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Nico Semsrott: Brüssel sehen und sterben

Nachdem Martin Sonneborn bereits sein zweites Buch über das Europäische Parlament verfasst hat, folgt jetzt mit Brüssel sehen und sterben eine vielleicht noch stärker desillusionierende Betrachtung zum selben Thema. Der Autor ist Nico Semsrott, der 2019 mit Sonneborn für die Partei DIE PARTEI ins Europaparlament gewählt wurde.

Semsrott wurde bekannt durch seine Auftritte auf als “Demotivationstrainer“ bei Poetry Slams und in der Heute Show des ZDFs. Er trug immer einen dunklen Hoodie mit Kapuze und verbreitete alles andere als gute Laune. In seinem Buch beschreibt Semsrott die Depressionen, unter denen er seit frühster Jugend leidet und die er in seinen Kabarettprogrammen aufzuarbeiten.

Auf etwas über dreihundert Seiten erzählt Semsrott hauptsächlich davon, dass es ihm nicht gutgetan hat nach Brüssel zu gehen. Im Gegensatz zu Sonneborn, dessen europäische Bücher süffisant beschreiben, was in Brüssel und Straßburg falschläuft, droht Semsrott sich beim Beschreiben von frustrierenden Kleinigkeiten und nur mäßig originellen Aktionen zu verzetteln.

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Herr Sonneborn bleibt in Brüssel

Als die Partei Die Partei 2004 gegründet wurde, war Martin Sonneborn im Wahlkampf mit “einem positiven Europabild angetreten, im Vertrauen darauf, dass die EU das Beste ist, was wir haben, inklusive Gurkenverordnung, kafkaesker Bürokratie, langweiliger Funktionalität.“ Doch nach zehn Jahre als gewähltes Mitglied des europäischen Parlaments ist sein Urvertrauen weg: “Das bröckelt jetzt alles.“

Sein erstes Buch Herr Sonneborn geht nach Brüssel wirkte eher wie eine Freakshow voller angeblicher Volkvertreterinnen und selbsternannten Experten. Ein großes Thema war, dass es Die Partei zusammen mit weiteren kleinen Parteien gelungen war, dass die zuvor in Deutschland bei Europawahlen geltende Sperrklausel vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt und außer Kraft gesetzt wurde. Dadurch konnte Martin Sonneborn nach der Europawahl 2014 dank eines Stimmanteil von 0,63 % für Die Partei nach Brüssel gehen.

Herr Sonneborn geht nach Brüssel

Zwar versuchen die etablierten Parteien weiterhin die Sperrklause wieder einzuführen. Doch 2019 schaffte Die Partei – wohl auch dank des realistischen Slogans „Für Europa reicht’s“ und Kandidaten mit Nachnamen wie Bombe, Krieg, Göbbels oder Heß – sogar 2,4 %. Daher ging jetzt auch der Kabarettist Nico Semsrott für Die Partei nach Brüssel. Doch diesem missfiel zunehmend der am Satiremagazin Titanic geschulte Altherren-Humor Sonneborns. Semsrott verließ daher Die Partei im April 2021, blieb aber fraktionsloses Mitglied im Europaparlament und hat mit Brüssel sehen und sterben mitlerweile ein eigenes Buch geschrieben.

In seinem zweiten Europabuch geht Sonneborn relativ unemotional auf den Zwist mit Semsrott ein. Insgesamt ist jedoch zu spüren, dass ihm zunehmend der Spaß vergangen ist und er oftmals die Ebene der reinen Satire verlässt. Spitzfindige Beschreibungen der sich für alles andere als ein besseres Europa engagierenden Mitgliedern des europäischen Parlaments sind diesmal Mangelware. Stattdessen wird mit spürbarer Wut angeprangert, dass auch aktuell noch Milliarden von Steuergeldern für schon lange nicht mehr benötigte Impfstoffe verpulvert werden, während wortlos dabei zugesehen wird, wie nahe der europäischen Grenze die Diktatur Aserbaidschan Genozid an den Armeniern in Bergkarabach verübt.

Hauptverantwortliche ist für Sonneborn die Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen,, die er 2019 bei ihrem Amtsantritt bereits mit einer hellsichtigen einminütigen Rede abwatschte. Er begrüßte sie im EU-Parlament als „eine europapolitisch völlig kenntnisfreie deutsche Ministerin, die lediglich durch einen irren Hang zu überteuerten Beratern, Missmanagement und Euphemismen aufgefallen ist.“ Daher ist sein Motto: „Wir sollten Europa nicht den Leyen überlassen. Zwinkersmiley!“ Es ist zu hoffen, dass Sonneborn noch lange weitermacht und uns – ganz entgegen den politischen (Un-) Sitten – weiterhin mit Informationen aus erster Hand über den Zustand Europas versorgt, auch wenn es dabei immer weniger zu lachen gibt.

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Wer bisher daran gezweifelt hat, ob es sinnvoll ist, dass eine Satire-Organisation wie DIE PARTEI politisch mitmischt, dem könnte dieses Buch wichtige Denkanstöße geben. Nachdem die 2004 im Umfeld des Satiremagazins TITANIC gegründete Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative bei Bundestags- und Landtagswahlen nur selten mehr als 1 % der Stimmen erreichte, fand sie mit dem Europaparlament eine gute Bühne zur Selbstdarstellung.

Herr Sonneborn geht nach Brüssel

Zusammen mit weiteren Kleinparteien schaffte es DIE PARTEI, dass die in Deutschland bei Europawahlen geltende Sperrklausel vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt und außer Kraft gesetzt wurde. Bei der Europawahl 2014 wurde dank eines Stimmanteil von 0,63 % ein Sitz erreicht, den Martin Sonneborn in Brüssel wahrnahm. An diesem Punkt setzt das Buch an und dokumentiert die Arbeit die DIE PARTEI seitdem in Brüssel geleistet hat.

Herr Sonneborn geht nach Brüssel

Sonneborn hat seiner Erlebnisse in Brüssel auch in ebenso amüsanten wie aufschlussreichen Artikeln im Satiremagazin TITANIC dokumentiert. Ins Buch wurde leider nur ein kleiner Teil der opulenten Bebilderung übernommen, doch die Texte gehen stärker in die Tiefe und geben einen interessanten Einblick in die hermetische Welt des Europaparlaments. Das ist sehr viel mehr als die anderen in Brüssel vertretenden Parteien zu bieten haben.

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Zwar wurden Sonneborn nur höchst selten Redezeiten zugestanden, die zudem meist nur eine Minute lang sein durften, doch er nutzte dies immer zu pointierten Beiträgen. Eins der Highlights war sein Beitrag zum Steuerparadies Irland. Hier ging es zwar durchaus ernsthaft zur Sache: „Eine Regierung, die es ablehnt, Steuerzahlungen der Firma Apple anzunehmen, könnte den Eindruck erwecken, es gehe um ein Europa der Konzerne und nicht der Bürger.“ Doch Zeit für eine Pointe fand Sonneborn auch noch: Wenn Sie noch immer glauben, dass Apple Jobs in Irland schaffen wird – vergessen Sie es. Apple hatte immer nur einen Jobs.“

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Ebenso amüsant wie auch aufklärerisch sind die Aktionen, die DIE PARTEI in Sachen Parteienfinanzierung unternahm. Nachdem die AfD Goldbaren verkaufte, begann DIE PARTEI einen schwunghaften Handel mit Bargeld. 2016 wurden 100-Euro-Scheine zum Preis von 80 Euro verkauft und DIE PARTEI konnte sich den “Gewinn“ aus dieser Aktion noch einmal durch die staatliche Parteienfinanzierung auszahlen lassen.

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Dagegen klagte Bundestagspräsident Norbert Lammert, doch das Oberverwaltungsgericht ließ ihn nicht nur abblitzen, sondern lieferte auch noch eine sehr interessante Begründung: “Den gesteigerten verfassungsrechtlichen Schutz genießen die politischen Parteien innerhalb des maßgeblich von ihnen selbst bestimmten Aufgabenbereichs. Weder die Sinnhaftigkeit noch die Üblichkeit des Vorgehens in diesem Feld unterliegen exekutiver oder richterlicher Bewertung.“ In diesem Sinne bleibt zu hoffen, dass uns die mittlerweile mit zwei Abgeordneten im Europaparlament vertretene DIE PARTEI – trotz drohender Sperrklauseln – noch lange erhalten bleibt.

Mittlerweile ist die Fortsetzung Herr Sonneborn bleibt in Brüssel erschienen und Nico Semsrott, der Die Partei im April 2021 verlassen hatte, aber fraktionsloses Mitglied im Europaparlament blieb, hat mit Brüssel sehen und sterben ebenfalls seine EU-Erfahrungen zu Papier gebracht.

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