Zu den 52 neu gestarteten DC-Serien gehörte 2011 auch Catwoman. In den 72 Jahren, in denen Catwoman/Selina Kyle untrennbar zu DC und ganz besonders zum Batman-Universum gehört, hat der Charakter viele Wandlungen durchgemacht. Bei Catwomans ersten Auftritt im Frühling 1940 in US-BATMAN #1 war sie eine gewöhnliche Diebin.
In Frank Millers Batman: Year One war Selina als Prostituierte tätig, während Jeph Loeb in seinen drei Meisterwerken Batman: The Long Halloween, Batman: Dark Victory und Catwoman: When in Rome andeutete, dass Selina die Tochter vom Mafiaboss Carmine Falcone sein könnte – freilich ohne es zu „beweisen“, beziehungsweise zu widerlegen. In ihrer Beziehung zu Batman durchlebte Selina alle Höhen und Tiefen. Schon bei ihrem ersten Aufeinandertreffen zwischen Batman und Catwoman hat es ordentlich gefunkt. Ihre Beziehung erfährt in der Storyline Hush eine ungekannte Tiefe und danach ebenso in der Fortsetzung Heart of Hush. In den Comics wird es zur Selbstverständlichkeit, dass Bruce bei Selina übernachtet. Sogar schließt er für einen Moment nicht aus, dass er der Vater von Selinas Kind sein könnte.
Man sieht Figuren durchleben viele Wandlungen und diese Wandlngen brauchen keinen Bestand zu haben und für eine gute Story gehen die Autoren mitunter sehr weit. Wobei die Feststellung erlaubt sei, dass “gut“ oft mit kommerziellem Erfolg gleichgesetzt wird. Dass die vorliegende Comicgeschichte einen finanziellen Erfolg für DC-Comics darstellt, ist nicht von der Hand zu weisen. Ebenso, dass sie für viel Aufsehen und Diskussionsstoff in Amerika sorgte. Was ist geschehen?
Judd Winick beschreibt Selina scheinbar neu und anders, aber letzlich ist sie “nur“ expliziter, drastischer.und extremer. Sie ist, und sie war es immer schon, eine attraktive Frau, eine Diebin und Kriminelle. Sie fühlt sich zu Batman hingezogen und er zu ihr ebenfalls. Und gleich im ersten Heft des Catwoman-Neustarts haben sie und Batman einen ziemlich heftigen sexuellen Kontakt im Hotelzimmer. Keine Angst – es bleibt jugendfrei in der künstlerischen Umsetzung, denn wie der Titel der Story schon sagt, “…and most of the costumes stay on….”.
Überhaupt scheint es Winick immer und in jeder Situation darauf anzulegen, Selina und ihr Leben völlig drastisch und übertrieben darzustellen: Immer auf der Flucht, immer in Gefahr, von einem Extrem ins andere sich begebend, Leben am Anschlag. Das gelingt ihm sehr gut, keine Frage; es liest sich schnell und flüssig. Da spritzt Blut durchs Panel, da beißt Selina einer Gegnerin ein Ohr ab, zerlegt auch andere Körperteile und pult mit ihren Krallen einem Mafiosi ein Auge aus.
Winick wertet das Verhalten seiner Catwoman nicht. Ihr Verhalten kann man extrem clever finden, oder sehr oberflächlich. Ist sie nur leichtsinnig oder schlicht unbeschwert waghalsig? Aber immer wieder schafft sie es, sich aus den Situationen zu retten, in die sie sich selbst hineinmanövriert. Neu ist auf jeden Fall, dass in dieser Deutlichkeit in einem monatlichen Mainsteam-Comic all dies (bei DC) so klar, drastisch und eindeutig dargestellt wird. Die Frage, warum es so ist, kann auch jeder für sich selbst entscheiden. Ist es tarantinoesk? Billig? Anbiedernd? Gute Popcorn-Unterhaltung? Ehrlich? Überfällig?
Auf jeden Fall liefert der sehr sympathische, 1979 auf Mallorca geborene Zeichner Guillem March (Karmen) ordentliche Arbeit ab! Die Mimik und Gestik seiner Figuren stimmt und überzeugt. Hier zeigt der Künstler, der seine ersten Arbeiten für den spanischen Playboy zeichnete, all sein Können bezüglich Anatomie – besonders weiblicher. Dies ist also der Beginn einer ganz neuen Catwoman…….. bis zum nächsten Reboot……..
Norbert Elbers
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