Durch stil- und gefühlvolle Filme wie Cinema Paradiso, Die Legende von Ozeanpianisten und Der Zauber von Malèna hat Giuseppe Tornatore immer wieder sein Talent als ebenso eigenwilliger wie unterhaltsamer Erzähler bewiesen. Mit Die Unbekannte versucht er sich 2006 erstmals an einem Thriller, wobei die Geschichte thematisch durchaus passend im eher kalten Norden Italiens angesiedelt ist.
Irena (sehr wandlungsfähig: Xenia Rappoport), eine junge Frau mit mysteriöser Vergangenheit, kommt in eine Kleinstadt in der viele Goldschmiede ansässig sind. Sie erlangt ebenso zielstrebig wie rücksichtslos eine Stelle als Hausmädchen bei den Adachers und fühlt sich besonders zur kleinen Tochter Tea hingezogen, die an einer seltsamen Krankheit leidet. Gerade als es ihr gelingt das Vertrauen der Familie zu erlangen, taucht ein brutaler Fremder aus Irenas Vergangenheit auf.
Vor allem der an Alfred Hitchcocks Hauskomponist Bernard Herrmann erinnernde Soundtrack von Tornatores Hauskomponisten Ennio Morricone zeigt, wer für die in der Nähe zu Vertigo und Das Fenster zum Hof angesiedelte Geschichte Pate stand. Doch anders als jene ungeniert bei Alfred Hitchcock wildernden überinszenierten Angeber-Werke wie Dressed to Kill oder Der Tod kommt zweimal, die Brian De Palma in den 80er-Jahren drehte, gelang Tornatore ein höchst eigenständiger Thriller.
Die Unbekannte hat überzeugende Darsteller – ein kaum zu erkennender Michele Placido (Allein gegen die Mafia) – spielt mit viel Mut zur Hässlichkeit einen bulligen glatzköpfigen Widerling – und eine unglaublich spannende Erzählstruktur, die durch pointierte Rückblenden fesselt. Am Ende – nach der ganzen Spannung und der zu Herzen gehenden Tragik – tut es gut, wenn Tornatore den Film nicht ganz ohne Hoffnung enden lässt.
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