Ende 1965 reiste der Journalist Gay Talese im Auftrag des Magazins Esquire nach Los Angeles, um dort ein Interview mit Frank Sinatra zu führen. Dies kam zwar nicht zustande, da der Entertainer erkältet war, dennoch erschien im April 1966 im Esquire Taleses Artikel Frank Sinatra has a Cold, der zu den Sternstunden des Journalismus gehört.
Talese nutzte die drei Monate, in denen er auf einen Termin mit Sinatra wartete, dazu um Gespräche mit mehr als 100 Menschen aus dem Umfeld des Sängers zu führen. Durch diverse Einladungen in Restaurants wuchs die Taleses Spesenrechnung auf 5.000 Dollar an. Doch er fand dadurch auch allerlei skurrile Details heraus. So erfuhr er, dass eine “kleine grauhaarige Dame“ 400 Dollar pro Woche erhielt, weil sie sich um Sinatras Bestand von 60 Perücken kümmerte.
Seine Informationen schrieb Talese akribisch nieder und bastelte daraus in sechs Wochen einen kunstvoll verzahnten Artikel, der sehr viel mehr ist, als Faktenhuberei. Aufhänger des Textes ist tatsächlich die Erkältung, denn “Sinatra mit Schnupfen ist wie Picasso ohne Farbe, Ferrari ohne Sprit, nur schlimmer.“
Wenn Sinatra die Stimme versagt, konnte dies damals “die Unterhaltungsindustrie in ihren Grundfesten erschüttern“, denn es gibt „Dutzende von Menschen, die für ihn arbeiten, mit ihm trinken, ihn verehren, auf Gedeih und Verderb von ihm abhängig sind“.
Doch Talese vermutet, dass die Erkältung Sinatras auch im Zusammenhang mit einen TV-Porträt stand, in dem angeblich die Mafia-Kontakte des Sängers zu Sprache kommen sollten. Als der Bericht sehr viel freundlicher als erwartet ausfiel, sang Sinatra plötzlich wieder in alter Pracht.
Talese fertigte zur Gliederung seines Textes einen kunstvoll angelegten farbigen Ablaufplan an, der als Fold-Out in einem Prachtband enthalten ist, der “eins der größten Promi-Porträts, das je geschrieben wurde“ feiert. Zum Abdruck kommen auch etliche teilweise recht intime Fotos von Sinatra, die meist von Phil Stern stammen, der zwar nicht zu Sinatras inneren Kreis gehörte, doch dessen Vertrauen genoss.
Nachdem das Buch bereits 2015 als limitierter und schon lange vergriffener Prachtband zum Preis von 500 Euro erschienen ist, liegt jetzt eine sehr viel günstiger Neuausgabe mit deutschem Übersetzungsheft vor.
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