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Der absolute Horror

Im sechsten Buch der Reihe “Texte zur graphischen Literatur“ erzählt Christian Blees faktenreich und unterhaltsam die Geschichte der Gruselcomics in Deutschland. Dabei informiert er auch darüber, in welcher Form diese veröffentlicht wurden und liefert zudem die Biografien der wichtigen internationalen Kreativkräfte.

Dabei liest sich das Buch teilweise wie ein guter Gruselroman, denn es ist erschreckend, wie rücksichtslos viele internationale Comics von deutschen Verlagen verstümmelt, entstellt oder entschärft wurden. Dies trifft ganz besonders auf die Veröffentlichungen in den Siebzigern zu.

Doch Blees erzählt auch vom wohl ersten deutschen Gruselcomic, dem 1954 beim Alfonz Semrau Verlag veröffentlichen Vierteiler Das Geisterschiff, dessen Zeichner unbekannt blieb. Es folgten beim Bildschriftenverlag (bsv) innerhalb der aus den USA übernommenen Reihe Illustrierte Klassiker auch immer wieder Adaptionen von Schauerliteratur wie Die Frau in Weiß vom Wilkie Collins oder Dr. Jekyll und Mr. Hyde von Robert Louis Stevenson.

Zwar gab es bei bsv ab 1967 noch das aus neun Heften bestehendes Gastspiel einer den Namen der Horrorfilm-Ikone Boris Karloff tragenden Anthologie mit “Geschichten des Grauens“, doch das goldene Zeitalter der deutschen Horrorcomics waren die Siebziger. Hier kann Christian Blees aus dem Vollen schöpfen und schreibt sehr lebendig über den bei bsv/Williams von 1972 bis 1984 veröffentlichten “besten Horror aller Zeiten“.    

Eigens für die schlicht “Horror“ genannte aus dem DC-Fundus bestückte langlebige Serie schuf die Grafikerin Marlies Gerson einen roten Titelschriftzug mit blutrot tropfenden Buchstaben, der auch das Cover dieses Buchs ziert. Christian Blees betrachtet diese Comics keineswegs unkritisch: “Was die Bearbeitung der verschiedenen Geschichten anbelangt, bekleckerten sich die Horror-Verantwortlichen keineswegs immer mit Ruhm: Wie damals (nicht nur) auf dem deutschsprachigen Comicmarkt üblich, wurden Originalseiten mitunter kräftig ummontiert oder auch heftig beschnitten. Dies traf bei Horror beispielsweise gleich auf das allererste Heft zu.“

Doch immerhin bekam die deutsche Leserschaft auf diese manchmal etwas suboptimale Art zeitnah Zugriff auf die Marvel-Horrorklassiker Die Gruft von Graf Dracula und Das Monster von Frankenstein, wobei mangels US-Material für letztere Serie das Heft 26 sogar eigens für die deutsche Veröffentlichung von Hartmut Huff getextet und vom Spanier Leopold Sanchez gezeichnet wurde.

Natürlich finden in diesem Buch auch die von 1974 bis 2006 sehr erfolgreich bei Bastei veröffentlichten Gespenster Geschichten Erwähnung. Ewald Fehlau betreute die Reihe mit den sanften Grusel-Kurzgeschichten fast von Anfang an als Redakteur. Neben (freundlich ausgedrückt) höchst durchschnittlichen Comicmaterial kamen innerhalb der Reihe auch Storys von Zeichnern wie Frank Frazetta, Jack Kirby oder Wally Wood zum Abdruck.

Bemerkenswert ist auch, dass deutsche Zeichner wie Altmeister Hansrudi Wäscher, Reinhard Horst oder Oliver Kammel zum Einsatz kamen und Peter Mennigen Hauptautor bei den Gespenster Geschichten war. „Seltsam? Aber so steht es geschrieben …“

Damit diese Rezension nicht zum Epos wird, sei noch in Stichworten aufgezählt, was noch alles in diesem seinem Thema mehr als gerecht werdenden Buch zu finden ist: Vampirella, Spuk Geschichten, Vanessa: Die Freundin der Geister, Der Geister Reiter, Alan Dark, Alex F. – Der Hexer von Bonn, Gänsehaut, Grusel-Comics, Arsat – Der Dämonenjäger, Swamp Thing, Menschenblut, Buffy – Im Bann der Dämonen, Dylan Dog, Hellboy, The Walking Dead, Marvel Zombies, From Hell, Locke & Key, American Vampire, Neonomicon, Crossed, Hill House Comics, Malcolm Max, Outcast, Once & Future, Das Haus am See, Creepshow. Manga-Horror aus Japan, Horrorschocker uvm.

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Das Puppenhaus

Joe Hill – muss noch erwähnt werden, dass er Stephen Kings Sohn ist? – hat mit der von ihm verfassten und vom Italiener Leomacs gezeichneten Miniserie Ein Korb voller Köpfe das DC-Label Hill House Comics spektakulär eröffnet. Im Zentrum von Hills blutiger Story steht eine weibliche Protagonistin, die gegen die sie bedrohende Männerwelt sehr wehrhaft mit einer antiken Wikinger-Axt vorgeht.

Das Puppenhaus
Panini Softcover

Diese Tendenz setzt sich fort in den kurz darauf ebenfalls bei Hill House Comics veröffentlichten Geschichten, auf deren Covern zwar groß der Name Joe Hill zu lesen war, dieser jedoch nur als Herausgeber fungierte. Dies war auch so bei Im tiefen, tiefen Wald und Daphne Byrne – Besessen, bevor er mit Schiff der lebenden Toten spektakulär als Autor zurückkehrte.  

Das Puppenhaus

Starke weibliche Charaktere sein ein Markenzeichen von Hill House. Dies ist auch so bei der  Mike Carey alias M. R. Carey (Hellblazer, Lucifer) geschriebenen Miniserie Das Puppenhaus. Der Bösewicht ist weiblich und als Hauptfigur fungiert eine gewisse Alice, die ihren Namen nicht ohne Grund trägt. Ähnlich wie die Heldin der Bücher von Lewis Carroll kann sich auch diese Alice durch einen Zauber verkleinern und eine geheimnisvolle Welt betreten.

Das Puppenhaus

Carey erzählt The Dollhouse Family zunächst auf zwei Ebenen, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Das etwas grobe Artwork von Peter Gross (American Jesus), der bereits ab 2009 bei The Unwritten mit Carey zusammenarbeitete, erleichtert auch nicht gerade den Einstieg in die Geschichte. Daher bleibt zunächst optisch nur die Freude an den schönen Titelbildern von Jessica Dalva, den zumeist Fotos von Puppen zugrunde lagen.

Das Puppenhaus
Panini Hardcover

Doch wer den etwas verwirrenden Auftakt überstanden hat, wird reich belohnt durch eine fantasievolle Familiengeschichte. Diese verfügt über einen angenehmen, britischen Touch, erstreckt sich über Jahrhunderte und steckt voller Überraschungen. Dazu gehört auch ein unerwartetes Ende, das eine durchaus interessante Fortsetzung ermöglichen würde…

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Im tiefen, tiefen Wald

Pennsylvania in den 90er-Jahren: Seltsame Dinge gehen vor in dem Städtchen Shudder-To-Think. Die beiden Teenager Octavia und Eldora können sich nach einem Kinobesuch nicht mehr an den Film erinnern.

Im tiefen, tiefen Wald
Panini Softcover

Doch das erscheint wie eine Bagatelle, angesichts ihrer Erlebnisse auf dem Heimweg, der durch einen tiefen, tiefen Wald führt. Dort treffen die Mädchen auf eine Art Hirsch-Zentauren und immer wieder auf menschlichenähnliche Wesen, denen scheinbar die Haut abgezogen wurde…

Im tiefen, tiefen Wald

Einst stand Shudder-To-Think unter der Fuchtel der Kohle-Industrie. Die Bevölkerung riskierte ihr Leben bei der Arbeit in den Minen und ruinierte sich durch staubige Luft die Gesundheit. Richtig unheimlich wurde es jedoch erst, als die Minen Feuer fingen und die unterirdischen Brände noch Jahre später nicht gelöscht waren. Doch das Leben ging scheinbar ganz normal weiter…

Im tiefen, tiefen Wald

Die aus sechs US-Heften bestehende Miniserie Im tiefen, tiefen Wald erschien beim DC-Unterlabel Hill House Comics. Dieses steht unter der Oberaufsicht von Joe Hill – muss noch erwähnt werden, dass dieser Stephen Kings Sohn ist? – der die Reihe mit der von ihm verfassten und vom Italiener Leomacs gezeichneten Comic-Reihe Ein Korb voller Köpfe spektakulär eröffnet hat.

Im tiefen, tiefen Wald

The Low, Low Woods ist eine feministische Horror-Geschichte, bei der Männer, zumindest als Individuen, kaum vorkommen. Doch das gesellschaftspolitische Sendungsbewusstsein der homosexuellen Autorin Carmen Maria Machado steht dem Grusel-Faktor nicht im Wege, ganz im Gegenteil. Die einfühlsame Schilderung der Kleinstadt-Atmosphäre und der Gefühlswelten der beiden jugendlichen Protagonistinnen, erinnert an Geschichten von Ray Bradbury, wie etwa Das Böse kommt auf leisen Sohlen.

Im tiefen, tiefen Wald
Panini Hardcover

Optimal dazu passen die Bilder der griechischen Zeichnerin Dani, die kleinteilig arbeitet, wenn Machado was zu erklären hat. ,Für bedrohliche Sequenzen findet Dani hingegen ebenso großartige wie großzügige Seitenlayouts, die oft ganz ohne Worte auskommen.

Im tiefen, tiefen Wald

Mit der Veröffentlichung von Im tiefen, tiefen Wald, sowie den Mini-Serien Das Puppenhaus und Daphne Byrne – Besessen bewies Joe Hill, dass er als Herausgeber ein ebenso gutes Händchen hat. Mit Schiff der lebenden Toten kehrte er spektakulär als Autor zurück.

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