Am 17. Dezember 1999 hatte in der New Yorker Carnegie Hall eine neue Version von Fantasia Premiere. Bereits Walt Disney plante 1940 seinen mit klassischer Musik versehenen Trickfilm-Episodenfilm immer wieder neu aufzuführen und dabei um frisch gezeichnete Episoden zu ergänzen. „Fantasia 2000“ enthält nun nur noch eine Episode aus dem alten Film: Die Geschichte mit Micky als Zauberlehrling, der zugleich auch das zentrale Kernstück des alten Filmes darstellt. Ursprünglich war auch noch vorgesehen, die Jahreszeiten-Wechsel-Episode zu Tschaikowskis Nussknacker-Suite mit in die neue Version aufzunehmen.
Die Musik (mit Ausnahme vom Zauberlehrling, denn hier wurde Leopold Stokowskis alte Version akustisch aufpoliert) hat diesmal James Levine mit dem Chicago Symphonie Orchester eingespielt. Levine führte nach der Premiere in New York Ende 1999 auch noch Live-Aufführungen des Filmes mit Orchester in London, Paris und Tokyo durch. Fantasia 2000 lief zunächst für vier Monate auf den Großleinwänden ausgewählter IMAX-Kinos.
Hier die einzelnen Episoden im Überblick:
1. Episode
Musik: Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 5, erster Satz
Regie und Design: Pixote Hunt
Anmoderation: Izhak Perlman
Länge: 3 min
Genau wie der Film aus dem Jahre 1940 gibt es hier auch am Anfang eine Episode mit abstrakten Bildern zu getragener klassischer Musik. Damals war es Bachs Toccata und Fuge in G-moll, jetzt ist es Beethoves Fünfte. Die Bilder sind diesmal jedoch nicht sonderlich visionär. Mal plätschert buntes Wasser und mal formieren sich Unmengen von Dreiecken zu schmetterlingsartigen Gebilden.
2. Episode
Musik: Ottori Respighi: Pini di Roma
Regie: Hendel Butoy
Anmoderation: Steve Martin
Länge: 10 min
Auch noch nicht der ganz große Knaller. Grob am Computer animierte Walfische fliegen (!) mit Möwen um die Wette. Ein kleiner Walfisch verirrt sich, findet seine Eltern wieder und fliegt im Finale mit noch mehr Walfischen durch die kitschige bunte Eisberglandschaft.
3. Episode
Musik: George Gershwin: Rhapsody in Blue
Regie: Eric Goldberg
Anmoderation: Quincy Jones
Länge: 13 min
Zu Gershwins toller und abwechslungsreicher Musik erleben mehrere Großstädter einen turbulenten Tag im konsequent im Stil des Karikaturisten Al Hirschfeld durchgestylten New York der dreißiger Jahre. Der mal komische mal rührende Trickfilm wirkt zwar eher wie aus den fünfziger Jahren, als Studios wie UPA mit ganz schlichten Figuren Disney Konkurrenz machten, hinterläßt aber insgesamt einen sehr angenehmen Eindruck.
4. Episode
Musik: Dimitri Schostakowitsch: Piano Konzert Nr. 2, Allegro, Opus 102
Regie: Hendel Butoy
Anmoderation: Bette Midler
Länge: 7 min
Auch hier hat der Computer wieder zugeschlagen und insgesamt etwas unbefriedigende Version von Hans Christian Andersens Märchen Der standhafte Zinnsoldat geschaffen. Neben den nicht sonderlich gut gestalteten Figuren nervt vor allem, das auch hier (genau wie beim ebenfalls auf Andersen basierenden Disney-Film Arielle, die Meerjungfrau), ein kitschiges Happy End herangepappt wurde. Dies wäre bei einem Kurzfilm zu getragener klassischer Musik nicht wirklich nötig gewesen und verfälscht die Vorlage.
5. Episode
Musik: Camille Saint-Saens: Der Karneval der Tiere, Finale
Regie: Eric Goldberg
Anmoderation: James Earl Jones
Länge: 2 min
Das Gegenstück zum Tanz der Stunden, der Ballett-Szene mit Nilpferden und Krokodilen aus dem ersten Film. Hier wurde zunächst die Frage gestellt, was passiert, wenn ein Strauß einen Jojo erhält. Disney-Chef Michael Eisner bevorzugt jedoch Flamingos, also neues Casting. Bemerkenswert ist neben der „Länge“ von nur zwei Minuten noch die Tatsache, dass an diesem ganz lustigen Filmchen der 91-jährige Disney-Veteran Joe Grant bei dem Entwurf der Figuren mitgewirkt hat.
6. Episode
Musik: Paul Dukas: Der Zauberlehrling
Regie: James Algar
Anmoderation: Penn und Teller
Länge: 10 min
Hier nun noch einmal die beste Episode aus dem alten Film um den Zauberlehrling Mickey und die Geister die er rief und nicht wieder loswurde. Die Zeichnungen wirken auf der riesigen Imax-Leinwand manchmal etwas klobig, aber ganz unverkennbar handelt es sich um ein in künstlerischer Handarbeit gefertigtes absolutes Trickfilm-Juwel.
7. Episode
Musik: Sir Edward Elgar: Pomp and Circumstances – Märsche 1, 2, 3 und 4
Regie: Francis Glebas
Anmoderation: Michey Mouse und James Levine
Länge: 6 min
Was „Der Zauberlehrling“ für Mickey bedeutete, soll dieser Film nun für Donald werden. Als Helfer von Noah sucht er die gerade abgelegte Arche nach seiner geliebten Daisy ab. Im glatten Stil von Der König der Löwen gefertigt und viel zu hektisch erzählt, kann diese Episode leider nur tricktechnisch überzeugen. Die pompöse nicht immer passende Marschmusik hat übrigens der damalige Disney-Vorstand Michael Eisner höchstpersönlich ausgesucht.
8. Episode
Musik: Igor Strawinsky: Der Feuervogel, Suite – Version von 1919
Regie: Gaetan und Paul Brizzi
Anmoderation: Angela Lansbury
Länge: 9 min
Das absolute Highlight unter den neuen Episoden. Eine Frühlingsfee kämpft gegen einen als Raubvogel dargestellten ausbrechenden Vulkan. Der Film hat einen sehr eigenen Stil, der mehr an den japanischen Trickfilm Prinzessin Mononoke und weniger an die Konfektion aus dem Hause Disney erinnert. Der leider nur sehr kurz zu sehende und beeindruckend animierte Feuervogel ist etwas an den Höllenfürsten aus der abschließenden Eine Nacht auf dem kahlen Berge-Episode des ersten Filmes angelehnt.
Fazit:
Die einzelnen Episoden werden durch Showbiz-Größen anmoderiert. Dies ist oft ein wenig nervig und nicht wirklich nötig. Insgesamt ist Fantasia 2000 etwas zu sehr an die Gestaltung und Struktur des ersten Filmes angelehnt und leider nur selten wirklich beeindruckend, wobei es heute sicherlich sehr viel schwerer ist, noch neue und unverbrauchte Bilder zu finden.
Während die DVD eher spärlich ausgestattet ist, bietet die Blu-ray als Bonus noch den Salvador Dali Film Destino und eine sehr ausführliche spielfilmlange Dokumentation zu diesem 1945 begonnenen und 2003 fertig gestellten Kurzfilm!
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