Flensburg ist nicht unbedingt als Hort professioneller Comicschöpfer berühmt, zumindest einen jedoch gibt es. Kim Schmidt (Local Heroes) legte jüngst seine gesammelten Werke um die Figur Öde in einem fulminanten Band vor. Auf 450 Seiten vereinen sich sämtliche Strips, nebst einigen Ganzseitern, die Schmidt (am Anfang mit Unterstützung eines Freundes) im Flensburger Anzeigenblatt Moin Moin über einen Zeitraum von 32 Jahren veröffentlichte.
Aus heutiger Sicht erstaunen die ersten Seiten durch ihre Amateurhaftigkeit, doch es war die Zeit des Aufbruchs und der Orientierung für deutsche Zeichner, als man als Anfänger evtl. noch eine Chance erhielt. Schon bald wird der Strich reduzierter und eleganter, die Gags kommen auf den Punkt und es ragen die ersten Perlen hervor.
Ein ungewohntes Vergnügen bereitet es, dem Werden eines Künstlers von seinen hoffnungsvollen Anfängen, die z.T. noch die Vorbilder erkennen lassen, bis zum Finden des eigenen Stils beizuwohnen. Oder das Entstehen von Figuren zu beobachten, die sich aus anfänglich unsicheren Versuchen herausschälen.
Die Aufgabe der Strips war u.a. das Wiedergeben des Flensburger Stadtgeschehens, trotzdem sind fast alle Gags auch für nationale Leser verständlich. Und ganz nebenbei flanieren sie an der bundesdeutschen Geschichte der letzten Jahrzehnte entlang.
Ältere Herrschaften werden vielleicht von Nostalgie erfasst werden, wenn Birne und Nobby über die Panels huschen oder Steffi Graf und Beate Uhse aus einem fern scheinendem Leben herüberlächeln. Gerne versucht sich Kim Schmidt an Kalauern und schreckt nicht davor zurück, über die Jahre einen Gag zu variieren. Immer wieder aber überrascht er ebenso mit anarchistischem Witz oder einfach nur schönen Ideen.
Die letzten 100 Seiten kommen dann sogar in Farbe daher. Was für eine Leistung – fast schon die Bestandsaufnahme eines Lebenswerks! Entsprechend sind am Ende detaillierte Erläuterungen zu diversen Folgen angefügt. Diesem Buch sind viele Leser zu wünschen, und nicht unerwähnt sein soll das ausgezeichnete Preis-Leistungs-Verhältnis.
Rainer Schneider
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