Wally Wood war ganz gewiss einer der faszinierendsten Comickünstler des letzten Jahrhunderts. Der All Verlag präsentierte in drei hervorragend zusammengestellten Bänden bereits alle Science-Fiction & Fantasy Storys, die Wood ab 1950 für die EC-Comics zeichnete. Immer noch faszinieren seine Bilder von außerirdisch schönen Frauen und tollkühnen Raumfahrern, deren Helme wie umgedrehte Goldfischgläser aussehen.
Doch Wood war auch ein Meister des humoristischen Comics. Zusammen mit Jack Davis, John Severin und Will Elder hat er die ersten 23 von Harvey Kurtzmans anfangs noch als Comicheft konzipierten Ausgaben des Satire Magazins MAD nahezu im Alleingang gezeichnet. Wood veralberte hier Comichelden wie Superduperman! oder Hal Fosters Prinz Eisenherz als Prince Violent.
Wally Wood verwendete Teile seiner Zeichnung etliche Jahre später noch einmal zweckentfremdet. 1981 erschien im Magazin Gang Bang # 2 unter dem Titel Prince Violate by Hard Farter eine Eisenherz-Parodie, auf deren ersten Seite Wood zwei Panels seiner Seite 1762 verwendete und eines davon so umgestaltete, dass Eisenherz bzw. Prinz Violate jetzt beim Onanieren zu sehen ist.
Diese Parodie ist unter dem Titel Prinz Eisenhart in einem Buch enthalten, in dem der All Verlag – quasi als Ergänzung zu seiner Veröffentlichung der Science-Fiction & Fantasy Storys – die erotische Kunst von Wally Wood präsentiert. Da die enthaltenen Beiträge chronologisch angeordnet sind, ist hier nachzuvollziehen, wie Wood anfangs nur sehr gelegentlich den Bereich “Herrenwitze“ bediente.
„Guten Morgen, Ed. Ist meine Frau da? Die deine möchte mit ihr reden.“
Der vollausgelastete Wood zeichnete in den 50er-Jahren einige wenige Cartoons für Herrenmagazine, die auch gut in den Playboy gepasst hätten. 1965 gestaltete Wood parallel zu seiner Arbeit an Marvels Daredevil ein Marquis de Sade Malbuch, sowie für das Männermagazin Cavalcade einige “Far-Out Fables“, die der All Verlag treffend als “maßlose Märchen“ übersetzt hat.
In den 70er-Jahren zeichnete Wood interessante Underground-Comics wie My Word aber auch plumpe Cover für das Magazin Screw und die nicht sonderlich originelle Erotik-Serie Sally Forth. Bei einigen wenigen Höhepunkten, wie den deftigen Parodien zu Alice im Wunderland, Disneys Schneewittchen und die sieben Zwerge oder Der Zauberer von Oz (mit dem 1939 eigentlich für die Titelrolle vorgesehenen W. C. Fields) blitzt gelegentlich noch Woods zeichnerische Meisterschaft durch.
Dieser Druck öiegt der auf 111 Exemplare limitierte Vorzugsausgabe bei
Doch nach mehreren Schlaganfällen und nachdem er auf dem linken Auge erblindet war, nahm Wally Wood sich 1981 im Alter von nur 54 Jahren das Leben. Sein in diesem Buch enthaltenes Spätwerk hat meist einen sehr traurigen Beigeschmack. Trotzdem ist es wichtig, dass auch diese oft recht finstere Phase – in der die wenigen Highlights umso stärker strahlen – in einer fundiert kommentierten Ausgabe zum Abdruck kommt.
Es ist vollbracht, Prinz Eisenherz ist in der Gegenwart angekommen. Bocola veröffentlicht Hal Fosters 1937 gestartete Serie in einer weltweit einzigartigen Edition und optimiert bei Neuauflagen teilweise auch noch die Reproduktion der prächtigen Sonntagsseiten. Seit 2006 sind bei Bocola 17 Bände mit jeweils zwei Jahrgängen der vom Eisenherz-Schöpfer Foster gezeichneten und geschriebenen 1.788 Comic-Seiten erschienen.
In 17 weiteren Hardcover-Ausgaben wurden fast ebenso viele von John Cullen Murphy verantwortete Eisenherz-Seiten veröffentlicht. Im März 2004 übernahm Gary Gianni das Artwork der Ritterserie, hielt jedoch nur acht Jahre durch, bevor er 2012 von Thomas Yeates abgelöst wurde. Dieser erweitert das Epos auch heute noch Woche für Woche um eine prächtige Seite. Zeitnah zum “Eisenherz-Jahresabschluss“ 2020 präsentiert Bocola die in den letzten beiden Jahren in Zeitungen abgedruckten Seiten.
Seite vom 6.1.2019
Die Texte stammen von Mark Schultz, der zuvor auch schon mit Gianni zusammenarbeitete. Extra für Bocola hat Yeates das auf jeder Zeitungseite oben links platzierte Prince-Valiant-Logo entfernt, um dadurch nicht den Blick auf sein Artwork zu versperren. Lediglich auf der Eisenherz-Seite vom 6.1.2019, die diesen Band eröffnet ist noch das Logo der Serie zu sehen. Nach dem Tod des langjährigen Übersetzers Wolfgang J. Fuchs hat Uwe Baumann diese Aufgabe übernommen. Ihm gelingt es die einleitenden Rückblendungs-Texte der Zeitungsseiten so zu glätten, dass dadurch der Lesefluss nicht beeinträchtigt wird.
Thomas Yeates schaft es zwar nicht immer die Hauptfigur überzeugend zu Papier zu bringen, doch er bereichert die Saga durch interessante neue Protagonisten. Seine Grafik ist sehr viel weniger kleinteilig als dies bei Foster – trotz seines beeindruckenden Detailreichtums – der Fall war. Yeates kann immerhin mit interessant eingesetzten Schwarzflächen und manchmal recht knalligen Farbgebung punkten.
Mark Schultz hingegen gelingt es ähnlich episch und abwechslungsreich wie Foster zu erzählen. Er setzt weiterhin auf starke weibliche Hauptfiguren und erzählt, wie Eisenherz‘ Gattin Aleta der Königin Makeda hilft, eine souveräne Monarchin zu werden. Die auf den Nebelinseln beginnende Geschichte wird in der nordafrikanischen Wüste hochdramatisch fortgeführt und verwandelt sich danach an der Küste Britanniens in einen Mystery-Thriller. So kann es gerne die nächsten acht Jahrzehnte weitergehen!
Nachdem John Cullen Murphy 1971 Hal Foster die Zeichenarbeit bei Prinz Eisenherz abnahm, nahm auch die Qualität der Serie ab. Dies geschah allerdings schleichend und daher ist es durchaus zu begrüßen, dass Bocola in gleicher Aufmachung wie bei der Prinz Eisenherz – Hal Foster Gesamtausgabe in fünf Bänden jene Sonntagsseiten veröffentlicht, die Murphy unter der Oberaufsicht von Foster gestaltete.
Der erste Band beginnt mit einem hochinteressanten Vorwort vom Übersetzer Wolfgang J. Fuchs, der John Cullen Murphy häufiger getroffen und auch interviewt hatte. Die zugehörigen Abbildungen belegen, dass Murphy, der bei Norman Rockwell gelernt hatte, in der Tat ein hervorragender Zeichner war.
Wer sich das Artwork aus Murphys Zeitungscomic um den Boxer Big Ben Bolt ansieht, kann durchaus verstehen, warum Hal Foster ihn anstelle der ebenfalls getesteten Zeichner Gray Morrow und Wally Wood zu seinem Nachfolger ernannte.
Vorzeichnung von Hal Foster
Recht aufschlussreich sind die vier abgedruckten erstaunlich detailliert ausgeführten vorgezeichneten Seiten von Hal Foster, die belegen, wie stark sich dieser weiterhin in die Serie einbrachte und wie exakt Murphy den Vorgaben folgte.
Da die Geschichten in den ersten Murphy-Jahren, Ende der 70er-Jahre übernahm dessen Sohn Cullen das Texten, weiterhin von Foster stammten, sind Eisenherz‘ Abenteuer in diesem Sammelband ebenso spannend wie amüsant.
Was kaum einer für möglich gehalten hat, ist vollbracht. Die 2006 von Bocola gestartete Prinz Eisenherz – Hal Foster Gesamtausgabeliegt bereits sechs Jahre später komplett vor.
In 17 teilweise schon neu aufgelegten Bänden wurde die Serie in einer weltweit konkurrenzlosen Qualität sorgfältig restauriert und koloriert, komplett bis hin zu der letzten von Hal Foster gezeichneten Seite 1788 veröffentlicht.
Hal Fosters letzte Eisenherz-Seite
Noch einmal zeigt Hal Fosters seine Meisterschaft im Erzählen von größeren und kleineren Abenteuern rund um die Familie der Prinzen und ihren im Laufe der Jahrzehnte beständig wachsenden Freundeskreis. Bemerkenswert ist auch wie selbstverständlich und ohne falsches Mitgefühl Foster körperlich behinderte Figuren, wie den Bootsbauer Gundar Harl oder den Dichter Geoffrey, in die Erzählung integriert.
Seite 1757 von Gray Morrow
Dokumentiert ist im – diesmal von Andreas Platthaus eingeleiteten – 17. Band auch Hal Fosters Suche nach einem neuen Zeichner für Prinz Eisenherz.
Seite 1762 von Wally Wood
Hal Foster ließ 1970 Gray Morrow und Wally Wood die Seiten 1757 bzw. 1762 zeichnen und veröffentlichte diese auch innerhalb der Serie. Wood hatte sich zuvor schon am edlen Ritter versucht und diesen 1954 als Prince Violent in der 14. Ausgabe des seinerzeit noch als Comicheft erscheinenden Satiremagazins MAD veralbert.
Nachdem Wood nicht den Zuschlag als Eisenherz-Zeichner bekommen hatte, sollte er etliche Jahre später Teile seiner Zeichnung noch einmal zweckentfremdet verwenden. 1981 erschien im Magazin Gang Bang # 2 unter dem Titel Prince Violate by Hard Farter eine Eisenherz-Parodie auf deren ersten Seite Wood zwei Panels seiner Seite 1762 verwendete und eins davon so umgestaltete, dass der Prinz jetzt beim Onanieren zu sehen war.
Hal Foster entschied sich gegen Wood und Morrow. Er wählte John Cullen Murphy, der die Seite 1760 gestaltet hatte und Prinz Eisenherz 1971 übernahm. Doch Murphy gab sich leider nur sehr kurze Zeit große Mühe Fosters hohes gestalterisches Niveau zu halten.
Seit dem 13. Februar 1937 erscheint allwöchentlich eine weitere Seite mit den Abenteuern von Prinz Eisenherz. Der Leser konnte miterleben, wie der junge Adlige aus Thule auszog und es schaffte Ritter der Tafelrunde zu werden, sowie seine geliebte Aleta zu erobern. Mittlerweile ist er mehrfacher Familienvater und oft steht sein Sohn Arne stärker im Zentrum des Geschehens als der Titelheld.
Geschaffen wurde die Figur von Hal Foster, dessen unglaublich detailreichen Zeichnungen ebenso faszinieren, wie sein Talent die epische Saga mit humorvollen oder auch nachdenklich machenden Episoden auszuschmücken. Der vorliegende Band erzählt von der ersten tragischen Liebe des noch jungen Helden zur schönen Ilene und ist der Start einer optimal aufgemachten Gesamtausgabe.
Bocola
In 17 Hardcover-Bänden werden alle 1788 Prinz Eisenherz-Seiten präsentiert, die Hal Foster bis 1971 gezeichnet hat. Auch der von Fosters noch selbst ausgewählte Nachfolger, der mittlerweile ebenfalls verstorbene John Cullen Murphy, sowie die danach von Gary Gianni und Thomas Yeates gestalteten Geschichten kommen in dieser optimalen Form zum Abdruck.
Carlsen
Da die Kolorierung der Carlsen-Ausgabe (und schon gar nicht die entsetzlichen Rot- und Grüntöne der Pollischansky-Edition) nicht so recht überzeugen konnte, hielten viele Eisenherz-Fans die mit nur einer Schmuckfarbe kolorierte Version aus Primo oder die ganz auf Farbe verzichtende Edition des Melzer Verlags für die bestmögliche Veröffentlichungsform.
Das hat sicher seine Berechtigung, denn ein Abdruck in Schwarzweiß zeigt was für ein begnadeter Zeichner Hal Foster war. Doch auf den Sonntagseiten der US-Zeitungen wurde Prinz Eisenherz in Farbe abgedruckt und viele Details verschwinden, wenn auf die Kolorierung verzichtet wird.
Pollischansky
Der Bocola Verlag hat den Comic digital restauriert, so “dass die Farben so aussehen, wie sie damals im Idealfall hätten aussehen können.“ Verwendung fanden hierzu sowohl sorgfältig ausgewählte US-Zeitungsseiten als auch auf das persönliche Archiv von Hal Foster.
Bocola
Hal Foster hat zwar wenig Wert darauf gelegt, seine sehr großen Originalzeichnungen zu behalten, doch er bewahrte von fast allen Seiten Andruckexemplare auf. Diese Blätter dienen als Referenz dazu, sowohl die Zeichnung als auch die Farben optimal wiederzugeben und befinden sich heute im Besitz der Syracuse University.
Das Abenteuer beginnt am 13. Februar 1937
Bocola hat auf der Grundlage von möglichst gut gedruckten Zeitungsseiten und Fosters gesammelten Andrucken das Erscheinungsbild des Comics so gut wie möglich rekonstruiert. Die Resultate dieser Fleißarbeit kamen teilweise sogar in der bei Fantagraphics Books erscheinenden US-Ausgabe von Prince Valiant zum Abdruck.
Doch nachdem Hal Fosters Prinz Eisenherz komplett bei Bocola erschienen ist, war die Arbeit noch lange nicht beendet. Für Neuauflagen – Band 1 wurde bereits viermal nachgedruckt – wurde erneut restauriert, damit die Feinheiten von Hal Fosters Zeichenkunst noch besser zur Geltung kommen.
Auch neue Erkenntnisse in der “Eisenherz-Forschung“ fließen in die Gesamtausgabe ein. Bemerkenswert war die Entdeckung einiger Eisenherz-Originalseiten von Hal Foster aus dem Jahre 1943, die mit einem Kopfbalken versehen waren, jedoch in den Zeitungen in anderer Form zum Abdruck kamen. Bocola-Herausgeber Achim Dressler war zuvor bereits aufgefallen, dass das Erscheinungsbild dieser Seiten “ziemlich unharmonisch, fast schon hölzern wirkt“.
Sonntagsseite vom 20.6.1943 aus Bocolas 1. Auflage
Dies liegt daran, dass im oberen Seitenbereich “auf recht unbeholfene Art das Layout nachträglich verändert“ und “zahlreiche Panels einfach verlängert“ wurden. Daher hat Bocola in der dritten Auflage von Band 4 der Gesamtausgabe sechs Seiten (332 bis 337) “so restauriert, wie Hal Foster sie ursprünglich gezeichnet hat.“
Sonntagsseite vom 20.6.1943 aus Bocolas 3. Auflage
Dieser Aufwand mag übertrieben erscheinen, doch wenn es eine Comicserie verdient hat, so optimal wie möglich präsentiert zu werden, dann ist dies zweifelsohne Prinz Eisenherz von Hal Foster!
In Der eiserne Thron, der letzten Folge der Fantasy-Serie Game of Thrones wird nach heftigem Schlachtengetümmel darüber beraten, wie es weitergehen soll mit den Königreichen. Samwell Tarly, ein zwar schrulliger aber mutiger und vor allem belesener Charakter schlägt Demokratie als Konzept für die Zukunft vor, erntet aber nur Gelächter. Auch Prinz Eisenherz ist sehr skeptisch, nachdem in der mit seiner Hilfe von der Tyrannei befreiten Grafschaft Lockbramble nicht wieder der Adel, sondern das Volk an die Macht kommt.
Auf Anraten seines ebenso lebensfrohen wie auch pragmatischen Kumpanen Ritter Gawain – der ein Auge auf die mit Pfeil und Bogen tätige Freischärlerin Rhoda geworfen hat – lässt Eisenherz den Lockbramblern ihr Utopia und beschließt am Hofe von König Artus darüber zu schweigen. Diese Anfang 2013 auf den Zeitungs-Comicseiten vom Team Thomas Yeates & Mark Schultz praktizierte Fortschrittlichkeit steht durchaus in der Tradition von Hal Foster, dem 1982 verstorbenen Schöpfer von Prinz Eisenherz.
Mark Schultz hatte zuvor schon den – nach John Cullen Murphy – dritten Eisenherz-Zeichner Gary Gianni mit Texten versorgt und tat dies auch bei Thomas Yeates, der die Traditionsserie am 1. April 2012 auf Seite 3921 quasi von heute auf morgen übernommen hatte. Yeates fand sich schnell zurecht und eins der Leitmotive der jetzt wieder auf epischere Handlungsbögen setzenden Serie sind starke Frauen, wie die schlagkräftigen Sirenen in diesem Band. Weibliches Selbstbewusstsein bekommt auch der Druide Cormac zu spüren, als dessen Gattin – Eisenherz‘ Tochter Valeta – mitten auf einer stürmischen Seefahrt vor versammelter Wikinger-Mannschaft die Ehe für beendet erklärt.
Der Grafik von Yeates ist anzumerken, dass sich diese zwar auch für das klassische Hochformat als ganze Zeitungsseite eignet, doch eher für eine halbseitige Veröffentlichung konzipiert wurde. Unerreicht bleibt der Detailreichtum Fosters, doch Yeates kann immerhin mit interessant eingesetzten Schwarzflächen und einer gelegentlich überraschenden Farbgebung punkten. Es ist sehr erfreulich, dass wir dank Bocolas optimal aufgemachter Gesamtausgabe auch in den Genuss der aktuellen Eisenherz-Geschichten kommen.
2011 hatte Prinz Eisenherz innerhalb seiner Traditionsserie eine bemerkenswerte Begegnung, die eigentlich den vom Gründervater Hal Foster abgesteckten Rahmen des Möglichen sprengte. Gemeint ist nicht der kurze Gastauftritt von zwei Rattenfängern, die wie Stan Laurel und Oliver Hardy aussehen.
Viel ausführlich zelebrieren Zeichner Gary Gianni und Texter Mark Schultz das Aufeinandertreffen von zwei legendären Comic-Helden. Nach einem Unwetter wurde in der mittelalterlichen Welt von Prinz Eisenherz urplötzlich ein blonder Recke aufgefunden. Dieser ist dem Prinzen ein Dorn im Auge, da der Schönling eine gemeinsame Vergangenheit mit seiner Gattin Aleta hatte.
Mark Schultz hat der Königin der Nebelinsel Hexenkräfte angedichtet, die in den Geschichten von Hal Foster niemals thematisiert wurden. Bei einer Zauberei landete Aletas Bewusstsein plötzlich “an einem anderen Ort, einer Art Unterwelt verlorener Seelen“. Dort wurde sie von einer “bösartigen Wesenheit der äußersten jenseitigen Bezirke“ attackiert und von jenem mysteriösen blonden Fremdling gerettet.
Seitdem hat Aleta dem guten Mann den Namen St. Georg der Drachentöter verpasst. Comic-Freunden dürfte doch schon recht bald klar werden, wer dieser Fremde ist. Sein Aussehen lässt gelegentlich an den Schauspieler Buster Crabbe denken, der Alex Raymonds legendären Comic-Helden Flash Gordon in den 30er Jahren in einer Filmreihe verkörperte. Auch dass der junge Mann gerne einen Stern auf der Brust trägt und auftauchte, nachdem ein Blitz einschlug, sind Indizien dafür, dass es sich um jenen Raumfahrer handelt, der anfangs in Deutschland seine galaktischen Abenteuer korrekt übersetzt als “Blitz Gordon“ erlebte.
Der Fremdling verschwindet aus dem Comic nachdem erneut ein Blitz eingeschlagen war. Zwei Comicseiten später ist noch jemand verschwunden, denn Gary Gianni verabschiedet sich auf Seite 3920 als Zeichner von Prinz Eisenherz. Insgesamt brachte Gianni in 8 Jahren etwas mehr als 400 Seiten mit ritterlichen Abenteuern zu Papier, während es seine Vorgänger Hal Foster und John Cullen Murphy jeweils mehr als 1.700 Seiten zeichneten. Gianni überraschte immer wieder durch den Einsatz von aufwändigen Schraffuren, die mal mehr und mal weniger zur Traditionsserie passten.
Giannis amtierender Nachfolger wurde am 1. April 2012 Thomas Yeates, der etwas konventioneller zeichnet. Texter ist Mark Schultz geblieben, der den Fantasy-Anteil etwas zurückfuhr. Yeates eröffnet seinen Eisenherz-Run mit einer recht lebendig in Szene gesetzten Nacherzählung der ersten Begegnung von Eisenherz und Aleta.
Es ist zu begrüßen, dass auch diese interessanten Comic-Momente in Bocolas optimal präsentierten Werkausgabe von Prinz Eisenherz miterlebt werden können.
Als Zeichner hat John Cullen Murphy nicht wie sein Vorgänger Hal Foster nach absoluter Perfektion gestrebt. Dennoch sind auch die von ihm gestalteten Prinz-Eisenherz-Comics mehr als lesenswert und haben sich so gut gehalten, dass bei der Lektüre völlig in Vergessenheit gerät, dass die Geschichte ursprünglich in wöchentlichen Fortsetzungen veröffentlicht wurden.
Die von Murphys Sohn Cullen, der mittelalterliche Geschichte studiert hat, geschriebene Geschichte lässt sich mit viel Vergnügen in einem Rutsch lesen und hat einen erstaunlich langen Atem. So sieht es am Ende des Eisenherz-Jahrgangs 1998 (zu finden in Band 14 von Bocolas Murphy-Gesamtausgabe) ganz schön finster aus für die Ritter der Tafelrunde. Einem Heer von Barbaren gelang es Camelot zu erobern, König Arthus ging in den Kriegswirren verloren und die überlebenden Ritter mussten ins Exil, in die alte modrige (aber sehr geschichtsträchtige) Burg Tintagel.
Der Eisenherz-Jahrgang 1999 beschreibt anfangs wie es König Arthus, der zuvor als Tagelöhner durch die einst eigenen Lande zog, gelingt unerkannt ins besetzte Camelot zu gelangen und dort zum Berater des Barbaren-Herrschers Ethelbert zu werden. Dieser hochinteressante Handlungsstrang wird unterbrochen und findet erst Ende 2000 (also auf den letzten Seiten dieses Bandes) seine Auflösung.
Zwischendrin zeigen die Murphys, dass die Abenteuerlust von Prinz Eisenherz auch nicht durch das Exil in Tintagel gebremst wird. Um einer schönen Dame zu helfen, bricht der Prinz zusammen mit Ritter Gawain zu einer Mission nach Island auf. Dort gilt es eine Intrige zu verhindern, die einen potentiellen Tyrannen an die Macht bringen soll. Diese spannende Geschichte ist verknüpft mit der ergreifenden Beschreibung des Schicksals des “Namenlosen“, bei dem es sich um den letzten Neandertaler handelt. Wenn hier auf wenig mehr als zwei Seiten das Schicksal der ausgestorbenen Urzeitmenschen geschildert wird, zeigt sich einmal mehr was für ein großartiges Epos Prinz Eisenherz ist und wie erfreulich es ist, das endlich eine optimal aufgemachte Gesamtausgabe vorliegt.
Ganz hat er es nicht geschafft, sein großes Vorbild einzuholen. Am 14. März 2003 erschien in den US-amerikanischen Zeitungen die letzte von John Cullen Murphy gezeichnete Seite der Comic-Serie Prinz Eisenherz. Insgesamt zeichnete Murphy 1713 Seiten mit ritterlichen Abenteuern. Zuvor assistierte er Hal Foster, der Prinz Eisenherz 1937 in die Welt setzte und bis 1971 insgesamt 1788 Seiten der Saga zu Papier brachte.
Während Foster noch eine Weile die Texte für John Cullen Murphys Eisenherz-Comics schrieb, zog sich der 84-jährige Murphy komplett von der Serie zurück und starb am 2. Juli 2004. Sein Sohn Cullen Murphy war jedoch noch bis Ende 2003 weiter als Autor für Prinz Eisenherz tätig. Diese spannende Phase wird in Band 17 der optimal präsentierten Eisenherz-Gesamtausgabe des Bocola Verlags dokumentiert.
Nachfolger von John Cullen Murphy wurde Gary Gianni, der bereits nach wenigen Seiten innerhalb der Serie ein großes aufwändiges Gruppenbild präsentierte, das zeigte wie König Arthus sein Amt niederlegte und durchaus als Würdigung von Murphys Lebenswerk verstanden werden kann. Danach setzte Gianni erschreckend oft riesige meistens nicht sonderlich detailliert ausgeführte Panels ein. Foster und Murphy hatten dies nur gemacht, wenn es innerhalb der Geschichte auch Anlass für “Panorama-Bilder“ gab.
Doch bei Gary Gianni bestand eine einzelne Comic-Seite oft lediglich aus drei Bildern, was angesichts der nur noch sehr geringen Größe, in der US-Zeitungen die Comics mittlerweile veröffentlichen, durchaus verständlich war. Doch mit den detailreich und meisterlich ausgeführten Comic-Seiten eines Hal Fosters haben die groben Zeichnungen von Gianni nur noch wenig gemein.
Es wurde auch nicht besser als ab 2005 Mark Schultz die Texte zu Prinz Eisenherz verfasste. Dieser ist auch ein durchaus talentierter Zeichner und genau wie in seiner Serie Xenozoic Tales, die auch als Cadillacs and Dinosaurs bekannt ist, konfrontierte er zukünftig die Familie Eisenherz immer wieder mit gewaltigen Ungeheuern. Dies hatte Hal Foster zwar in der Frühzeit der Serie auch getan, doch durch die Häufung von Fantasy-Elementen bekam Prinz Eisenherz fortan eine völlig andere Ausrichtung.
Dennoch ist es sehr erfreulich, dass Bocola am Ball bleibt und in absehbarer Zeit eine prachtvolle deutsche Eisenherz-Gesamtausgabe komplett vorliegen bzw. alle zwei Jahre ergänzt wird.
Genau wie Hal Foster gelingt es auch John Cullen Murphy, der von seinem Sohn Cullen als Autor unterstützt wurde, die Saga vonPrinz Eisenherz so fortzuführen, dass sich zwar ständig etwas ändert, doch die Hauptfigur davon nicht wirklich betroffen ist.
Auch in den Jahrgängen 1993 und 1994 sind es stärker die Kinder von Eisenherz, aber auch von dessen Erzfeind Mordred, deren Leben sich drastisch wandelt. So ist Eisenherz‘ Sohn Prinz Arn schon eine Weile mit Mordreds Tochter Maeve verheiratet. Auf seinen Reisen wird Prinz Eisenherz bei seinem Kämpfen gegen Aberglauben auch mit dem Druiden-Priester Cormac konfrontiert, der sich zu seinem eigenen Entsetzten als Sohn Mordereds (und Zwillingsbruder von Maeve) entpuppt. Erschwerend, doch dramaturgisch hilfreich, kommt noch hinzu, dass sich Eisenherz‘ Tochter Valeta in den blondgelockten Druiden verliebt hat.
Interessant sind auch die ungewöhnlichen Bedrohungen mit denen Eisenherz und seine Kumpel von der Tafelrunde konfrontiert werden. Basierend auf tatsächlichen Ereignissen sind es diesmal Kaninchen, die Mordred in Britannien einsetzt (bzw. aussetzt) um die dortige Agrarwirtschaft zu zerstören. Doch Eisenherz kontert, indem er einen Falkner und die zugehörigen Raubvögel aus Friesland importiert, um die Kaninchen-Plage zu bekämpfen.
Im vorherigen Eisenherz-Band mit den Jahrgängen 1991 und 1992 erklärte Uwe Baumann in seinem Vorwort, warum John Cullen Murphy ein versierter Comic-Erzähler ist. Dieser setzt immer dann randlose Einzelbilder ein, wenn eine Rückblende vergangene Ereignisse schildert. Diese klare Trennung der Zeitebenen trägt zum Lesegenuss bei. Es ist sehr erfreulich, dass Bocola in dieser schönen Edition das komplette Eisenherz-Werk von Murphy veröffentlicht, der die ritterlichen Abenteuer des Prinzen bis März 2004 zeichnete.