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The Texas Chain Saw Massacre

Seit 2007 kümmert sich Turbine Medien darum, dass Tobe Hoopers in Deutschland zunächst 1978 mit vierjähriger Verspätung unter dem Titel Blutgericht in Texas gezeigter und danach indizierter Film The Texas Chain Saw Massacre der Öffentlichkeit wieder legal zugänglich gemacht wird. Dass dies nun nach langwierigen rechtlichen Auseinandersetzungen möglich ist wird von Turbine auf Blu-ray und 4K Ultra HD mit einer optimal aufgemachten Edition gefeiert, die auch zwei interessante Fortsetzungen ebenso optimal präsentiert.

Da die Mediabooks zudem noch exklusive Cover des von mir sehr geschätzten Comickünstlers Timo Wuerz (Black Metal, Ghost Realm) enthalten, kam ich um diese Veröffentlichung nicht herum. Timo schuf in letzter Zeit zu Filmen wie An American Werewolf in London, Candyman, Gwendoline oder Roger Cormans Die Verfluchten äußerst gelungene Blu-ray-Cover, die sich nicht vor den klassischen Filmplakaten von Renato Casaro verstecken müssen.

Ich hatte The Texas Chain Saw Massacre vor etlichen Jahrzehnten einmal als Video-Raubkopie gesehen und war nur mäßig beeindruckt. In Erinnerung blieb, wie Gunnar Hansen als Leatherface scheinbar angetrieben von einer knatternden Motorsäge eine junge Frau durch die texanische Wildnis jagte. Immerhin wirkte der Film auf mich ähnlich unangenehm, wie Stanley Kubricks Uhrwerk Orange und verursachte nicht unerhebliche Berührungsängste bezüglich einer zweiten Sichtung.

Doch nach Erhalt der Prachtedition von Turbine konnte ich nicht anders und musste mir den Film in allerbester Bildqualität ansehen. Noch vor Michael Myers in John Carpenters Halloween und Jason Voorhees in Freitag der 13. schuf Tobe Hooper mit Leatherface eine Horror-Ikone, die sich kettensägend durch zahlreiche Fortsetzungen metzelte. Zugleich gelang ihm aber auch eine Zustandsbeschreibung der (damaligen) USA, in der eine Gruppe naiver Hippies in die Fänge (und auf dem Speiseplan) einer völlig dysfunktionalen Familie geriet. Angesichts der ganzen Indizierungsversuche verwundert, dass Hooper die nicht eben wenigen Gewalttaten eher dezent und fast ohne Blut in Szene setzte, ihm aber dennoch zahlreiche verstörende Momente gelangen.

Obwohl Hoopers Film ein großer Erfolg war, sollte es zwölf Jahre dauern bis eine Fortsetzung in die (us-amerikanischen) Kinos kam. Der Weg dorthin war dornig, da Hooper – dank eines im wahrsten Sinne des Wortes mafiösen Produzenten – nicht die alleinigen Rechte an seinem Film hatte. Mit The Texas Chain Saw Massacre 2 drehte Hooper keine Fortsetzung, sondern eine wilde Komödie, in der sich sein Namensvetter Dennis Hopper als Texas Ranger Lefty Enright mit drei Kettensägen bewaffnet. Im heruntergekommenen Vergnügungspark Texas Battle Land tritt der Ranger zum Fechtduell gegen Leatherface an…  

Obwohl eher als Parodie angelegt, wurde die Fortsetzung von Hooper sehr viel blutiger in Szene gesetzt als der Erstling. Dies mobilisierte wieder jene staatlichen Stellen, die sich anmaßten zu entscheiden, was ihre Mitmenschen sehen dürfen. Besonders doll trieb es ein Staatsanwalt in München, der im dortigen Werkstattkino eine Kope von The Texas Chain Saw Massacre 2 (oder was er dafür hielt) beschlagnahmte. Ausführliche Infos hierzu liefert das hervorragend von Tobias Hohmann zusammengestellte Turbine-Booklet, das auch ein sehr interessantes Interview mit dem damaligen Vorführer und heutigen Werkstattkino-Leiter Wolfgang “Wolfi“ Bihlmeier enthält.

Im Laufe der letzten Jahrzehnte entstanden sieben weitere mehr oder weniger interessante Fortsetzungen, in denen spätere Stars wie Viggo Mortensen, Matthew McConaughey oder Renée Zellweger in ersten Hauptrollen zu sehen waren. Turbine hielt das 2017 entstandene Pequel Leatherface für würdig, um als dritter Kettensägen-Film Aufnahme in diese Reihe zu finden und mit einem Cover von Timo Wuerz gewürdigt zu werden.       

Insgesamt ist dies keine schlechte Wahl, denn basierend auf einem intelligenten Drehbuch von Seth M. Sherwood gelang dem französischen Regie-Duo Julien Maury und Alexandre Bustillo ein in den Fünfzigern angesiedelter erstaunlich sensibler Einblick in die Kindheit des Titel-“Helden“. Für den Film sprechen auch die im wahrsten Sinne des Wortes beängstigend guten darstellerischen Leistungen von Lily Taylor als Outback-Mutter-Monster und Stephen Dorff als rachsüchtigen Texas Ranger. Schade, dass die restlichen Fortsetzungen deutlich schwächer ausgefallen sind.

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The Texas Chainsaw Massacre

Würde man George A. Romeros Night Of The Living Dead von 1968 als den Vorläufer des modernen Horrorfilms bezeichnen, dann wäre Tobe Hoopers The Texas Chainsaw Massacre von 1974 quasi die Gussform. „Night“ war zwar zuerst da und zeigte uns Dinge, die vorher noch nie in einem Film zu sehen waren, doch der in einem expressionistischen und kontrastreichen Schwarzweiß gehaltene Film hat keine Chance gegen die magenschwingende Wucht des grobkörnigen und in Farbe daherkommenden TCM. Dieser Film war damals ein Skandal und wurde mit Taglines wie „Once you stop screaming, then you’ll start talking about it.“ beworben. Der Film definierte aber auch die Regeln, die noch heute für das Genre gelten. 

Tobe Hooper studierte Film und Drama. Er schlug sich Anfang der Siebziger als Lehrer durch, drehte aber auch Kurzfilme und Dokumentationen fürs Fernsehen. Sein erster Spielfilm Eggshells (1969) erzählt von einer Hippie-Kommune und fand keinen Verleiher. Daher wandte sich Hooper einem vielversprechenden neuen Genre zu: Dem erst ein Jahr zuvor mit The Last House On The Left entstandenen „Terrorfilm“. Schon in „Last House“ (vom Regiekollegen Wes Craven) kommt eine Kettensäge zum Einsatz. Dass Tobe Hooper sich davon inspirieren ließ, kann nur vermutet werden. Wie auch immer, der Film, der dabei herauskam – ursprünglich den Arbeitstitel Head Cheese trug, komplett mit Amateurschauspielern besetzt wurde und mit einem Gesamtbudget von circa 80.000 US-Dollar entstand – sollte sich über die Jahre hinweg zu einem Kultfilm entwickeln. 

Worum es geht, dürfte bekannt sein: Eine Gruppe von fünf jungen Leuten macht im Kleinbus einen Ausflug ins ländliche Texas. Dabei geraten sie an eine Kannibalen-Familie, die die Gruppe nach und nach dezimiert, bis nur noch das „Final Girl“ übrigbleibt. Zwar lebendig, doch innerlich zerstört. Der Film entstand im Sommer 1973 unter widrigsten Umständen. Die Dreharbeiten, insbesondere die 26 Stunden andauernden Aufnahmen zur legendären „Dinner Scene“ wurden durch extreme Hitze und verfaulende Kadaver für die Darsteller zur Tortur. Vielleicht ist dadurch der zunächst eher unbeabsichtigte „Dokumentarfilm-Look“ zu erklären, denn der Film kommt ohne Spezialeffekte und – bis auf ein paar akustische Spielereien – auch ohne Filmmusik aus.

Weltweit – vor allem bei uns in Deutschland – hatte der Streifen jahrzehntelang mit der Zensur zu kämpfen und ist bei uns erst seit 2008 (dank des Einsatzes von Turbine Medien) wieder ungeschnitten erhältlich. Doch die grausigsten Bilder entstehen ohnehin im Kopf. Als zu Beginn des Films ein mitgenommener Anhalter, der sich als psychisch gestört entpuppt, in die eigene Hand schneidet, hallt dieser (sichtbare) Schockeffekt noch lang nach, auch nachdem der Aggressor aus dem Bus geworfen wurde. Eine der wenigen weiteren sichtbaren Splatterszenen kommt erst gegen Ende des Films, als “Leatherface“ sich aus Versehen mit der Kettensäge ins eigene Bein sägt. Ähnlich wie beim 14 Jahre zuvor entstandenen Hitchcock-Klassiker Psycho mit seiner legendären Duschszene, wurde auch bei TCM hauptsächlich sehr geschickt mit Andeutungen gearbeitet. 

Tobe Hooper setzt alles auf die eindringliche und vor allem in der Schlussszene höchst überzeugende Kameraarbeit von Daniel Pearl, bei der auch noch das letzte kleine Blutgefäß in den aufgerissenen Augen der gepeinigten Sally zu sehen ist. Marylin Burns überzeugt ebenfalls als traumatisierte Überlebende und tritt die würdige Scream Queen-Nachfolge von Fay Wray (King Kong) an. Viel wurde schon in diesen Film hineingedeutet: Vietnam-Krieg, Ende der Hippie- Ära, etc. Fakt ist: Bei den Filmfestspielen von Cannes wurde Tobe Hooper nach der Vorstellung vom Publikum als Faschist beschimpft. Gleichzeitig bekennen sich Prominente wie Steven Spielberg und Stephen King als erklärte Fans des Streifens. Es folgten etliche Fortsetzungen, Pequels und Neuverfilmungen. Außerdem verfilmte Hooper Stephen Kings Brennen muss Salem und wurde bei Steven Spielbergs Poltergeist als Regisseur genannt, doch das sind andere Geschichten…

Matthias Schäfer

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