Der Student Hyazinth hat es nicht leicht, denn sein wohlhabender und einflussreicher Onkel bedrängt ihn, seinen Dozenten Professor Fontaine von einem Metro-Projekt mit unterirdischen Booten zu überzeugen. Hyazinth ist aber auch noch als maskierter Rächer “Das Hemd der Nacht“ unterwegs und liebt eine gewisse Dame, deren Herz jedoch für einen gewissen maskierten Rächer schlägt. Zu allem Überfluss wird dann auch noch Fontane tot aufgefunden …
Diese Geschichte soll angeblich der (minus) 98. Band der Fantasy-Reihe Donjon (französisch für „Kerker“) sein, doch seltsamerweise liegen bisher noch keine zehn Alben vor. Das Abenteuer gehört zum Zyklus “Morgengrauen“ und eine nicht allzu aufschlussreiche Grafik am Anfang des Bandes ordnet “Morgengrauen“ (“schildert die Entstehungsgeschichte des Donjons“) irgendwo links oben ein und rechts daneben den Zyklus “Zenit“, der danach spielt und vom dem bereits einige Comicalben erschienen sind, die allerdings den Auftakt von Donjon bildeten.
So weit so verwirrend und da ja alles auch eine laut Verlag “überbordende Fantasy-Parodie“ sein soll, sind die Zustände im Kerker nicht viel verwirrender als wenn z. B. ein US-Filmproduzent seinen alten Schinken plötzlich Episode IV nennt und Jahrzehnte später mit viel Aufwand die Vorgeschichte seines Low-Budget-Films ziemlich breitgetreten nachliefert.
Was die atemlos zeichnenden und textenden französischen Comic-Stars Joann Sfar (Die Katze des Rabbiners, Gainsbourg) und Lewis Trondheim (A.L.I.E.E.N., Mickey’s Craziest Adventures) hier gemeinsam mit Christophe Blain (Isaak der Pirat, Blueberry: Das Trauma der Apachen) anzetteln ist so temporeich und voller Irrwitz erzählt, dass die zunächst etwas abschreckenden Krickelkrackel-Zeichnungen recht schnell überhaupt nicht mehr stören. Da Sfar und Trondheim bereits über 100 Veröffentlichungen vorweisen können, ist es nicht ausgeschlossen, dass sie die ergänzenden Donjon-Alben auch noch problemlos bewältigen.
Es war eine große Überraschung als zu erfahren war, dass Joann Sfar (Die Katze des Rabbiners, Gainsbourg) und Christophe Blain (Isaak der Pirat) eine Hommage an den Westernklassiker Blueberryrealisieren werden. Bisher sind beide eher nicht wie Jean-Michel Charlier durch spannende Abenteuergeschichten oder durch einen realistischen (aber dennoch die Wirklichkeit interpretierenden) Zeichenstil wie Jean Giraud alias Moebius aufgefallen.
Doch es war eine nicht minder große Überraschung, als das für ebenso rotzige Bilder wie Geschichten bekannte Duo einen erstaunlich gradlinig in Szene gesetzten Western-Comic ablieferte. Das Trauma der Apachen spielt kurz nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg, also zur Zeit als Mike Blueberry seinen Dienst in Fort Navajo antrat und seine ersten Abenteuer erlebte.
Christophe Blain, der die Geschichte schrieb und gemeinsam mit Joann Sfar zeichnete, spart ähnlich wie Charlier nicht mit Anspielungen auf Klassiker des Western-Kinos. So trägt ein farbiger Soldat namens Woody unverkennbar die Gesichtszüge von Woody Strode (Spiel mir das Lied vom Tod) und der Name von Blueberrys Vorgesetzten Colonel Benjamin Tyreen wurde aus Sam Peckinpahs Sierra Carriba (Major Dundee) übernommen.
Passend zu diesen traditionsbewussten Bestandteilen lässt der von Blain und Sfar gewählte (bzw. angestrebte) Zeichenstil an den sehr jungen Jean Giraud denken, der vor Blueberry Joseph Gillian alias Jijé bei der Western-Serie Jerry Springassistierte. Die Geschichte über eine sich hochschaukelnde Spirale von Gewalttaten, hingegen mutet frisch und modern an.
Drei Jugendliche, die einer inmitten des Indianergebietes hausenden religiösen Sekte angehören, ermorden zwei Squaws. Dabei handelt es sich um Frau und Tochter des gefürchteten Kriegers Amertume, der Vergeltung schwört. Blueberry versucht zu vermitteln, hat jedoch auch noch eigene Probleme mit seinem trunksüchtigen Kumpel Jimmy McClure und der attraktiven Ruth. Er hadert damit die Gefühle, die die Ehefrau seines Vorgesetzten für ihn empfindet, zu erwidern…
Einziges Manko ist, dass die Geschichte in diesem Album nicht zu Ende erzählt wurde. Eine mit etwas weniger Charakteren bevölkerte Handlung hätte nach 62 Comic-Seiten problemlos ein Ende finden können. Doch auch Jean-Michel Charlier erzählte seine Geschichten meist in aus mehreren Alben bestehenden Zyklen. Da auch in Frankreich der Abschlussband noch nicht in Sicht ist, heißt es nun also abwarten und vielleicht die Blueberry Collector´s Edition oder Das Trauma der Apachen als Luxusausgabe zu lesen.
Ab 2006 hatte Egmont mit Die Blueberry Chroniken bereits eine mittlerweile auf 20 Bände angewachsene Gesamtedition der wohl besten Westernserie der Comic-Geschichte veröffentlicht. Der erste Band enthielt die Jugendabenteuer von Mike S. Donavan alias Blueberry. Egmonts neue noch etwas großformatigere Collector’s Edition präsentiert jedoch als erstes jene Comics, mit denen alles begann.
Ab 1963 erschien im Magazin Pilote als wöchentliche Fortsetzungsserie eine Geschichte, die zwei Jahre später im Album Fort Navajo komplett veröffentlicht wurde. Dies war jedoch nicht – wie seinerzeit üblich – eine in sich abgeschlossene Story, sondern der spannende Auftakt eines fünfbändigen Epos, dessen ersten drei Teile dieser Band der Collector’s Edition enthält.
Kolorierung in der Collector’s Edition
Der Autor Jean-Michel Charlier (Die Abenteuer von Tanguy und Laverdure, Der rote Kosar) lässt seine Geschichte 1866 in Arizona beginnen. Der junge, pflichtbewusste Leutnant Craig ist unterwegs nach Fort Navajo, einem mitten im Indianergebiet gelegenen Außenposten der Armee. Bei einer Rast in einem Saloon hilft Craig einem Glücksspieler aus einer selbstverschuldeten Notlage. Zu seiner Überraschung stellt Craig fest, dass es sich bei dem verantwortungslos agierenden Burschen um Leutnant Blueberry handelt und dieser ebenfalls seinen Dienst in Fort Navajo antreten will…
Kolorierung 1968 in MV Comix
Beim weiteren Verlauf der Geschichte orientierte sich Charlier an tatsächlichen Ereignissen, aber auch an Film-Klassikern wie John Fords Kavallerie-Trilogie. Doch stärker noch als die Western aus Hollywood stellte sich Charlier auf die Seite der um ihr Land betrogenen Indianer.
Kolorierung 1972 in ZACK
Eine Inspirationsquelle war sicher auch der Film Der gebrochene Pfeil von 1950 mit James Steward. Hierin ist Jeff Chandler als Cochise zu sehen und hat große Ähnlichkeit mit Jean Girauds gezeichneter Version des Apachen-Häuptlings.
Kolorierung 2006 in Blueberry Chroniken 2
Ebenso spannend wie die Geschichte darüber, wie Blueberry mit allen Mitteln versucht einen Krieg mit den Indianern zu verhindern, ist die künstlerische Entwicklung von Giraud. Dieser zeichnete anfangs noch im etwas sterilen Stil seines Lehrmeistes Joseph Gillain alias Jijé (Jerry Spring), von dem auch das Cover zu Fort Navajo stammt.
Der Zeichenstil von Jean Giraud wurde in den nächsten Jahren immer lockerer. Im weiteren Verlauf der eigentlich “realistischen“ Geschichte schimmert schon etwas von jener klar konstruierten Welt durch, die zum Markenzeichen von Girauds Alter Ego Moebius (John Difool: Der Incal) werden sollten.
Kolorierung in der Collector’s Edition
Bei der Kolorierung der Collector’s Edition wurde sich an der Farbgebung der Erstveröffentlichung in Pilote orientiert. Das geht sogar so weit, dass eine seinerzeit aus Kostengründen nur mit der Schmuckfarbe rot kolorierte Doppelseite in dieser Form auch in die Collector’s Edition übernommen wurde, obwohl alternative farbige Versionen existieren.
Kolorierung 2006 in Blueberry Chroniken 2
Ein interessanter Anhang mit Texten von Volker Hamann (Reddition) zeigt, in wieviel unterschiedlichen Farbversionen Blueberry im Laufe der Jahre auf die Leser losgelassen wurde. Für die Collector’s Edition wurde ungestrichenes Papier verwendet, auf dem – meiner Meinung nach – die Farben nicht so prächtig wirken, wie im Hochglanz-Flyer, mit dem Egmont diese Neuveröffentlichung bewirbt.
Bei Blueberrys Premiere in Pilote 210 zeichnete Jijé das Cover
Ansonsten gibt es wenig zu meckern. Im Gegensatz zu den Blueberry Chroniken, deren Bonusmaterial meist aus Texten über den Wilden Westen bestand, gibt es diesmal interessante Einblicke in die Entstehungs-Geschichte des Klassikers. Wir erfahren nicht nur, dass Blueberrys Aussehen zunächst an Jean-Paul Belmondo orientiert war, sondern auch noch, dass der französische Filmstar hierfür angeblich um Erlaubnis gefragt wurde (wer noch etwas herumgoogelt “erfährt“, dass Belmondo sogar für den Comic Modell gestanden hat).
Girauds schwarzweiße Version der ersten Comic-Seite
In dieser Ausgabe kommt neben einer schwarzweißen Version der ersten Comic-Seite, die zeigt, was für ein ausgereifter Zeichner Giraud bereits 1963 war, auch der zugehörige Text von Charlier zum Abdruck, der aus mehr als vier Schreibmaschinenseiten besteht!
Es bleibt zu hoffen, dass sich diese schöne Edition nicht wie angekündigt darauf beschränkt in neun Bänden (mit durchgehenden Rückenmotiv) alle von Giraud gezeichneten Blueberry-Alben zu präsentieren, sondern noch um Sonderbände mit den Kurzgeschichten und den weiteren Comics der Serie ergänzt wird.
Christophe Blain & Joann Sfar
Mittlerweile kam übrigens wieder etwas Bewegung in die Traditionsserie. Von Joann Sfar (Die Katze des Rabbiners, Gainsbourg) und Christophe Blain (Isaak der Pirat), die auch für eine Fortsetzung von Hugo Pratts Corto Malteseim Gespräch waren, liegt jetzt die Blueberry-Hommage Das Trauma der Apachen vor.
Das Medium der Comic-Reportage wurde von Künstlern wie Joe Sacco (Paiästina, Bosnien) oder Sarah Glidden (Israel verstehen) eingesetzt, um direkt vor Ort gewonnene Eindrücke und politische Zusammenhänge zu vermitteln. Der Zeichner Mathieu Sapin hingegen ist bisher hauptsächlich als Comic-Chronist von prominenten Zeitgenossen aufgefallen.
So begleitete er in Feuille de Chou den Comic-Künstler Joann Sfar bei den Dreharbeiten zu seinem Film Gainsbourg – Der Mann, der die Frauen liebte und in Campagne présidentielle François Hollande bei seinem Wahlkampf. Für eine Dokumentation von ARTE erhielt Sapin den Auftrag sich mit Gérard Depardieu auf eine Reise durch den Kaukasus auf den Spuren von Alexandre Dumas zu begeben und seine Impressionen zu zeichnen.
Da das Experiment nicht völlig in die Hose gegangen war (nur der Sendetermin wurde immer wieder verschoben, da Depardieu u. a. durch seine sehr laut geäußerten Überlegungen Frankreich zu verlassen, bei seinen Landsleuten in Ungnade gefallen war), hielt Mathieu Sapin den Kontakt zu dem Schauspieler und französischen Nationalheiligtum aufrecht.
Im Laufe von fünf Jahren traf er in Russland, Bayern oder bei Dreharbeiten in Portugal immer wieder auf Depardieu. Er machte sich Notizen und fertigte Skizzen an. Das von Depardieu abgesegnete Resultat ist ein 150-seitiger Comic, der weder ein beschönigtes noch ein völlig unsympathisches, aber auf alle Fälle immer wieder faszinierendes, Porträt von Depardieu als Weltbürger zeigt. Fazit ist: Der nicht völlig unsensible Selbstdarsteller hat es gelernt mit seinem Ruhm umzugehen und es sich überall gemütlich zu machen.
Filmbiografie geht auch ganz anders, als z. B. in Uwe Bolls Max Schmeling oder Olivier Dahans La Vie en Rose. Der bereits als Comickünstler voll ausgelastete Joann Sfar (u. a. Donjon, Die Katze des Rabbiners, Die Synagoge) beschränkt sich in seinem ersten Kinofilm nicht darauf ein Ensemble von Darstellern, die ihren realen Vorbildern halbwegs ähnlich sehen, zusammenzutrommeln und dann markante Situationen aus dem Leben eines Promis nachzustellen.
Sfar, der es immer noch bedauert, dass er erst nach Paris kam als sein Idol Serge Gainsbourg bereits tot war, fand mit Eric Elmosnino einen vielseitig talentierten Hauptdarsteller mit (ganz wichtig!) einer markanten Nase. Doch in der ersten Hälfte des Filmes arbeitet Sfar hauptsächlich mit allerlei Verfremdungseffekten. Während er von Gainsbourgs Jugend als Jude im von deutschen Truppen besetzten Paris erzählt, setzt er Zeichentrick und Puppenspiel ein.
Doch je weiter der halbwegs chronologisch erzählte Film auf seiner Zeitachse voranschreitet, desto stärker fährt Sfar den Mummenschanz zurück. Er schafft immer mehr Raum für seine Darsteller (darunter Laetitia Casta als verblüffend ähnliches Brigitte-Bardot-Double) aber auch für mitreißend in Szene gesetzte Musiknummern wie Comic Strip oder einer Reggae-Version der Marseillaise.
Sfar wollte keineswegs herausfinden wie Serge Gainsbourg tatsächlich war: “Die Wahrheit könnte mir gar nicht gleichgültiger sein. Ich liebe Gainsbourg viel zu sehr, um ihn ins Reich der Realität zurückzuholen.“ Der nicht so sehr mit Serge Gainsbourg vertraute Zuschauer, am bekanntesten dürfte sein wild entfesselter Erotik-Song Je t’aime … moi non plus (den er zunächst mit Brigitte Bardot und danach mit Jane Birkin aufnahm) sein, erlebt einen einzigartigen Crashkurs zum französischen Pop-Idol und Multitalent.
Geboten wird ein Reigen unglaublicher Bilder und Situationen, die überraschenderweise meistens gar nicht so weit vom “Reich der Realität“ entfernt sind.
Sechs Jahre nachdem der 18. Band der Blueberry Chronikenerschienen ist, wird die gebundene Gesamtausgabe des Western-Klassikers fortgeführt. Für den redaktionellen Teil ist jetzt nicht mehr Martin Jurgeit, sondern Wolfgang J. Fuchs zuständig. Auch dieser geht in seinem Vorwort weniger auf den Comic und stärker auf die Geschichte des Wilden Westen ein.
Geboten werden zwei Alben, in denen Autor François Corteggiani und Zeichner Michel Blanc-Dumont Episoden aus der Jugend von Mike Steve Blueberry vor dem Hintergrund des amerikanischen Bürgerkriegs erzählen. Der auch als Zeichner tätige Corteggiani schreibt Die Jugend von Blueberry bereits seit 1990. Jean Giraud alias Moebius, der klassische Blueberry-Zeichner, erzählte einmal in einem Interview, dass die Vorzeichnungen von Corteggiani in einem “ziemlich drolligen Stil“ zu Papier gebracht wurden, der recht gut zu seinen Funny-Serie Bastos und Zakusky oder Smith & Weston passt, aber weniger zu einem realistischen Western. Vielleicht wirken deshalb Blanc-Dumonts Darstellungen von Kriegshandlungen so clean und harmlos.
Die in diesem Band enthaltenen Comics Gettysburg und Der Konvoi der Verdammten sind in Frankreich 2012 und 2015 erschienen. Sie bieten solide Wild-West-Unterhaltung, nicht mehr aber auch nicht weniger.
Die Zeichnungen von Blanc-Dumont sind zwar recht detailfreudig aber auch etwas steril. Dass er sehr viel mehr kann, belegt die sehr viel lockerer gezeichnete Kurzgeschichte Yankee Blueberry, die ebenfalls in diesem Band enthalten ist.
Christophe Blain
Aktuell kam wieder etwas Bewegung in die Traditionsserie. Die beiden Comic-Chaoten Joann Sfar und Christophe Blain, die auch für eine Fortsetzung von Hugo Pratts Corto Malteseim Gespräch waren, veröffentlichten die Blueberry-Hommage Das Trauma der Apachen..
Durch eine Verkettung widriger Umstände und Intrigen ist Mike S. Donavan, der arrogante Sohn eines reichen Plantagenbesitzers aus Georgia, gezwungen in den Norden zu flüchten. Er nennt sich fortan Blueberry und kämpft in der Armee der Nordstaaten gegen seine ehemaligen Landsleute aus dem Süden. Diese Geschichte erzählten Jean-Michel Charlier (Mick Tangy) und Jean Giraud erstmals 1968, doch ihre Erfolgsserie Leutnant Blueberry starteten sie bereits fünf Jahre zuvor.
Trotzdem ist es sinnvoll, dass Ehapas Reihe Die Blueberry Chroniken mit Blueberrys Geheimnis von 1968 und sieben weiteren Kurzgeschichten gestartet wurde, die zunächst im kleinformatigen Super Pocket Pilote erschienen sind. Später wurden diese in einem sehr lockeren Stil gezeichneten Geschichten in den Zack Parade -Taschenbüchern und dann unter dem Titel Die Jugend von Blueberry veröffentlicht. (Zu diesen Kurzgeschichten gehört auch noch Donner über der Sierra, die jedoch zeitlich deutlich später spielt und daher in Band 6 der Blueberry Chroniken nachgereicht wird).
Im zweiten Band der Blueberry Chroniken startet unter dem Motto Die Sierra bebt das eigentliche Epos. Die Geschichte beginnt 1866 in Arizona: Der junge und äußerst pflichtbewusste Leutnant Craig ist unterwegs nach Fort Navajo, einem mitten im Indianergebiet gelegenen Außenposten der Armee.
Bei einer Rast in einem Saloon hilft er einem Glücksspieler aus einer selbstverschuldeten Notlage. Zu seiner Überraschung stellt Craig fest, dass es sich bei dem verantwortungslosen Burschen um Leutnant Mike S. Blueberry handelt und dieser ebenfalls seinen Dienst in Fort Navajo antreten will.
Mit dieser Geschichte, die 1963 im Comicmagazin Pilote gestartet wurde und zwei Jahre später als Album Fort Navajo erschienen ist, begann die wohl beste Westernserie der Comicgeschichte. Jean-Michel Charlier etablierte schon nach wenigen Seiten einen äußerst sympathischen Antihelden. Er verarbeitete bei Blueberrys Abenteuern immer wieder tatsächliche Ereignisse, wie etwa die Geschichte des Apachen-Häuptlings Cochise, der genau wie im Comic von einem Offizier namens Bascom bei angeblichen Friedensverhandlungen hereingelegt wurde und daraufhin einen erbitterten Kampf gegen die Weißen begann.
Die Blueberry Chroniken enthält mit den drei zusammenhängenden Alben Fort Navajo, Aufruhr im Westen und Der einsame Adler den eigentlichen Auftakt der Serie. Ebenso spannend wie die Geschichte ist die künstlerische Entwicklung von Jean Giraud, der anfangs noch im etwas steifen Stile seines Lehrmeistes Jijé (Jerry Spring) zeichnete, doch dann aber immer lockerer wurde. Gelegentlich schimmert dabei schon etwas von jenen klaren Konstrukten durch, die zum Markenzeichen von Girauds Alterego Moebius (John Difool: Der Incal) werden sollten.
Für die Blueberry Chroniken wurden die Geschichten sorgfältig neu übersetzt und gelettert. Zusätzlich gibt es Bonusmaterial, das allerdings eher auf historische Fakten als auf die Entstehung der Comics eingeht. Mittlerweile liegt mit Mann gegen Mann bereits der 19. Band dieser Reihe vor!
Christophe Blain & Joann Sfar
In letzter Zeit kam übrigens wieder etwas Bewegung in die Traditionsserie. Von Joann Sfar (Die Katze des Rabbiners, Gainsbourg) und Christophe Blain (Isaak der Pirat), die auch für eine Fortsetzung von Hugo Pratts Corto Malteseim Gespräch waren, liegt jetzt die Blueberry-Hommage Das Trauma der Apachen vor.