Mit diesem Band eröffnet die Edition Alfonz (Reddition, Alfonz der Comicreporter) ihre Reihe “Texte zur graphischen Literatur“. Die Themenwahl für den Startschuss ist recht mutig. Im Zentrum des Buches steht die von 1953 bis 1964 in Deutschland erschienene Comic-Serie Robinson. die zunächst ziemlich stark, doch dann immer weniger auf dem Romanklassiker Robinson Crusoe von Daniel Defoe basierte.
Die Serie wurde zwar zunächst von Willi Kohlhoff gezeichnet, ist aber hauptsächlich bemerkenswert durch die 83 Hefte, die aus der Feder von Helmut Nickel (Don Pedro, Winnetou, Peters seltsame Reise) stammen. Dieser war ganz sicher der bemerkenswerteste deutsche Comic-Zeichner seiner Zeit. In Sachen Output konnte Nickel zwar nicht einmal ansatzweise bei seinem Kollegen Hansrudi Wäscher (Sigurd, Tibur, Nick) mithalten, doch sein Zeichenstil war sehr viel ausgereifter.
Als Nickel 1958 sein Studium in Kunstgeschichte und Ethnologie abschloss, trat er den Posten des Kurators für die Abteilung Arms and Armored (Waffen und Rüstungen) im New Yorker Metropolitan Museum of Art an. Zeitgleich arbeitete er weiterhin als Zeichner für den deutschen Comic-Markt. Als jedoch Gagen und Belegexemplare aus Deutschland ausblieben, hörte Helmut Nickel 1965 mit dem Comic-Zeichnen auf. 2011 erhielt Helmut Nickel auf dem Comicfestival München den PENG!-Preis für sein Lebenswerk.
Das Buch Das Logbuch des Robinson stammt aus der Feder des Nickel-Experten Detlef Lorenz, der als begeisterter Leser dabei war, als die Comics an die Kioske kamen. Viele seiner Texte erschienen zunächst im Magazin Die Sprechblase oder online bei Lorenz‘ Comic-Welt. Lorenz liefert zu jedem Robinson-Heft eine (oftmals etwas arg ausführliche) Inhaltsangabe. Außerdem weist er auf Besonderheiten hin und – dass ist für mich der interessanteste Teil des Buchs – geht auch auf das Zeitgeschehen ein. So beschreibt Lorenz persönliche Erlebnisse und berichtet etwa über Filme, die er zeitgleich mit der Lektüre des jeweiligen Robinson-Hefts im Kino sah. Wir erfahren aber auch, dass Lorenz 1958 ein erstaunliches Talent am gerade schwer angesagten Hula-Hoop-Reifen war: “Mir gelang es immerhin, den Reifen durch die Zentrifugalkräfte der Schleuderbewegungen von der Hüfte zu den Knien, wieder zurück und bis zum Hals und dann erneut abwärts rotieren zu lassen.“
Ursprünglich war als Band 2 der Texte zur graphischen Literatur ein von Peter Osteried verfasstes Buch über Das Phänomen Watchmen vorgesehen. Stattdessen präsentiert Achim Schnurrer Das war Schwermetall.
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