, wenn ausnahmsweise einmal kein nackter Frauenkörper im Bild war.
Borgia hat Manara hingegen ziemlich lässig und großformatig in Szene gesetzt. Die volle Wirkung entfalten seine Zeichnungen jedoch erst durch die stimmungsvolle Aquarellkolorierung. Jodorowskis Geschichte weidet sich eher an den geschilderten Untaten der Borgias als diese anzuprangern. Vom Glauben abfallen wird durch die geballte Ansammlung von Sex und Gewalt wohl kaum jemand, doch erfolgreich war das grobe Ganze schon.
Nachdem die einzelnen Bände von Borgia bei Kult Editionen zuvor teilweise bereits in zweiten Auflagen nachgedruckt wurden, legt Panini als 15. Band seiner Manara Werkausgabe eine schön aufgemachte Gesamtausgabe vor. Als Bonus sind ein interessantes Interview mit Manara sowie ein Portfolio mit den Titelbildern der einzelnen Alben sowie zusätzlichen Illustrationen enthalten.
Dieser vierzehnte Band der Werkausgabe erfüllt ganz sicher nicht die Erwartungen an einem Prachtband mit Comics des italienischen Star-Zeichners Milo Manara. Doch zu einer Werkausgabe gehört selbstverständlich auch das Frühwerk und bekanntlich ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Daher sei dieses Buch vor allem jenen Comicfreunden empfohlen, die sich für Manaras erste Versuche als Zeichner innerhalb der italienischen Fließband-Comicproduktion interessieren.
Von 1970 bis 1974 zeichnete Manara die erotischen Piraten-Geschichte Jolanda de Almaviva, die seinerzeit auf Deutsch im Freibeuter Verlag erschien, aber danach bei uns nicht wieder aufgelegt wurde. Der Comic basiert auf dem Buch Jolanda, die Tochter des schwarzen Kosaren des „italienischen Karl Mays“ Emilio Salgari (Sandokan).
Als Comicautor fungierte Roberto Renzi, der zuvor gemeinsam mit dem Zeichner Augusto Pedrazza den auch bei uns populären Dschungelhelden Akim schuf. Vorlage für die sehr oft unbekleidet agierende Hauptfigur war die Schauspielerin Senta Berger.
Manara musste damals alle vierzehn Tage mehr als 100 Comicseiten abliefern. Da der Comic im Taschenbuchformat veröffentlicht wurde, bestanden die Seiten jedoch nur aus jeweils ein bis zwei Panels. Auf den Seiten der Werkausgabe wurden jeweils meistens vier dieser Taschenbuchseiten platziert, ohne dass diese ummontiert und dem Format angepasst wurden. Einige besonders gelungene bzw. erotische Einzelseiten kommen jedoch großformatiger zum Abdruck. Dadurch entsteht ein etwas gewöhnungsbedürftiges Leseerlebnis.