Ich konnte mir nicht vorstellen, dass eine Ansammlung von Gebäuden, Fahrgeschäften und verkleideten Statisten über den selben Reiz verfügen kann, wie die großartige Disney-Filme Pinocchio oder Das Dschungelbuch. Daher reizte mich Disneyland nicht und ich war ich bereits über 30 Jahre alt, als ich kurz nach der Eröffnung jenen Park in der Nähe von Paris besuchte, der seinerzeit noch Euro Disney Resort hieß.
Sehr früh stieg ich in Marne-la-Vallée aus dem Vorortzug und war einer der ersten Besucher des Parks. Die penetrante Berieselung mit Fahrstuhl-Musik-Versionen von Disney-Evergreens und die französischen Angestellten, die gezwungen waren zu lächeln und zu winken, wirkten etwas befremdlich. Doch nach der ersten Bootsfahrt durch die riesige, detailverliebte Welt der Pirates of the Caribbean war ich dem Charme von Disneyland verfallen.
Im Laufe der nächsten Jahrzehnte besuchte ich die Parks in Kalifornien, Florida und Tokio. Das Grundprinzip des Lageplans war identisch, doch es gab kleine aber feine Unterschiede, wie unterschiedliche Schlösser, die auf verschiedenen Filmen basierten, sehr viel Jules-Verne-Bezug in Frankreich und eine durchaus erschreckende auf den erstaunlich finsteren Animationsfilm Taran und der Zauberkessel basierende Attraktion in Tokio.
Ich habe auch einiges über die Disney-Parks zusammengetragen, wie einen Bildband über die schaurig-schöne Geisterbahn Haunted Mansion oder die DVD Country Bears. Doch als ich die Verlagsankündigung las, war klar, dass Taschens Buch über Disneyland keine Wünsche offen lassen wird. Doch die hohen Erwartungen wurden noch übertroffen, denn einmal mehr bilden Aufmachung, Bebilderung und (deutscher) Text eine perfekte Einheit.
Chris Nichols erzählt auch die Vorgeschichte. Es fallen Sätze wie: “Bis 1950 hatte Walt Disney, 472 Kurzfilme und 13 Langfilme produziert, 15 Oscars gewonnen (…) und dennoch war er nicht in der Lage, Banken, Fernsehanstalten, Stadtbeamte oder den eigenen Bruder davon zu überzeugen, dass der Bau von Disneyland (…) eine Idee war, die sich verwirklichen ließ“.
Es ist spannend zu lesen, wie es Disney dennoch gelang, den Park in Anaheim bei Los Angeles am 17. Juni 1955 zu eröffnen. Erzählt wird auch, woher Disney seine Inspiration nahm, etwa vom in der Nähe seines Studios gelegenen Griffith-Park oder vom Vergnügungspark Tivoli in Kopenhagen. Genau wie bei seinen Filmen sammelte er Ideen, perfektionierte sie und formierte sie zu etwas Neuem. Ähnlich macht es der Taschen Verlag mit seinen Büchern.