Es ist Nacht. Ein Mann steigt aus einem Auto und geht auf ein Haus zu, in der einen Hand einen Benzinkanister, in der anderen einen Vorschlaghammer. Statt zu klingeln, schlägt er die Tür mit dem Hammer ein. Licht geht an. Als die verschreckten Eigentümer erscheinen, werden sie einer nach dem anderen mit dem Hammer erschlagen. Wortlos. Anschließend kippt der Mann das Benzin aus, und wirft ein brennendes Streichholz. Während er mit dem Auto die Szenerie verlässt, explodiert hinter ihm das Einfamilienhaus.
Bereits die fast durchgängig in einer Einstellung gedrehte Eröffnungs-Sequenz zeigt ganz klar, wohin die Reise geht: Hier werden keine Gefangenen gemacht. Kultivierte Sprüche a la Hannibal Lecter wird es hier kaum geben, dafür aber jede Menge Spannung und Gewalt. Russell Crowe spielt den zunächst namenlosen Mann, der – kurz nachdem er diese furchtbare Tat begangen hat – der jungen alleinerziehenden Mutter Rachel (Caren Pistorius) und ihrem Sohn Kyle (Gabriel Bateman) zum Verhängnis wird.
Rachel und Kyle befinden sich gerade auf dem Freeway, als ein Pick-up-Truck vor ihnen trotz grüner Ampel nicht in die Gänge kommt. Der Tag, der bisher ohnehin nicht gut für Rachel angefangen hat (drohender Hausverlust wegen Scheidung, Kündigung ihres Jobs etc.), wird noch beschissener, als die entnervte Mutter wild hupend an dem Straßenblockierer vorbeizieht. Der Mann im Pick-up verlangtdaraufhin eine Entschuldigung von Rachel. Als diese ausbleibt, beschließt er, der Frau zu zeigen, „was ein wirklich schlimmer Tag ist“.
Von nun an verfolgt er Rachel und ihren Sohn auf Schritt und Tritt. Als Rachel bei einer Gelegenheit versucht, sich bemerkbar zu machen überrollt der Mann etwaige Helfer und Mitwisser im wahrsten Sinne des Wortes. Er schafft es sogar in den Besitz von Rachels Handy zu kommen. Da Rachel es versäumt hat, ihre Daten durch ein Passwort zu sperren, hat er nun Zugang zu all ihren Kontaktpersonen und eröffnet eine Art russisches Roulette, bei dem Rachel um das Leben ihrer Liebsten feilschen muss, bis es, nach etlichen Toten zum finalen Zweikampf kommt…
Regisseur Derrick Borte (Familie Jones – Zu perfekt, um wahr zu sein) bezieht seine Inspiration ganz offensichtlich aus mehreren Filmen: Duell von Steven Spielberg ist dabei, Joel Schumachers Falling Down mit Michael Douglas, dazu noch eine Prise Hitcher, der Highway Killer. Handlung und Strickmuster bieten nichts wirklich neues, aber dafür ordentliche Kost. Die Schauspieler machen allesamt einen guten Job. Besonders Russell Crowe, der hier zum zweiten Mal einen offensichtlich geistig Kranken spielt, wenn auch deutlich weniger sympathisch als 2001 in Ron Howards A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn.
Der überzeugte Junkfood-Konsument Crowe hat in den letzten Jahren einiges an Gewicht zugelegt. Er spielt den Psychopathen mit einer körperlichen Wucht und Präsenz, dass beinahe der Eindruck entsteht, Stephen King hätte seinen leicht altersschwachen aber immer noch gefährlichen Hund Cujo das Fahren beigebracht. Statt allzu viel Dialogzeilen abzusondern, verzieht Crowe immer wieder die angeraute Schnute zu einem tollwütigen Knurren hinter dem Lenkrad.
Der Film wird beworben als „brandneu“ und ist tatsächlich die erste größere Hollywood-Produktion, die nach dem ersten Lockdown in unseren Kinos zu sehen wart. Wie eingangs beschrieben, enthält der Film Schock- ja sogar einigen Splatter-Szenen. Zimperliche Gemüter seien gewarnt: Der Film ist zwar ab 16 Jahren freigegeben, wirkt aber manchmal wie FSK-18. Fazit: Ein Film, nicht tiefsinnig oder logisch bis ins letzte Detail, aber dafür mit viel Brachialgewalt und einiges an Spannung.
Matthias Schäfer
Die DVD von Leonine enthält neben dem 87-minütigen Hauptfilm noch die Featurette “This Side of Rage“ (26:04 min, keine Untertitel, sowie den deutschen Trailer (2:15 min) und den US-Trailer (2:29 min)
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