Nach der Premiere von Fantasia soll Walt Disney gesagt haben: “Damit wird Beethoven berühmt werden!“ Zwar setzte Disney auch in seinen Kurzfilmen insbesondere in den Silly Symphonies immer wieder gerne klassische Musik ein, doch richtig ambitioniert ging er die Sache Ende der Dreißiger Jahre an, nachdem er mit Schneewittchen und die sieben Zwerge und Pinocchio zwei absolute Meisterwerke des Trick-Spielfilms in die Kinos brachte.
Auslöser war ein Kurzfilm in dem Micky Maus, der in Sachen Popularität langsam aber sicher von seinen Trickfilmkollegen Donald und Goofy in den Schatten gestellt wurde. Hier agierte Micky als Goethes Zauberlehrling, der als Urlaubsvertretung seines Meisters an Hundertschaften von hergehexten Besen verzweifelte. Der Kurzfilm hat als Soundtrack die “symphonische Dichtung“ von Paul Dukas, die der alles andere als öffentlichkeitsscheue Star-Dirigent Leopold Stokowski aus Freundschaft zu Walt Disney unentgeltlich mit einem 100-köpfigen Orchester einspielte. Trotzdem kostete der aufwändig animierte 9-minütige Trickfilm dem Studio mit über 100.000 Dollar viermal soviel wie ein herkömmlicher Cartoon. Wo hin also mit diesem Animations-Juwel?
Walt Disney ließ es mit es richtig krachen und brachte den Zauberlehrling gemeinsam mit sechs weiteren Trickfilmen, die zu von Stokowski eingespielten klassischen Musikstücken entstanden. Zur Toccata und Fuge in d-Moll von Johann Sebastian Bach gibt es abstakte Bilder zu sehen, bei denen kaum zu glauben ist, dass sie ohne Computeranimation in Handarbeit entstanden. Stücke aus Tschaikowskis Nussknacker-Suite wurden in eine andere Reihenfolge gebracht und untermalten jetzt den Wechsel der Jahreszeiten. Igor Strawinskis Le Sacre du Printemps hingegen ist nun der Soundtrack zur Schöpfung unter besonderer Berücksichtigung der Dinosaurier.
Zu Ludwig van Beethovens Pastorale, der sechsten Sinfonie, tobt fast die komplette griechische Mythologie über die Leinwand, während sich bei Ponchiellis Der Tanz der Stunden Nilpferde, Elefanten, Strauße und Krokodile als Balletttänzer versuchen, Zum Abschluss terrorisiert in der wohl eindringlichsten Episode zu Mussorgskis Eine Nacht auf dem kahlen Berge ein riesiger Dämon eine expressionistisches Bergdorf bevor dieser von Franz Schuberts Ave Maria vertrieben und der Zuschauer mit einer etwas kitschigen religiösen Prozession durch einen sakral anmutenden Wald aus dem Bilderrausch verabschiedet wird.
Gemeinsam mit der 60 Jahre später entstandenen teilweise ebenso inspirierten Fortsetzung Fantasia 2000 erscheint Disneys Meisterwerk auf DVD und Blu-ray. Puristen mögen sich darüber aufregen, dass die dunkelhäutigen Zentauren der Urspringsversion auch weiterhin in der Pastorale-Episode fehlen und es jetzt andere Aufnahmen (und möglicherweise eine Neusynchronisation) von Deems Taylors Zwischenmoderationen gibt. Doch noch nie war es möglich die kunstvollen Animationen von Fantasia auch daheim so prachtvoll zu genießen wie auf der Blu-ray-Edition.
Bonusmaterial der Blu-ray: Audiokommentar von Disney-Historiker Brian Sibley, wie alle Extras wahlweise mit deutschen Untertiteln; Das Schultheis-Notizbuch: Ein Disney-Schatz (13:51 min); Interaktive Kunstgalerien zu „Fantasia“ und „Fantasia 2000„; Disneys Familien-Museum (4:05 min); Wenn Disney View angewählt wird, können auf 16:9-Geräten im rechten und linken Bereich anstelle der schwarzen Balken neben dem 4:3-Bild sogenannte “Schmuckornamente“ eingeblendet werden.
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