Menschen ohne DDR-Vergangenheit sollte noch erklärt werden, dass es in diesem ZDF-Dreiteiler keineswegs um den mittlerweile abgerissenen Palast der Republik geht, sondern um den sich seit dem vorletzten Jahrhundert immer noch in Betrieb befindenden Friedrichstadt-Palast. Da sich dieser unweit der ehemaligen Mauer befindet, eignet er sich natürlich bestens für eine groß aufgezogene Ost-Fest-Familiengeschichte.
Das ZDF hat auf diesem Gebiet bereits durchaus Beachtliches geleistet, etwa mit seiner florierenden Ku’damm-Serie oder den “Event-Dreiteiler“ Honigfrauen und Der gleiche Himmel. Wer ähnliche Qualitäten erwartet, dürfte auch von Der Palast nicht enttäuscht werden, zumal mit Uli Edel (Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo, Der Baader Meinhof Komplex) ein erfahrener Kino-Regisseur inszenierte.
Geboten wird ein Update von Erich Kästners Das doppelte Lottchen mit knapp nach der Geburt getrennten Zwillingsschwestern, die sich zufällig treffen, die Identitäten tauschen und erstmals ihren Elternteil in der DDR bzw. der BRD treffen. Es sind diesmal weniger die Genre-Veteranen Anja Kling, Friedrich von Thun und Heino Ferch, die für die Miniserie sprechen.
Frischen Wind bekommt die Produktion durch Svenja Jung, die in einer Doppelrolle überzeugt. Glaubhaft zaubert sie als ostdeutsche Solo-Tänzerin Christine Steffen und als nicht minder selbstbewusste Bamberger Fabrikanten-Tochter Marlene Wenniger zwei sehr unterschiedliche Individuen auf den Bildschirm.
Nachdem Der Palast Anfang Januar 2022 im TV lief, liegt mittlerweile auch eine DVD-Edition der Serie vor. Das ist löblich, doch leider wurde versäumt, die Dokus Der Palast – Die Dokumentation und Kaminer Inside: Friedrichstadt-Palast, die das ZDF als Beiprogramm ausstrahlte, mit auf den Silberling zu packen.
Mit einer kleinen Gruppe bunt zusammengewürfelter Gefolgsmänner bekämpft Prinz Sandokan (Kabir Bedi) die englischen Besatzer im Malaysia des 19. Jahrhunderts. Die Lage spitzt sich zu, nachdem sich der Freiheitskämpfer in Marianna (Carole André), die junge Tochter eines mächtigen englischen Kolonialherren, verliebt hat.
Sandokans Gegenspieler ist Sir James Brooke, der tatsächlich in Asien als “weißer Radja“ Angst und Schrecken verbreitete. Verkörpert wird er vom charismatischen Adolfo Celi (Abenteuer in Rio, Feuerball, Gib dem Affen Zucker), der dem Schurken menschliche Züge verleiht. Ebenfalls großartig ist Philippe Leroy, der als leicht schrulliger aber sehr kampferfahrener portugiesischer Adliger Yanez de Gomera Sandokan zur Seite steht.
Basierend auf Romanen von Emilio Salgari, dem „italienischen Karl May“, drehte Sergio Sollima (ursprünglich war Sergio Leone vorgesehen) diese Serie an Originalschauplätzen in Asien. Als das Resultat 1976 in Italien ausgestrahlt wurde, war Sandokan ein absoluter Straßenfeger und machte den Inder Kabir Bedi (als Sandokan war ursprünglich der Japaner Toshiro Mifune vorgesehen) zum Star, sowie die Titelmelodie von Guido und Maurizio de Angelis zum Hit.
In Deutschland lief zunächst ein auf 82 Minuten gekürzter Zusammenschnitt unter dem Titel Il Tigre im Kino, bevor dann die TV-Serie 1979 ebenfalls sehr erfolgreich in der ARD gezeigt wurde.
Mit fast demselben Team wie bei Sandokan – darunter die Darsteller Kabir Bedi und Carole André, sowie die Komponisten Guido und Maurizio de Angelis – verfilmte 1976 Sergio Sollima in Kolumbien mit Der schwarze Kosar einen weiteren sehr beliebten Roman von Salgari.
Unter dem Titel La tigre è ancora viva: Sandokan alla riscossa! drehte Sergio Sollima eine direkte Fortsetzung, bei der wieder Kabir Bedi, Adolfo Celi und Philippe Leroy dabei waren und die 1977 in die italienischen Kinos kam. Bei uns wurde der Film bisher weder auf der Leinwand gezeigt, noch auf Video oder DVD veröffentlicht.
20 Jahre (!) später entstand unter der Regie von Enzo G. Castellari (The Inglorious Bastards – Ein Haufen verwegener Hunde) die Fortsetzung Die Rückkehr des Sandokan. Hier wird erzählt, wie die junge Lady Dora Parker nach Indien reist, um die Biografie von Sandokan zu schreiben. Ihre Kutsche wird überfallen, doch die Räuber werden von Sandokan vertrieben. Der legendäre Freiheitskämpfer ist jedoch sofort wieder verschwunden, denn er muss seinem Freund Janez (Fabio Testi trat die Nachfolge von Philippe Leroy an) und dessen Frau, der Maharani Surama (Romina Power) helfen. Ihr Cousin Raska, der „schwarze Radja“ will die Maharani vom Thron vertreiben und lässt den britischen Gouverneur umbringen. Sandokan wird beschuldigt, der Mörder zu sein. Dora versucht Sandokan zu helfen…
Kabir Bedi überzeugt auch in der Fortsetzung immer noch als schwertschwingender Idealist und es ist völlig nachvollziehbar, dass die von schönen Deutsch-Inderin Mandala Tayde gespielte Lady Dora von ihm hin und weg ist. Die Besetzung ist wieder hochklassig, so gibt Django Franco Nero einen mysteriösen Schamanen und Mathieu Carriere geht wild augenrollend völlig auf in seiner Rolle als schurkischer Raska.
Die insgesamt sechsstündige Handlung mag manchmal ein paar seltsame Kapriolen schlagen und überrascht nur selten, doch insgesamt ist auch diese Miniserie ein großer Abenteuer-Spaß. 1998 drehte Sergio Sollima mit Kabir Bedi den Zweiteiler Il Figlio di Sandokan (Der Sohn des Sandokan), der aufgrund von Rechtsstreitigkeiten leider nie ausgestrahlt wurde.
Noch heute strahlt Kabir Bedi als Sandokan eine unbekümmerte Abenteuerlichkeit aus, die im TV nur sehr selten erreicht wird und an die besten Karl-Kay-Verfilmungen denken lässt. Sehr positiv ist auch die eindeutig antikolonialistische Ausrichtung der Geschichte.
Bei Fernsehjuwelen ist auf Blu-ray eine Box mit restaurierten Versionen von Sandokan – Der Tiger von Malaysia in HD und Die Rückkehr des Sandokan in SD erschienen. Enthalten ist dieses Bonusmaterial: 32-seitiges Booklet mit Text von Dominik Starck, Zweiteilige Featurette mit Sergio Sollima (29:25 min + 29:35 min), Deutscher zu Trailer zu Sandokan – Der Tiger von Malaysia (2:04 min), Vor- und Abspänne der deutschen Versionen (14:05 min), Abspänne der englischen Version (3:55 min), Bildergalerie mit seltenem Werbematerial (17:08 min), Fotogalerie Kinofassung (3:06 min), Fotogalerie Super-8-Cover (0:22 min), 63-minütige Super-8-Version von Sandokan – Der Tiger von Malaysia, Interview mit Matthieu Carriere (22:54 min), Outtakes aus Die Rückkehr des Sandokan (2:04 min), Deutscher Trailer zu Die Rückkehr des Sandokan (1:50 min)