Wie sehr viele Graphic Novels ist auch Alison Bechdels Fun Home: Eine Familie von Gezeichneten eine autobiographische Erzählung. In ihrem preisgekrönten und in den USA sehr gut verkauften Comic, der bei uns zuerst eher unauffällig bei Kiepenheuer & Witsch erschienen ist, erzählt sie von einem doppelten Coming Out mit tragischen Konsequenzen. Kurz nachdem sich Alison Bechdel ihren Eltern gegenüber als lesbisch outete (obwohl sie damals noch keinen gleichgeschlechtlichen Sex praktiziert hatte), stahl ihr Vater ihr die Show. Er gestand homosexuell zu sein und starb kurz darauf unter Umständen, die auf Selbstmord schließen lassen.
Sehr sensibel erzählt Bechdel von einer Kindheit in einer potemkinschen Ideal-Familie. Ihr Vater interessierte sich mehr für ein ansprechend dekoriertes Heim und die Jungen, die er in Literatur unterrichtete, als für seine Frau und Kinder. Während er wünschte, dass seine Tochter sich weiblicher geben und schöne Kleider tragen würde, erkannte Alison Bechdel langsam, dass ihr Vater eigentlich ein “Mädchen“ war.
Alison Bechdels Graphic Novel überzeugt vor allem in der ersten Hälfte sowohl zeichnerisch als auch als anspruchsvolle Erzählung. Doch nach und nach ermüdet die unchronologische Erzählweise der Autorin, die ständig weitere biographische Puzzleteile und schlaumeierische literarischer Anspielungen nachliefert, ohne dass die Geschichte dadurch an Tiefe gewinnt.
Dennoch ist Fun Home ein äußerst interessante Gescchichte, die durch die Aufnahme in die die Reihe Süddeutsche Zeitung Bibliothek – Graphic Novels und dadurch, dass der Comic auch als preiswertes Paperback bei Carlsen vorliegt, auch bei Comicfreunden jene Aufmerksamkeit erhalten dürfte, die dem Band durch die Veröffentlichung bei einem „Nicht-Comic-Verlag“ bisher versagt geblieben ist.
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