Ein Sachbuch über Militäreinsätze während des Zweiten Weltkriegs, die nur von Winston Churchill abgesegnet waren, schien eine gute Vorlage für einen Film von Guy Ritchie zu sein. Der Spezialist für Ensemblefilm wie Cash Truck, The Gentlemen konnte sich auf diese Weise zudem auch noch an einem britischen Gegenstück zu Quentin Tarantinos Inglourious Basterds versuchen.
Die Besetzung mit Zac Snyders Superman Henry Cavill, Amazon Primes Jack Reacher Alan Ritchson, der eine großartige Version von Mackie Messer interpretierenden Eiza Gonzálezund dem vielseitigen Rory Kinnear (Men, Spectre, Es ist kompliziert) als Winston Churchill kann sich sehen lassen. Der Film leider eher nicht.
Allzu offensichtlich macht Ritchie einen auf Tarantino, Das fängt schon mit der allzu lahmarschigen Eröffnungssequenz an, in der viel zu lange bedeutungsschwer angedeutet wird, dass gleich etwas ganz Brutales geschehen wird.
Die unausgewogenen Mischung aus Gewalt und Humor will nicht zünden. Dies wird durch den penetranten nur selten zu den Bildern passenden Soundtrack des oft im Morricone-Revier wildernden Christopher Benstead nicht besser.
In diesem etwas holperigen Umfeld gelingt es Til Schweiger zu überraschen. Seine Interpretation eines brutalen und zynischen Nazis kann sich wirklich sehen lassen. Zumindest in der deutschen Fassung kann es daran liegen, dass dort nicht Schweigers – freundlich ausgedrückt – markante Stimme zu hören ist, sondern er von dem häufig für Ben Affleck und Owen Wilson eingesetzten Johannes Berenz synchronisiert wurde.
Der 2006 entstandene Superman Returnswar sicher auch deshalb so unbefriedigend, weil Regisseur Bryan Singer, der besser daran getan hätte die X-Men–Trilogie zu beenden, so eifrig Richard Donners Superman-Filme von 1978 und 1980 kopierte, dass er sogar einen am Computer reanimierten Marlon Brando als kryptonischer Helden-Vater Jor-El einsetzte. In Man of Steel versuchen Regisseur Zack Snyder (Watchmen) und Produzent Christopher Nolan (The Dark Knight) alles anders zu machen.
Russell Crowe ist als Supermans Vater Jor-El sehr viel ruppiger aber auch körperlich aktiver als einst Marlon Brando in dieser Rolle. Der Planet Krypton sieht diesmal nicht wie ein strahlender Eispalast aus, sondern wie ein dem Untergang geweihtes finsteres Loch. Als Prolog hätte diese Variante ja noch durchgehen können, doch der ganze Film schlägt diese düstere eher zu Batman passende Tonart an.
Insgesamt kann attestiert werden, dass der Film sein Thema fast komplett verfehlt hat. Darin wie hier am Superman-Mythos vorbei gefilmt wird, ähnelt Man of Steel Singers Superman Returns.
Der Mann aus Stahl ist im Comic ein optimistischer, zupackender und oftmals auch etwas naiver Held, der seine Kräfte zum Wohl der Menschheit einsetzt- Er würde niemals töten, in diesem Film macht er es jedoch gleich zweimal. Einmal indirekt (Vorsicht Spoiler!), wenn er es – um seine Geheimidentität zu schützen – nicht fertigbringt seinen irdischen Adoptivvater zu retten. Dieser wird von Kevin Costner mit beeindruckender Leinwandpräsenz verkörpert, aber leider immer nur dann, wenn das Drehbuch es für einige Sekunden zulässt, bevor die nächste Krawall-Aktion-Szene kommt.
Ein weiteres Problem bei Man of Steel ist die völlige Abwesenheit von Humor, der inmitten der nicht enden wollenden Zerstörungsorgien im Kampfe mit General Zod (angemessen diabolisch: Michael Shannon) bitter nötig gewesen wäre. Superman ist diesmal kaum Clark Kent, niemals Reporter und – schlimmer noch! – es gibt keine amourösen Versteckspiele mit Lois Lane. Was besonders schade ist, denn Amy Adams ist als Lois Lane eine mehr als interessante Besetzung, während der Brite Henry Cavill in der Titelrolle sehr viel weniger blass wirkt als Anno 2006 Brandon Routh.
Insgesamt ist Man of Steel eine nicht ganz so große Enttäuschung wie Superman Returns. Die Schlussszene lässt gar an das Ende des 007-Films Skyfalldenken und macht etwas Hoffnung darauf, dass diesem mittelprächtigen Film (der sein 200 Millionen Dollar Budget bereits doppelt wieder einspielte) noch einige sehr viel bessere Fortsetzungen folgen könnten. Doch stattdessen kam 2016 Batman v Superman: Dawn of Justice in die Kinos.
Erst 2022 gelang Zack Snyders mit seiner vierstündigen Version des fünf Jahre zuvor im Kino verunglückten DC-Team-Ups Justice League ein vielschichtiges, oft auch erstaunlich humorvolles Epos, das tatsächlich in derselben Liga spielt, wie die Filme des Marvel Cinematic Universe.