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David Lapham: Stray Bullets

1995 startete David Lapham eine der einflussreichsten Serien der Comic-Geschichte. Da ein Jahr zuvor Pulp Fiction in die Kinos kam, wurde Stray Bullets seinerzeit als ein Comic im Tarantino-Style empfunden. Angesichts der Zeitsprünge von Heft zu Heft und der unerwarteten Gewalt-Ausbrüche, die auf die Leser losgelassen wurden, war dies nicht völlig falsch, doch Lapham macht in Stray Bullets sein ganz eigenes Ding.

David Lapham: Stray Bullets

In seinen Comic-Heften erzählte er auf jeweils circa 30 (gelegentlich aber auch 50) Seiten in kontrastreicher schwarzweißer Grafik zunächst scheinbar in sich abgeschlossene Geschichten. Doch manche Charaktere tauchen  wieder auf, und Stray Bullets setzte sich im Laufe der Zeit – 2012 endete mit Ausgabe 41 der erste Zyklus der Serie – zu einem faszinierenden Kosmos zusammen.

Stray Bullets

Bereits die ersten beiden Hefte zeigen, wohin Lapham mit seiner Serie gehen will. The Look of Love… spielt 1997 (also in der damaligen Zukunft) und erzählt von zwei kleinen Ganoven, die mit der Leiche einer jungen Frau im Kofferraum unterwegs sind.

Stray Bullets

Dem besonnenen Frank gelingt es nicht, den impulsiven Joey im Zaum zu halten. Dieser glaubt einst eine Affäre mit der Ermordeten gehabt zu haben und greift im weiteren Verlauf der Geschichte immer wieder viel zu schnell zur Schusswaffe…

Stray Bullets

Im Zentrum des zweiten Hefts Victimology steht die kleine Virginia Applejack, die Ginny genannt wird und sich im Sommer 1977 in einem Kino in Baltimore zum zwölften Mal Star Wars ansieht. Doch die erneute Freude über das Weltraum-Märchen hält nicht lange an, denn Ginny wird Zeugin eines brutalen Mordes und es gelingt ihr nicht ihr unschuldiges Leben in einer freundlichen Vorstadtwelt wieder aufzunehmen. Als ein Klassenkamerad Ginny provoziert, reagiert sie mit roher Gewalt…

Stray Bullets

In beiden Geschichten wird ein gewisser Harry erwähnt, der anscheinend der Strippenzieher der Gewalttätigkeiten ist. Die folgenden Hefte von Stray Bullets gehen in die Richtung von Victimology und schildern aus den Fugen geratene Lebensläufe. Während Joey gelegentlich in kurzen Gastauftritten zu sehen ist, entwickelt sich die immer taffer werdende Virginia Applejack zur Hauptfigur der Serie. Auch Ginnys Fantasie-Abenteuer als Amy Racecar im Science-Fiction- oder Samurai-Umfeld füllen so manches Heft.

Stray Bullets

Lapham nimmt immer wieder Bezug auf zuvor erzählte Geschichten. In einem sich über sieben Hefte ziehenden Handlungsstrang  geht es auch um die mitten in der Wüste gelegene, seltsame Gemeinde Seaside, die – in Hoffnung auf ein Erdbeben – über eine Strand (!)-Promenade verfügt. Ein ganzes Heft – passenderweise die Nummer 13 – versteht sich als Nachruf auf das Wahrzeichen von Seaside: Eine fünfbeinige Kuh. Spätestens jetzt wird klar, das Stray Bullets weniger mit den Filmen von Tarantino, sondern eher mit den Werken von David Lynch verglichen werden sollte. David Lapham schrieb übrigens auch die Stories zu Comics mit populären Figuren wie Batman oder Spider-Man.

David Lapham: Stray Bullets

Bei uns liegt die Serie leider nur höchst unvollständig vor. Die ersten sieben Hefte wurden erstaunlich zeitnah ab 1996 von Ehapa/Feest herausgebracht. Danach gründeten die Macher des Magazins Menschenblut eigens den Verlag Schwarzer Turm, um dort Stray Bullets mit viel Enthusiasmus fortzusetzten.

Stray Bullets

Doch die Verkaufszahlen waren nicht gerade berauschend und 2003 wurde die Veröffentlichung nach zweiundzwanzig Ausgaben eingestellt. Dies lag auch an der komplizierten und frustrierenden Zusammenarbeit mit dem US-Verlag El Capitán, sowie der mangelnden Bereitschaft Laphams auch nur einen popeligen Leserbrief zu beantworten. Daher konzentrierte sich Schwarzer Turm künftig auf Eigenproduktionen wie Alraune, Endzeit oder München 1945.

Stray Bullets

In den USA liegt bei Image mittlerweile eine knapp 1.200-seitige “Über Alles Edition“ (so heißt das Ding tatsächlich) mit allen 41 Heften der Ursprungssserie zum Preis von 60 Dollar vor. Das dicke Ding ist suboptimal gestaltet, denn es handelt sich um eine Softcover-Ausgabe, die farbigen Cover – aber auch Hintergrundinfos – fehlen und nicht einmal ein Vorwort ist vorhanden. Hoffen wir auf eine schönere Edition dieser oft recht unschönen Geschichten.

David Lapham: Stray Bullets

Doch mit den ersten 41 Heften ist die Serie noch lange nicht abgeschlossen. 2014 startete Lapham die aus acht Heften bestehende Fortsetzung Stray Bullets: Killers und ließ ein Jahr später die noch heute laufende Serie Stray Bullets: Sunshine & Roses folgen, von der bereits mehr Comic-Hefte existieren als von der Ursprungsserie.

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Crossed Monster Edition 2

Nachdem Garth Ennis 2010 seine von Jacen Burrows gezeichnete 10-teilige Serie Crossed beendete, hatte er kein Interesse an einer Fortsetzung. Er glaubte, es wäre alles erzählt über eine Welt, in der sich fast alle Menschen in mordlustige und sexsüchtige Wilde mit einem blutigen Kreuz auf dem Gesicht verwandelt hatten. Ennis war sehr zufrieden mit seinem Comic und befürchte, dass eine mittelprächtige Fortsetzung ein schlechtes Licht darauf werfen würde.

Crossed Monster Edition 2

Doch die Herausgeber von Avatar Press waren anderer Meinung. Garth Ennis untersagte zwar die Verwendung seiner Figuren, war aber durchaus neugierig, was jemand wie David Lapham (Stray Bullets) mit dem völlig aus den Fugen geratenen Universum von Crossed anstellen würde. Laphams erste Story Family Values enttäuschte keineswegs und ist in Band 1 von Paninis Crossed Monster Edition enthalten.

Crossed Monster Edition 2

Doch noch sehr viel toller treibt Lapham es in der die zweite Monster Edition eröffnenden Storyline Psychopath. Hier beschreibt er, wie ein geisteskranker Mörder die Crossed-Seuche ausnutzt, um seine perversen Gelüste zu befriedigen. Lorre schleicht sich in eine vierköpfige Gruppe von menschlichen Überlebenden ein, um die zwei Männer und Frauen nach und nach abzuschlachten…

Crossed Monster Edition 2

Was David Lapham hier, unterstützt von Raulo Caceres` kunstvoll-kranken Bildern, anzettelt, ist so ziemlich der härteste Horror-Stoff, dem ich jemals ausgesetzt war. Als Leser befand ich mich im kranken Hirn eines Psychopathen und erlebte mit, wie dieser die sympathischen und hilfsbereiten Menschen seiner Umgebung manipuliert, bis hin zum ganz schön bösen Ende.

Crossed Monster Edition 2

Da war es schon fast eine Entspannung, als die Monster Edition danach eine neue Story von Ennis und Burrows präsentierte, die die umfangreiche Storyline Badlands einläutete. Ennis zeigt hier nachvollziehbar, wie normale Menschen (darunter ein Mitglied der britischen Königsfamilie) sich in barbarischen Zeiten in Barbaren verwandeln. Eine zentrale Aussage, die sich durch sein ganzes Werk zieht, legt Garth Ennis hier der Hauptfigur in den Mund, die sich wie folgt charakterisiert: “Ich, der binnen sieben Tagen entzaubert wurde und seine papierdünnen Ideale für den nächsten Atemzug verscherbelte.“

Crossed Monster Edition 2

Den Abschluss dieser Monster Edition bildet mit Homo Superior eine vom britischen Comic-Urgestein Jamie Delano (Hellblazer) getextete und von Leandro Rizzo gezeichnete weitere Badlands-Story, die sich auf weibliche Hauptfiguren konzentriert und zum Ende hin auf eine perverse Art fast schon so etwas wie Hoffnung verbreitet.

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Garth Ennis: Crossed

Avatar Press startete Crossed im August 2008 mit der Nummer 0 und Anfang 2010 endete die Serie nach neun weiteren Ausgaben. Doch das war nur der Anfang, denn Garth Ennis (Preacher, The Boys) hatte zusammen mit dem Zeichner Jacen Burrows etwas Außergewöhnliches geschaffen.

Garth Ennis: Crossed

Auf den ersten Blick scheint es sich um eine Variante von The Walking Dead zu handeln, die auf einer Erde spielt, deren Bewohner sich nicht in Zombies, sondern in mordlustige und sexsüchtige Wilde mit einem blutigen Kreuz auf dem Gesicht, verwandelt haben. Ennis erzählt von einigen der letzten Menschen, die in einem verzweifelten Kampf nahezu vergeblich versuchen in einer plötzlich barbarisch gewordenen Welt zu überleben.

Garth Ennis: Crossed

Fast noch erschreckender als die Brutalitäten der “Gekreuzigten“, die detailreich und voller kranker Fantasie in großformatigen Panels dargestellt werden, ist die rasche Verrohung der Überlebenden. Selbst die eigentlich sympathischen menschlichen Hauptcharaktere Stan und Cindy begehen um am Leben zu bleiben einige eigentlich unverzeihbare Gewalttaten. Ennis und Burrows zeigen auch dies in aller Drastik. Der Comic glorifiziert Waffengewalt nicht, lädt aber den Leser zum Nachdenken darüber ein, ob er in einer Extremsituation nicht ähnlich gehandelt hätte.

Garth Ennis: Crossed

Garth Ennis hielt Crossed nach 10 Comicheften für abgeschlossen. Er wollte keine Endlosserie (wie The Walking Dead) daraus machen. Ennis hatte jedoch nichts dagegen, dass andere Autoren und Zeichner Geschichten erzählen, die im Crossed-Universum angesiedelt sind. Er wollte jedoch nicht, dass die von ihm geschaffenen Figuren darin auftauchen. Im Laufe der Jahre haben daher Autoren wie Kieron Gillen (Über) oder Alan Moore (Watchmen) die fast menschenleere Erde am Leben erhalten und auch Ennis hat weitere Crossed-Stories geschrieben.

Garth Ennis: Crossed

Daher ist es erfreulich, dass Panini eine gebundene Gesamtausgabe im leichten Überformat (19 x 29 cm) gestartet hat. Der erste Band dieser Monster Edition enthält auf 420 Seiten neben der ersten Crossed-Serie von Ennis und Burrows auch noch die im Anschluss erschienene in die selber Kerbe hauende Miniserie Family Values, die von David Lapham (Stray Bullets) geschrieben und von Javier Barreno gezeichnet wurde. Die Monster Edition ist günstiger als Paninis teilweise schon vergriffene Softcover-Ausgabe!

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David Lapham: Batman – Stadt der Sünde

Gotham City war schon immer ein hässlicher Ort. Aber so prägnant, bedrohlich und wahrhaft vorstellbar beschrieben wie von David Lapham war diese Stadt noch nie dargestellt worden. Lapham steht für Horror- und Kriminalgeschichten von allererster Güte. Sein Meisterwerk Stray Bullets erschien ab März 1995 (bis März 2014) bei El Capitan Books und gewann ein Jahr später den Eisner Award in der Kategorie „Best Writer/Artist“.

David Lapham: Batman – Stadt der Sünde

Gotham City ist ein Ungeheuer, dass unzählige Monster gebiert und ebenso viele Unschuldige verschlingt. Mittendrin versucht das Dynamische Duo aus Dunklem Ritter und dem Wunderknappen Robin wenigstens einige Wenige zu retten in diesem schier ausweglosen immerwährenden Kampf. Bei ihren Streifzügen durch diese Stadt begegnen ihnen unvorstellbares Leid, abgrundtiefe Verbrechen und menschliche Abgründe. Auf der Suche nach dem Dealer einer 14-jährigen Drogentoten muss Batman erkennen, dass es akutere und brennendere Fälle gibt. Was anfangs aussah wie ein gewöhnlicher Hausbrand entpuppt sich als die Spitze eines Eisberges um Menschenhandel und Korruption, in den nicht nur der Besitzer der Iceberg Lounge, der Pinguin, verwickelt ist, sondern auch die allerhöchsten Kreise in Gotham City.

David Lapham: Batman – Stadt der Sünde

Der Autor versteht es bestens, auch andere klassische Batman-Gegner wie Mr. Freeze und Killer Croc einzubauen und ihnen wichtige Schlüsselrollen zukommen zu lassen. Nebenbei werden auch neue Figuren kreiert. Die von Lapham meisterhaft komponierten und bitterbös modellierten Gedankengänge gehen mit den Bildern von Bachs eine einzigartige Symbiose ein. Der Horror ist wieder zurück in Batmans Welt! Die zwölfteilige Story (plus Prolog) erscheint endlich zusammengefasst in einem Band. Auch fast zehn Jahre nach ihrem ersten Erscheinen ist die Geschichte immer noch atemberaubend zu lesen. In der monatlichen Batman-Heft-Serie (von 2005 bei Panini) war sie schon einmal über die Hefte 9 bis 21 verteilt veröffentlich worden – aber in einem Rutsch gelesen entfaltet dieses Epos all seine Wucht und es fällt leicht, ganz in diesen Moloch einzutauchen und dort zu verschwinden…

Norbert Elbers

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